Protokoll der Sitzung vom 20.12.2013

Wer sich für mehr Wissen und für ein Studium entscheidet, darf nicht gegen eine Wand laufen, sondern der braucht offene Türen für seine Bildungskarriere. Wir wollen also für Menschen, die eine abgeschlossene Berufsausbildung haben und auch über Berufserfahrung verfügen, ein Studium auf Probe einführen, daneben gibt es auch die Zulassung zum Studium nach einer entsprechenden Eingangsprüfung. Für viele ist diese Eingangsprüfung aber insofern eine hohe Hürde, als sie sich während des beruflichen Lebens nur schwer auf eine solche große Prüfung vorbereiten können. Sie erhalten die Möglichkeit, mit einem Probestudium einzusteigen und innerhalb des Probestudiums wird festgestellt, ob sie diesen Studiengang absolvieren können. Die Hochschulen regeln dann eigenverantwortlich den Umfang und die Dauer des Probestudiums und auch die Anrechnung erfolgreich erbrachter Leistungen auf das Studium insgesamt.

Ein weiteres offenes Angebot für Berufstätige sind berufsbegleitende grundständige Weiterbildungsstudiengänge. Damit schaffen wir einen parallelen Weg, im Beruf zu bleiben und sich gleichzeitig an der Hochschule weiterzuqualifizieren. Das sind Studiengänge, die vor allem nachfrageorientiert in den wirtschaftsnahen Fächern angeboten werden. Diese Form der akademischen Weiterbildung ist für Berufstätige besonders attraktiv und auch die Wirtschaft zeigt ein hohes Interesse an solchen Angeboten. Ein weiteres Anliegen des Gesetzes ist die vollständige Umsetzung der Strukturvorgaben für Bachelor- und Masterstudiengänge, die die KMK gemacht hat. Die Studiengänge sind demnach so zu gestalten, dass Zeiträume für Aufenthalte an anderen Hochschulen, auch im Ausland, oder Aufent

(Vizepräsident Gentzel)

halt in der Praxis in die Studiengänge sinnvoll integriert werden können und damit mehr Mobilität für Studierende möglich ist. Zum Zweiten müssen die Masterstudiengänge in neue Profiltypen eingeordnet werden, nämlich entweder anwendungsorientiert oder forschungsorientiert, und damit wird eine neue gemeinsame Systematik geschaffen.

Entsprechend der Lissabon-Konvention werden im In- und Ausland an anderen Hochschulen absolvierte Studienzeiten und Hochschulqualifikationen anerkannt. Auch hier fordern die Studierenden zu Recht klare, verlässliche und vor allem überall gültige Regelungen; die führen wir mit der Änderung des Hochschulgesetzes in Thüringen ein.

Lassen Sie mich die Intention des Gesetzentwurfs noch einmal zusammenfassen: Wir steigern die Attraktivität der Hochschullandschaft und ihre Studienangebote. Wir eröffnen all denen Perspektiven, die Wissenschaft als Beruf wollen und die im Beruf durch ein Studium weiter vorankommen wollen. Wir sorgen damit für einen offenen Zugang zu den Hochschulen und erhöhen die Bildungsbeteiligung für Menschen, die aus sozial schwachen Familien kommen, und fördern Bildungsbiografien ohne Sackgassen. Die Anhörung der Landesregierung hat gezeigt, dass es weitreichenden Konsens zu den Intentionen dieses Gesetzes gibt, bei den Hochschulen genauso wie in der Wirtschaft oder bei den Gewerkschaften. Der überwiegende Teil begrüßt diese Öffnung und Flexibilisierung im Hochschulgesetz ausdrücklich. Ich denke, dieses Gesetz wird dazu beitragen, die Qualität unserer Hochschulen noch weiter zu verbessern. Deshalb wünsche ich mir für dieses Gesetz natürlich eine intensive Beratung hier im Parlament und in den Ausschüssen und eine rasche Verabschiedung. Herzlichen Dank.

