Protokoll der Sitzung vom 09.12.2004

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Ja, wissen Sie denn, was nächstes Jahr gespart wird?)

Ich gehe mal davon aus, dass das die Landesregierung beim Wohngeld auch gemacht hat, und deshalb schauen wir uns die entsprechenden Mittelansätze für das Wohngeld im Einzelplan der Landesregierung an, Herr Mohring. Dort stellt die Landesregierung fest, 71,2 Mio. '  . überplanmäßigen Ausgaben 2004 im Haushalt eingestellt. Für den Planansatz 2005 sind 31.345.900  1 weisung vom Bund eingestellt.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Hellseher!)

Die Landesregierung rechnet also damit, dass von Bundesseite bei der Zahlung von Wohngeld 39.845.100      ) nung der Landesregierung - Einsparungen erfolgen werden. Nun könnten alle sagen, gut, es wäre nicht so schlimm, die Bundesregierung hat sich ja verpflichtet, 29,1 Prozent ihrer Gesamtleistungen zu zahlen. Was interessiert mich diese Zahl. Die Zahl wird in

teressant, wenn man sich der Ausgabenseite zuwendet, Herr Mohring. 142,400 Mio.    als Ausgabeposition für das Haushaltsjahr 2004 mit dem entsprechenden überplanmäßigen Haushaltsansatz in diesem Jahr zu Buche. Für nächstes Jahr plant die Landesregierung, die nach bestem Wissen und Gewissen den entsprechenden Haushaltsansatz wahrheitsgemäß eingestellt hat, 62.709.800  Auch hier ist wieder zu beachten, welche detaillierte Kenntnis bei der Wohngeldberechnung in diesem Zusammenhang zugrunde gelegen haben muss, wenn man das so auf die Hunderterstelle genau ausrechnen kann. Wenn ich davon das abziehe, was als Bundeszuweisung im Haushalt 2005 drinsteht, nämlich die 39.845.100, meine Damen und Herren, dann passiert was ganz Verblüffendes. Dann weist die Landesregierung mit Ihrem Haushaltsentwurf 2005 nach, dass sie 39.845.100   % geldzahlung für das nächste Haushaltsjahr einspart. Wie hatte der Ministerpräsident doch versprochen? Die Einsparungen des Wohngeldes werden in voller Höhe an die Kommunen weitergereicht.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Werden sie!)

Deshalb, Herr Mohring, stehen in diesem Gesetz auch 20 Mio. So entwickeln sich eben Versprechen des Ministerpräsidenten des Freistaats Thüringen, wenn dazwischen eine Wahl liegt und wenn anschließend eine Alleinregierung mit den Haushaltsnöten dieses Landes umspringt wie sie es denkt, ohne die Interessenlagen und die Betroffenheiten der Kommunen mit zu berücksichtigen.

Und, Herr Mohring, ein dritter Aspekt, der noch eine Rolle spielt: Wie hatte Herr Wehner so schön gesagt - ein reines Organisationsgesetz. In diesem Gesetz sind §§ 1 und 2 tatsächlich die entscheidenden Pragraphen, in denen die Grundlagen gelegt werden sollten. Allerdings wird das Ganze völlig konterkariert durch eine Verordnungsermächtigungsklausel in § 6. Weil man sich nicht sicher ist, wie man es regelt und weil man den Kommunen gerne sicher noch eine Überraschung unterbreiten möchte, stellt man dort fest, man möchte eine Rechtsverordnung, von der noch keiner weiß, wie sie aussieht, noch erlassen, um für den 01.01. des nächsten Jahres den Kommunen zu sagen, wie denn nun die Zahlungen erfolgen und wann denn das entsprechende Geld weitergereicht wird.

