Protokoll der Sitzung vom 24.05.2013

Es geht gleich los. Es gibt ja eine große Einigkeit hier im Haus, wie das mit Fracking sein soll. Sie wissen vielleicht, die Bundesregierung erarbeitet gerade einen Gesetzentwurf und es gibt Streit zwischen der CDU und der FDP. Kritiker nennen dieses Gesetz auch ein Fracking-Beförderungsgesetz. Es gibt Streit zwischen CDU und FDP deshalb, weil Herr Rösler mit aller Gewalt dort Fracking durchsetzen will, die CDU dann quasi, ich sage mal die mahnende Stimme ist, das nicht überall zu tun.

(Unruhe FDP)

(Abg. Weber)

Dann scheint die FDP wirklich der Meinung zu sein - das ist die Tatsache -, wenn man dann Fracking in Trinkwasserschutzgebieten außen vor lässt, dann wird das schon als großer Erfolg von der FDP gefeiert. Meine Damen und Herren, Fracking in Trinkwasserschutzgebieten auszuschließen, ist eine Selbstverständlichkeit, darüber muss man gar nicht reden. Dass man das in anderen Gebieten auch sehr restriktiv oder gar nicht machen sollte, ist auch eine Selbstverständlichkeit, aber nicht für die FDP, die es ja so sehr mit dem Trinkwasserschutz hat.

Das dritte Beispiel - um das Ganze auf die Spitze zu treiben -, wir hatten es hier im Landtag, ich glaube, in Form einer Aktuellen Stunde, und zwar die EU-Dienstleistungskonzessionsrichtlinie. Da muss man sich mal überlegen, da hat die EU-Kommission vor, die Wasserversorgung der Bevölkerung zu privatisieren oder privatisieren zu lassen. Das hat sie vor. Der CDU-Bundesparteitag hat am 5. Dezember entschieden, dass die Wasserversorgung aus dieser Konzessionsrichtlinie herausgenommen werden muss, weil man das nicht zulassen darf. Eine Woche später enthält sich Deutschland in Brüssel der Stimme - als gewichtige Stimme in Brüssel und sorgt deshalb dafür, dass das Wasser nicht herausgenommen wird. Mittlerweile sieht es anders aus, aber damals hat die FDP im Prinzip dafür gesorgt, dass sich Deutschland dort der Stimme enthalten musste.

Bevor Herr Barth jetzt den Antrag stellt, dass ich mich zum Thema äußere, komme ich jetzt drauf. Wenn es mittlerweile so weit ist, dass sich die GRÜNEN und die Bevölkerung, die Verbraucherinnen und Verbraucher bei der CDU im Bundestag bedanken müssen, dass sie diesem Treiben der FDP Einhalt gebietet, da kann man sich vorstellen …

Ich muss mich jetzt mal ganz kurz dazwischenschalten. Wenn Herr Barth auf die Thematik hingewiesen hätte, zur Sache zu sprechen, hätte ich den Geschäftsordnungsantrag durchaus aufgenommen. Aber der Redner spricht normalerweise zu Ende und dann kommt der Geschäftsordnungsantrag.

(Zwischenruf Barth, FDP: Was übrigens auch beweist, dass Sie nicht alles wissen.)

Ich nehme das jetzt auf und rufe Ihren Geschäftsordnungsantrag nach der Rede von Herrn Dr. Augsten auf.

Um das zusammenzufassen: Das, was die FDP sich auf Bundes- und Europaebene leistet, hat mit dem Schutz des Trinkwassers überhaupt nichts zu tun. Es läuft genau das Gegenteil.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Hier ist eine industriefreundliche Politik unterwegs, die genau das Gegenteil von dem bewirkt, was dieser Antrag suggerieren soll.

Trotzdem, zusätzlich zu dem, was die Vorredner gesagt haben, noch ein paar Dinge. Liebe oder werte Kolleginnen und Kollegen von der FDP, schauen Sie doch einfach mal in diese Prognose hinein. Es wird ganz bewusst darauf hingewiesen, dass nach der Wiedervereinigung

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Herr Augsten, meine Fresse, jetzt hören Sie doch auf.)

lesen Sie doch einfach mal, das steht doch alles drin - der Bedarf, sehr intensiv zu arbeiten, groß war.

(Unruhe FDP)

Wir hatten einen Scherbenhaufen aufzuräumen und das ist getan worden. Insofern gab es damals auch zu Recht die Planungen, das sehr intensiv zu betreiben, die Prognosen aufzustellen. Dann hat sich das stabilisiert und in der dritten Prognose wurde darauf hingewiesen, dass die Zeithorizonte 2010, 2025, 2040 betrachtet werden. Was besonders interessant ist - Ihr Antrag zielt ja darauf ab -, dass in dieser dritten Prognose - auf Seite 46, fürs Protokoll - unter „Zusammenfassung und Empfehlungen“ ausgeführt wird, ich zitiere den Gutachter,

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Es ist nicht zum Aushalten - unerträglich!)

