Protokoll der Sitzung vom 21.11.2012

Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich ein paar Sätze ergänzen zu dem, was Kollegin Jung gesagt hat. Wer Kinderschutz ernst nehmen will und die Frage Kindeswohlgefährdung auch im politischen Prozess ernst nehmen will, der muss schauen, welche Aufgaben hat er hier in diesem Thüringer Landtag. Da gibt es eine Aufgabe, die heißt der Thüringer Landeshaushalt. Wenn man Kinderschutz ernst nimmt, dann muss man auch Haushaltsklarheit und -wahrheit schaffen und eben nicht verhindern, dass finanzielle Mittel für den Kinderschutz bereitgestellt werden, und vor allen Dingen auch nicht systematisch wollen, dass die Mittel für die örtliche Jugendförderung, wie das vor 2009 auch der Fall war, systematisch kaputt gehauen werden, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wer sich auch auskennt mit den Prozessen, wie Jugendhilfestruktur vor Ort abläuft, der muss über die Frage reden, wie können sich Kitas öffnen, wie können Kitas in einen Sozialraum integriert werden und wie können bestimmte Faktoren in einem bestimmten Sozialraum um die Kita auch berücksichtigt werden. Das heißt, dass Kitas und auch Schulen sich stärker öffnen müssen, Jugendhilfeeinrichtungen, auch externe Jugendhilfeeinrichtungen auch in der Zusammenarbeit in die Kitas reinzulassen. Da - das hat Frau Jung völlig zu Recht angesprochen - sind zum Beispiel ein wichtiger Schritt die Elternzentren, die Frau Taubert mit dem TMSFG in der Vergangenheit auch auf den Weg gebracht hat.

Ganz konkret zu dem Fall: Der Träger hat auf den ersten Blick richtig gehandelt. Der Träger hat fristlose Kündigungen ausgesprochen. Man muss sich allerdings - das hat Herr Kowalleck zu Recht erwähnt - fragen, warum dieser Prozess so spät aufgedeckt wurde. Und das ist genau die Frage: Wie können wir es schaffen, kommunale Prozesse loszutreten, die eine Öffnung von Kitas schafft? Frau Abgeordnete König und Frau Abgeordnete Meißner wissen das besser als ich. Wir haben Jugendhilfepolitik auch auf Landesebene. Aber Jugendhilfepolitik auf Landesebene steigt oftmals nicht bis in die Kommune durch. Es gibt hier fachliche Empfehlungen und Prozesse, wo man sich wirklich in stundenlangen Arbeitsgruppen fachliche Empfehlungen erarbeitet und im Übrigen nicht nur mit politisch Verantwortlichen, sondern auch mit Fachleuten, die genau aus diesem Bereich kommen. Die Frage ist natürlich, wie ernst nehmen die kommunalen Strukturen genau diese fachlichen Empfehlungen. Wenn sie diese fachlichen Empfehlungen ernst nehmen, dann heißt das Kita, Schule öffnet sich gegenüber auch außerstrukturierten und außerschulischer Jugendhilfe und Jugendarbeit, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Wer Kinderschutz wirklich ernst nehmen will, darf örtliche Jugendförderung nicht systematisch zerschlagen. Wer Kinderschutz ernst nehmen will, muss auch die Mittel, die das Land an die Kommunen durchsteckt für ein Programm für Kinderschutz und gegen Kindeswohlgefährdung ernst nehmen. Mit Pressemitteilungen und Aktuellen Stunden ist den Kindern in diesem konkreten Prozess nicht geholfen, sondern mit konkreter Politik in der Verantwortung, die wir hier im Landtag wahrnehmen. Vielen Dank.

(Beifall SPD)

Für die FDP-Fraktion hat der Abgeordnete Koppe das Wort.

(Abg. Jung)

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Ich möchte an erster Stelle auch Ihnen, Herr Minister, danken, dass Sie zumindest vor der Debatte auch noch einmal klargemacht haben, wie der Verlauf war, wie die Vorgänge an sich behandelt wurden, wie Ihr Haus als Rechtsaufsichtsbehörde dort reagiert hat, weil es macht es, glaube ich, zu diesem schwierigen Thema der Aktuellen Stunde zumindest etwas einfacher, auch zu den tatsächlichen Fakten Stellung zu nehmen. Daher auch von meiner Seite, von unserer Seite den Dank.

