Protokoll der Sitzung vom 22.05.2014

Ich will sehr deutlich sagen, mir ist völlig egal, ob er dabei war oder nicht, Sie tragen beide diese Regierung und dieses Schwarze-Peter-Spiel geht mir, gelinde gesagt, wirklich auf die Nerven.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Ich finde, es ist der Sache nicht dienlich, immer nur zu sagen, das eine Ministerium ist schuld oder das andere Ministerium ist schuld, wir brauchen eine konsistente Politik und wir brauchen eine vernünftige Schulbauplanung. Die liegt definitiv nicht vor.

Schon im Jahr 2008 hatte übrigens der Gemeindeund Städtebund Thüringens die Investitionslücke auf etwa 400 Mio. € geschätzt. Es gibt also in der Tat noch sehr, sehr viel zu tun. Für uns drängt sich trotzdem ein Stück weit der Eindruck auf, dass auch der Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE ich sage es mal vorsichtig - die kommenden Landtagswahlen im Blick hatte. Nichtsdestotrotz meine ich, wir sollten das Anliegen nicht als Wahlkampfgetöse abtun, sondern ernsthaft damit umgehen.

(Beifall DIE LINKE)

Es muss uns zu denken geben - und ich mache ein ganz banales Beispiel -, wenn wir Schulen haben, wo die Kinder den Eltern sagen, ich nehme lieber nichts zu Trinken mit, weil ich dann nicht auf die Toilette gehen muss, weil die Toiletten in einem derart schlechten Zustand sind, dass die Kinder sie lieber nicht betreten wollen, als dass sie sie nutzen müssen, weil der Sanierungsstand so ist, wie er ist. Insofern liegt es, glaube ich, an uns allen, eine ernsthafte Debatte zur Situation der kommunalen Schulträger und auch über den baulichen Sanierungsstand der Schulen im Land zu führen. Deswe

gen wünsche ich mir auch eine sachliche und fachliche Analyse der Situation im Bildungsausschuss. Sicherlich muss es auch eine vernünftige Debatte dazu im Finanzausschuss geben.

Worauf ich allerdings auch noch hinweisen möchte, ist, dass wir die Situation der Städte und Gemeinden und natürlich auch der Kitas nicht aus den Augen verlieren dürfen. Denn viele Kitas sind mindestens in einem genauso schlechten Zustand und haben ebenfalls einen immensen Sanierungsstau zu bewältigen. Das weiß man nicht nur in Erfurt, da hat es erst gestern im Stadtrat eine heftige Debatte zu diesem Thema gegeben. Außerdem brauchen wir eine Diskussion darüber, wie die Schulbauten der Zukunft aussehen sollen. Frau Lehmann hatte es benannt. Inklusion ist eine Herausforderung, die sich auch natürlich in der Schulbaupolitik zeigen muss, sprich, welche baulichen Standards wir aktuell haben, ob das zeitgemäß ist auch mit Blick auf Inklusion, aber natürlich auch dahin gehend, dass wir den demografischen Wandel hier nicht außer Acht lassen dürfen.

Wir sind davon überzeugt, dass ein Sanierungsprogramm für Schulen, aber auch für Kitas Sanierung im Plus-Energiestandard beinhalten muss. All das wollen wir gern ernsthaft diskutieren im Bildungsund gern auch im Finanzausschuss und hoffen hier auf eine Überweisung. Vielen herzlichen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke, Frau Abgeordnete. Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Döring von der SPD-Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, auch 25 Jahre nach der friedlichen Revolution ist der Sanierungsbedarf bei Schulbauten und Schulsporthallen in Thüringen immens. Es wurde vorhin schon der Gemeinde- und Städtebund genannt, der eine Investitionssumme von 400 Mio. € in diesem Bereich benannt hat. Ich halte die Zahl durchaus für realistisch. Manche kommunalen Schulträger haben bisher lediglich Teilsanierungen an ihren Schulgebäuden vorgenommen, obwohl diese oftmals noch aus dem Kaiserreich oder den 1920er-Jahren stammen. Bei anderen Kommunen steht nach grundlegender Sanierung in den 1990er-Jahren inzwischen die zweite Sanierungswelle an, da deren Schulbauten und Schulsporthallen nach rund 20 Jahren intensiver Nutzung einiges an baulichen Blessuren vorzuweisen haben bzw. zeitgemäßen Anforderungen. Ich nenne hier nur das Stichwort Inklusion, das wurde auch von meinen Vorrednern bereits genannt. Natürlich kann das den Anforderungen jetzt nicht mehr genügen.

(Abg. Rothe-Beinlich)

Aber, ich sage, zur Wahrheit gehört auch, dass einige Landkreise und städtische Schulträger die oberste Priorität nicht immer in Richtung Schulsanierung gesehen haben. Man muss sich nur mal anschauen, einigen waren die Landratsämter wichtiger als die Schulen. Es gab auch manche Verzögerung in der Schulnetzplanung und das war auch der Sanierung nicht immer dienlich.