Meine Damen und Herren, wir haben den 9. Dezember. Am 01.01. sollten die Kommunen eigentlich agieren. Wir haben ein Gesetz, was zwar formal feststellt, wie es gehen könnte, aber was sich ausdrücklich auf eine Rechtsverordnung beruft, die zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht existiert. Das hätte mal eine Oppositionsfraktion dieses Hauses als Ge

setzestext einbringen sollen, es wäre von den Herren in der Mitte dieses Hauses zerrissen worden als Unfähigkeit, als Unzulässigkeit,

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Micha, das geht doch nicht!)

als Verunsicherungsversuch der Kommunen, als Katastrophe für die Kommunen, wenn so eine Opposition, eine Abgeordnetengruppe in diesem Haus agieren würde, dass es eine Katastrophe wäre, wie hier kommunale Interessen vertreten wurden. Meine Damen und Herren, es ist Ihr Gesetz, es ist Ihre Katastrophe, die Sie verschulden und die Sie in den Kommunen verursachen. Um dieses sichtbar zu machen, auch sichtbar zu machen, wie Sie mit Versprechen des Ministerpräsidenten umgehen und wie er selbst sich an Versprechen hält, werden wir den zweiten Punkt unseres Beschlussantrags in namentlicher Abstimmung beschließen lassen,

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Gerne.)

um Ihnen die Möglichkeit zu geben, sich entsprechend zu verhalten. Danke.

(Beifall bei der PDS)

Danke. Weitere Wortmeldungen von Abgeordneten liegen nicht vor. Das Wort hat Ministerin Diezel.

Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, eigentlich wollte ich nicht mehr ausführlich zu diesem Gesetz sprechen, denn der Abgeordnete Mike Mohring hat vieles aus der Anhörung, aber auch aus dem Haushaltsausschuss dazu gesagt und richtiggestellt, auch was hier in der Debatte gesagt worden ist. Aber eines sei noch mal betont: Wir haben uns hier auf das Finanztableau der Bundesregierung, das erarbeitet wurde vom Bundeswirtschaftsministerium und vom Bundesfinanzministerium auf der Erhebung von statistischen Daten des Bundesamtes für Statistik genauso wie des Amtes für Statistik in Sachsen, berufen. Wenn ich mir die Gesetzentwürfe der neuen Länder anschaue, dann ist doch sehr interessant, Herr Gerstenberger, wenn Sie sagen, der Ministerpräsident breche sein Wort; er tut dies nicht. Aber interessant ist, wie in Mecklenburg-Vorpommern auch berücksichtigt wird bei der Berechnung die Einsparung des Wohngeldes unter Abzug der Kosten der Bedarfsgemeinschaft, die das Land den Kommunen nach dem Flüchtlingsaufnahmegesetz erstattet, sowie abzüglich der vom Land zu tragenden Mehrbedarfe bei der überörtlichen Sozial

hilfe mit einbezogen werden. Hier wird also auch saldiert. Und noch viel interessanter ist, und das ist für mich ganz schleierhaft, wie man bei der Wohngeldeinsparung

(Zwischenruf Abg. Gerstenberger, PDS: Wie viel bezahlt Mecklenburg-Vorpom- mern?)

noch eine investive Bindung machen kann. Das macht nämlich Mecklenburg-Vorpommern, vielleicht um die Investitionsquote zu schönen - 20 Prozent 2005, 65 Prozent 2006. Also bitte schön, immer gemach, gemach!

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir werden - Sie haben überhaupt keine Summe drin im Gesetz, überhaupt keine Summe ist im Gesetz - die Landeszuweisung einer Revision unterziehen. Das habe ich hier schon bei der Einbringungsrede gesagt, und wir werden auch, und darauf hat sich der Wirtschaftsminister mit mir verständigt, in der Verordnung, die dem Gesetz folgt - und die ist schon in der ersten Anhörung gewesen, es ist also nicht so, dass nicht bekannt ist, was Sie hier orakeln, Herr Gerstenberger -, vorschlagen, entgegen der bisherigen Erstattung des Bundes die Landeszuweisung quartalsweise im Voraus im ersten Monat zu zahlen, um eben den Kommunen entgegenzukommen. Der Bund zieht aus seinen SoBEZ Zinsvorteile, das tun wir nicht. Wir kommen hier den Kommunen entgegen und werden das auch in der Verordnung verankern.

(Beifall bei der CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, für viele Menschen in unserem Land wird es Änderungen geben durch Hartz IV. Viele sind verunsichert. Ich glaube, es ist an uns, die Ziele der Reform einerseits mehr zu fördern und zu fordern, gemeinsam mit den Kommunen und unseren Menschen durchzusetzen. Das Land wird mit seinen Revisionsleistungen, aber auch mit der vorzeitigen Zahlung der Landesleistung den Kommunen hier beistehen. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Danke schön. Es gibt eine weitere Wortmeldung. Frau Abgeordnete Taubert, SPD-Fraktion.