(Beifall SPD)

Danke, Herr Minister. Ich eröffne die Aussprache und als Erster hat Abgeordneter Emde von der CDU-Fraktion das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, ich will ein paar Anmerkungen machen zu diesem Gesetz, das wir von seiner Zielstellung her absolut unterstützen. Das kann man auch nur unterstützen, es muss um die Fragen gehen, wie man der Gewinnung von qualifiziertem Nachwuchs an den Hochschulen Raum gibt, wie man dort auch noch besser werden kann, weiterentwickeln kann. Es muss natürlich auch immer darum gehen, wie man die Studiermöglichkeiten für beruflich Qualifizierte verbessern kann. Für uns gilt schon seit jeher der Grundsatz, dass berufliche Bil

dung und akademische Bildung gleichwertig sind. Das wird noch nicht immer und überall umgesetzt, insofern ist es auch hier richtig, noch einen weiteren Schritt zu gehen, da gehen wir völlig d’accord.

Jetzt steht natürlich die Frage, ob man in der Güterabwägung, die dieser Gesetzentwurf vorgenommen hat, schon zufrieden ist, oder ob man einfach auch noch mal in der Diskussion gegeneinander abwägt. Ich will ein paar Dinge nennen.

So ist es beispielsweise die Einführung des sogenannten Tenure Track, die von uns durchaus auch kritisch gesehen wird, nicht in Gänze, sondern ganz einfach von der Frage her: Ist denn dieses amerikanische System wirklich so auf unsere Hochschulen anzuwenden und welche Modifikationen müssen wir haben, damit es zu unserem System passt? Das Anliegen planbarer Karrieren und Sicherheiten, auch für den wissenschaftlichen Nachwuchs, ist richtig, diese Perspektiven soll man geben, man muss aber auf der anderen Seite auch sehen, dass es notwendig und ganz wichtig ist, dass man Flexibilität in dem Personalkörper hat, dass die Menschen auch mal den Austausch mit anderen Universitäten und wissenschaftlichen Einrichtungen pflegen, also sich auch einmal durch die Landschaft in Deutschland und vielleicht auch weltweit bewegen. Die richtige Balance zu finden zwischen planbaren Karrieren, auch sozialer Sicherheit auf der einen Seite und auf der anderen Seite aber eben auch den notwendigen Spielräumen, dazu soll die Diskussion im Ausschuss dienen. Wir werden dort sicherlich eine mündliche Anhörung durchführen, wo wir uns mit den Leuten von den Hochschulen darüber unterhalten, welches denn der richtige Weg für die Thüringer sein kann.

Es gibt auch das Thema der Einführung der Juniorprofessur. Die Debatten werden schon sehr lange geführt. Bei der Einführung der Juniorprofessur vor über zehn Jahren endete das dann vor dem Bundesverfassungsgericht. Die Grundgesetzwidrigkeit eines bundesgesetzlichen Zwangs zur Abschaffung der Habilitation zugunsten der Einführung der Juniorprofessur wurde festgestellt und das entsprechende Gesetz für nichtig erklärt. Man muss die Dinge wirklich vernünftig besprechen und zu einem Ergebnis bringen. Wenn man in das Personalgefüge einer Hochschule von oben herab eingreift, ist es für uns wichtig, dass auch wir als Parlamentarier die entsprechenden Gespräche führen. Das Ministerium hat es schon getan, aber wir tun gut daran, wenn es die Abgeordneten dann auch noch einmal tun und zu ihren Schlüssen kommen. Das wollen wir, wie gesagt, gern tun. Ich begrüße es ausdrücklich, dass die zunächst angedachte Einführung einer neuen Personalkategorie, nämlich der Assistenzprofessur, jetzt im Entwurf nicht mehr enthalten ist.

