Deindustrialisierung stattgefunden hat, wie wir es auch in Thüringen erlebten, sonst gibt es aber kaum Fortschritte. Und wenn man sich die Entwicklung in einigen Ländern ansieht, wie z.B. in China, dann kann man Angst bekommen.
Seit 1990 ist der Primärenergieverbrauch in China um 70 Prozent gestiegen auf 1,8 Mrd. Tonnen Steinkohleeinheiten und bis 2020 sehen Referenzszenarien 4,5 Mrd. Tonnen Steinkohleeinheiten als Energiebedarf für China vor. Ähnliche Entwicklungen sind auch in Indien zu erwarten. Das würde einen Klimakollaps für die Welt bedeuten. Deshalb muss etwas getan werden. Die UN-Vollversammlung beschloss deshalb am 20.12.2002 die Weltdekade „Bildung für nachhaltige Entwicklung“. Dabei sollen weltweit Kultur- und Bildungsinstitutionen sowie Bildungsinhalte auf das Leitbild der nachhaltigen Entwicklung orientiert werden. Erfahrungen und Ideen aus allen Ländern werden zusammengetragen. Auf ihrer 63. Hauptversammlung in Hamburg stellte die deutsche UNESCO-Kommission Folgendes fest - Frau Präsidentin, ich zitiere: „Es bedarf der Veränderung von Einstellungen, Denkstilen, Verhaltensweisen der gesamten Bevölkerung. Besonders die Industriegesellschaften sind aufgerufen, nachhaltige Wirtschaftsweisen und neue Konsummuster zu entwickeln. Dabei müssen die Wechselwirkungen zwischen ökologischen, ökonomischen, sozialen und kulturellen Prozessen beachtet werden. Ziel ist ein Generationenvertrag, in dem die heute lebenden Menschen sich verpflichten, bei der Erfüllung ihrer Bedürfnisse die Erhaltung gleicher Optionen für künftige Generationen zu berücksichtigen.“ Damit macht die UNESCO-Kommission noch einmal deutlich, was unter Nachhaltigkeit zu verstehen ist. Und das ist in einer Zeit, wo so viele das Wort „Nachhaltigkeit“ in den Mund nehmen, dringend notwendig, denn wir brauchen schon die konkrete Definition. Wir müssen schon immer wieder deutlich machen, dass nachhaltige Entwicklung bedeutet, ökonomische, ökologische und soziale Entscheidungen im Einklang zu treffen.
Für nachhaltige Politik ist auch nicht nur der Umweltbereich zuständig. Deshalb war es für die UNESCOKommission auch sehr wichtig, dass die Zusammenarbeit vor allem mit dem Bereich der Wirtschaft eine wesentliche Voraussetzung für das Gelingen der Weltdekade ist. Hier ist Thüringen durch das Nachhaltigkeitsabkommen mit der Wirtschaft schon einen Schritt weitergegangen, aber andere Schritte müssen noch folgen. Die 6. Umweltbildungskonferenz des Arbeitskreises Umweltbildung Thüringen gab hier im Haus am 17. November den Startschuss für die Thüringer Aktivitäten. Der heutige Antrag - auch in seiner geänderten Form - ist eine Folge davon. Ich möchte die Gelegenheit nicht versäumen, den beteiligten Kollegen, die diesen fraktionsüber
greifenden Antrag - auch trotz Wahlkampfzeiten - am heutigen Tage noch möglich gemacht haben, ganz herzlich für ihr Engagement zu danken.