Ich beantrage für den Antrag der SPD-Fraktion namentliche Abstimmung.

Danke schön.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Das haben wir erwartet.)

Weitere Wortmeldungen liegen jetzt nicht vor. Damit kämen wir zum Abstimmungsverfahren. Noch mal die Nachfrage an den Abgeordneten Gerstenberger: Für welchen Bereich wurde namentliche Abstimmung beantragt? Für den PDS-Antrag?

Für den PDS-Antrag Punkt 2 namentliche Abstimmung.

Punkt 2?

Dann kämen wir jetzt zur Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion der PDS in Drucksache 4/433 und hier zur namentlichen Abstimmung über Punkt 2 des Antrags. Ich bitte, die Stimmzettel einzusammeln.

So, hat jetzt jeder seinen Stimmzettel abgeben können? Das ist der Fall. Dann ist der Wahlgang geschlossen und ich bitte auszuzählen.

Damit kommen wir zur Bekanntgabe des Abstimmungsergebnisses. Es wurden 80 Stimmen abgegeben: 35 Jastimmen, 45 Neinstimmen, keine Enthaltungen (namentliche Abstimmung siehe Anlage 3). Damit ist der Punkt 2 des PDS-Antrags in der Drucksache 4/433 abgelehnt.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung der Punkte 1, 3 und 4 des PDS-Antrags in Drucksache 4/433. Wer den Punkten 1, 3 und 4 seine Zustimmung erteilt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Gegenstimmen? Danke schön. Stimmenthaltungen? Damit sind auch die Punkte 1, 3 und 4 mit Mehrheit abgelehnt worden. Damit ist der Änderungsantrag der Fraktion der PDS in Drucksache 4/433 in seiner Gesamtheit abgelehnt.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD in Drucksache 4/450. Auch hier wurde namentliche Abstimmung beantragt. Ich bitte die Stimmzettel einzusammeln.

Hat jetzt jeder seinen Stimmzettel abgeben können? Das scheint der Fall zu sein. Ich schließe den Wahlgang und bitte um Auszählung.

Damit kommen wir zur Bekanntgabe des Abstimmergebnisses. Es wurden 82 Stimmen abgegeben: 37 Jastimmen, 45 Neinstimmen (namentliche Ab- stimmung siehe Anlage 4). Damit ist der Änderungsantrag der Fraktion der SPD in Drucksache 4/450 mit Mehrheit abgelehnt worden.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses in Drucksache 4/402. Wer der Ausschussempfehlung seine Zustimmung gibt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Gegenstimmen? Danke schön. Enthaltungen? Damit ist die Beschlussempfehlung angenommen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Gesetzentwurf der Landesregierung in Drucksache 4/295 in zweiter Beratung unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Abstimmung über die Beschlussempfehlung in Drucksache 4/402. Wer dem Gesetzentwurf der Landesregierung zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Damit ist der Gesetzentwurf mit Mehrheit beschlossen.

Wir kommen dann zur Schlussabstimmung. Wer dem Gesetzentwurf in zweiter Beratung seine Zustimmung erteilt, den bitte ich, sich von dem Platz zu erheben. Danke schön. Gegenstimmen? Danke schön. Stimmenthaltungen? Damit ist der Gesetzentwurf auch in der Schlussabstimmung mit Mehrheit so beschlossen. Ich schließe den Tagesordnungspunkt 4 und rufe auf den Tagesordnungspunkt 5

Thüringer Gesetz zur Ausführung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und zur Änderung anderer sozialrechtlicher Vorschriften Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 4/314 dazu: Beschlussempfehlung des Ausschusses für Soziales, Familie und Gesundheit - Drucksache 4/428 dazu: Änderungsantrag der Fraktion der PDS - Drucksache 4/444 Änderungsantrag der Fraktion der SPD - Drucksache 4/446 ZWEITE BERATUNG