(Minister Matschie)

Zu dem anderen Punkt, ob die Einführung eines Studiums auf Probe als Eignungsnachweis für beruflich Qualifizierte der richtige Weg ist, wollen wir gern auch noch einmal hinterfragen. Wir müssen schauen, was ist der richtige Weg, wie können wir die Hochschule öffnen, aber es muss auch so sein, dass die Qualifikation und die Eignung ganz obenan stehen. Die kann man mit einem Eignungstest sehr gut feststellen. Man muss sich aber durchaus auch noch einmal darüber unterhalten, ob das Probestudium der richtige Weg ist. Ich bin gespannt auf die Debatte zu den Details zu solchen Regelungen. Denn es ist für uns auch wichtig, wenn man ein Probestudium machen sollte, kann das kein uferloses Probestudium sein. Das hilft niemandem, weder den Hochschulen noch den jungen Menschen. Ich habe auch was dagegen, wenn Bildungsbiografien dadurch zerstört werden, dass man zu lange an falschen Wegen herumdoktert. Hierauf, wie die konkreten Regelungen aussehen könnten, wollen wir in der Debatte im Ausschuss viel Wert legen.

Es wurden Grundlagen zur Harmonisierung des Hochschulzugangs für beruflich Qualifizierte geschaffen und damit zum Beispiel den Inhabern beruflicher Aufstiegsfortbildungen wie Meistern oder Technikern, Fachwirten und Inhabern gleichgestellter Abschlüsse der allgemeine Hochschulzugang eröffnet. Für anderweitig berufliche Qualifizierte halten wir die Eignungsprüfung nach wie vor für ein adäquates Mittel zur Eignungsfeststellung. Hier muss noch einmal darüber geredet werden, dass diese Eignungsprüfungen nicht zu hohe Hürden darstellen. Das muss so geregelt werden, dass tatsächliche Chancen für die beruflich Qualifizierten bestehen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, dass die Hochschulen künftig die Möglichkeit haben sollen, gebührenfinanzierte weiterbildende Masterstudiengänge anzubieten, kann man nur befürworten. Der Diskussionsbedarf besteht auch in der Frage, ob der Zugang zu einem weiterbildenden Masterstudiengang auch ohne vorherigen Bachelor möglich sein soll. Ausdrücklich begrüßen möchte ich die Schaffung einer gesetzlichen Grundlage der im Jahr 2010 an den Hochschulen eingeführten kaufmännischen Buchführung, abgekürzt Doppik, denn teilweise mussten die Hochschulen in den letzten Jahren kaufmännische und kameralistische Buchführung nebeneinander betreiben. Das ist mit Sicherheit ein unverhältnismäßiger Verwaltungsaufwand. Ich rege auch an, über weitere Erleichterungen für die Hochschulen nachzudenken, wie beispielsweise bei der Berichtspflicht der Hochschulen gegenüber dem TMBWK. Wie gesagt, diese Punkte möchten wir gern im Ausschuss diskutieren und daher möchte ich die Überweisung an den Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur beantragen.

(Beifall CDU)

Danke, Herr Abgeordneter. Das Wort hat jetzt Abgeordnete Dr. Kaschuba von der Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, zuallererst möchte ich eine Frage beantworten, die mir von mehreren Abgeordneten gestellt wurde. Ich rede noch zu Hochschulpolitik, in diesem Fall zum Artikelgesetz, darauf will ich aufmerksam machen, dass es tatsächlich so ist.

Wir haben das „Thüringer Gesetz zur Verbesserung der Perspektiven des wissenschaftlichen Nachwuchses sowie zur Änderung hochschulrechtlicher Vorschriften“ vorliegen. Es handelt sich hier auch um Vorgaben, die durch die KMK gemacht wurden, die also nachgebessert werden mussten oder in Gesetzesform gegossen wurden. Ich will an dieser Stelle darauf verweisen, dass Minister Matschie auf dem ersten Hochschulgipfel schon darauf verwiesen hatte, dass es zu Änderungen im derzeit gültigen Hochschulgesetz kommen wird. Darauf haben wir uns verlassen. Diese Änderungen sind partiell hier auch schon vorgestellt worden, aber damals ging es um Änderungen wie weitere Demokratisierung an den Hochschulen, Wiedereinbeziehung aller Mitglieder der Hochschulen in die Mitwirkungsund Mitbestimmungsrechte. Davon finde ich in diesem Gesetzentwurf wenig wieder, eher weniger wieder, muss ich sagen. Wenn es um die Bestellung des Dekans an der Medizin geht oder aber wenn es um die Bestellung des Rektors oder des Präsidenten einer Hochschule geht, dann wird sehr stark auf kleine Gremiengruppen fokussiert, ohne dass wir also wieder mehr Mitwirkungsrechte erlangen. Wir bedauern, dass wir das hier nicht vorfinden konnten.

