Protokoll der Sitzung vom 26.04.2013

(Beifall CDU)

Im Übrigen auch schon vor der aktuellen Landesregierung, da waren wir schon sehr weit vorn, jetzt sind wir noch weiter vorn.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir müssen uns hier den Themen der Zukunft stellen, aber wir sollten es nicht machen mit einer totalen Langfristperspektive und dann davon ausgehen, damit wäre der demografische Wandel mit einem Mal weg. Das ist nicht machbar, sondern wir müssen

unterschiedliche Strategien haben. Natürlich ist in dem einen Bereich Wachstum und in dem anderen Bereich ist ein nicht ganz so großes Wachstum. Darüber müssen wir diskutieren, wie wir die Daseinsvorsorge letztlich gewährleisten können, wie wir auch beim Thema Standardabbau vorankommen, wobei ich da schon sehr gespannt bin auf die Vorschläge, die da zum Thema Straßenbau kommen. Ich lese nur, Frau Schubert, wenn ich das so sagen darf, dass Sie sich für eine Ortsumgehung einsetzen, wenn Sie mit den Bürgerinnen und Bürgern sprechen. Wo Sie sich gerade nicht einsetzen, habe ich noch nichts gelesen. Ich bin gespannt auf die Vorschläge, wie wir beim Straßenbau letztlich komplette Orte abschneiden wollen, denn nichts anderes wäre ein Standardabbau.

Lassen Sie mich noch einen Punkt zum Thema Erneuerbares Wärmegesetz sagen: Wir sind uns völlig einig im Ziel,

(Beifall SPD)

selbstverständlich müssen wir die Gebäude unseres Landes auf einen hohen Effizienzstandard ausrichten. Über die Mittel sind wir uns aktuell überhaupt nicht einig. Ich kann Ihnen auch ganz einfach sagen, warum, weil ich persönlich nicht glaube, dass wir, wenn wir in Thüringen schon jetzt 40 Prozent weniger Wärmebedarf haben als der vergleichbare Bundesdurchschnitt, wenn wir schon jetzt rund 300 Kilowattstunden weniger Strom verbrauchen bei 1.700 Kilowattstunden durchschnittlichem bundesweiten Stromverbrauch, dass wir dann eine Strategie brauchen, die woanders gerade ins Abseits führt, eine Strategie, die darauf setzt, die Bürger zu zwingen, in bestimmte Investitionsmaßnahmen reinzugehen, und wenn sie das nicht tun, ihnen letztlich eine Abgabe abfordert, die dann den Klimafonds speisen soll, glaube ich nicht, dass das der richtige Weg ist.

(Beifall CDU, FDP)

Da bin ich auch nicht allein, da ist auch meine Partei nicht allein, da glauben ganz viele Verbände, dass das der falsche Weg wäre, wenn wir so etwas machen. Die Zahlen von Baden-Württemberg zu dem dortigen Gesetz sprechen doch auch Bände. Das ist doch auch die falsche Richtung. Es geht in die falsche Richtung, wenn am Ende die Sanierungs- und Modernisierungsquote eines Landes abnimmt durch solch ein Gesetz, dann ist es im Grunde überhaupt nicht geeignet, um das entsprechende Ziel zu erreichen. Insofern bin ich sehr gespannt auf die Diskussion, die wir haben. Ich bin sehr dafür, dass wir uns dem Ziel verschreiben, aber mit geeigneten Instrumenten. Und da bin ich im Übrigen, glaube ich, auch mit den Kollegen aus der SPD-Fraktion überein, zu den geeigneten Instrumenten muss auch gehören, dass wir natürlich bei den Förderinstrumentarien Wert darauf legen, dass Energieeffizienz ganz oben ansteht. Das gilt nicht

