Protokoll der Sitzung vom 20.09.2013

zur Abreifebeschleunigung von Getreide hervorgerufen worden sind, liegen der Landesregierung nicht vor. Die veröffentlichten Ergebnisse des BUND stehen auf keiner wissenschaftlich fundierten Grundlage und können somit nur Anhaltspunkte für weitere wissenschaftliche Untersuchungen liefern.

Zu Frage 3: Die Anwendung von Glyphosat zur Abreifebeschleunigung von Getreide ist für die Landwirte eine Notmaßnahme. Sie wird nur dort angewandt, wenn massive Ernteverluste und/oder -erschwernisse aufgrund der Witterung zu erwarten sind. So erfolgte dieser Einsatz in diesem Jahr nach unseren Recherchen auf ca. 2 Prozent der Ackerfläche. Ein regelmäßiger Einsatz von Glyphosat bei der Getreideabreife zur Druschoptimierung wäre mit den Grundsätzen der guten fachlichen Praxis nicht vereinbar.

Zu Frage 4: Im Bereich der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln hat man mit der maßgebenden Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21.10.2009 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln und zur Aufhebung der Richtlinien 79/117/IWG und 91/414/IWG des Rates einen neuen europäischen Standard insbesondere in Bezug auf das Zulassungsverfahren von Pflanzenschutzmitteln erreicht.

Der bestimmungsgemäße und sachgerechte Einsatz der Pflanzenschutzmittel kann dabei über die Festlegung von Anwendungsbestimmungen im Zulassungsverfahren wirksam reguliert und kontrolliert werden. Die Landesregierung geht von der Wirksamkeit des europäischen und deutschen Pflanzenschutzrechts bezüglich der allgemeinen Anwendungspraxis auch von Pflanzenschutzmitteln, die Glyphosat enthalten, aus.

Es gibt den Wunsch auf Nachfrage durch den Fragesteller.

Vielen Dank, Herr Staatssekretär. Als aufmerksamer Leser der Protokolle von Agrarminister- und Umweltministerkonferenzen weiß ich natürlich um die Bedeutung von Protokollerklärungen, Einstimmigkeitsprinzip kennen wir ja. Insofern noch einmal die Frage, können Sie sich erklären, warum zehn Fachminister Ihre fachliche Einschätzung nicht teilen, wie die zu völlig anderen Einschätzungen kommen?

Da müsste man die Frage an die entsprechenden Fachminister richten. Es gibt in der Agrarministerkonferenz eine hinreichende Diskussion zu dieser

(Abg. Dr. Augsten)

Problematik. Es ist sich auch dahin gehend verständigt worden, dass das Bundesinstitut für Risikobewertung in seiner Stellungnahme in diesem Jahr erklärt hat, dass eine Hintergrundbelastung mit Glyphosat weit unter einem gesundheitlich bedenklichen Bereich liegt. Die Diskussion war sehr vielschichtig und da gibt es in diesen Agrarministerkonferenzen mehrere Möglichkeiten: Zustimmung, Ablehnung, Enthaltung oder Protokollerklärung. Da wir diesen Punkten, die ich Ihnen in der Frage 1 benannt habe, nicht zustimmen konnten, haben wir so votiert, wie ich es Ihnen vorgetragen habe.

Und die zweite Nachfrage des Fragestellers.

Herr Staatssekretär, weil Sie zu Recht auf das Bundesamt für Risikoforschung verweisen, frage ich Sie, haben Sie mitbekommen, dass es gerade bezüglich der Grenzwerte Diskussionen auch auf europäischer Ebene gibt?

Es gibt eine Diskussion und da man auf europäischer Ebene die Untersuchungen vornimmt, wie ich Ihnen auch mitgeteilt habe, sollten wir erst die wissenschaftlichen Ergebnisse abwarten und dieses dann weiter in den Agrarministerkonferenzen diskutieren.

Vielen Dank. Jetzt kommt eine Frage aus den Reihen der Abgeordneten. Frau Dr. Scheringer-Wright, bitte.

Herr Staatssekretär, Glyphosat wird von Privatpersonen in Roundup auch sehr stark in Kleingartenanlagen und auf öffentlichen Plätzen, auf gepflasterten Flächen verwendet. Hat sich die Landesregierung mit dieser Problematik schon auseinandergesetzt, also vor dem Hintergrund, dass ja in Berlin, also in der Stadt, Glyphosatrückstände im Urin von Menschen festgestellt wurden, und gedenkt die Landesregierung da weiter Forschung zu betreiben und vielleicht auch zu einem Standpunkt zu kommen?