Ich möchte einiges zum Regelungsbedürfnis direkt sagen. Der Minister hatte schon gesagt, dass das Ziel des Gesetzentwurfs oder des Artikelgesetzes unter anderem die Erhöhung der Bildungsbeteiligung ist. Das ist das, was wir uns auch wünschen, eine Erhöhung der Bildungsbeteiligung und eine Erleichterung der Zugänge zu den Hochschulen, auch im Land Thüringen, dass der Hochschulzugang erleichtert wird. Das geschieht durch dieses Gesetz in der Tat. Ich möchte aber darauf aufmerksam machen, dass speziell in § 63 noch mal darauf verwiesen wird, dass sich die Eingangsprüfung bisher nicht durchgängig als Eignungsprüfung bewährt hatte, dass man deshalb wieder zum Probestudium zurückkommt und dass alle diese Maßnahmen auf der Grundlage der Rahmenvereinbarung III und unter der Voraussetzung, dass sie in den Ziel- und Leistungsvereinbarungen mit den Hochschulen verankert sind, durchgeführt werden. Das heißt, die Grundvoraussetzung für bestimmte Dinge sind die

(Abg. Emde)

Mittel, die den Hochschulen zukommen oder - jetzt kommt die eigentliche Kritik an diesem Gesetzentwurf für uns - die die Hochschulen selbst einwerben. Sie haben es beschrieben als Weiterbildungskosten, als Weiterbildungsgebühren, die eingenommen werden können, aus denen aber auch die Lehrenden, die diese Weiterbildungsmaßnahmen machen, gleichzeitig bezahlt werden können. Dort gibt es natürlich eine Variabilität, die sehr groß sein kann. Ich will sagen, wenn ich einen von den Spitzenforschern eine Weiterbildungsmaßnahme machen lasse, weiß ich nicht, ob der sagt, ich nehme in einer Stunde - ich spinne jetzt mal - 45 € oder ob ich einen von den prekär Beschäftigten dort einsetze, der dann sagt, damit bin ich aber jetzt zufrieden. Das ist zum Beispiel ein Spielraum, der gar nicht definiert ist, auch gar nicht gegeben ist. Aber das ist nicht der eigentliche Punkt. Wenn ich es zulasse, dass es neue berufsbegleitende Studiengänge gibt, die ich über ein Studium auf Probe aufnehmen kann, dann ist das natürlich die Frage, wie mache ich das. Es gibt die Zulassung zu Masterstudiengängen - es gibt konsekutive und weiterbildende Masterstudiengänge - und die Frage ist, wenn ich sie dann bezahlen muss, regele ich den Zugang zum Studium nicht nur über das Probestudium, sondern auch über das Geld. Sie hatten hier gesagt, dass Sie es unabhängig von der sozialen Herkunft machen wollen. Sie brauchen einen nach zwei Jahren erworbenen Berufsabschluss, Sie brauchen eine dreijährige Berufspraxis, können dann dieses Studium in dem Weiterbildungsbereich für Master aufnehmen und Sie können sogar einen Bachelor erwerben, so steht es im Gesetz. Und das ist der Punkt, den wir sehr gern im Ausschuss diskutieren würden, wie sind diese Finanzierungsmodelle gedacht, wie werden die Gebühren erhoben, von wem werden sie erhoben. Wir haben die Hochschulen jetzt noch mal in eine Situation gebracht, wo sie zwar keine Studiengebühren erheben, aber über die Gebühren im Weiterbildungsbereich weiter Geld generieren können, mit dem sie ihre eigene Hochschule ausstatten und finanzieren können. Das ist eine ernsthafte Frage für uns und davon würden wir auch abhängig machen, wie wir uns weiterhin zu diesem Gesetz verhalten wollen.