(Beifall FDP)

Es ist schon vieles gesagt worden und ich glaube auch, dass wir uns

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Viel Falsches.)

- ja, bestimmt auch viel Falsches, das will ich jetzt gar nicht werten - aber auf jeden Fall, wenn wir darüber reden, auch an die Fakten halten sollten. Ich weiß nicht, ob uns allen damit geholfen ist, wenn wir politische Grundsatzreden über kindliche Bildung etc. hier halten, denn damit hat ja dieser Vorgang ausdrücklich nichts zu tun.

(Beifall FDP)

Es ist ein Vorfall, der uns alle tief betroffen gemacht hat. Wir alle wissen nicht, war es ein einmaliger Fall oder steckte da auch schon längere Systematik dahinter. Da wir das nicht wissen, sollten wir uns auch mit Vermutungen schon sehr deutlich zurückhalten. Das will ich auch an der Stelle sagen.

(Beifall FDP)

Für mich und für uns geht es deshalb in diesem bedauernswerten und inakzeptablen Fall - von dem wir alle hoffen, und das habe ich auch gerade gesagt, dass es sich um einen krassen Einzelfall handelt - erst einmal nicht um pauschale Schuldzuweisungen - das sage ich auch ganz deutlich -, sondern um Fragen. Zum Beispiel betreffen sie zuerst aus unserer Sicht den Träger. Und Fragen muss man stellen und Fragen müssen dann auch beantwortet werden; hier an dieser Stelle der Träger. Fragen z.B., waren die Beschäftigten möglicherweise überfordert? Eine andere Frage wäre, waren die Arbeitsabläufe in der Kita unzureichend organisiert, so dass ein solches Verhalten wenn nicht begünstigt, dann zumindest möglich gemacht worden ist. Denn jetzt, und das ist auch ganz klar, machen sich natürlich viele Eltern, nicht nur die dort direkt betroffenen, große Sorgen um das Wohlergehen ihrer Kinder in den Einrichtungen. Da, Frau Rothe-Beinlich, spielt die Trägerschaft wahrscheinlich überhaupt keine Rolle. Lassen Sie uns - und da will ich zum Ende kommen - deshalb diese traurigen und wütend machenden Vorgänge zum Anlass nehmen, danach zu schauen, was wir verbessern können,

und nicht nur darauf zu schauen, wer hier möglicherweise versagt hat.

Ein letzter Satz: Liebe Frau Jung, nehmen Sie es einmal stellvertretend für Ihre Fraktion hin; ich habe wirklich sämtliches Wissen wahrscheinlich in meiner Tasche gelassen, aber ich kann mich nicht daran erinnern, dass in diesem Haus die Fraktion DIE LINKE jemals einen populistischen Antrag gestellt hat und auch niemals eine populistische Aktuelle Stunde hier im Haus eingebracht hat. Vielen Dank.

(Beifall FDP)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Frau Abgeordnete Rothe-Beinlich das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, bis eben war es wirklich eine würdige Debatte zu einem schwierigen Thema. Das will ich ganz deutlich sagen.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Ich habe mich zwar auch gefragt, ob sich ein solches Thema in einer Aktuellen Stunde tatsächlich adäquat behandeln lässt, aber ich bin froh darum, wie es die meisten von denen, die hier vorn gesprochen haben, aufgegriffen haben und will mich auch noch einmal ganz herzlich bei Herrn Minister Matschie für den Sofortbericht bedanken.

