Protokoll der Sitzung vom 29.04.2010

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Das waren die Spitzel und V-Leute, die das NPD-Verbotsverfahren kaputt ge- macht haben.)

Vielen herzlichen Dank, Frau Renner. Das Wort hat jetzt Abgeordneter Matthias Hey für die SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, wie Herr Gentzel schon angekündigt hat, möchte ich ein wenig im Einzelplan 03 auf den Kommunalen Finanzausgleich reflektieren.

Über die Wirtschaftskrise wird ja allerorten und ständig geredet. Sie ist weder am Bund noch am Land und schon gar nicht an den Kommunen vorbeigegangen. Besonders bekommen das jetzt die Kommunen zu spüren, die bis vor Kurzem über hohe Gewerbesteuereinnahmen verfügten. Wenn man über kommunale Finanzausstattung redet, dann kann man insbesondere diesen Aspekt nicht vernachlässigen, dass nämlich den Kommunen Einnahmen in dreistelliger Millionenhöhe weggebrochen sind. Aber immer, wenn die Gewerbesteuereinnahmen infolge konjunktureller Schwankungen einbrechen, rufen dann viele Leute

nach einer Reform der Gewerbesteuer. Im Übrigen, und das ist auch interessant, ich habe noch keinen nach einer Reform rufen hören, wenn die Gewerbesteuer reichlich fließt. Aber mal unabhängig davon, man kann ja durchaus darüber nachdenken, wie man die Gewerbesteuer weniger konjunkturanfällig machen oder wie man sie ersetzen kann, um die Kommunen zu stärken. Ich habe jedenfalls bis jetzt vergeblich gesucht, ob jemand eine ordentliche Lösung zum Ersatz der Gewerbesteuer gefunden hat, mit dem auch die Verteilungsgerechtigkeit gewahrt ist und das mit einem Hebesatzrecht ausgestattet ist.

(Zwischenruf Abg. Koppe, FDP: Das hat so einen Bart.)

Die Ziele der von der schwarz-gelben Bundesregierung eingesetzten Kommission, dazu komme ich gleich, zur Reform der Gemeindefinanzen sind deshalb sehr hoch gesteckt. Es wäre aber schon sehr viel gewonnen, wenn die Koalition auf Bundesebene nicht weitere Steuergeschenke zulasten der Länder und Kommunen verteilen würde. Zurzeit sieht es aber nach dem Gegenteil aus. Jetzt will die FDP zwar nur noch Steuersenkungen in Höhe von 16 Mrd. € umsetzen, wie aber den Kommunen die damit verbundenen Einnahmeausfälle kompensiert werden sollen, bleibt völlig im Dunkeln. Es gilt in jedem Falle darüber nachzudenken, wie wir damit umgehen, wenn gesetzliche Vorgaben seitens des Bundes dazu führen, dass die Einnahmesituation der Kommunen zusätzlich verschlechtert wird. Ich will an dieser Stelle, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, nicht ständig auf Sie eindreschen und Ihnen Dinge vorwerfen, die Ihre Partei auf Bundesebene so veranstaltet. Ich gehe davon aus, dass Sie das eine oder andere auch nicht ganz so toll finden. Aber wenn das Leben der Menschen in den Kommunen so funktioniert, wie es die Bürger zu Recht erwarten, dann können sich die anderen Ebenen gern Gedanken machen, ob sie noch Geld haben, um für Hotels oder wen auch immer die Mehrwertsteuer zu senken, aber eben auch erst dann.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Genau darum geht es in Bezug auf die aktuelle Diskussion um die Neugliederung der Gewerbesteuer oder sogar um ihre Abschaffung. Ich halte das für einen Irrweg. Der Fehler liegt meines Erachtens darin, dass als Ausgangspunkt allzu oft auch immer die angeblich zu hohe Belastung der Unternehmen angeführt wird und nicht etwa die Frage: Wie finanzieren wir nachhaltig unsere Kommunen? Bleibt abzuwarten, was bei der eingesetzten Reformkommission tatsächlich herauskommt. Angesichts der geschilderten Ausgangslage brauchen die Thüringer Kommunen, denke ich, aber da nicht allzu viel zu