Zur Hochschulmedizin hatte ich bereits gesagt, dass diese Aussage zum Dekan getroffen wurde, dass das Verhältnis Klinikvorstand/Dekan geregelt wird und wie der Dekan bestellt werden soll. Zu den neuen Berufungs- und Karrierekonzepten: Die Erschließung dieser Konzepte finden ich persönlich und meine Fraktion sehr positiv, dass man den Hochschulen neue Wege gibt, die eigene Berufungsmöglichkeiten offenlässt und sagt, ihr könnt eigene Modelle finden und etablieren. Wir würden aber gern wissen, wie es im Einzelnen aussehen soll und ob dort dann jeder seine eigene Möglichkeit erfindet oder wie es sich dann in der jeweiligen

Ordnung darstellt. Das, glaube ich, ist diskussionswürdig.

Positiv bewerte ich auch die Tatsache der Seniorprofessuren, weil ich glaube, dass das erstmalig konkret geregelt ist, wie der Status ist, und dass diese Leute nicht auch aus unterschiedlichen Gründen, wenn sie ein bestimmtes Alter erreicht haben, auf Wiedersehen sagen müssen, sondern dass sie die Möglichkeit haben, weiter tätig zu sein.

Sie haben im Gesetzentwurf geschrieben, dass sich das alles kostenneutral darstellt. Diese Kostenneutralität ergibt sich aber letztlich nur aus der Möglichkeit der Gebührenerhebung. Wenn Sie Weiterbildungsangebote machen wollen, wo auch die Lehrenden bezahlt werden, ergibt sich die Neutralität aus der Gebührenerhebung. Ich muss sagen, das widerspricht unserem Verständnis von Hochschulentwicklung und Hochschulentwicklungsplanung, das wissen Sie auch. Das kann es nicht sein, sich immer nur auf die Rahmenvereinbarung III und die Ziel- und Leistungsvereinbarungen zurückzuziehen, sondern wir wollen erneut darüber diskutieren, auch unter diesen Aspekten, wie Hochschulen so ausgestattet werden können, dass sie gebührenfreie Studiengänge anbieten können, auch für beruflich Qualifizierte, so dass die Bildungszugänge tatsächlich gerecht und offen für alle sind. Das würde ich mir sehr wünschen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

In diesem Sinne würden wir das sehr gern mit Ihnen im Ausschuss diskutieren, unter anderem auch in der Form, wie wir weiterhin mit diesen Ergebnissen der Föderalismusreform umgehen, die die Hochschulpolitik in die Kompetenz der Länder legt, und ohne dass wir darüber diskutieren, welche standardisierten Verfahren es denn für Hochschulzulassung gibt, wie unterschiedlich sind die Zulassungsverfahren, wie verhält sich das mit den neu zu etablierenden Studiengängen im Verhältnis zu den NC-Studiengängen, zu den normalen Studiengängen. Wenn Sie hier beschreiben, dass ein Masterstudiengang möglich ist, ohne dass vorher ein Bachelor an einer Hochschule erworben wurde, und dass der Bachelor aber gleichzeitig nur dann im weiterbildenden Bereich studiert werden kann, wenn ein grundständiger Studiengang angeboten wird, also ein gebührenfreier Präsenzstudiengang gleichzeitig angeboten wird, dann muss man fragen, wie die Relationen sind, wie viel Studienanfängerkapazität kann der eine Studiengang aufnehmen, wie viel der andere. Das sind ernsthafte Fragen. Man kann die Relationen an einer Hochschule auch sehr verschieben.

Ich wünsche mir jedenfalls, dass die Diskussion ernsthaft geführt wird, dass wir die Fragen der Demokratisierung der Hochschulen in diesen Diskussionsprozess einbeziehen und uns tatsächlich alle darum bemühen, mit dem neuen Gesetzentwurf

einen gleichen, auch sozial gleichen Zugang zu den Hochschulen zu ermöglichen. Danke.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Danke, Frau Abgeordnete. Das Wort hat Abgeordnete Rothe-Beinlich von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, die Fröhlichkeit in diesem Hause ist heute schon bemerkenswert.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