Zitat Anfang: „Die regelmäßige Fortschreibung der Prognose ist deshalb erforderlich.“ - richtig, haben alle bestätigt, und jetzt kommt es - „Hierbei empfiehlt der Gutachter je nach der Intensität von erkennbaren Trendänderungen ein Intervall von 5 bis 10 Jahren.“,

(Zwischenruf Abg. Hitzing, FDP: Jetzt wird es aber ein bisschen …)

von 5 bis 10 Jahren ab 2009, von 5 bis 10 Jahren je nach Intensität von Trendänderungen. Das heißt, wenn wir absehbar Trendänderungen haben, die es dann

(Unruhe FDP)

bedürfen, dass wir eine Prognose brauchen, dann wäre das 2014, dann wäre Ihr Antrag vielleicht zu unterstützen.

(Unruhe FDP)

Wenn man aber das, was Herr Kummer zu Recht anspricht, wenn wir keine erkennbaren Trendänderungen haben, sondern Aufgaben zu erledigen haben, die von Herrn Primas vorhin angesprochen wurden, dann kann man doch sagen, dass wir 2014/2015 keine neue Prognose brauchen, son

dern dass wir die Dinge zu erledigen haben, die auf dem Tisch liegen.

(Beifall SPD)

Also, allein die Mathematik reicht hier und die Betrachtung der aktuellen Situation in dem Bereich reicht, um zu sagen, wir brauchen nicht so schnell, wie Sie es wollen, eine Prognose und vor allen Dingen brauchen wir sie nicht in der Fassung, wie Sie es hier vorgelegt haben.

Also es bleibt dabei, wir sind gern bereit - da gebe ich Herrn Kummer recht -, über einzelne Dinge, die in dem Trinkwasserbereich insgesamt auch eine Rolle spielen, vor allen Dingen die Auswirkung dessen, was auf Bundesebene dann für Thüringen ansteht, wenn die FDP dort weiter zum Zuge kommt was wir natürlich nicht hoffen -, dass wir das im Ausschuss diskutieren. Wir haben einige Probleme, wir haben immer noch keine Antwort darauf, wie es mit der EU-Förderung aussieht in der kommenden Förderperiode. Wird es weiterhin EFRE-Förderungen im Abwasserbereich geben? Ich weiß, dass wir als Umweltverbände damals scharf kritisiert haben, dass über 90 Prozent der Mittel im Schwerpunkt Umwelt im EFRE in Abwasser gegangen sind. Das hat uns wehgetan, weil wir das Geld gern anders eingesetzt hätten. Aber wenn ich nun einmal hier stehe, sage ich, es war gut so, das getan zu haben; wir haben einen Anschlussgrad, der sich sehen lassen kann, und haben noch viel zu erledigen im ländlichen Raum. Aber Fakt ist eines, völlig offenes Gebiet, was ist im Abwasserbereich, nicht genutzte Talsperren, was wird damit, die kosten ja alle Geld. Es gibt durchaus Dinge zu diskutieren, das machen wir gern im Ausschuss, dem würden wir uns nicht verschließen. Insofern bin ich gespannt, was der Minister hier ausführt, ob er das ähnlich sieht wie diejenigen, die diesen Antrag ablehnen würden. Ansonsten würde ich vorschlagen und beantragen, dass wir das im Umwelt- und Agrarausschuss fortsetzen. Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. Ein Geschäftsordnungsantrag. Herr Barth, hat er mit dem Redner zu tun?

Herr Augsten, das hat mit Ihnen nichts zu tun, was einer der Beweise ist, dass Sie vielleicht doch nicht alles wissen.

Frau Präsidentin, ich wollte eigentlich um die Herbeirufung eines Mitglieds der Landesregierung bitten, nicht dass es die Rede wert gewesen wäre, aber inzwischen ist der Landwirtschaftsminister ja da. Deswegen hat sich der Antrag erledigt. Vielleicht ist es trotzdem so, wenn ich die Bitte äußern