(Minister Carius)

nur für den Wohngebäudebereich, das gilt auch für die wirtschaftlichen und für die gewerblichen Immobilien, wo wir uns diesem Thema letztlich verschreiben müssen. Ich sage das auch ganz offen, wir haben eine Initiative „Energetischer Stadtumbau“ gestartet gerade mit dem Ziel, den Energiewandel hier ein Stück weit mitzunehmen. Das Ziel können wir nur erreichen, indem wir nicht am Einzelgebäude Halt machen und nur das Einzelgebäude beobachten, sondern indem wir tatsächlich über ein Gebäude hinausschauen und schauen, was kann man eigentlich in einem Gesamtquartier machen. Da bin ich mir mit den Baupolitikern der Koalitionsfraktionen einig, das ist der richtige Weg, den wir in Zukunft auch gehen sollten. Insofern lassen Sie uns die Demografiestrategie vorlegen, aber machen Sie bitte nicht den Fehler, hier eine Strategie für alles und jeden zu suchen. Das wird es mit uns nicht geben, wir werden hier über Handlungsfelder, die ich gerade eben genannt habe, diskutieren müssen. Das wird eine nicht einfache Diskussion werden, wenn sie am Ende praktisch wird und am Ende auch mit Geld zusammenhängt. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Ich denke, ich kann die Aussprache schließen. Wir kommen zur Abstimmung direkt über die Nummer II aus dem Antrag in Drucksache 5/5139, da die Beschlussempfehlung die Ablehnung vorsieht. Wer der Nummer II aus dem FDP-Antrag seine Zustimmung gibt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen aus der FDP-Fraktion. Ich frage nach den Gegenstimmen. Das sind die Stimmen aus der SPD-Fraktion und der CDU-Fraktion. Ich frage nach den Stimmenthaltungen. Das sind die Stimmen aus den Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Damit ist diese Nummer II abgelehnt. Ich schließe den Tagesordnungspunkt 11.

Ich komme zum Aufruf des Tagesordnungspunkts 12

Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessern - Thüringen als Land des Mittelstandes stärken! Antrag der Fraktion der FDP - Drucksache 5/5831

Es ist nicht signalisiert worden, dass der Antrag noch mal begründet wird. Doch. Dann wird Abgeordneter Kemmerich den Antrag begründen und danach hat Minister Matschie bereits angekündigt, den Sofortbericht zu den Nummern I bis III des Antrags zu geben.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Gäste auf der Tribüne, „Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessern - Thüringen als Land des Mittelstandes stärken!“, diesen Antrag haben wir bereits im März-Plenum eingebracht, aufgrund der Vielzahl der Anträge ist er auf den heutigen Tag verschoben worden. Aber nichtsdestotrotz, nicht nur in Anbetracht des damals anstehenden Frauentages, der sich jährt am 8. März und des Equal Pay Days am 21. März, ist das Thema der Gleichstellung ein wichtiges Thema, ein präsentes Thema, ein immer aktuelles Thema und insbesondere hier die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Deshalb das Berichtsersuchen hier heute im Landtag. Der Minister hat ja schon signalisiert, darauf auch einzugehen, um festzustellen, wie weit sind wir. Sicherlich ist das nur ein Stück des Weges. Chancengleichheit für Frauen in der Wirtschaft herzustellen, das ist eine Chance für Frauen, das ist eine Chance für die Unternehmen und damit für uns alle hier in Thüringen, wirtschaftlich voranzukommen in der Frage der wirtschaftlichen Betätigung, der Stärkung dieses Landes, aber natürlich auch bei der Genderfrage, bei der uns nicht die Puste ausgehen sollte.

Thüringen ist das Land in Deutschland mit der höchsten Erwerbsquote von Frauen, aber das ist kein Grund, sich darauf auszuruhen, sondern wir können das weiter verbessern, weiter ausbauen und damit die Talente der Frauen, auch der jungen Frauen, die heute in den Beruf streben, und ich sehe ja, ich habe im Publikum alle Generationen vertreten. Auch hier ist wichtig, dass die Generation, die heute im Arbeitsprozess ist, die Chancen wahrnehmen kann, die sie aufgrund ihrer Ausbildung, ihrer Talente und ihrer Qualifikation wahrnehmen möchte, aber auch dass wir den jungen Damen signalisieren, dass auch wir sie brauchen mit aller Ausbildungskraft, auch aller Ausbildungsintensität, die sie in ihre zukünftige Berufsausbildung setzen wollen, und euch da aber auch die Möglichkeit geben möchten, Familie und Karriere unter einen Hut zu bringen und natürlich auch mit ein paar alten überkommenen Ansätzen zu brechen, z.B. dass Arbeit nur zwischen 9.00 und 17.00 Uhr passieren kann. Arbeit oder Erwerbsbeteiligung ist alles, was Werte schafft, wo man teilnehmen kann. Da muss man sicherlich noch mit vielen Unternehmen sprechen, auf dass sie starre Arbeitszeiten ein bisschen aufweichen, dass die Stechuhr der Vergangenheit angehört, dass wir eher sehen, dass ihr euch am Erwerbsleben oder an der Wertschöpfungskette einer Unternehmung beteiligen könnt. Gilt natürlich auch für die jungen heranwachsenden Herren auch außerhalb von Büros auf mobilem Wege. Ich denke, fast alle haben Smartphones und ähnliche Ausstattungen. Alles das wird wichtiger, auch eben mal am Abend arbeiten oder am Wochenende. Wichtig