Der Bildungsausschuss, darauf ist der Kollege Krause vorhin schon eingegangen, hat sich sehr intensiv mit diesen Fragen beschäftigt. Das war auch für ihn in gewisser Weise ein Novum, denn Umweltbildung ist ja bisher im Umweltausschuss angesiedelt gewesen. Es hat dort eine sehr interessante Anhörung gegeben, eigentlich eine richtige Mammutveranstaltung, wo wir Anzuhörende von der UNESCO da hatten, wo wir Anzuhörende da hatten aus sehr vielen Teilen Deutschlands und uns dort sehr intensiv mit diesen Fragen der UN-Weltdekade beschäftigt haben. Für mich war das Bemerkenswerte dabei, wie wichtig auch die internationale Frage dieser UN-Dekade ist, wie wichtig es ist, wirklich über die Grenzen Deutschlands hinwegzusehen, über den eigenen Tellerrand hinwegzusehen, mit anderen Menschen ins Gespräch zu kommen und gemeinsam miteinander zu lernen, wie wir mit dieser Welt umgehen können, um sie für die künftigen Generationen zu erhalten.
Gewünscht hätte ich mir in dem Zusammenhang, das möchte ich auch als Ausschussvorsitzender hier noch mal deutlich sagen, dass es die Möglichkeit gegeben hätte, gemeinsame Ausschussberatungen durchzuführen. Ich glaube, es wäre diesem Thema angemessen gewesen. Vielleicht sollten wir doch überlegen, wie wir in der Richtung die Geschäftsordnung des Landtags noch mal ändern können.
Meine Damen und Herren, inzwischen ist einige Zeit vergangen, der Thüringer Aktionsplan, der die Umsetzung der Weltdekade hier in Thüringen erst einmal vorantreiben soll, der soll ja auch in Zukunft fortgeschrieben werden, wie es der Antrag vorsieht, der ist inzwischen weitestgehend fertig. Er soll im November zum Thüringer Bildungskongress übergeben werden. In diesem Zusammenhang möchte ich auch dem Arbeitskreis Umweltbildung Thüringen, der federführend diesen Aktionsplan mit erarbeitet hat, und dem runden Tisch „Bildung für nachhaltige Entwicklung“, der regelmäßig getagt hat in der letzten Zeit, für die intensive gute Arbeit danken, die in diesem Zusammenhang geleistet wurde. Hier ist ehrenamtliche Arbeit geleistet worden, hier gab es sehr viel, was an Vernetzung geschaffen werden musste, um sich hier abzusprechen, und es hat wirklich ein großes Engagement für die Beteiligten bedeutet. Wie gesagt, dafür vielen Dank.
Der Aktionsplan, dessen Entwurf vorliegt, gibt uns auf, den Gedanken der Nachhaltigkeit in allen Bereichen zu festigen, nachhaltiges Handeln u.a. auch im Bildungsbereich vorzuleben, da wir ja hier auch
eine besondere Verantwortung haben, und den Gedanken der Nachhaltigkeit zum Querschnittsthema in der Landespolitik zu machen. Ich bin gespannt, wie das von der Landesregierung berücksichtigt wird. Schirmherr der UN-Dekade ist schließlich Ministerpräsident Althaus. Wir erwarten von ihm auch entsprechendes Handeln als Ministerpräsident. Wir brauchen eine vernetzte Zusammenarbeit der Ministerien im Land. Hier gibt es schon eine gute Zusammenarbeit zwischen dem Umweltministerium und dem Kultusministerium. Ich wünschte mir aber noch eine stärkere Beteiligung von Wirtschafts- und Sozialministerien. Natürlich muss es auch in den anderen Häusern eine Rolle spielen, aber wenn ich die großen Komponenten der Nachhaltigkeit und natürlich den Bildungsgedanken hier berücksichtigen will, denke ich, sind diese vier Häuser am meisten gefragt.
Was ebenfalls noch geklärt werden muss, ist die Frage der finanziellen und sonstigen Unterstützung gerade der ehrenamtlich Tätigen bei der Umsetzung der Dekade. Das bleibt auch im Antrag etwas offen, wir haben zwar formuliert, dass aus den Strukturfonds eine stärkere Unterstützung der Nachhaltigkeit erfolgen soll, trotzdem wird auch die Frage nach Landesmitteln stehen. Die ehrenamtlichen Träger der Dekade, aber auch die Bildungseinrichtungen, die hier neue Bildungsangebote unterbreiten sollen, werden finanzielle Mittel brauchen.