In der Tat haben wir ein recht spannendes Thema heute hier zu bearbeiten. Zumindest verspricht die Überschrift zu diesem Gesetzentwurf relativ viel, heißt sie doch „Verbesserung der Perspektiven des wissenschaftlichen Nachwuchses sowie zur Änderung hochschulrechtlicher Vorschriften“. In diesem Sinne waren wir auch voller Erwartungen, als wir diesen Gesetzentwurf endlich bekommen haben. Doch da muss ich leider schon mit der Kritik beginnen, denn der Gesetzentwurf ging uns gerade einmal zwei Tage vor dem Beginn dieser Plenarsitzung im Thüringer Landtag zu. Ich finde, das ist bei einem solch wichtigen Gesetzentwurf kein Umgang mit dem Parlament.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Auch dass man uns die Stellungnahmen der Anzuhörenden aus der Anhörung zum Referentenentwurf nicht zuleiten möchte, finden wir problematisch. Da hätten wir sicherlich schon viele Punkte jetzt in die Debatte mit einbringen können. Manche würden so etwas Herrschaftswissen nennen. Ich finde es bedauerlich, weil der Dialogprozess mit den Hochschulen, der hier am Mittwoch Thema war, aus meiner Sicht jedenfalls eine andere Intention haben sollte, nämlich alle von Anfang an mitzunehmen. Das hat bisher leider nicht stattgefunden.

Das Thüringer Gesetz zur Verbesserung der Perspektiven des wissenschaftlichen Nachwuchses und der Änderung hochschulrechtlicher Vorschriften erweckt den Eindruck, dass es Verbesserung geben soll bezüglich der Perspektiven oder sogar Regelungen - so war jedenfalls unsere Erwartungshaltung - beispielsweise zum Abbau der prekären Beschäftigungsverhältnisse. Allein dazu findet sich in diesem Gesetzentwurf überhaupt nichts.

Es findet sich hier lediglich der Vorschlag, Rahmenregelungen ins Thüringer Hochschulgesetz aufzunehmen, die es den Hochschulen ermöglichen, ei

gene Berufungs- und Karrierekonzepte zu etablieren und Tenure-Track- bzw. Career-Track-Berufungen durchzuführen. Ich will ganz deutlich sagen, ich habe große Sorge, dass wir hier wieder das leider übliche Spiel in der Hochschulpolitik erleben, dass zwar den Hochschulen mehr Autonomie eingeräumt wird, sich die Landesregierung dann aber hinstellt und sagt, dazu können wir leider nichts sagen, das haben die Hochschulen so für sich entschieden, das haben die Hochschulen in ihrer Autonomie zu verantworten, wir als Landesregierung sind da ein Stück weit raus. So geht es nicht.

Nun noch einmal zu den Tenure-Track-Professoren. Die sehen wir als durchaus sinnvoll, zumal sie international - diejenigen, die in der Hochschulpolitik unterwegs sind, wissen das - durchaus Standards sind. Das heißt, dies ist mehr oder minder überfällig. Bislang ist es nämlich so, um das vielleicht zu erklären, dass sich Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler nach erfolgreicher Habilitation auf eine Professur an einer anderen Hochschule bewerben müssen. Und mit diesen neuen Professuren würde der Wechsel entfallen. Abhängig von einer Evaluation würde dann über eine unbefristete Anstellung sowie über die Bezahlung entschieden. Die Schaffung von insgesamt, ich nenne es mal, planbareren Karrierewegen - das Gegenteil ist nämlich im Moment der Fall, da hangeln sich die meisten an den Hochschulen von Befristung zu Befristung - finden wir jedenfalls begrüßenswert. Allerdings braucht es insgesamt bezüglich der Karriereplanung mehr Verlässlichkeit und daher ist dies maximal ein kleiner Schritt in die richtige Richtung, aber wir werden das ja sicher im Ausschuss diskutieren. Diese Regelung, das muss man allerdings auch sehen, betrifft nur einen ganz kleinen Anteil, nämlich 7 Prozent vom Gesamtpersonal an den Thüringer Hochschulen. Das macht die Professorenschaft aus. Das heißt, 93 Prozent des wissenschaftlichen Personals werden vollkommen außer Acht gelassen. Auch das, meinen wir, ist mitnichten ein großer Wurf eines solchen Gesetzes, das so viele Erwartungen weckt. An den tatsächlichen Problemlagen agiert man vorbei. Das ist unverständlich, meine ich, weil wir erst im September hier im Landtag zur Beschäftigungssituation eine große Anhörung hatten. Sie waren leider nicht da, Herr Minister, aber Sie können das selbstverständlich nachlesen. Befristung, Teilzeit, schlechte Bezahlung sind an unseren Hochschulen mehr oder minder Standard oder an der Tagesordnung und haben immer mehr zugenommen. Nur rund zwei Drittel des Hochschulpersonals haben überhaupt eine volle Stelle. Zwei Drittel der unter 35jährigen wissenschaftlichen und künstlerischen Mitarbeiterinnen arbeiten in Teilzeit und etwa 94 Prozent von ihnen sind befristet. Selbstständige Forschung und Lehre ist für den wissenschaftlichen Nachwuchs, der oft bis ins fünfte Lebensjahrzehnt reicht, dagegen kaum vorgesehen.