(Minister Carius)

ist nur, dass am Ende ein Ergebnis steht. Auf dem Weg dahin, die Genderfrage für Thüringen fortzuentwickeln, denke ich, haben wir viel Unterstützung. Jetzt schauen wir mal, wie weit wir in Thüringen sind. Vielen Dank.

(Beifall FDP)

Ich erteile nun das Wort an Minister Matschie zum Sofortbericht.

Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren auf der Zuschauertribüne, wer über den eigenen Tellerrand ein Stück hinausschaut, kann sich selbst besser einordnen, er kann Dinge lernen, aber er kann auch z.B. lernen, wie man es nicht machen sollte. Ein Beispiel dafür, wie man es nicht machen sollte im Kindergartenbereich, ist das neue Hessische Kinderförderungsgesetz, das Gesetz der schwarz-gelben Koalition in Hessen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die erlaubt nämlich jetzt, dass ein Fünftel aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Kindergärten ungelerntes Personal sind. Dann steht zwar der Begriff Förderung noch im Gesetz, aber mit einem so hohen Anteil ungelerntem Personal ist Förderung dann kaum noch zu leisten. Deshalb wehren sich die Bürger in unserem Nachbarland Hessen, „KiföG - so nicht!“ heißt die hessenweite Initiative. Mittlerweile sind 120.000 Unterschriften zusammengekommen.

Die frühkindliche Bildung ist bundesweit ein großes Thema. Das ist auch kein Wunder, denn wenn Sie so wollen, der Countdown läuft zum 1. August. Dann hat jedes Kind in Deutschland ab dem ersten Lebensjahr einen Rechtsanspruch auf frühkindliche Förderung und Betreuung in einer Tageseinrichtung. Wer sich die Zahlen anschaut, weiß, nicht alle Bundesländer sind darauf schon wirklich vorbereitet. In Thüringen ist das anders. Für uns hat gute und verlässliche Kinderbetreuung wirklich Priorität. Das kann man auch an den Zahlen im Landeshaushalt ablesen. Wer noch mal zurückschaut, der weiß, es war ein langer Weg mit vielen intensiven Debatten hier im Freistaat. 2005 haben Thüringer Eltern das Volksbegehren für eine bessere Familienpolitik gegründet und mit vielen Veranstaltungen im Land für eine andere Familienpolitik geworben. Fünf Jahre und eine Landtagswahl später haben alle Fraktionen hier im Landtag gemeinsam ein neues Kindertagesstättengesetz verabschiedet.

(Beifall SPD)

Ich denke immer noch, dass das ein Highlight der parlamentarischen Arbeit war, denn es ist selten, dass sich alle Fraktionen in einer Gesetzgebung einig sind. Es ist aber auch ein wichtiges Signal an unsere Eltern in Thüringen, dass hier - egal ob Regierungs- oder Oppositionsfraktion - große Einigkeit da ist, was eine verlässliche Unterstützung der Eltern und Kinder angeht.

Thüringen hat im Ergebnis dieser Gesetzesnovelle heute eines der modernsten Kita-Gesetze. Ich denke, wir können eine positive Bilanz ziehen. Der Rechtsanspruch ab dem ersten Geburtstag, den haben wir schon damals, 2010, eingeführt und gleichzeitig zehn Stunden garantierte Betreuungszeit am Tag. Darüber hinaus haben wir auch eine qualitative Verbesserung vorgenommen und lange darum gerungen, was sind da die richtigen Zahlen, die wir zugrunde legen. Durch die Verbesserung des Personalschlüssels und die Ausweitung des Angebots sind rund 2.500 neue Erzieherinnen und Erzieher in Thüringen eingestellt worden.

Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, warum ist für mich frühkindliche Bildung so wichtig? Es sind vor allem drei Punkte, die zählen: Gut ausgebaute Kinderkrippen und Kindergärten sind wichtig für die Bildungschancen unserer Kinder. Es ist kein Geheimnis, in den ersten Jahren werden Menschen am stärksten geprägt. Hier entscheidet sich oft, wie offen, wie neugierig sie sind, wie gut sie im Leben zurechtkommen, wie gut sie lernen können. Also erster Punkt: gute Bildungschancen für alle Kinder.

Der zweite Punkt - der ist von Ihnen auch eben angesprochen worden, Herr Kemmerich -, das ist die Frage der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Eltern müssen wissen, wenn sie sich für Kinder entscheiden, welche Unterstützungsangebote sie haben. Deshalb ist es so wichtig, einen Rechtsanspruch zu haben und nicht nur eine vage Inaussichtstellung - wenn ihr euch anstrengt und Glück habt, kriegt ihr einen Kindergartenplatz, denn auf einer solchen Basis kann man schwer Entscheidungen treffen. Nein, es gibt einen Rechtsanspruch und auch eine garantierte Betreuungszeit.

Der dritte wichtige Punkt für mich, wir brauchen gut ausgebildete Fachkräfte in Thüringen. Das heißt natürlich auch, die Erwerbstätigkeit von Eltern zu fördern, zu ermöglichen, dort, wo Eltern das wollen. Ich denke, das sind drei gute Gründe, weshalb wir gerade in diesem Bereich - frühkindliche Bildung, Entwicklung von Kinderkrippe und Kindergarten so große Anstrengungen unternommen haben. Ich will Ihnen noch mal die Zahlen vor Augen führen. 2009 hat der Freistaat etwa 320 Mio. € zur Verfügung gestellt für die Kindergärten in Thüringen. Es sind heute deutlich über 500 Mio. €, die der Freistaat für diese Aufgabe zur Verfügung stellt, das

(Abg. Kemmerich)

Ganze trotz sinkender Landeshaushalte. Ich denke, deutlicher kann man ein Signal nicht setzen.

Ich will noch mal deutlich sagen, für mich ist ein ganz entscheidender Punkt dabei die Qualität der Betreuung. Das muss ich Ihnen, werte Kolleginnen und Kollegen von der FDP, dann doch schon noch mal sagen. Das, was Sie hier in Ihrem Antrag, in Ihrer Anfrage in das Zentrum gestellt haben, ist aus meiner Sicht deshalb etwas einseitig. Denn es geht eben nicht nur um die Frage, wie lange hat die Kita auf, sondern vor allem um die Frage, wie gut werden unsere Kinder dort betreut. Wir haben anders als zum Beispiel Hessen eben das Fachkräftegebot. Natürlich haben wir darum gerungen. Natürlich ist das ein Standard, den wir da setzen, ein Standard, der auch Geld kostet. Aber wir haben aus gutem Grund ein Fachkräftegebot. Von den 12.500 Kita-Pädagogen in Thüringen verfügen rund 90 Prozent über einen Fachschulabschluss und 6 Prozent über einen Hochschulabschluss. Die anderen 4 Prozent sind statistisch nicht einzeln erfasste anderweitige geeignete Berufsausbildungsabschlüsse. Hohe Qualität heißt aber auch, und da komme ich noch einmal zum Kern Ihrer Anfrage, Betreuung der Kinder bedarfsgerecht zu gestalten. Das kann man nicht über einen Kamm scheren im ganzen Land. Wir haben deswegen die Eltern mit ins Boot geholt über eine deutliche Stärkung der Elternmitwirkung. Zusammen mit den Trägern, mit der Leitung der Kindergärten, mit dem Jugendoder Schulamt stimmen die Elternvertreter das Betreuungsangebot für die Kinder ab und das umfasst auch die Öffnungszeiten für die Einrichtungen. Auf diese Weise gestalten wir Kitas, deren Angebote sich am wirklichen Bedarf orientieren. Gerade in Ferienzeiten kooperieren die Träger auch untereinander und sorgen gemeinsam dafür, dass immer eine Betreuung gewährleistet ist. Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, ich freue mich, dass wir ein solches flächendeckendes Angebot hier zur Verfügung stellen können. Ich freue mich aber genauso darüber, wenn zusätzlich Betriebe, Unternehmen ebenfalls Angebote unterbreiten, auch dafür gibt es eine Reihe guter Beispiele. Denn Unternehmen haben erkannt, wie wichtig eine verlässliche Kinderbetreuung ist und dass eine gute Vereinbarkeit von Familie und Beruf Bestandteil einer modernen Unternehmenskultur sein muss. Ich will jetzt die Beispiele nicht alle aufzählen, die es dafür gibt, aber noch einmal deutlich machen, auch hier arbeiten aber auch Unternehmen und Staat Hand in Hand, denn das sind Einrichtungen, die anteilig von uns auch mitfinanziert werden. Zu solchen Einrichtungen gehören auch zum Beispiel die mittlerweile acht Kindertageseinrichtungen des Thüringer Studentenwerks. Auch dort ist es natürlich wichtig, auch nahe Angebote zu haben für Studierende.

