Protokoll der Sitzung vom 24.02.2010

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: 431.)

Deshalb in Drucksache 5/431, um es korrekt zu machen. Danke für die Korrektur, Herr Fiedler. Sachliche Hinweise nehme ich immer gern zur Kenntnis.

Aber zu diesem Thema möchte ich sagen, ich wünsche mir, dass wir nicht wieder solche Aktuellen Stunden hier erleben müssen, weil es wäre ein Leichtes, wenn es nur darum ginge, sich gegenseitig in ein schlechtes Licht zu rücken, immer irgendjemanden bei den anderen Fraktionen herauszusuchen und vermeintlicher sozusagen Vergehen zu bezichtigen, um diese mit Fragezeichen zu versehen und hier öffentlich zu diskutieren. Das schadet im Übrigen auch der Würde dieses Hauses und das finde ich hochgradig bedenklich. Danke schön.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die SPD-Fraktion hat sich Frau Abgeordnete Marx zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich gebe namens der SPD-Fraktion hier folgende Erklärung ab: Der Titel der Aktuellen Stunde bringt zwei konkrete Straftatbestände mit Abgeordneten der Linkspartei in Verbindung. Wie Sie wissen oder wissen sollten, ist im Freistaat Thüringen die Behandlung von Immunitätsangelegenheiten der nicht öffentlichen Ausschussberatung im Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten vorbehalten. Wir halten es daher von unserer Fraktion rechtlich und inhaltlich für höchst bedenklich, dass in einem noch laufenden Antragsverfahren auf Aufhebung der Immunität von zwei Abgeordneten dieses Hauses hier und jetzt im Plenum mit der gewählten Themenstellung eine Diskussion über diesen Kollegen vorgeworfenes Verhalten geführt wird. Wir beteiligen uns als SPD-Fraktion bewusst nicht an dieser Diskussion und bedauern es außerordentlich, dass der Koalitionspartner unserer dringenden und wohlüberlegten Bitte, dieses Thema abzusetzen, nicht nachgekommen ist. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die FDP-Fraktion hat sich der Abgeordnete Bergner zu Wort gemeldet.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, aus gutem Grunde stehen die Freien Demokraten für den Erhalt von Immunität und Idemnität. Das ist ganz klar und deutlich dem Wissen um die dunkle Vergangenheit unseres Landes ge

schuldet. Es ist ganz klar und deutlich dem Wissen um den Umgang mit Abgeordneten vor Beginn des Dritten Reiches, im Dritten Reich und in der darauffolgenden Diktatur in diesem Teil Deutschlands geschuldet. Deswegen meinen wir, dass dieses hohe Gut von Immunität und auch Idemnität geschützt werden muss. Wenn Kolleginnen und Kollegen meinen sollten, diese Immunität missbrauchen zu können, dann erweisen sie der Demokratie in unserem Land einen Bärendienst. Als Rechtsstaatspartei sehen wir allerdings auch, dass immer noch die Unschuldsvermutung gilt. Deshalb ist es in den konkret benannten Fällen unserer Meinung nach im Interesse aller Kolleginnen und Kollegen dieses Hohen Hauses, wenn so grundlegende Vorwürfe entweder restlos ausgeräumt werden oder andernfalls die notwendigen politischen Konsequenzen gezogen werden. Ich danke Ihnen, meine Damen und Herren.

(Beifall DIE LINKE, SPD, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion DIE LINKE hat sich der Abgeordnete Ramelow zu Wort gemeldet.

Werte Kolleginnen und Kollegen, ich bedanke mich ausdrücklich bei den anderen Fraktionen für die klaren Worte. Ich bedanke mich ausdrücklich für den Hinweis, dass in einem Rechtsstaat erst einmal die Dinge geklärt sein müssen. Hier gibt es einige Punkte, die zu klären sind auch aus unserer Sicht. Der Abgeordnete Fiedler hat vom Fragerecht gesprochen, das ist unbenommen. Wir haben im Ältestenrat aber auf den Umstand hingewiesen, den die FDP gerade angesprochen hat, dass wir es nicht sachgerecht finden, dass diese Aktuelle Stunde so aufgesetzt wird, bevor die Umstände, um die es geht, nicht parlamentarisch adäquat besprochen sind, und zwar so, dass alle Fragen angesprochen und geklärt werden können.