hoffen. Sie brauchen aber auch nicht allzu viel zu befürchten. Ich will Ihnen auch sagen, warum: Der alte, bis Ende des Jahres 2007 geltende Finanzausgleich hatte irgendwann einmal eine kommunale Beteiligungsquote an den Einnahmen des Landes festgeschrieben, die dann von Jahr zu Jahr fortgeschrieben wurde. Aber eine wirkliche Bedarfsermittlung gab es nicht. Die war nie erfolgt. Jetzt tritt das Thüringer Verfassungsgericht auf den Plan, Herr Fiedler hat es eben schon angesprochen, und es hat diese Art, die Zuweisung für die Kommunen zu ermitteln, aufgrund einer Klage für verfassungswidrig erklärt, die die SPD in Zusammenarbeit und Absprache mit dem Gemeinde- und Städtebund vorangetrieben hat. Der Verfassungsgerichtshof hatte im Wesentlichen damals zwei Gründe angeführt:

1. die ausschließliche Kopplung der Leistungen des Landes an die eigene Leistungsfähigkeit und der Verzicht auf die Ermittlung des tatsächlichen Finanzbedarfs der Kommunen,

2. die Zweckgebundenheit zu vieler Finanzzuweisungen und die damit einhergehende Einschränkung der kommunalen Selbstverwaltung.

Dem Gesetzgeber ist dann aufgetragen worden, einen Finanzausgleich aufzustellen, der die kommunalen Aufgaben und Kostenbelastungen insgesamt berücksichtigt. Man hat daraufhin seitens der Landesregierung den Finanzbedarf der Kommunen mittels umfangreicher Datenerhebungen und -berechnungen ermittelt. Bei aller Kritik im Detail an der neuen Ermittlung des kommunalen Bedarfs - es gab eine entsprechende Klage, die am 18.03.2010 aber am Thüringer Verfassungsgerichtshof dann gescheitert ist - sucht der neue Thüringer Finanzausgleich dennoch in Deutschland seinesgleichen. Denn wenn Sie einmal über die Grenzen Thüringens hinweg schauen, wird erstmals in einem Bundesland nämlich ein von der Finanzkraft des Landes unabhängiger Kommunaler Finanzausgleich praktiziert. Wenn man sich auf einen solchen Finanzausgleich einlässt, muss man das Paket auch insgesamt betrachten und darf nicht, wie es manchmal passiert, so eine Art Rosinenpickerei betreiben. Natürlich müssen die Veränderungen der kommunalen Steuereinnahmen in guten wie in schlechten Zeiten ordentlich berücksichtigt werden. Das erfordert beim Land und bei den Kommunen ein Umdenken. Sehen wir uns einmal die Ermittlung der Finanzausgleichsmasse 2010 genau an, dann kann ich die heftige Kritik nicht in jedem Fall verstehen, weil der jetzt im Haushaltsentwurf des Jahres 2010 vorgesehene Gesamtbetrag für die Schlüsselzuweisung ohne Berücksichtigung der weggefallenen Anpassungshilfen in etwa dem Betrag des Jahres 2008 entspricht. Bereinigt man die Schlüsselzuweisung des Jahres 2008 um die Zahlungen im Rahmen des damals gezahlten Spitzab

rechnungsbetrags für 2006 - das ist immer die Fortschreibung, also zwei Jahre zuvor -, dann lässt sich sogar eine Erhöhung der Schlüsselzuweisung um 41 Mio. € feststellen. In den Jahren 2008 und 2009 wurden erhöhte Schlüsselzuweisungen ausgezahlt, weil die Spitzabrechnung der überproportionalen Steuereinnahmen des Landes aus den Jahren 2006 und 2007 nach der alten Finanzausgleichssystematik erfolgte. Dem Land ging es damals richtig gut. Im Rahmen dieser Spitzabrechnung flossen deshalb dem Kommunalen Finanzausgleich 2008 einmalig rund 51 Mio. € und 2009 einmalig rund 180 Mio. € zusätzlich zu. Insofern war die Höhe der Schlüsselzuweisungen in den Jahren 2008 und 2009 einem Sondereffekt geschuldet. Es gab also aufgrund der guten konjunkturellen Lage quasi noch einen Schnaps obendrauf für die Kommunen. Das war aber allen klar, das war bekannt. Wer sich mit dem Landeshaushalt und dem KFA beschäftigt hat, musste wissen, das hat irgendwann mal ein Ende. Wenn man diese Gründe jetzt kennt, dann wäre eigentlich für das Jahr 2010 eine Schlüsselzuweisung unterhalb des Niveaus von 2008 zu erwarten gewesen. Die im Entwurf des Landeshaushalts - wir sehen es - jetzt enthaltenen Beträge übertreffen diese Höhe sogar leicht. Insofern kann man also nicht wirklich von einer Kürzung der Schlüsselzuweisung reden. Es ist insoweit auch sinnlich falsch.

