Protokoll der Sitzung vom 25.04.2013

Grundsätzlich finde ich erst mal gut, dass die Fraktion DIE LINKE Überlegungen anstellt, wie Geld einzusparen ist, aber die Argumente, die wir heute auch hier gehört haben, sind ja im Plenum und in Ausschussberatungen immer wieder ausgetauscht worden und neue habe ich jetzt auch nicht beizutragen und auch heute hier nicht vernommen, so dass man eigentlich zum Schluss resümieren kann, es gibt einen Koalitionsvertrag in dem die Beibehaltung dieser Leistung ausdrücklich vereinbart wurde und zu einer Abschaffung gibt es innerhalb der Landesregierung kein Einvernehmen, also sprich, das an der Stelle zu ändern. Das ist auch mit der Verabschiedung des Doppelhaushalts, in dem das Geld für das Landeserziehungsgeld eingestellt worden ist, dokumentiert, der auch erst vor Kurzem beschlossen worden ist. Deshalb sehe ich eigentlich zu dem Gesetzentwurf, der jetzt wiederum eingebracht worden ist, nur eine Empfehlung, nämlich den abzulehnen. Danke.

(Beifall SPD)

Danke, Herr Staatssekretär. Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht mehr vor, so dass ich die Aussprache schließen kann.

Es ist die Ausschussüberweisung an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit gefordert worden und darüber stimmen wir jetzt ab. Wer das Gesetz zur Aufhebung des Thüringer Erziehungsgeldgesetzes, ein Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE in der Drucksache 5/5967 an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit überweisen möchte, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. Das ist die Zustimmung von den Fraktionen DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP. Gegenstimmen? Die Gegenstimmen kommen von der CDU-Fraktion und von der SPD-Fraktion. Damit ist die Ausschussüberweisung abgelehnt und ich schließe diesen Tagesordnungspunkt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 8

Achtes Gesetz zur Änderung des Thüringer Kommunalabga

bengesetzes (Gesetz zur Aus- setzung der „rückwirkenden“ Erhebung von Straßenausbau- und Abwasserbeiträgen) Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE - Drucksache 5/5968 ERSTE BERATUNG

Wünscht die Fraktion DIE LINKE das Wort zur Begründung?

(Zuruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Ja.)

Herr Abgeordneter Kuschel, bitte.

Danke, Herr Präsident und Frau Präsidentin, herzlich willkommen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Thema war heute schon Gegenstand der Fragestunde. Herr Fiedler hat die Landesregierung befragt, welche Auswirkungen das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 5. März dieses Jahres auf Thüringen haben könnte. Wir teilen die Einschätzung der Landesregierung, die der Innenstaatssekretär gegeben hat. Es ist nur die Staatssekretärin aus dem Bauministerium da.

Dass man davon ausgehen kann, dass dieses Urteil des Bundesverfassungsgerichtes natürlich auch auf Thüringen anzuwenden ist, sind doch die gesetzlichen Regelungen in Bayern, die das Verfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt hat und im Thüringer Kommunalabgabengesetz wortgleich. In der Sache geht es also um die rückwirkende Erhebung von Abwasser- und Straßenausbaubeiträgen. Wie in Bayern, so ist es auch in Thüringen geregelt, dass die Beitragspflicht erst dann entsteht, wenn die entsprechende Einrichtung hergestellt ist, also die Investition abgeschlossen und eine rechtsgültige Satzung vorliegt.

Das hat bisher in der kommunalen Praxis dazu geführt, dass, wenn Satzungen sich als rechtswidrig herausgestellt haben, dann de facto die Beitragspflicht noch nicht entstanden war und damit auch noch nicht die Regelfestsetzungsfrist von vier Jahren, die sich aus der Abgabenordnung ergibt. Zu Recht haben die Bundesverfassungsrichter nun klargestellt, eine derartige völlig offene Rückwirkung kann es nicht geben. Erst im März 2011 haben CDU und SPD hier im Landtag eine diesbezügliche verschärfte Regelung auch für den Bereich der Straßenausbaubeiträge beschlossen. Seitdem sind die Gemeinden verpflichtet, rückwirkend bis August 1991 für alle grundhaften Ausbaumaßnahmen im Bereich der Verkehrsanlagen noch Straßenausbaubeiträge zu erheben.