Der Gesetzentwurf befindet sich in zweiter Beratung, und ich rufe auf Abgeordnete Thierbach als Berichterstatterin.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, durch Beschluss des Landtags vom 11. November 2004 ist der Gesetzentwurf "Thüringer Gesetz zur Ausführung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und zur Änderung anderer sozialrechtlicher Vorschriften" an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit überwiesen worden. Der Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit hat den Gesetzentwurf ebenfalls in Sondersitzungen und in regulären Ausschuss-Sitzungen am 12. November, am 26. November und am 3. Dezember beraten. Am 26. November wurde eine Anhörung der kommunalen Spitzenverbände durchgeführt. Die Ausschuss-Sitzung am 3. Dezember beschäftigte sich dann mit den Änderungsanträgen von PDS-, SPD- und CDU-Fraktion. Hauptsächlicher Kristallisierungspunkt der unterschiedlichen Auffassungen wurde der § 6 "Kostenträger", also die Frage, inwieweit Kommunen tatsächlich mit der Delegierung dieser Aufgaben Kosten übertragen werden und inwieweit diese Struktur, die in dem § 6 geregelt ist, eine tatsächliche juristische Klarheit und eine Nachvollziehbarkeit hat. Der Ausschuss hat weiterhin einen Mangel des Gesetzentwurfs behoben einstimmig, und zwar die Aufnahme der Regelung von teilstationären Einrichtungen. Dieses ist tatsächlich eine Erweiterung des Gesetzentwurfs und eine Klarstellung gewesen. Zum anderen wurden mehrheitlich einige Paragraphen gestrichen, diese Paragraphen betrafen den Landessozialbeirat bzw. Sozialhilfebeiräte bei Kommunen. Es wurde ebenfalls verändert die Überprüfung der finanziellen Regelungen, im Gesetzentwurf verankert, indem aus dem Jahr 2008 wieder die ursprüngliche Regelung, wie wir sie bereits bei der Eingliederung der Sozialhelfer auf den örtlichen Sozialhilfeträger im Ausführungsgesetz zum BSHG hatten, und zwar auf das Jahr 2007. Durch diese Veränderung konnten andere Paragraphen in dem Gesetz noch gestrichen werden. Der Ausschuss empfiehlt dem Plenum mehrheitlich die Annahme des Gesetzentwurfs mit den entsprechenden Änderungen.

(Beifall bei der PDS)

Danke schön. Damit kommen wir zur Aussprache. Es hat sich zu Wort gemeldet Abgeordneter Panse, CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, Frau Kollegin Klaubert, leider eben nicht in prägnanter Kürze, weil ich glaube, der Gesetzentwurf ist eine ausgesprochen komplizierte Materie und das gebietet auch, dass wir uns in dieser Form hier auch zu dieser

späten Stunde in der gegebenen Ausführlichkeit noch austauschen. Die Frau Kollegin Thierbach hatte gerade deutlich gemacht, wie der Beratungsgegenstand im Ausschuss aussah. Ich sage gleich vorweg, bevor ich erläutere, was wir jetzt hier noch diskutieren müssen, es war im Ausschuss schon eine ausgesprochen intensive und anstrengende Diskussion, insofern bitte ich ein Stückchen um Verständnis und Aufmerksamkeit, dass wir die dazugehörigen Paragraphen auch hier noch etwas diskutieren müssen.

(Beifall bei der CDU)

Der Gesetzentwurf korrespondiert natürlich mit dem vorangegangenen Gesetzentwurf, den wir auch gerade schon mal diskutiert haben, mit diesen Neuregelungen, die im Rahmen der Hartz IV-Reform jetzt auch notwendig werden mit der Verlagerung der Hilfeempfänger vom SGB XII ins SGB II. Ich möchte vielleicht dann doch in der konkreten Fassung, was die Änderungsanträge angeht, zunächst noch mal auf den Beratungsverlauf im Sozialausschuss eingehen. Wir haben uns unmittelbar nach der ersten Lesung des Gesetzentwurfs im Plenum auf eine mündliche Anhörung mit den Spitzenverbänden und der Liga verständigt. Zu dieser Anhörung lagen dann die schriftlichen Stellungnahmen von allen Anzuhörenden vor und der Landkreistag und der Gemeindeund Städtebund nutzten auch die Gelegenheit, uns ihre Änderungswünsche zu erläutern.