Viele Städte und Gemeinden, die bereits im Herbst ihre Haushalte aufgestellt haben, haben übrigens mit einem Schlüsselzuweisungsniveau in Höhe des Jahres 2008 gerechnet. Seitens des Innenministeriums wurde damals auf mündliche Nachfrage auch empfohlen, von einem vorläufigen Grundbetrag bei der Berechnung der Schlüsselweisung in Höhe von rund 750 bis 800 € auszugehen, was ja ungefähr dem Niveau des Jahres 2008 entsprochen hätte. Jetzt kam aber - das ist das nächste Problem - der 9. Dezember 2009. Da gab es ein Rundschreiben über Orientierungsdaten zur Aufstellung der kommunalen Haushalte für das Jahr 2010 aus dem Innenministerium. Man konnte anhand dieses Schreibens bei den Kämmerern landauf, landab von deutlich höheren Schlüsselzuweisungsgrundbeträgen ausgehen. Aus heutiger Sicht hätte man das vielleicht lieber bleiben lassen sollen, da die Zahlen scheinbar doch noch nicht so gefestigt waren, wie gedacht. Denn viele Kommunen - das kann man ihnen aufgrund der recht späten Aufstellung unseres Landeshaushalts auch nicht verdenken - haben diese Zahlen damals für die Grundlage ihrer Planung im Jahr 2010 verwendet. Der Ärger vieler Kämmerer ist deshalb verständlich, wenn durch eine Korrektur des Haushaltserlasses durch das Innenministerium, die ohnehin auf Kante genähten Haushalte nochmals überarbeitet werden müssen. Es ist klar, jedem kommunal Verantwortlichen muss begreiflich sein, dass es noch Veränderungen geben kann. Er weiß, dass, solange der

Landeshaushalt nicht beschlossen ist, immer noch ein Plus oder Minus, ein nach oben und unten der jeweiligen Ansätze möglich ist. Aber Änderungen in diesem Umfang, die dann auf die Kommunen zugekommen sind, die sind natürlich schwer zu verdauen und ganz ärgerlich.

Es ist für alle Beteiligten schwierig - und das zeigt sich an dieser Stelle besonders deutlich -, wenn das Land seinen Landeshaushalt so spät vorlegt. Ich formuliere das aber nicht als Vorwurf, weil wir wissen, dass es nach der Umbildung der Landesregierung auch einen gewissen Zeitraum brauchte, sich zu konstituieren und mit der Arbeit zu beginnen. Ich kann mir, ehrlich gesagt, aber auch nicht vorstellen, dass es den Kommunen jetzt besser gefallen hätte, wenn die jetzige Regierung auf die Zahlen der Vorgängerregierung zurückgegriffen hätte. Das hätte nämlich, wenn wir mal die Mittelfristige Finanzplanung mit zurate ziehen, eine wirkliche Kürzung der Zuwendungen an die Kommunen um mehr als 200 Mio. € bedeutet.