Wichtig ist für den Antrag auch noch die beschriebene internationale Dimension der Dekade. Nun wird Thüringen nicht Kontakte mit allen Ländern dieser Welt aufnehmen können, um in den Austausch über Möglichkeiten nachhaltiger Entwicklung zu treten. Aber, ich glaube, wir sollten in diesem Zusammenhang besonders die schon funktionierenden guten Kontakte zu unseren Partnerländern nutzen, um diesen Gedankenaustausch zu pflegen, um voneinander zu lernen und beieinander abzuschauen, wie man mit den Fragen der Bildung für nachhaltige Entwicklung umgeht. Von der Warte her, denke ich, gibt uns dieser Antrag selbst viel zu tun. Er stellt auch an uns den Anspruch, mit unserem eigenen Handeln eine Vorbildwirkung zu erzielen, und er stellt den Anspruch auch an die Landesregierung, die Dekade voranzutreiben. Ich wünsche uns dafür viel Erfolg und hoffe auf die Unterstützung des gesamten Hauses, wenn wir auch leider im Moment sehr, sehr wenig Abgeordnete hier sind. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ein junger Mann betrat einen Laden und hinter der Ladentheke stand ein Engel. Er fragte ihn: Was verkaufen Sie? Der Engel gab ihm freundlich Antwort: Alles, was Sie wollen. Der junge Mann sagte: Dann hätte ich gern das Ende der Kriege in aller Welt, ein intaktes Ökosystem, eine Industrie, die nachfolgende Generationen im Blick hat und... Da fiel ihm der Engel ins Wort und sagte: Entschuldigen Sie, junger Mann, Sie haben mich falsch verstanden. Wir verkaufen hier keine Früchte, wir verkaufen den Samen. Meine Damen und Herren, die Weltdekade Bildung für nachhaltige Entwicklung kann ein solcher Samen sein.
Sie bietet uns die Chance, Weichen für eine gerechtere und zukunftsfähigere Weltordnung zu stellen. So jedenfalls verstehe ich im Hinblick auf unseren heutigen Beratungsgegenstand Nachhaltigkeit. Ich schränke hier bewusst ein, denn Nachhaltigkeit ist ein schillernder Begriff, der in der gegenwärtigen Diskussion für viele schwer zu fassen ist. Ein Blick auf die Entstehungsgeschichte des Nachhaltigkeitsbegriffs kann zunächst helfen, dessen Grundgedanken besser zu verstehen. Erstmals formulierte 1713 der sächsische Oberberghauptmann HansKarl von Karlowitz den Gedanken der Nachhaltigkeit in seinem Werk „Vivi cultura economica“, d.h. die naturgemäße Anweisung zur wilden Baumzucht. Vereinfachend ausgedrückt war es das Anliegen Karlowitz, dass immer nur so viel Holz eingeschlagen werden sollte, wie im selben Zeitraum nachwächst, um der damals in der deutschen Forstwirtschaft vorherrschenden unkontrollierten Übernutzung der Wälder und der großflächigen Waldverwüstung entgegenzuwirken. Durch diese Selbstbeschränkung bei der Nutzung konnte eine dauerhafte Verfügbarkeit des wichtigen Rohstoffs Holz für die sächsischen Silberbergwerke, insbesondere auch für nachfolgende Generationen dauerhaft gesichert werden. In den folgenden fast 300 Jahren wurde der Gedanke der Nachhaltigkeit fast ausschließlich in der Forstwirtschaft weiterentwickelt. Erst mit der auf dem Rio de Janeiro-Gipfel 1992 beschlossenen Agenda 21 wurde das Konzept der nachhaltigen Entwicklung Gegenstand auch einer intensiven weltweiten Diskussion.