Frau Abgeordnete, wir müssen jetzt nicht auch noch forschend tätig werden. Ich glaube, die EU ist hier tätig. Die Ergebnisse werden dann vorliegen und es wird bestimmt zu einem einheitlichen Beschluss kommen, davon bin ich überzeugt. Und

auch in den Agrarministerkonferenzen kenne ich die Diskussion, weil ich auch zugegen war, dass einige Länder mit dieser Thematik auch vertraut sind und letztendlich kam es dann zu diesem Abstimmungsverhalten. Das ist legitim und ich gehe mal davon aus, dass, wenn die Ergebnisse vorliegen, das Abstimmungsverhalten ganz anders sein wird.

Vielen Dank, Herr Staatssekretär. Dann kommen wir jetzt zur Frage 8 des heutigen Tages. Das ist die Frage des Herrn Abgeordneten Koppe in der Drucksache 5/6621. Bitte, Herr Abgeordneter.

Vielen Dank, Frau Präsidentin.

Verfahren gegen den Bürgermeister der Stadt Nordhausen

Nach Presseberichten vom 2. September 2013 der nnz-online stehen die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen den Bürgermeister der Stadt Nordhausen, also Herrn Jendricke, wegen des Vorwurfs der Vergewaltigung und des sexuellen Missbrauchs widerstandsunfähiger Personen kurz vor dem Abschluss. Mehr als fünf Monate hätten die Staatsanwaltschaft und die Kriminalpolizei in diesem Fall ermittelt. Mit einer Entscheidung über das Verfahren werde in Kürze gerechnet.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wann ist mit dem Abschluss des Ermittlungsverfahrens zu rechnen?

2. Wie lange dauern durchschnittlich die Ermittlungsverfahren der Thüringer Staatsanwaltschaften bei den vorgeworfenen Straftatbeständen (bitte nach den jeweiligen Staatsanwaltschaften ange- ben) ?

3. Welche Kontakte gab es bezüglich des vorliegenden Verfahrens zwischen der Staatsanwaltschaft Mühlhausen und dem Thüringer Justizminister/Justizministerium?

4. Welche Kontakte gab es seit Eröffnung des Ermittlungsverfahrens zwischen dem Bürgermeister und dem Thüringer Justizminister/Justizministerium?

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Koppe. Es antwortet für die Landesregierung das Justizministerium. Herr Justizminister Dr. Poppenhäger, bitte.

Herr Koppe, Ihre Fragen beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:

(Staatssekretär Richwien)

Zu Frage 1: Die Staatsanwaltschaft Mühlhausen hat die Ermittlungen abgeschlossen. Die Entscheidung wird den Beteiligten zeitnah mitgeteilt werden.

Die Frage 2 - Wie lange dauern durchschnittlich die Ermittlungsverfahren der Thüringer Staatsanwaltschaft bei den vorgeworfenen Straftatbeständen? kann ich nur wie folgt beantworten: Nach Auskunft der Thüringer Generalstaatsanwaltschaft wird eine statistische Erhebung der durchschnittlichen Bearbeitungsdauer von Ermittlungsverfahren wegen des Vorwurfs einer Straftat nach § 177 StGB nicht geführt. Das in Rede stehende Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts einer Straftat gemäß § 179 Abs. 5 des Strafgesetzbuchs ist das erste Verfahren seit Jahren, das bei einer Staatsanwaltschaft in Thüringen anhängig ist.

Zu Frage 3 - Welche Kontakte gab es bezüglich des vorliegenden Verfahrens zwischen der Staatsanwaltschaft Mühlhausen und dem Thüringer Justizminister bzw. Ministerium? - kann ich Ihnen wie folgt antworten: Der Leitende Oberstaatsanwalt in Mühlhausen berichtete auf die Erlasse des Thüringer Justizministeriums vom 25. März und 16. September 2013 nach Ziffer 1.21 a der Verwaltungsvorschrift des Thüringer Justizministeriums vom 21. Dezember 2001 über die Berichtspflichten in Straf- und Bußgeldsachen der Fachabteilung des Thüringer Justizministeriums fernmündlich und schriftlich am 26. März 2013 sowie in weiteren schriftlichen Berichten am 4. Juni und 17. September 2013 über den Gang des staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens.

Und zur abschließenden Frage - Welche Kontakte gab es seit der Eröffnung des Ermittlungsverfahrens zwischen dem Bürgermeister und dem Thüringer Justizminister bzw. dem Justizministerium? kann ich Ihnen sagen: Es gab keine Kontakte zwischen dem Beschuldigten und dem Thüringer Justizminister und auch nicht dem Thüringer Justizministerium.

Vielen Dank, Herr Dr. Poppenhäger. Es gibt den Wunsch auf eine Nachfrage.

Vielen Dank. Herr Minister, Sie werden es ahnen. Ihre Antwort zu Frage 1 fordert natürlich bei mir eine Nachfrage heraus. Würden Sie denn bitte dem Hohen Haus und mir persönlich mal darlegen, was aus Ihrer Sicht der Begriff „zeitnah“ bedeutet?