Aber auch in der Schule haben wir ein, denke ich, im bundesweiten Vergleich vorbildliches ganztägi

ges Angebot. Rund 75 Prozent unserer Schulen halten solche Ganztagsangebote bereit und wir liegen damit im Bundesvergleich ganz weit vorn. Der Bildungsmonitor der Initiative „Neue soziale Marktwirtschaft“ vom letzten Jahr attestiert uns bei den Betreuungsbedingungen und auch bei den Bildungsausgaben jeweils den ersten Platz. Hier ist ganz zentral natürlich der Thüringer Hort zu nennen. Unsere 429 Grundschulen haben eben auch 429 Horte. Es ist Bestandteil der Grundschule, dass es ein ganztägiges Angebot gibt. Derzeit nutzen über 52.000 Kinder unsere Hortangebote, das sind mittlerweile über 80 Prozent. Auch danach in den weiterführenden Schulen finden Kinder und Jugendliche ganztägige Bildungs- und Betreuungsangebote. Hier, will ich sagen, müssen wir natürlich noch weiter ausbauen. Dort gehen die Wünsche weiter als das, was wir heute schon realisieren können. Wir müssen Schritt für Schritt diese ganztägigen Angebote auch personell noch stärker untersetzen. Dazu zählen Hausaufgabenbetreuung, Förderangebote, AGs, Sportangebote, Vereinsarbeit an den Schulen. Also auch nach Schulschluss haben Schülerinnen und Schüler eine Vielzahl von Möglichkeiten. Auch dort ist es so, dass die Schulkonferenz in Abstimmung mit dem Träger über solche Angebote entscheidet für jede einzelne Schule, so dass wir auch da möglichst passgenaue Lösungen hinbekommen können. Meine sehr geehrten Damen und Herren, für mich ist eine gute Kinderbetreuung ein wichtiges Ziel, nicht erst seit dieser Anfrage, sondern seit Beginn dieser Legislaturperiode. Herzlichen Dank.

(Beifall CDU, SPD)

Ich frage jetzt die Fraktionen, wer die Aussprache zum Bericht wünscht. Ich gehe jetzt einmal davon aus, alle. Auch die CDU-Fraktion, ja? Gut. Ja, das hat ja dann immer Folgen, wenn die Fortberatung gewünscht wird, das wissen wir. Also eröffne ich die Aussprache zum Sofortbericht und zu Nummer IV aus dem Antrag. Als Erste rufe ich für die Fraktion DIE LINKE Frau Abgeordnete Jung auf.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Minister, danke für den Bericht. Ich denke auch, dass die Antragstellung der FDP-Fraktion insofern, ich will nicht sagen, überflüssig war, aber ich denke, wir haben in diesem Haus sehr viel über gerade gute Betreuungsangebote in Kindertagesstätten und anderes diskutiert und die Ergebnisse sind entsprechend.

(Zwischenruf Abg. Kemmerich, FDP: Einfach mal zu Ende lesen.)

(Minister Matschie)

Ich komme noch dazu, Herr Kemmerich. Sie haben natürlich trotzdem ein ernst zu nehmendes Problem aufgegriffen und für uns aber einen wichtigen Aspekt überhaupt nicht aufgegriffen. Dazu komme ich dann noch. Wir alle wissen, dass bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie die Kinderbetreuung ein großes Problem ist, aber die Lösung, Herr Kemmerich, kann trotzdem nicht sein, die Kinder auf Biegen und Brechen um sämtliche Arbeitszeiten herum zu organisieren und egal um welche Uhrzeit in Betreuungseinrichtungen unterzubringen.