Meine Damen und Herren, zu der bisher vorwiegend ökonomischen Ausrichtung des Nachhaltigkeitsbegriffs kamen gleichrangig ökologische und soziale sowie entwicklungspolitische Dimensionen hinzu. Dem Gedanken der Nachhaltigkeit wurde damit eine breite gesellschaftliche, wirtschaftliche und politische Basis gegeben. Unter dem Begriff nachhaltige Entwicklung verstehen wir heute einen ge
samtgesellschaftlichen Wandlungs- und Gestaltungsprozess, welcher es erlaubt, den Bedürfnissen der heutigen Generation zu entsprechen, ohne die Möglichkeiten künftige Generationen zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen, so die Brundland-Kommission. Einfacher gesagt: Wir müssen weltweit die Fähigkeit erwerben, so zu leben, dass auch die Menschen anderswo, die Menschen nach uns ein erfülltes Leben in einer lebenswerten Natur haben.
Diese Ausdehnung des Nachhaltigkeitsbegriffs ist sicher notwendig, um alle politisch relevanten Aspekte hinreichend zu berücksichtigen. Je komplexer ein Ziel ist, desto schwerer kann es jedoch in der Gesellschaft umgesetzt werden und desto eher drohen seine Konturen zu verschwimmen. Um den sehr komplexen Gedanken der nachhaltigen Entwicklung in der Gesellschaft zu verwurzeln und allen Menschen zu ermöglichen, sich Wissen und Werte anzueignen sowie Verhaltensweisen und Lebensstile zu erlernen, die für eine lebenswerte Zukunft und eine positive gesellschaftliche Veränderung erforderlich sind, muss das Leitbild der nachhaltigen Entwicklung ein wichtiger Bestandteil in allen Bereichen der Bildung werden. Diesem Anliegen haben sich die Vereinten Nationen angenommen, indem sie für die Jahre 2005 bis 2014 die Weltdekade „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ ausgerufen haben. Ziel ist es, allen Menschen die gegenseitigen Abhängigkeiten von Ökologie, wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit und sozialer Gerechtigkeit zu vermitteln. Wir werden Bewusstsein für die globalen Auswirkungen des eigenen Handelns und für die eigene Verantwortung beim Umgang mit natürlichen Ressourcen schaffen.
Am 1. Juli 2004 beschloss der Bundestag einstimmig, einen Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Weltdekade in der Bundesrepublik auf den Weg zu bringen. Kernbestandteil dieses Aktionsplans sind Maßnahmen zur Umsetzung einer auf nachhaltige Entwicklung orientierten Bildung in allen formalen und nicht formalen Bildungsbereichen. Bildungspolitik ist vorrangig Aufgabe des Landes und der Erfolg des Aktionsplans hängt natürlich daher wesentlich von der Umsetzung auf Länderebene, auf regionaler und lokaler Ebene ab. Daher halten wir eine aktive Unterstützung des auf dem Weltgipfel für nachhaltige Entwicklung in Johannesburg initiierten und des auf Bundesebene bereits beschlossenen Aktionsplans für unerlässlich. Alle Bildungseinrichtungen müssen dabei erreicht werden, Nachhaltigkeit soll überall zum Gegenstand lebenslangen Lernens gemacht werden, um ein Bewusstsein für die Notwendigkeit nachhaltiger Entwicklung in der Gesellschaft zu schaffen. Dass alle Fraktionen des Thüringer Landtags einen Aktionsplan auf Landesebene unterstützen und gemeinsam mit den Trägern der Bildung