(Abg. Dr. Kaschuba)

Was hätte also ein Gesetzentwurf mit einer solchen bedeutungsschweren Überschrift mindestens enthalten müssen? Ich will hier einige Punkte benennen: Erstens mehr reguläre und unbefristete Arbeitsplätze/Stellen, die an den Hochschulen geschaffen werden. Hier fehlt eine grundsätzliche Umsteuerung in der Personalpolitik. So muss es uns schließlich darum gehen, nicht möglichst viel Personal für wenig Geld einzustellen, sondern dafür zu sorgen, dass wir mehr reguläre und unbefristete Beschäftigung schaffen, vor allem dort, wo dauerhaft Lehr- und Prüfungsaufgaben erfüllt werden müssen, denn nichts ist tödlicher, das will ich ganz deutlich sagen, an Universitäten als die Unsicherheit. So gewinnt man jedenfalls garantiert keinen Nachwuchs.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zum Zweiten braucht es verbindliche Vereinbarungen, lieber Herr Minister Matschie, zum Abbau prekärer Arbeitsverhältnisse und für gute Arbeit an den Hochschulen. Da fehlen die verbindlichen Vereinbarungen und da, meinen wir jedenfalls, gibt es noch viel zu tun. Weiterhin braucht es eine bessere Entlohnung der sogenannten Lehrkräfte für besondere Aufgaben, das haben wir auch bei der Anhörung umfänglich diskutiert. Wissen Sie, wie die eingestuft sind? Lehrkräfte für besondere Aufgaben haben eine sehr hohe Lehrbelastung und werden derzeit in Thüringen mit der Tarifgruppe E11 entlohnt. Nur damit Sie sich das ungefähr vorstellen können. Das ist aus unserer Sicht jedenfalls weder vertretbar noch nachvollziehbar. Hier sind im Gesetz keine Änderungen vorgesehen. Auch da werden wir diskutieren müssen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Viertens: Es braucht ganz klar einheitliche Regelungen zur Bezahlung studentischer Hilfskräfte und auch eine Einbeziehung von Studierenden ins Personalvertretungsgesetz. Auch ein Problem, was uns hier bei der Anhörung umfänglich dargestellt wurde, denn die Studierenden werden vom Personalvertretungsgesetz nicht bedacht. Wir wollen es für studentische Beschäftigte öffnen und kündigen das hier gern noch einmal an.

(Zwischenruf Matschie, Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur: Das ist aber auch das Hochschulgesetz.)

Bei Personaleinstellung über Drittmittel, meinen wir jedenfalls, ist es außerdem selbstverständlich oder sollte es selbstverständlich sein, dass der Personalrat beteiligt wird. Das meint auch die umfassende Beteiligung, glaube ich, die meine Kollegin Frau Kaschuba hier schon angesprochen hat, die uns oftmals fehlt. Was auch fehlt, Sie haben es vermutlich schon erwartet von mir, ist eine verpflichtende Frauenförderung. Ich hatte schon in der Aktuellen Stunde die Studie „Frauen machen Neue Länder“