Zeitnah - dazu will ich nichts sagen, ich will Ihnen konkreter antworten als über die Frage zeitnah. Nein, den Betroffenen ist die Entscheidung der

Staatsanwaltschaft noch nicht zugestellt, aber es wird in der nächsten Woche geschehen.

Vielen Dank, Herr Minister.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Nein, hier.)

Entschuldigung, es gibt noch eine Nachfrage aus den Reihen der Abgeordneten. Bitte, Herr Abgeordneter Kuschel.

Danke, Frau Präsidentin. Herr Minister, ist denn mal geprüft worden, weshalb dieses Verfahren zu einem sehr frühen Zeitpunkt eine derartige öffentliche Resonanz gefunden hat? Also wo war denn die „undichte“ Stelle? Ist das von der Staatsanwaltschaft mal geprüft worden, denn hier geht es ja um Vorwürfe nahe in den persönlichen Bereich hinein, wo zu erwarten ist, selbst wenn es jetzt nicht zu einer Anklage kommt oder Ähnliches, dass dieser betroffene Mensch für einen langen Zeitraum, wenn nicht auf Dauer „gebrandmarkt“ ist. Eine mögliche Quelle könnte die Staatsanwaltschaft sein. Ist das geprüft worden, wo die Informationen herstammen, dass dort die Staatsanwaltschaft überhaupt ermittelt? Danke.

Herr Abgeordneter Kuschel, Sie geben mir ein wichtiges Stichwort, was wir aber dann auch in Zukunft durchgängig, glaube ich, so behandeln sollten. Ermittlungsverfahren sind vertraulich. Jedes Mal, wenn Ermittlungsverfahren öffentlich erörtert werden, ist das ein Bruch der Vertraulichkeit und das gilt nicht nur in diesem Fall. Ich bedauere das in jedem Einzelfall sehr. An diesem Fall können wir besonders sehen, da sind natürlich die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen beeinträchtigt. Ich kann Ihnen nur so darauf antworten. In den Berichten, die unserem Haus vorgelegen haben, ist zu dieser Frage, wie es zu diesem Bruch der Vertraulichkeit gekommen ist, nicht Stellung genommen worden, jedenfalls nicht nach meiner Erinnerung und schon gar nicht weiß ich und möchte ich deutlich zurückweisen, dass es nun ausgerechnet von der Staatsanwaltschaft gekommen sei. Das kann ich natürlich nicht bestätigen. Also mir liegen dazu keine Erkenntnisse vor, wie die Informationen an die Medien gekommen sind, es war natürlich sehr zeitnah. Aber da werden andere Beteiligte natürlich Rechenschaft ablegen müssen.

Vielen Dank, Herr Minister Dr. Poppenhäger. Wir kommen jetzt zu Frage 9 des heutigen Tages. Das

(Minister Dr. Poppenhäger)

ist die Frage der Frau Abgeordneten Leukefeld in der Drucksache 5/6622 und sie wird verlesen von Herrn Abgeordneten Blechschmidt.

Danke, Frau Präsidentin.

Ablehnung Projekt „Neustart“

Seit Abschaffung der institutionellen Förderung der Beratung von Arbeitslosen im August 2005 wurden durch Betroffeneninitiativen im Freistaat Thüringen, insbesondere die „Thüringer Arbeitsloseninitiative Soziale Arbeit e. V.“ sowie den „Thüringer Arbeitslosenverband e. V.“ in Abstimmung mit dem (damali- gen) Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Technologie das Projekt „Neustart“ für Langzeitarbeitslose ins Leben gerufen und in mehreren Regionen gefördert. Seit einiger Zeit wurde dieses Integrationsprojekt auf der Grundlage der Richtlinie zur Förderung der beruflichen und sozialen Integration im Rahmen des Programms „Arbeit für Thüringen und Zukunft Familie“ nicht mehr unterstützt, so dass in verschiedenen Städten, darunter Meiningen, Suhl und Eisenberg, dieses Angebot nicht mehr besteht. Trotz mehrfacher Beratungen und Zusicherungen für eine mögliche Weiterführung einschließlich der Beteiligung der Träger an dem lnteressenbekundungsverfahren gibt es jetzt mit Schreiben der Gesellschaft für Arbeits- und Wirtschaftsförderung mbH vom 19. August 2013 die klare Absage zur weiteren Förderung.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie schätzt die Landesregierung das Projekt „Neustart“ in seiner Wirksamkeit für arbeitsmarktferne Personen und Langzeitarbeitslose mit mehrfachen Vermittlungshemmnissen und besonderen Problemlagen ein?

2. Warum wurde entgegen den Aussagen der Verantwortlichen im Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Technologie keine Lösung gefunden, um mit den betreffenden Trägern für die Zielgruppe eine Weiterführung zu ermöglichen?

3. Was sind die Gründe und Ursachen der Ablehnung einer Förderung?