für Nachhaltigkeit auf den Weg bringen wollen, werte ich als ein positives Zeichen. Es zeigt, dass trotz unterschiedlicher bildungspolitischer Ansätze sehr wohl ein Konsens gefunden werden kann. Wir sind damit wohl der erste Landtag, der die Umsetzung der Weltdekade auf Landesebene nachhaltig unterstützt. Damit zeigen wir, dass wir uns den Herausforderungen einer globalisierten Welt stellen wollen. Mit Hilfe eines Thüringer Aktionsplans wollen wir das Leitbild der Bildung für nachhaltige Entwicklung in allen Bildungseinrichtungen integrieren. Ziel muss es sein, alle Menschen vom Vorschulkind bis zum Erwachsenen, vom Arbeiter bis zum Hochschulprofessor zu erreichen. Wir müssen daher Konzepte der Bildung für nachhaltige Entwicklung sowohl in den Kindertagesstätten als auch in den allgemein bildenden Schulen, den Berufsschulen und in Hochschulen entwickeln und realisieren. Meine Damen und Herren, dabei können wir auf wichtige Vorarbeiten zurückgreifen. Beispielsweise gibt es für die allgemein bildenden Schulen bereits ein Bund-Länder-Programm „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ („21“), dessen Ergebnisse und konzeptionelle Grundlagen wir nun auch in Thüringen umsetzen müssen. Auch die Empfehlung der 6. Thüringer Umweltkonferenz für ein Leitbild zur UN-Dekade vom 17. November 2004 wird uns hierbei eine wichtige Orientierung bieten. Unter Punkt 3 sind darin bereits die vielen Bereiche genannt, in denen Bildung für nachhaltige Entwicklung stattfinden soll. Bei der Erarbeitung und Umsetzung dieses Aktionsplans sollten wir auch die Erfahrungen der bereits bestehenden Netzwerke der Bildung für Nachhaltigkeit in Thüringen nutzen. Trotz geringer Mittel wird in den Einrichtungen der Umweltbildung beispielsweise seit Jahren ein wichtiger Beitrag zur Bildung für Nachhaltigkeit erbracht.
Aber ich will es noch einmal betonen: Nachhaltigkeit darf nicht auf Umweltbildung verkürzt werden. Mit der UN-Dekade bietet sich die einmalige Chance, auch andere wesentliche Themenfelder ins Blickfeld zu rücken, wie zum Beispiel wirtschaftliche Globalisierung, Menschenrechte, Verteilungsgerechtigkeit und Armutsbekämpfung, Migration und kulturelle Vielfalt. Hier können wir vor allem auf die Netzwerke der entwicklungspolitischen Bildung, der Landeszentrale für politische Bildung, der Bildungsträger der Jugend- und Familienbildung, der Erwachsenenbildung, der Stiftungen für politische Bildung und der Jugendbildung bauen, um nur einige wichtige außerschulische Bildungsträger zu nennen. Nicht vergessen: Auch Partnerschaften mit der Wirtschaft können und sollen wichtige Beiträge für die Bildung für nachhaltige Entwicklung leisten.
deln, das auf das Leitbild der nachhaltigen Entwicklung ausgerichtet ist, soll in allen Lebensbereichen ermöglicht und gefördert werden. Dabei geht es darum, bereits bestehende Ansätze zu stärken, neue Themenfelder zu erschließen, neue Konzeptionen zu entwickeln und in die Breite zu tragen. Bildung für nachhaltige Entwicklung erfordert einen interdisziplinären, handlungsorientierten Unterricht, innovative Konzepte und fächerintegrierende Unterrichtsmaterialien, Lehrbücher, Curricula. Die Prüfungskriterien müssen in diesem Kontext neu bewertet werden. Wir brauchen inhaltliche Ergänzungen in der Lehrerausbildung, den Studienseminaren und bei der Lehrerfortbildung. Aufbauend auf unserem Kompetenzmodell brauchen wir neue, methodisch-didaktische Ansätze für den Unterricht in allen Bildungsstufen, eine Stärkung der Teamarbeitskompetenzen und der inhaltlichen Eigenverantwortung der Lehrkräfte. Eine wichtige Weichenstellung erwarte ich dabei auch vom 1. Thüringer Bildungsmarkt zur Weltdekade im November dieses Jahres.