Ich will auf ein paar Punkte eingehen. Es ist angesprochen worden der 13. Februar - Kollege Fiedler, ein bisschen Aufmerksamkeit würde jetzt nicht schaden -, weil am 13. Februar haben Zehntausende von mutigen Menschen, darunter viele Tausend aus Thüringen, darunter viele Bürgermeister, Oberbürgermeister, Kirchengemeinden, sehr viele Menschen zusammen deutlich gemacht, dass sie dem freien Willen des Demonstrationsrechts einen eigenen Ausdruck verleihen.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Gemeinsam mit allen Aktionen, und zwar in der Neustadt und in der Altstadt, ist es gelungen, deutlich zu machen, dass die Toten von Dresden durch Nazis nicht noch einmal geschändet werden dürfen. Das ist aber Erfolg beider Seiten gewesen und es ist Erfolg aller gewesen, dass es friedlich gewesen ist. In dem Zusammenhang gestehe ich, Kollege Fiedler, dass ich sehr verwundert war, dass diese seltsame Organisation Deutsche Polizeigewerkschaft im Deutschen Beamtenbund mir unterstellt, ich hätte zu Straftaten aufgerufen. Seltsam ist, wenn eine Gewerkschaft als Polizeigewerkschaft

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Selt- sam?)

- hören Sie doch einfach zu, es schadet überhaupt nichts, in einer Parlamentssitzung auch mal was zu lernen - behauptet, aus Polizeiberichten zitieren zu können und mit dem Anspruch aus dienstlichen Polizeiberichten Pressearbeit machen zu können gegen die vielen Zehntausend, die dort friedlich demonstriert haben. Deswegen spreche ich von seltsam. Es ist die gleiche seltsame Organisation, allerdings die, die in Thüringen in ihrer Landeszeitung die NPD hochleben ließ und das finde ich auch genauso seltsam. Deswegen mein deutlicher Hinweis: Ja, der 13. Februar war ein Erfolg aller Demokraten und wir dürfen uns diesen Erfolg nicht kleinreden lassen. Das jetzt mit dem Begriff Straftaten zu belegen, ist die Kriminalisierung dessen, was da stattgefunden hat,

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

statt der Freude darüber, dass tatsächlich die Menschen sich die Stadt Dresden für friedlichen Protest erobert haben.

Zu dem Vorgang selber - der Artikel, den der Kollege Fiedler angesprochen hat, ist ein interessanter Artikel. Da wird z.B. nicht erwähnt, dass Zivilpolizisten, drei Stück an der Zahl, in den Abgeordnetenbüros Bärwolff und Hennig den ganzen Abend anwesend waren. In der Drucksache 5/431 ist es allerdings erwähnt. Bis dahin waren wir nur verwundert, warum die gleichen Zivilpolizisten da oben gesessen haben in der darauffolgenden Landtagssitzung und stundenlang der Landtagssitzung noch beigewohnt haben. Das ist doch durchaus seltsam, dass drei Polizisten zwei vermeintliche Täter nicht sofort dingfest machen, wenn sie anwesend sind in diesen Räumlichkeiten, bei denen tatsächlich die Täter reingegangen sind. Erstaunlich ist allerdings auch, und deswegen rede ich von dem Wunder von Erfurt, dass die Abgeordnete Hennig schon über die Fähigkeit der Urbiquidität verfügt. Sie kann schon durch Rolltore gehen. In der Drucksache 5/431 steht

nämlich, dass sie das Rolltor von außen geschlossen hat, was technisch gar nicht möglich ist. Ich habe Ihnen ja angeboten, Kollege Fiedler, dass wir gemeinsam hingehen und es uns am Ort anschauen. Hingucken würde nützen, dass doch der gegebene Bericht in der Drucksache 5/431 grob fehlerhaft ist. Wie kann die Abgeordnete Hennig verschweigen, dass es einen Seiteneingang gibt, wenn sie durch selbigen hineingeht und das Tor öffnet? Wieso hat der Justizminister nicht seine Stellungnahme mit in der Drucksache 5/431, sondern nur der Innenminister? Wieso wird nur die Polizeisicht wiedergegeben? Wieso wird nicht zitiert, dass die Abgeordnete Hennig mit der diensthabenden Staatsanwältin mit dem Telefon der Polizeiführerin zweimal telefoniert hat und daraufhin die Staatsanwältin mitteilte, dass sie gar keine Kenntnis hatte, dass die Aktion vor Ort in zwei Wahlkreisbüros stattfindet?

Deswegen, meine Damen und Herren, wäre es gut, wenn wir diese Widersprüche vielleicht einmal erörtern würden und wenn dann die Behauptung aufgestellt wird, in der Aufhebung der Immunität - jetzt breche ich sozusagen das Geheimnis - steht, dass die Abgeordnete Hennig verweigert hätte, den Hinterausgang zu benennen, in den Büroräumen der Wahlkreisbüros von Hennig und Bärwolff, in den Hinterräumen, in denen die Toilette sich befindet. Ich habe den Lageplan mit, wenn jemand reinschauen will. Dort gibt es überhaupt keinen Hinterausgang. Wie kann sie denn etwas verleugnen, was gar nicht existiert, aber in der Drucksache 5/431 steht nur das eine drin.