Klar ist aber auch, dass die Kommunen die gewaltige Investitionslast nicht allein stemmen können. Da sind wir uns sicher einig. Das hat einerseits mit der chronisch prekären Lage der Kommunalfinanzen nicht nur in Thüringen zu tun und andererseits aber auch ganz konkret mit der vom Finanzministerium vorgenommenen Reform des KFA. Der Investitionsbedarf der Kommunen ist nun einmal im neuen KFA-Modell sehr niedrig, und ich sage ganz eindeutig als Bildungspolitiker, zu niedrig angesetzt worden. Das hat zwangsläufig zu einem wachsenden Investitionsstau auf kommunaler Seite geführt, der auch den heute thematisierten Sanierungsbedarf im Schulbereich umfasst.

Meine Damen und Herren, nicht umsonst hat der Thüringer Landtag vor einigen Monaten - im Februar dieses Jahres, Sie wissen das - ein kommunales Hilfspaket auf den Weg gebracht, um manchen Verschlimmbesserungen der KFA-Reform zu begegnen. Durch dieses Hilfspaket erhält die kommunale Seite bereits eine zusätzliche Investitionspauschale in Höhe von 15 Mio. €, ergänzende Bedarfszuweisungen im Umfang von 36 Mio. € und - das betrifft die Landkreise und kreisfreien Städte - eine Stabilisierungspauschale von über 13 Mio. €. Dieses Hilfspaket ist wichtig und richtig gewesen, es hat aber auch gezeigt, dass der KFA in seiner jetzigen Ausgestaltung nicht in allen Teilen wirklich funktioniert.

(Beifall DIE LINKE)

Deshalb sage ich, auf Dauer bringt es nichts, immer neue Hilfspakete zu schnüren oder Sonderzuweisungen vorzunehmen, denn damit doktern wir nur an den Symptomen herum. Wir - jetzt spreche ich für die Sozialdemokraten hier in diesem Haus - wollen den KFA in der kommenden Legislaturperiode deutlich nachbessern. Das betrifft zum einen die stärkere Berücksichtigung des bestehenden Investitionsbedarfs, zum anderen eine dringend erforderliche Korrektur bei der Streuungsbreite der KFA-Förderung. Die Landesmittel für den Kita-Bereich müssen beispielsweise zielgenauer bei den Kommunen ankommen, das wissen wir genau

(Beifall DIE LINKE)

und dies gilt nicht zuletzt auch für die Landesförderung der kommunalen Musik- und Jugendkunstschulen.

Meine Damen und Herren, bei diesen Punkten will sich die SPD den KFA noch einmal kritisch vorneh

men und ihn zugunsten der Kommunen nachjustieren. Wir wollen zum Abbau des kommunalen Investitionsstaus unter anderem ein Schulsanierungsprogramm im Umfang von 150 Mio. € auf den Weg bringen. Auch das ist schon seit Längerem bekannt.

Meine Damen und Herren, natürlich ist verständlich, dass auch unsere Vorschläge von anderer Stelle angenommen wurden und Widerhall gefunden haben. Als Erster - das wurde auch vorhin genannt - hat der Finanzminister reagiert und die Kommunen für die kommenden beiden Haushaltsjahre urplötzlich zusätzliche Mittel für Schulsanierung im Gesamtauftrag von 25 Mio. € in Aussicht gestellt. Mich hat das an ein Sprichwort von Luigi Pinelli erinnert: Ein Finanzminister ist wie ein Känguru. Auch er kann das Liebste, das er hat, nicht dauernd im Beutel behalten.

(Heiterkeit BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber, meine Damen und Herren,

(Zwischenruf Höhn, Minister für Wirtschaft, Arbeit und Technologie: Aber man kann mit leerem Beutel große Sprünge machen.)

(Heiterkeit FDP)

als Bürger und auch als langjähriger Politiker in diesem Haus bin ich immer misstrauisch, wenn ein Finanzminister freiwillig die Spendierhosen anzieht, und das gilt umso mehr, wenn es sich um einen Finanzminister vom Kaliber unseres für seine erhebliche Sparfreude bekannten Herrn Voß handelt. Dieses Misstrauen ist leider auch nur allzu berechtigt. Denn der gleiche Finanzminister hat im Doppelhaushalt, wir wissen das, die Investitionspauschale für Schulgebäude um rund ein Drittel zusammengestrichen und ich bedauere, dass da nicht genügend Widerstand geleistet haben, das sage ich auch eindeutig.

Nun, kurz vor den Kommunal- und Landtagswahlen, gibt es plötzlich diese Konsolidierungsrendite und der Finanzminister läuft mit offenem Portemonnaie herum durch die Lande und ich sage, ein Schelm, der Böses dabei denkt, lieber Herr Voß. Aber ebenso - das haben auch einige Vorredner gesagt - ist der Gesetzentwurf der Linken dem Wahlkampf geschuldet, in typischer Bodo-Manier werden hier die versprochenen 25 Mio. einfach vervierfacht und dann zur Aufgabendeckung ein salopper Verweis auf Jahresüberschüsse dann die Rücklagen formuliert. So einfach, denke ich, sollten wir uns das nicht machen. Das ist auch hier gesagt worden. Das Ringen um Wählerstimmen ist wichtig und es ist klar, dass sich jeder dort anstrengt, aber ich denke, das ist nicht im Sinne der Schulsanierungen. Die sollten im Vordergrund stehen und da brauchen wir ganz solide Intentionen, die das auch nachhaltig verbessern. Denn wenn der Landtag Ihrem Gesetzentwurf folgen würde, dann wäre damit

das von mir skizzierte Kernproblem, dass der neue KFA an bestimmten Stellen erhebliche Unwuchten aufweist, nämlich keineswegs gelöst und wir würden kurzfristig zum wiederholten Male einzelne Symptome kurieren, hätten aber langfristig, davon bin ich überzeugt, nichts gekonnt.