Meine Damen und Herren, natürlich sind wir erst am Beginn eines intensiven Prozesses und es wird noch sehr viel Aufklärungsarbeit notwendig sein, um die Bedeutung des Prozesses für die Zukunft auch jedem deutlich zu machen. Wir tun auch gut daran, die Differenz zwischen Anspruch und Wirklichkeit im Blick zu behalten. Es geht nicht um politische Rhetorik, sondern darum, jeden Bürger zu befähigen, seiner sozialen und ökologischen Verantwortung gerecht werden zu können. Der Gothaer Schriftsteller Hans Cibulka notierte schon vor Jahrzehnten in seinen Tagebüchern, ich zitiere: „So groß ist der Vorrat nicht, den uns die Erde zum Leben zur Verfügung stellt. Der Mensch wird sich in seinem Denken und handeln einen neuen Anfang setzen müssen, wenn er überleben will. Einen neuen Anfang setzen heißt aber auch, den ungewohnten Gedanken mehr Raum geben als bisher. Umdenken heißt für mich, dem Leben eine andere Richtung geben, zu neuen Lebensformen aufbrechen, den Vogel aus dem goldenen Käfig nehmen.“ Die UN-Weltdekade Bildung für nachhaltige Entwicklung eröffnet uns dafür eine neue, vielleicht sogar eine letzte Chance. Danke.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, ein paar Sätze seien noch gesagt. Wir haben ja diesen Antrag in Einmütigkeit beraten und auch vorbereitet und werden ihn heute verabschie
den. Aus meiner Sicht noch ein paar Punkte: Bereits vor 13 Jahren, nämlich 1992 in Rio de Janeiro haben sich 180 Staaten mit der Agenda 21 auf ein Leitbild für nachhaltige Entwicklung festgelegt und damit ein Gestaltungsbild für die Gesamtpolitik festgelegt. Die drei Ziele ökonomische Entwicklung, soziale Gerechtigkeit und ökologische Tragfähigkeit sind darin gleichberechtigt verankert. Ich will noch einmal Wert legen auf den Punkt „gleichberechtigt“, weil ich glaube, der eine oder andere zieht immer einen Punkt mehr hervor. Es geht aber genau um den Einklang dieser drei Ziele. In der Agenda 21 wurden Erziehung, Bewusstseinsbildung und Ausbildung als wichtige Faktoren zur Erreichung nachhaltiger Entwicklungen benannt. Mit der UN-Weltdekade Bildung für nachhaltige Entwicklung wurde nun ein Schwerpunkt auf dieses Thema gelegt und es wurden und werden damit Instrumente zur Umsetzung geschaffen.
Der Freistaat Thüringen gestaltet diesen Prozess aktiv und als Vorreiter in Deutschland gewissermaßen. Ein Thüringer Aktionsplan existiert bereits. Der Arbeitskreis „Umweltbildung Thüringen“ und der bei uns geschaffene runde Tisch koordinieren die Aktivitäten und regen auch neue an. Der hier zu verabschiedende Antrag gibt - auch resultierend aus einer Anhörung, die wir durchgeführt haben - zusätzlich Impulse. Ministerpräsident Dieter Althaus hat sich als Schirmherr eingebracht und auch über den Bildungskongress, den wir mit nationaler Beteiligung durchführen werden, hat er sich als Schirmherr benannt oder benennen lassen. Ich denke, mit dem Thüringer Aktionsplan ist gesichert, dass das Thema Bildung für Nachhaltigkeit in den nächsten zehn Jahren immer wieder aktuell ist und nicht unter den berühmten Tisch gekehrt wird.