Fakten jedenfalls sind eben in der letzten Rede trotz Ankündigung nicht hinzugekommen. Im Moment, glaube ich, gibt es in der Tat sehr viele Fragen und die große Frage ist natürlich, wie so etwas passieren konnte und in diesem Sinne, glaube ich, ist es auch sehr gut nachvollziehbar, dass sich Eltern fragen: Was passiert eigentlich in meiner Kita? Ich stelle mir zudem die Frage: Warum haben sich Eltern vielleicht so lange nicht gefragt, warum haben Eltern so lange nicht genauer wissen wollen, was in ihrer Einrichtung passiert, warum haben sie sich da nicht eingebracht? Ich wünsche mir jedenfalls, dass Eltern selbstverständlich wissen und wissen wollen, wo ihre Kinder beispielsweise Mittagsschlaf halten, wie es in diesen Räumlichkeiten aussieht und in der Regel ist es ja auch so. Ich weiß es jedenfalls aus der Zeit, wo unsere Kinder in den Kindergarten gingen, dass es völlig üblich war, dass wir die Kinder nach dem Mittagsschlaf auch mal aufgeweckt haben oder noch mit angezogen haben, mitgeholfen haben, es waren keine abgeschlossenen Räume und insofern will ich auch sagen, sollte es in diesem Fall anders gewesen sein, wünsche ich mir mündige Eltern, die selbstverständlich auch danach schauen, was in ihrer Ein

richtung konkret passiert. Und das nicht, weil sie Misstrauen haben, sondern weil es zur guten geteilten Verantwortung gehört zwischen Erzieherinnen und Eltern, dass sie selbstverständlich gemeinsam das Kind umsorgen, auch in der Kita, wenn sie es hinbringen oder wenn sie es abholen und auch sehen, wie vor Ort die Umstände aussehen.

Ich finde, das Entscheidende ist in der Tat, zu schauen, wie es um die Qualität und um die Umsetzung unserer sehr guten Bildungspläne aussieht, die wir ja durchaus haben. Die zentrale Frage ist, wie wird frühkindliche Bildung, Erziehung und Betreuung umgesetzt und haben wir dazu genügend gut gebildetes, gut ausgebildetes Fachpersonal mit der nötigen Zeit, mit der notwendigen Ruhe und natürlich auch die notwendigen sächlichen und räumlichen Voraussetzungen. Funktionieren die partnerschaftlichen Zusammenarbeiten zwischen Eltern, Erzieherinnen und Kindern und natürlich auch dem Jugendamt, auch dem Träger und stimmt das Zusammenspiel? Ich glaube, wir waren selbstverständlich alle schockiert über die Vorkommnisse und insofern kann ich nur darauf hoffen, dass wir Antworten auf alle Fragen bekommen, weil auch alle Träger ein ganz großes Interesse daran haben werden, dies allumfänglich aufzuklären und sehr genau hinzuschauen, wie es passieren konnte, dass man heute in einer Zeitung von einem „Kartell des Schweigens“ lesen musste, was ich schon sehr schwierig finde, wenn sich so etwas bewahrheiten würden, weil dann in der Tat die Frage im Raum stünde: Hat der Träger nie nachgefragt? Haben Eltern nie nachgefragt? Gab es nicht weitere Erzieherinnen? Ist da nichts aufgefallen? Damit all diese Fragen nicht stehen bleiben, sondern beantwortet werden, vertraue ich in der Tat auf Sie als zuständige Fachaufsicht im Ministerium, will allerdings auch darauf verweisen, dass es eine gute Fachaufsicht und dass es gute frühkindliche Bildung und Erziehung und Betreuung eben nicht zum Nulltarif gibt. Gerade die Kita-Leiterinnen - Margit Jung hat es angesprochen - haben immer wieder gesagt, dass sie viel zu wenig Zeit für administrative, für organisatorische Aufgaben haben, für Gespräche im Team. Ich glaube, dieses Beispiel zeigt auf jeden Fall, dass es die notwendige Zeit braucht, dass es ein vertrauensvolles Miteinander braucht, dass es Transparenz braucht und dass es aber auch von unserer Seite jetzt keine unberechtigten Zweifel braucht, denn wir alle wissen, wir haben es als Sternstunde bezeichnet, als wir hier über das KitaGesetz gesprochen haben, wir wollen, dass unsere Kinder von Anfang an bestmögliche Bildung, Erziehung und Betreuung erfahren, sowohl von den Eltern, als auch von den Kindereinrichtungen und jetzt Zweifel insgesamt ins System der Kindertageseinrichtungen zu säen, hielte ich jedenfalls für völlig falsch. Wir sollten vielmehr alles dafür tun, Vertrauen zu gewinnen und dazu gehört Offenheit, Transparenz, dazu gehören aber auch mündige Eltern.