darf, dass vielleicht auch vonseiten des Präsidiums immer einmal darauf hingewiesen wird, dass hier das Parlament tagt und die Regierung es irgendwie ein bisschen als Verpflichtung auffassen sollte, den Beratungen der Volksvertretung gelegentlich auch einmal zu lauschen.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Das war ja jetzt weniger ein Geschäftsordnungsantrag als eine Kurzintervention, die wir eigentlich nicht haben, aber ich gebe Ihnen völlig recht. Es ist nur für das Präsidium auch immer schwierig, weil dann der Antrag gestellt werden müsste, den Sie stellen wollten zur Herbeirufung eines Mitglieds der Landesregierung. Aber wenn ich jetzt auf die Regierungsbänke schaue, und mir ist noch einmal mitgeteilt worden, dass inzwischen auch die Öffentlichkeit das sehr wohl wahrgenommen hat, wie die Anwesenheit der Mitglieder der Landesregierung bei den Sitzungen des Parlaments ist und wir es schon wiederholt im Ältestenrat fraktionsübergreifend angesprochen haben und darum gebeten haben, dass die drei Plenarsitzungstage ernst genommen werden, dann gebe ich Ihnen recht und weise sehr gern noch einmal auf diesen Umstand hin und hoffe, durch diese etwas längere Rede vielleicht den einen oder anderen Minister oder Ministerin in diesen Räumen erreicht zu haben.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Denn es wäre auch unfair, Herr Minister Reinholz, wenn derjenige, der da ist, die Schelte abbekommt. Aber das ist inzwischen zu einer Unsitte geworden, die wir uns als Parlament nicht gefallen lassen sollten. Da gebe ich Ihnen völlig recht.

(Beifall DIE LINKE, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich merke allerdings, mein Appell ist noch nicht so richtig in dem Hause herumgekommen.

Herr Abgeordneter Kemmerich, Sie haben einen Redebeitrag? Es ist aus unserer Rednerliste nicht ganz ersichtlich, ob es nur die Begründung war. Dann haben Sie das Wort für die FDP-Fraktion.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine sehr verehrten Damen und Herren, auch trotz großer Abwesenheit, der Kollege Fiedler ist auch gerade mal nicht da, obwohl er gern sich hier dann damit zitieren lässt, wer denn nun im Saal ist oder auch nicht.

Ja, bemerkenswerte Redebeiträge; ich will trotzdem versuchen, dem relativ sachlich zu entgegnen. Meine Damen und Herren, unsere Begründung zu un

(Abg. Dr. Augsten)

serem Antrag, der lautet übrigens: „Überarbeitung und Fortschreibung einer Prognose einer Trinkwasserbilanz“ und da war nie die Rede davon, jetzt etwas neu zu erstellen oder völlig neu zu erdenken. Dieser Begründung möchte ich mit einem Auszug aus der derzeitig gültigen dritten Prognose voranstellen - ich zitiere mit Erlaubnis: „Die Kenntnis über den Wasserbedarf von Bevölkerung, Gewerbe und Industrie, Landwirtschaft und andere Verbrauchergruppen ist Voraussetzung für Planung, Bau und Unterhaltung der wasserwirtschaftlichen Infrastruktur. Politik und Versorgungsträger haben hier Zeiträume von 50 Jahren und mehr zu beplanen. Dabei sind sowohl fehlende als auch zu groß bemessene Versorgungskapazitäten zu vermeiden. Eine Prognose zur Trinkwasserbilanz muss Entwicklungen im Ökosystem (z.B. Klima, Nieder- schlag, Grundwasserneubildung) und in der Gesellschaft (z.B. Demografie, Wirtschaft, Verbrauchsge- wohnheiten) in Bezug setzen zu vorhandenen und/ oder erforderlichen technischen Kapazitäten der Wasserversorgung.“ Dieses Zitat stammt, wie gesagt, aus der Dritten Prognose zur Trinkwasserbilanz des Freistaats Thüringen aus dem Jahr 2008 und basiert in der Hauptsache aus Fakten, Zahlenmaterial aus den Jahren 2004 und älter.

Herr Dr. Augsten, es wundert mich ja jetzt immer weniger, dass die GRÜNEN das Sitzenbleiben abschaffen wollen bei der Kunst, sie hier mathematische Kapriolen rechnen zu lassen, denn es sind nunmehr neun Jahre. Und wenn wir heute mit einer Fortschreibung auf aktualisiertem Zahlenmaterial beginnen würden, dann würde sie wahrscheinlich eben nicht vor dem zehnten Jahr nach der letzten Zahlenbasis erscheinen.

(Beifall FDP)

Ich denke, gerade bei den langfristigen Folgen, die wir durch die Investitionsmaßnahmen in diesen Bereichen auslösen ökologisch wie auch ökonomisch, ist eine aktualisierte Zahlenbasis mehr als wichtig.

(Beifall FDP)

Darum geht es mal in erster Linie. Insofern ist es schon sehr ignorant und gerade im Zuge des doch hier zahlreich vertretenen Publikums zeugt das von wenig Demokratieverständnis, dass hier gesagt wird, nur weil der Antrag von der FDP ist, werden wir ihn rundum ablehnen.