Hinsichtlich der Arbeit von Politikern und Behörden im Land und in Kommunen bleibt auch zu sagen, dass Ökonomie, Soziales und Ökologie im Gleichklang laufen müssen, insbesondere aber auch im Blick auf die nachfolgenden Generationen. Generationengerechtigkeit im politischen Handeln sichert die Nachhaltigkeit auch bereits getroffener Entscheidungen. Dazu gehört, denke ich, auch - das sei mal hier deutlich gesagt -, nicht Schuldenberge anzuhäufen, die dann spätere Generationen nicht mehr schultern können. Politische Entscheidungen, egal ob im Land oder auf kommunaler Ebene, sollten sich noch mehr an der Eigenverantwortung des einzelnen Bürgers orientieren, denn Appelle nützen oft nur wenig. Eigenes Erleben und eigenes Handeln regt aber das Nachdenken über nachhaltige Verhaltensweisen an. Für alle, egal ob nun Pädagoge oder Politiker, sollte gelten, global denken, lokal handeln und gutes Vorbild sichert Nachahmung.
Danke. Weitere Wortmeldungen von Abgeordneten liegen mir nicht vor. Das Wort hat Minister Prof. Dr. Goebel.
Vielen Dank, Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, auch seitens der Landesregierung noch einmal ein paar Worte zu diesem Antrag. Zunächst einmal unseren herzlichen Dank an alle drei Fraktionen des Thüringer Landtags für diese konstruktive Zusammenarbeit, die mit dazu beiträgt, dass die Arbeit am Thüringer Aktionsplan wertvolle Impulse erhält. Dazu hat insbesondere auch die umfangreiche Anhörung beigetragen, über die hier bereits berichtet wurde. Thüringen ist damit wieder einmal Spitze unter den deutschen Ländern in der Umsetzung von Maßnahmen im Rahmen der UN-Dekade Bildung für nachhaltige Entwicklung.
Auch das Kabinett hat sich im April dieses Jahres mit einem Maßnahmekatalog beschäftigt und alle Ressorts gebeten mitzuwirken und zusammenzuwirken. Ich denke, damit können wir guten Gewissens sagen, dass wir die Intentionen dieses Antrags in Gemeinsamkeit in den nächsten Jahren umsetzen werden und die entsprechenden Gremien - der Arbeitskreis Umweltbildung Thüringen e.V., der runde Tisch - werden das Ihrige dazu tun. Wir wollen nicht eine Reduzierung im Bildungsbereich auf die Umweltbildung, wir wollen Nachhaltigkeit in allen Bereichen. Für uns heißt Nachhaltigkeit das Gestern kennen, das Heute gestalten und dabei an das Morgen denken. Das bedeutet, dass wir entsprechende Bildungsinitiativen sowohl in schulischen als auch in außerschulischen Bereichen unterstützen, formelles und informelles Lernen mit einbeziehen. Thüringen beteiligt sich bspw. am Transferprozess des BLK-Programms „Bildung für eine nachhaltige Entwicklung“. Thüringen ist in verschiedenen weiteren Bereichen der schulischen Bildung und im Bereich der Hochschulbildung beteiligt. Wir haben die deutsche Unesco-Kommission bzw. das entsprechende Nationalkomitee für die UN-Dekade eingeladen, hier im November die Herbsttagung durchzuführen. Das wird Ministerpräsident Althaus selbst mitgestalten. Dadurch wird es weitere zusätzliche Impulse geben für diese Arbeit, und ich gehe davon aus, dass wir von Zeit zu Zeit die entsprechenden Arbeitsschritte auch hier weiterberaten können. Ich bedanke mich.
Danke schön. Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit schließe ich die Aussprache und komme zur Abstimmung. Abgestimmt wird über die Neufassung des Antrags in der Beschlussempfehlung des Bildungsausschusses in Drucksache 4/1202. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Damit ist das einstimmig beschlossen. Ich schließe diesen Tagesordnungspunkt.