Dies wollen wir jetzt durch das vorliegende Gesetz zunächst stoppen. Uns ist klar, die Landesregierung muss erst weiter prüfen, das hat auch der In

nenstaatssekretär heute angekündigt. Das ist keine einfache Rechtsmaterie, aber wir halten es auch nicht für geboten, dass jetzt noch Gemeinden und Zweckverbände diese rückwirkende Erhebung von Beiträgen vollziehen, wenn sich dann herausstellt, dass dies verfassungswidrig ist. Wir müssen hier auch die Gemeinden und die Zweckverbände schützen, dass sie nicht weiter verfassungswidrig handeln. Wir haben diese Rechtsnorm erst gesetzt, die sich jetzt offenbar als grundgesetz- und verfassungswidrig herausgestellt hat.

Insofern sind wir jetzt auch gehalten, zu reagieren, und zwar schnell zu reagieren. Deswegen haben wir heute einen Gesetzentwurf vorgelegt, der zunächst nur ein Moratorium sichert, und zwar orientiert an der Fristsetzung des Bundesverfassungsgerichts. Wir gehen davon aus, dass dann innerhalb dieses Jahres bis zum 1. April 2014 der Landtag eine Neuregelung abschließend bestimmt. In dieser Neuregelung kann auch dann aufgeführt werden, inwieweit den Gemeinden ein Erstattungsanspruch oder dergleichen zusteht. Das können wir zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht abschließend bewerten. Danke.

(Beifall DIE LINKE)

Vielen herzlichen Dank, Herr Kuschel. Ich eröffne die Aussprache. Als Erster hat sich zu Wort gemeldet Abgeordneter Wolfgang Fiedler für die CDUFraktion.

Ich komme so vor, meine Jacke ist ins Wasser gefallen, sie muss noch trocknen, nicht dass das despektierlich erscheint, dass ich hier so hemdsärmelig nach vorn komme.

Meine Damen und Herren, ich kann es kurz machen, Herr Kollege, Ihr Gesetzentwurf der LINKEN sieht eine Aussetzung des § 7 Abs. 12 Thüringer Kommunalabgabengesetz vor, obwohl diese Vorschrift mit dem Urteil des bayerischen Verfassungsgerichtsurteils nichts zu tun hat. Deswegen brauchen wir hier gar nicht lange darüber zu reden, die Frage ist vorhin beantwortet worden, wir wissen, dass dort das Land tätig wird und werden muss. Wir werden das weiterbereden, der Antrag ist abzulehnen. Danke.

(Beifall DIE LINKE)

Vielen herzlichen Dank, Herr Fiedler. Als Nächster hat das Wort Abgeordneter Dirk Adams für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen hier im Thüringer Landtag. Es handelt sich hier, das darf man wohl sagen, um das x-ste Gesetz zum Achten Gesetz zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes. Unbestritten, und das sei vorangestellt, haben wir in Thüringen im Kommunalabgabenrecht ungenügende Regelungen. Ungenügend deshalb, weil sie schwer anzunehmen und schwer in der Realität rechtstreu umzusetzen sind. DIE LINKE hat deshalb zu Recht in dieser Legislatur und in vorhergehenden Legislaturen das immer wieder thematisiert oder zum Thema gemacht.

Jetzt kommt das Aber. Aber hilft dieser Gesetzentwurf, der wieder dadurch besticht, dass er auf ein Blatt Papier passt, wirklich? Das ist wirklich fraglich und darüber muss man diskutieren. Deshalb wünschen wir uns eine Überweisung an den Ausschuss, um da noch mal intensiv diskutieren zu können. Denn soweit man in diese nicht ganz unkomplizierte Regelungsmaterie hineintaucht, ist erst einmal das, was Herr Fiedler sagt, vollkommen richtig. DIE LINKE versucht mit dem Antrag, der begründet ist mit der Bundesverfassungsgerichtsentscheidung, den § 7 des Thüringer Kommunalabgabengesetzes zu verändern. Das Bundesverfassungsgericht hat sich mit seiner Entscheidung aber auf das bayerische Kommunalabgabengesetz gestützt, oder da eine Norm angegriffen, und die hat ihre Entsprechung eben nicht in § 7 des Kommunalabgabengesetzes in Thüringen, sondern in § 15. Es geht um die Festsetzungsfrist bei ungültiger Satzung.