(Zwischenruf Abg. Kemmerich, FDP: Ange- bot heißt das und nicht „biegen und bre- chen“.)

Der Minister hat ausgeführt, dass wir in dem Kindertagesstättengesetz gemeinsam Möglichkeiten geschaffen haben, genau auf diese Dinge einzugehen. Das ist laut Gesetz möglich. Sie sprechen in Ihrem Antrag davon, das will ich Ihnen an einer Stelle einfach aufzeigen, dass Sie die Landesregierung auffordern im Prinzip, dass Unternehmen Kindertagesstätten betreiben können. Das können sie entsprechend § 5 des Kindertagesstättengesetzes jetzt schon, sonstige Träger, insbesondere Elterninitiativen und Betriebe - in Punkt 4 des Kita-Gesetzes ist es klar ausgeführt. Dazu kommt noch der Punkt 2 in § 5, in dem sogar steht, soweit geeignete Einrichtungen Dienste von anerkannten Trägern der freien Jugendhilfe betrieben werden oder rechtzeitig geschaffen werden können, soll die öffentliche Jugendhilfe von eigenen Maßnahmen absehen. Also man hat sogar noch einen Vorrang eingeräumt für die Betreuung von der Einrichtung betrieblicher Kindertagesstätten. Dann ist es so im Kindertagesstättengesetz, dass die dieselbe Förderung erhalten wie die Kommunen und andere Träger und Einrichtungen auch. Aber das war jetzt nur eine Nebenbemerkung.

Das Nebeneinander, meine Damen und Herren, von Familie und Erwerbsarbeit ist ohne Zweifel ein wirklich schwieriges Unterfangen. Es lässt sich umso leichter gestalten aus unserer Sicht, je mehr Unterstützungssysteme es durch Partnerinnen und Partner, Infrastruktur, eine genderbewusste Wirtschafts-, Arbeitsmarkt-, Sozial- und Familienpolitik gibt, je mehr es solche Unterstützungssysteme gibt und je weniger Mütter, vor allem Mütter, aber auch alleinstehende Väter mit diesen Fragen alleingelassen werden. Genau um diese Verbindung, denke ich, ist es in dem Bericht nicht gegangen. Es ist natürlich immer eine Frage, aus welcher Sicht man dies betrachtet. Wenn man es aus wirtschaftspolitischer Sicht betrachtet, muss man eindeutig sagen, dass auch dazu die Akzeptanz familiärer Verpflichtungen durch die Arbeitswelt gehört. Genau dort, glaube ich, liegt ein großes Problem, das heute nach wie vor die Arbeitswelt für sich gestaltet wird und die familiären Problemstellungen eben wirklich nicht vorgenommen werden. Wir haben in Thürin

gen, das sagte der Minister, Betriebskindergärten. Dort wird das Problem auch deutlich. Sie haben zum Teil von 6.00 Uhr bis 19.00 Uhr geöffnet, zum Teil gibt es Einrichtungen in Thüringen, die haben bis 20.00 Uhr geöffnet. Aber wir haben auch Gott sei Dank im Gesetz verankert, dass eine Betreuung möglichst nicht über 10 Stunden passieren soll.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Auch da muss man wieder das Ganze vom Kind aus betrachten. Wir haben auch gute Unterstützungen für Einrichtungen an den Hochschulen, die es ermöglichen, dass junge Eltern studieren können. Aber, meine Damen und Herren, auch hier ist es entscheidend, das Ganze vom Kind aus zu betrachten, und das heißt nun einmal keine Betreuungszeiten über 10 Stunden. Und wenn ich Ihren Antrag lese, mit Schichtarbeit, dann kann ich nur zu dieser Schlussfolgerung kommen: Wollen wir wirklich eine Rundumbetreuung - das haben Sie in der Begründung nicht gesagt, vielleicht sagen Sie es dann noch -, das kann nicht vonstattengehen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Also man kann sicherlich nichts einwenden, wenn eine Kinderbetreuung nicht mehr als 10 Stunden geht, dass sie auch etwas später geht. Aber ich sage da auch meine ganz persönliche Meinung: Kinder brauchen auch geregelte Zeiten auch in den Familienbereichen. Dazu gehört eindeutig auch eine geregelte Zeit, abends ins Bett zu gehen.