Das will ich an dieser Stelle noch einmal ganz deutlich sagen. Vielen herzlichen Dank.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Erneut keine neuen Fakten.)

Für die Landesregierung Herr Minister Matschie, bitte.

Werte Kolleginnen und Kollegen, ich will mich zunächst mal bedanken für die sehr nachdenkliche, auch sachorientierte Debatte zu diesem Punkt. Das ist in der Tat nicht leicht, so etwas in einer Aktuellen Stunde abzuhandeln. Sie haben recht, wir haben offene Fragen, die zum heutigen Zeitpunkt noch nicht vollständig beantwortet werden können. Deshalb will ich hier noch mal deutlich machen, wir werden all diesen Fragen weiter nachgehen. Natürlich muss man, wenn die Fragen sich beantworten lassen, anschließend miteinander ins Gespräch kommen: Gibt es vielleicht Änderungen, die man vorschlagen muss in Organisationsabläufen, kann man aus diesem Vorfall grundsätzlich etwas lernen über die Arbeit und die Arbeitsorganisation in den Kindertagesstätten? Wobei ich auch dankbar bin für den Hinweis, Frau Rothe-Beinlich, den Sie zum Schluss noch mal gemacht haben. Es kommt jetzt nicht darauf an, das System in Bausch und Bogen zu verdammen oder schlechtzureden, sondern nach allem, was wir wissen, machen unsere Einrichtungen eine insgesamt hervorragende Arbeit. Trotzdem tauchen solche Fälle auf. Wichtig ist es, dass wir möglichst schnell erfahren, wo solche Unregelmäßigkeiten passieren, und dass wir auch unmittelbar reagieren können. Zu dem, wo man ein bisschen erstaunt davorsteht, gehört auch, meine Referatsleiterin hat dann ein Telefonat geführt mit der Elternsprecherin, nachdem dieser Vorfall bekannt war. Die Elternsprecherin hat deutlich gemacht, die Eltern hatten überhaupt nichts auszusetzen gehabt an der Arbeit der Kindergartenleiterin. Sie haben sich voll hinter diese Kindergartenleiterin gestellt. Also es war keine Kindertageseinrichtung, wo man die Vermutung haben musste, da läuft etwas nicht ordentlich, da muss man mit externen Prüfungen rein. All diese Anzeichen waren nicht da. Umso mehr muss man jetzt aufklären, wie es dazu kommen konnte und wieso das über eine Weile zumindest unentdeckt geblieben ist.

Wichtig ist auch, dass wir im Blick behalten, wie die Verantwortlichkeiten strukturiert sind, denn natürlich kann man nicht, Frau Kollegin Jung, mit fünf Mitarbeiterinnen oder Mitarbeitern im Ministerium all die

(Abg. Rothe-Beinlich)

Kindergärten kontrollieren. Deswegen liegt die Fachaufsicht bei den Trägern der Kindergärten. Die müssen die Kontrollen machen. Unser Haus wird immer dann, wenn es Hinweise gibt, konkret eingreifen. Ansonsten ist unsere Aufgabe zunächst konzentriert auf die Betriebserlaubnis, auf die Prüfung der Voraussetzungen, bringen die Träger die Voraussetzungen mit, um die Fach- und Rechtsaufsicht gewährleisten zu können. Ich möchte Ihnen an dieser Stelle noch mal ausdrücklich anbieten, da noch viele Fragen im Geschehen offen sind, dass ich Ihnen laufend weiter auch im zuständigen Fachausschuss berichte, wenn sich dort neue Erkenntnisse ergeben, insbesondere aus den Untersuchungen der Staatsanwaltschaft, und wir dann gemeinsam darüber reden, ob gegebenenfalls daraus Schlüsse für die Organisation oder bestimmte Verwaltungsvorschriften zu ziehen sind. Herzlichen Dank erst mal heute für die Debatte.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich schließe damit die Aussprache, schließe den vierten Teil der Aktuellen Stunde und rufe auf den fünften Teil

e) Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zum Thema: „Stadionsicherheit - Für eine ehrliche Debatte, gegen eine pauschale Kriminalisierung“ Unterrichtung durch die Präsidentin des Landtags - Drucksache 5/5235

Es hat zunächst das Wort Frau Abgeordnete Rothe-Beinlich für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

(Zuruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Das glaube ich nicht. Gemel- det ist Herr Adams.)