Was DIE LINKE jetzt thematisiert, ist die Frage der Satzungssetzungsfrist bei noch gar nicht gesetzter Satzung, überhaupt Satzungssetzungsfrist. Wenn man sich noch mal anguckt, was das Bundesverfassungsgericht kritisiert hat, dann hat es eigentlich nur kritisiert, dass es eine Frist geben muss dafür und nicht grundsätzlich die Frage, wie das zu regeln ist. Da muss man einfach sagen, dass der § 21 diese Übergangsregelung enthält. Nichtsdestotrotz - jetzt klopft die Koalition.

(Beifall DIE LINKE; Abg. Hey, SPD)

(Zwischenruf Abg. Hey, SPD: Ich bin nicht die Koalition.)

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Einer ist noch keine Koalition.)

Herr Mohring, wenn nicht mal mehr einer zu dieser Koalition steht, dann wäre sie nun ganz und gar weg. Insofern ist das Klopfen aus den Koalitionsfraktionen, und wenn es nur noch einer ist, immer noch Ausdruck der Koalition.

(Abg. Kuschel)

(Zwischenruf Abg. Schubert, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Keiner will die Koalition gewe- sen sein.)

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Was ich sagen wollte, jenseits dessen, was es an Koalitionsarithmetik und Emotionalität zu klären gilt, dass sich die Koalition natürlich wirklich mit dem Verfassungsgerichtsurteil zum bayerischen Kommunalabgabengesetz auseinandersetzen muss, weil wir eine wie in Bayern angegriffene Regelung von der Entscheidung hier in Thüringen auch haben. Mindestens darüber würde es jetzt wirklich Sinn machen, im Ausschuss zu diskutieren. Deshalb wünsche ich mir, dass die Koalition vielleicht gern noch mal eine Auszeit nimmt, um darüber zu beraten, ob dieser wichtige Regelungsgegenstand, nämlich ein ordnungsgemäßes Kommunalabgabengesetz, nicht Wert ist, wenigstens die Debatte im Ausschuss zu führen. Vielen Dank. Wir GRÜNE plädieren zumindest dafür.

Vielen herzlichen Dank, Herr Adams. Als Nächster hat das Wort Abgeordneter Matthias Hey für die SPD-Fraktion.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Ach- tung, Herr Hey, Sie werden gleich sagen: Ich bin dafür, aber verfassungsmäßig geht es nun mal nicht. Setzen, das war alles.)

Frau Präsidentin, vielen Dank. Meine sehr geehrten Damen und Herren, DIE LINKE wirft mit diesem Gesetzentwurf - Herr Adams, ich habe auch nicht mitgezählt, der wievielte es ist zur Änderung des Thüringer Kommunalabgabengesetzes.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Der 21. Gesetzentwurf seit 1999.)

Der 21. seit 1999, gefühlt für mich war es schon der 104., aber sehen Sie, so kann man sich täuschen. Also, DIE LINKE wirft mit diesem Gesetzentwurf eine interessante fachliche Frage auf,

(Unruhe DIE LINKE)

nämlich, wie nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts - es ist ja auch heute hier schon mehrfach angesprochen worden - weiter zu verfahren ist. Das Urteil, Herr Kuschel, betrifft ja das Recht im Freistaat Bayern.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Von Bayern lernen heißt siegen lernen.)

Nein, ich bin nicht so ein Freund der Bayern, aber es ist halt auch ein Freistaat.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Ein sehr gu- ter Freistaat.)