(Beifall DIE LINKE)

Auf diese Widersprüche haben wir hingewiesen und unsere Bitte war, dass wir parlamentsintern erst mal die Widersprüche klären.

Herr Abgeordneter Ramelow, die Redezeit ist überschritten.

Ich danke Ihnen.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich habe seitens der Abgeordneten keine weiteren Redeanmeldungen. Doch, es gibt eine weitere Redeanmeldung durch den Abgeordneten Fiedler, CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, sehr geehrter Herr Kollege Ramelow, ich bin und bleibe Legislative. Ich bin keine Exekutive und ich habe als Abgeordneter eine Anfrage an die Landesregierung gestellt und die ist mir ordnungsgemäß beantwortet worden.

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Die ist beantwortet worden, aber nicht ordnungsgemäß.)

Ich gehe davon aus, dass eine Anfrage von Abgeordneten immer ordnungsgemäß beantwortet wird. Davon gehe ich jedenfalls aus.

(Unruhe DIE LINKE)

Herr Kollege Gentzel, auch die SPD muss sich langsam daran gewöhnen, dass sie mitregiert.

(Unruhe DIE LINKE)

Ich will es langsam mal ganz vorsichtig anmerken, dass das keine Einbahnstraße ist, sondern, dass man auch gemeinsam Dinge trägt.

(Zwischenruf Abg. Gentzel, SPD: Ich könnte Geschichten erzählen.)

Also Herr Kollege Fraktionschef der SPD, mir ist nicht bekannt, dass es ein Dementi gab von Ihrer Seite, dass diese Tagesordnung beim Fraktionsvorsitzenden angekommen ist, dass der nicht auf die Tagesordnung soll. Es ist mir nicht bekannt, das will ich ausdrücklich noch mal sagen. Wenn die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN meint, sie müsse sich da an DIE LINKEN anschmiegen, das ist ihr gutes Recht, das können Sie gern machen, aber, meine Damen und Herren, ich wiederhole:

(Unruhe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: An wen ich mich anschmiege, entscheide ich immer noch selber, Herr Fiedler.)

Das können Sie doch machen. Sie sitzen doch schon ganz nahe, es ist doch gar nicht mehr weit, es ist noch ein Meter.

(Heiterkeit und Beifall CDU, FDP)

Ich bin in vollem Ernst, es ist nicht ein einziges Mal in meiner Rede das Wort Immunität gefallen, was hier alle in den Mund genommen haben. Ich bin ein großer Verfechter von gerade keiner Vorver

urteilung. Aber es muss auch noch möglich sein, wenn sich Dinge häufen und immer wieder vom ähnlichen oder selben Personenkreis kommen und das irgendwie auffällig ist, das im Hohen Hause zu besprechen.

Herr Kollege Ramelow, Sie sind im Gegensatz zu mir Gewerkschafter. Ich war früher mal in der OstIG Metall, weil wir da alle drin waren. Danach bin ich in keine wieder eingetreten.

(Zwischenruf Abg. Ramelow: DGB-Ge- werkschafter.)

Ich war bei Carl Zeiß Jena. Vielleicht waren Sie in einer anderen Behörde, wo sie automatisch irgendwo berichtet haben oder was, ich weiß es ja nicht. Sie haben ja einen Kollegen, der da ganz links oben sitzt, der ist da prädestiniert. Ich bin nun wirklich nicht mit allen Gewerkschaften einverstanden, aber ich finde, Gewerkschaften sind ein sehr gutes Instrumentarium, das wir in unserem Rechtsstaat brauchen. Ich will darauf hinaus, Herr Kollege Ramelow, dass Sie als Gewerkschafter sich hierhinstellen, weil es Ihnen nun gerade mal nicht passt, dass eine deutsche Polizeigewerkschaft in Sachsen -

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Im deutschen Beamtenbund.)

von mir aus können Sie hier anhängen, Sie kennen sich doch aus - aber dass Sie sich hierher stellen und die als sonderbaren Verein usw. verunglimpfen, halte ich nicht für besonders glücklich. Die eine Gewerkschaft passt mir und die andere passt mir nicht, das hat mit gewerkschaftlichem Verhalten nichts zu tun.

(Beifall CDU, FDP)

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: War die NPD-Verherrlichung von der DPolG auch gut?)