Landeskulturkonzept Thüringen Antrag der Fraktion der PDS hier: Nummern 2 und 3 - Drucksache 4/689 - dazu: Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wissenschaft, Kunst und Medien zu den Num- mern 2 und 3 - Drucksache 4/1169 -
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Krause aus dem Ausschuss für Wissenschaft, Kunst und Medien zur Berichterstattung. Bitte schön.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, in dem Antrag - Drucksache 4/689 - vom 2. März 2005 hat die PDS-Fraktion die Landesregierung aufgefordert, 1. zum Stand des in der Regierungserklärung des Ministerpräsidenten angekündigten Landeskulturkonzepts zu berichten, 2. gefordert, die weitere Arbeit solle unter Einbeziehung einer Expertenkommission erfolgen und 3. solle das Konzept öffentlich diskutiert und vor der Verabschiedung des Haushalts 2006 im Landtag beschlossen werden. Durch Beschluss des Landtags vom 17. März sind die Nummern 2 und 3 des PDS-Antrags an den Ausschuss für Wissenschaft, Kunst und Medien überwiesen worden. Der Ausschuss hat den Antrag in seiner 6. Sitzung am 7. April 2005, in der der Punkt 1 für erledigt erklärt wurde, und in seiner 8. Sitzung am 1. September 2005 beraten. Das Kulturkonzept des Thüringer Kultusministeriums liegt nach einer umfassenden Bestandsanalyse als Entwurf seit Juli 2005 vor. Es hat zum Ziel, mittelfristig den inhaltlichen Rahmen für die Kulturentwicklung in Thüringen abzustecken. Der Ausschuss empfiehlt dem Landtag, die Nummern 2 und 3 abzulehnen.
Danke schön. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat Abgeordnete Dr. Klaubert, Die Linkspartei.PDSFraktion.
am 17. März dieses Jahres begann ich meine Ausführungen zum Thema „Landeskulturkonzept Thüringen“ mit einem Zitat von Alexander Bloch aus dem Jahre 1919. Er sagte damals: „Das Wachstum der Welt ist Kultur.“ Alle Redner waren sich an diesem Tag einig, der Freistaat Thüringen ist im besonderen Maße ein Land reicher und vielfältiger Kultur, historisch bedingt und geprägt durch seine Residenzen und aktuell gefordert, diese Substanz zu pflegen und zu mehren. Die PDS-Fraktion begrüßte ausdrücklich, dass es ein Kulturkonzept geben soll. Thüringen als ein Land des Wissens und der Kultur könnte ein Markenzeichen sein. Aus diesem Zitat: „Das Wachstum der Welt ist Kultur.“, könnte man fast schlussfolgern, dass wir hier in Thüringen gewissermaßen die Welt in der Nussschale haben. Die Substanz unserer Thüringer Kulturlandschaft haben wir und die Zukunft verlangt nach intelligenten Lösungen. Das Landeskulturkonzept sollte ein Zukunftskonzept für den Freistaat Thüringen sein und das Wort des Ministerpräsidenten Althaus aus seiner Regierungserklärung zum Beginn seiner Amtszeit in dieser Legislaturperiode stand im Raum: „Mit einem Kulturkonzept definieren wir bis Mitte 2005 die verbindlichen“, ich wiederhole noch einmal, „die verbindlichen Ziele für die Kulturpolitik des Landes.“ Kultusminister Prof. Goebel gab einen sehr kurzen Überblick des Kulturbestands und dessen gegenwärtige Finanzierung in Thüringen und sagte zum Schluss, er werde Anregungen und Hinweise aufnehmen, Erfahrungen aus den Nachbarländern auch einfließen lassen und es solle eine breite Diskussion mit Einrichtungen, Verbänden und Kulturträgern geben. Die Punkte 2 und 3 unseres Antrags wurden an den Ausschuss überwiesen. Herr Dr. Krause hat dazu die Berichterstattung in aller Kürze gegeben. So viel zum Märzplenum.
Meine Damen und Herren, meinen heutigen Redebeitrag zur Einschätzung des Gesamtprozesses möchte ich mit einem Vergleich beginnen. Sicher, Vergleiche hinken immer ein bisschen, aber sie machen plastisch, was man sagen möchte. Ich möchte das Märchen der Gebrüder Grimm vom „Hans im Glück“ bemühen.