Gemäß dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts dürfen Hauseigentümer in Bayern mit Beiträgen für kommunale Abwasseranlagen zeitlich nicht unbegrenzt nach Fertigstellung der Investition belastet werden. Das ist so das Gros, was man aus dieser Rechtsprechung herausziehen kann. Wenn Sie in das Thüringer Kommunalabgabengesetz schauen, da gibt es auch so eine Regelung, die besagt in § 15 die Durchführung der Besteuerung über das Festsetzungs- und Feststellungsverfahren. Ich will, Frau Präsidentin, mit Verlaub, aus dem Thüringer Kommunalabgabengesetz zitieren, denn es gibt da die Maßgabe, dass „die Festsetzungsfrist dann, wenn die Forderung im Zeitpunkt des Entstehens aus tatsächlichen Gründen noch nicht berechnet werden kann, erst mit dem Ablauf des Kalenderjahres zu laufen beginnt, in dem die Berechnung möglich ist und dass im Falle der Ungültigkeit einer Satzung die Festsetzungsfrist erst mit Ablauf des Kalenderjahres zu laufen beginnt, in dem die gültige Satzung beschlossen worden ist...“ So steht es im Gesetz. In Bayern wird also genauso wie in Thüringen bestimmt, wann die Frist der Festsetzung beginnt, falls die Satzung ungültig ist. Herr Adams hat das mit dem Wort Satzungssetzungsfrist zu umschreiben versucht.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Das ist ein Zungenbrecher.)

Das ist wirklich ein Zungenbrecher. Überhaupt, Herr Kuschel, Sie haben es ja gemerkt, dieses Thema Thüringer Kommunalabgabengesetz ist immer so etwas, das verwandelt hier das Plenum innerhalb weniger Minuten sofort in ein Feuchtbiotop, so rasen dann die Abgeordneten vor Interesse, das merke ich auch jetzt wieder bei der Diskussion.

Aber, Herr Kuschel, Sie stellen nicht auf § 15 ab, sondern auf § 7 in Ihrer Gesetzesänderung. In § 7 Abs. 12, ich zitiere wieder: „Ein Beitrag kann auch für öffentliche Einrichtungen erhoben werden, die vor Inkrafttreten der Abgabesatzung hergestellt, angeschafft, erweitert, verbessert oder erneuert wurden, die Satzung über die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen ist spätestens vier Jahre nach Ablauf des Jahres zu beschließen, in dem die Maßnahme nach Satz 1 beendet wurde.“ Diese Maßgabe gibt es im Freistaat Bayern übrigens auch. Ich glaube, Herr Kuschel, Sie haben das auch schon in Ihrer Antragsbegründung angesprochen. In Absatz 8 heißt es dann: „Ein Beitrag kann auch für öffentliche Einrichtungen erhoben werden, die vor Inkrafttreten der Abgabensatzung hergestellt, angeschafft, erweitert, verbessert... wurden.“ Das ist jetzt das Problem, Herr Kuschel, diese Regelung hat aber das Bundesverfassungsgericht überhaupt nicht moniert. Deswegen ist es auch rechtlich schwierig - Herr Adams hat vorhin auch schon versucht, das zu skizzieren -, genau nach dem Gesetzentwurf der LINKEN zumindest in der Folge ihrer rechtlichen Begründung so zu verfahren. Kolle

(Abg. Adams)

ge Fiedler hat beispielsweise auch schon eine Mündliche Anfrage gestellt, die heute auch behandelt wurde, und sich nach diesem Thema bei der Landesregierung erkundigt. Damit sehen Sie, Herr Adams, die Koalition spricht selbstverständlich darüber. Jetzt muss ich Sie enttäuschen, weil Sie gesagt haben, Sie wünschen sich, glaube ich, eine Auszeit und wir sollten jetzt innerkoalitionär darüber befinden, dass wir das dann doch noch in die Ausschüsse tun.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nicht für mich, Sie müssen die mal nehmen.)

Es tut mir wirklich wahnsinnig leid, diesem Wunsch von Ihnen nicht nachkommen zu können, weil wir glauben, dass das Thüringer Innenministerium das ist heute auch bereits bei der Beantwortung der Mündlichen Anfrage so abgehandelt worden - angekündigt hat, sich in den kommenden Wochen mit dieser neuen Rechtslage, die sich nun durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ergibt, auseinanderzusetzen und diese neue Situation dann rechtlich zu bewerten. Dann, Herr Adams, das wird Sie jetzt nicht wundern, ich vertraue da der Landesregierung, werden wir also selbstverständlich über dieses Sachthema sicherlich auch im Ausschuss noch einmal reden und es wird dann weitere rechtliche Schritte geben, um, soweit die Prüfung das ergeben sollte, bestimmte Dinge, die im Freistaat Bayern jetzt durch diese Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geändert werden, auch auf den Freistaat Thüringen anzupassen. Deswegen werden wir diesen Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE nicht an den Ausschuss überweisen. Ich danke Ihnen.