Meine Damen und Herren, meine Fraktion kann dem Gesetzentwurf der Linken daher nichts abgewinnen und wir stehen nach wie vor für eine solide Korrektur des KFA gleich zu Beginn der kommenden Legislaturperiode und den Kommunen würde dadurch auch nichts entgehen, denn unser Vorhaben greift, wenn wir es gemeinsam in einer neuen Konstellation durchsetzen könnten, bereits für das Haushaltsjahr 2015, ebenso wie das 150-MillionenProgramm für Schulsanierungen. Deshalb sage ich eindeutig, meine Damen und Herren zur Linken und zur Rechten, lassen Sie uns diesen seriösen Weg gemeinsam gehen, lassen Sie uns zusammen den KFA dort nachjustieren, wo er nachweislich nicht wirklich gut funktioniert. Wir sind zu einer derartigen Revision bereit. Da der vorliegende Gesetzentwurf dieser Zielsetzung nicht entspricht, ihr sogar zuwiderläuft, hält meine Fraktion dessen Weiterberatung in den zuständigen Fachausschüssen des Landtags weder für notwendig noch für sinnvoll. Ich danke Ihnen.

(Beifall SPD)

Vielen herzlichen Dank, Herr Döring. Als Nächster hat jetzt das Wort der Abgeordnete Frank Kuschel für die Fraktion - Verzeihung, Herr Döring, hatten Sie noch eine Antwort versprochen?

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Nein, hat er nicht.)

Nicht? Gut, dann kann sich Herr Ramelow immer noch zu Wort melden. Jetzt hat aber erst einmal das Wort der Abgeordnete Frank Kuschel für die Fraktion DIE LINKE.

Liebe Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, werte Gäste auf der Tribüne, Herr Döring hat hier wieder eine typisch sozialdemokratische Rede gehalten.

(Zwischenruf Höhn, Minister für Wirtschaft, Arbeit und Technologie: Was heißt das jetzt?)

Dazu komme ich jetzt. Wir teilen die Situationsbeschreibung, die Herr Döring hier vorgenommen hat. Sie war nämlich realistisch und sehr anschaulich, die können wir voll mittragen und seine Vision über einen neuen Kommunalen Finanzausgleich weist viele Schnittmengen zum Konzept der Linken auf. Aber - jetzt kommt es - es gibt einen wesentlichen

Unterschied zwischen der SPD und den Linken in dieser Frage, dass Sie den Leuten alles versprechen für den Zeitraum nach der Wahl. All Ihre Ankündigungen heute betreffen den Zeitraum nach der Wahl, übrigens auch das, was Herr Dr. Voß sagt oder was Herr Matschie angekündigt hat mit dem Schulinvestitionsprogramm, 250 Mio., alles nach der Wahl. DIE LINKE sagt Nein, wir brauchen ein Signal vor der Wahl,

(Beifall DIE LINKE)

weil Bürgerinnen und Bürger nur dann noch Vertrauen in diese Landespolitik haben. Sie hören zu viele Versprechen vor der Wahl für den Zeitraum nach der Wahl. Wir können heute ein deutliches Signal auf den Weg bringen, indem zumindest die Koalition über ihren Schatten springt und sagt, wir beraten das in den Ausschüssen weiter, da können all die Anregungen und Hinweise, die hier gekommen sind, zum Beispiel von den Grünen, was Detailregelungen betrifft, beraten werden. Wobei ich noch mal dazu sagen muss, meine Damen und Herren

Herr Kuschel, der Herr Abgeordnete Barth möchte Ihnen gerne eine Frage stellen.

Immer gern.

Vielen Dank, Herr Kollege Kuschel. Ich wollte nur wissen, ob Sie mir zunächst zustimmen, …

Nein. Weiter.

(Heiterkeit DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das kann ich nicht.

…dass Haushaltsberatungen auch Möglichkeiten sind, um während der Wahlperiode

(Zwischenruf Abg. Huster, DIE LINKE: Das haben wir doch gemacht.)

politische Schwerpunkte zu setzen, und mir in dem Zusammenhang vielleicht mal erklären, was ich vorhin gesagt habe, warum Sie den Änderungsanträgen, die wir gestellt haben, um für Schulsanierung Geld an die Kommunen zu geben, nicht zugestimmt haben, sondern bis in die Woche vor der Kommunalwahl jetzt mit dem Antrag warten.

(Abg. Döring)