Wenn Sie das so sagen, dann rufe ich jetzt Herrn Adams auf, aber eine nicht zu benennende Person hat aufgeschrieben, dass Frau Rothe-Beinlich spricht. Wir korrigieren das jetzt. Bitte, Herr Adams.

(Heiterkeit im Hause)

Sehr geehrte Frau Präsidentin, vielen Dank, dass ich hier sprechen kann. Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, immer mehr Gewalt in unseren Stadien, das ist eine häufig gelesene Schlagzeile und ein Thema in allen Medien. Wenn man dort hingeht, erlebt man das zuweilen recht anders und ich sehe

in manche Gesichter, die ich dort oft treffe. Warum, so fragt man sich, schwebt bei fast jedem Spiel einer ostdeutschen Mannschaft hier in Erfurt über dem Stadion und den Zufahrtswegen und in Jena ist es nicht anders, und wenn man in das Stadion geht, dann erlebt man das ganz anders und man fragt sich eigentlich nur, warum die manchmal doch sehr überzogenen Sicherheitsbestimmungen hier greifen. Oder wer von Ihnen würde sich gerne abtasten lassen, wenn er in ein Kino geht? Viele sagen, das sind natürlich zwei verschiedene paar Schuhe. Ja, viele sagen auch, Stadien sind die unsichersten Orte in unserer Republik. „Ich fühle mich sicher“, das ist mein Statement, aber es ist auch der Name einer Initiative, die sich vor wenigen Wochen gegründet hat. Und zu Recht verweist diese Initiative darauf, dass wir in der letzten Spielzeit, der Spielzeit 10/11, in den beiden ersten Ligen der Bundesliga - in der Ersten und Zweiten Bundesliga 17,6 Mio. Zuschauer in den Stadien hatten. Die zentrale Informationsstelle für Sporteinsätze berichtet für diesen Zeitraum bei 17,6 Mio. Zuschauern 846 Verletzte.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn man das in eine Relation setzt, kommt man dazu, dass bei 21.000 Besuchern in Stadien eine Verletzung geschieht - sicherlich immer noch zu viel und man darf sich damit nicht zufriedengeben. Aber eine andere Zahl ist ähnlich in der Relation. Bei diesen 17,6 Mio. Stadionbesuchern mussten im Rahmen von Spielen im Stadion und davor 6.061 Fans festgenommen oder vorübergehend in Gewahrsam genommen werden. Alle anderen 99 Prozent waren friedlich und haben den Fußball genossen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, 6.061 sind immer noch zu viele, das ist ganz richtig und daran soll auch nicht gedeutelt werden, aber wir müssen es in eine richtige Relation setzen. Eine dritte Zahl ist eine wichtige Zahl in diesem Zusammenhang: Die Polizeistatistik bundesweit weist aus, dass in den letzten Jahren die geleisteten Polizeieinsatzstunden sportbezogen um 25 Prozent zurückgingen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN plädieren an dieser Stelle nicht für ein Wegschauen vor Gewalt, ein Verniedlichen oder ein Verharmlosen, ein Geringschätzen, nein, wir zeigen klare Kante gegen rassistische Rufe, gegen Gewalt, gegen antisemitische Rufe und jede andere Form von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit in Stadien. Wir wollen aber auch, dass dies immer in eine richtige Relation gesetzt wird, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Stadien werden sicherer, wenn guter Fußball gespielt wird und damit der Unterhaltungsfaktor auch steigt.

(Minister Matschie)

(Beifall DIE LINKE)