Eines musste man aber in der Zeit der Beratung zum KFA erkennen und ich habe das auch schon mal im Plenum angesprochen: Trotz der vielen schon angemerkten Neuerungen im Kommunalen Finanzausgleich im Jahr 2007 lässt die Transparenz der Erstellung des Finanzausgleichs und der Ermittlung der Finanzausgleichsmasse zu wünschen übrig. Dem sind dann geschuldet zum Beispiel diese Irritationen bei den so viel kolportierten und angeblichen Rechenfehlern beim Kita-Betreuungsgesetz. Trotz allem bleibt festzustellen, dass es angesichts des immensen Einnahmeeinbruchs - auch beim Land - eine enorme Leistung ist, dass den Kommunen im Jahr 2010 insgesamt etwa der gleiche Gesamtbetrag im Landeszuwendungsstock zur Verfügung steht wie im letzten Jahr, und das, obwohl Verrechnungen von Steuermehreinnahmen des Landes und der Kommunen aus unterschiedlichen Jahren auch eine Reduzierung der Zuweisung an die Kommunen hätten rechtfertigen können. Dass es nicht dazu gekommen ist, ist im Übrigen auch ein Verdienst der SPD gewesen. Die trotzdem entstandenen Irritationen um den Kommunalen Finanzausgleich und die Mittelausstattung für die Kommunen sind sehr bedauerlich. Vor dem Hintergrund ist von unserer Seite natürlich sehr zu begrüßen, dass es beim neuen Kindertagesstättengesetz die Regelung gibt, durch ein Spitzabrechnungsverfahren für das Jahr 2010 sicherzustellen, dass den Thüringer Kommunen tatsächlich alle Mehraufwendungen für die Verbesserung des Personalschlüssels in den Kitas erstattet werden. Ich würde mich freuen, wenn Innenministerium und Finanzministerium die Idee aufgreifen, dass in Zukunft der Kommunale Finanzausgleich in einem eigenen Einzelplan im Haushalt oder wieder komplett in Kapital 20 des Einzelplans 17 dargestellt wird. Die jet

zige Berechnung, die dazugehörigen berühmten vier Anlagen, verstehen in Thüringen - ich will es mal vorsichtig formulieren - vermutlich nur die Insider. Das kann aber nicht gut sein, wenn es darum geht, Transparenz herzustellen, und zwar für uns Abgeordnete und alle weiteren Beteiligten, auch und natürlich vor allem für die Kommunen. Von den Oppositionsparteien hat nur die Partei der LINKEN eine eigene Vorschlagsliste zum KFA entwickelt. Insofern müssten sich die zwei anderen Fraktionen mit Kritik am bestehenden Finanzausgleich relativ zurückhalten.

Zu den Anträgen der Linkspartei ist zu sagen: Natürlich würden auch die Fraktionen von SPD und CDU den Kommunen gern eine Investitionspauschale auszahlen. Natürlich würden wir den Kommunen auch gern mehr Geld für Kultur zukommen lassen,

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Einfach machen.)

allein der Haushalt hat seine Grenzen und die von Ihnen genannten Deckungsquellen stehen natürlich aufgrund der vorgesehenen Reduzierung der Nettoneuverschuldung des Landes um ca. 60 Mio. € jetzt nicht mehr zur Verfügung.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Doch, einfach unsere Anträge lesen.)

Es bleibt festzustellen, wenn hier im Plenum der Landeshaushalt diskutiert und beschlossen ist, dann tritt kein Haushalt der Träume in Kraft, sondern einer der Realisten. Genau die, die Realisten, brauchen wir in den nächsten Jahren hier im Hause genauso wie in den Kommunen. Ich danke Ihnen.

Vielen herzlichen Dank, Herr Hey. Das Wort hat jetzt Abgeordneter Kuschel für die Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, die Haushaltsdebatte in diesem Tagesordnungspunkt ist immer etwas schwierig, weil Einzelplan 03 und Einzelplan 17 Kapitel 17 20 werden von einem Ministerium zwar bewirtschaftet, aber sind im Grunde genommen zwei getrennte Sachverhalte. Deshalb springt die Diskussion ab und zu mal hin und her. Wir haben heute Vormittag schon einen wichtigen Punkt, einen Streitpunkt, behandelt, nämlich die Kindertagesstättenfinanzierung, die natürlich auch noch mal mit dem Kommunalen Finanzausgleich unmittelbar im Zusammenhang steht. Deshalb also noch mal eine kurze Auseinandersetzung mit den heute früh geführten Argumenten, weil sie bedeutsam sind auch für unsere Änderungsanträ

ge, die wir jetzt zum Einzelplan 17 Kapitel 17 20 formuliert haben.

Ich finde es besonders bedauerlich, wenn Frau Pelke und auch Herr Fiedler heute Vormittag so getan haben, als hätten sich die Gemeinden - die Kommunen - der Diskussion um die Finanzierung dieses Kindertagesstättenreformgesetzes verweigert. Das stimmt einfach nicht, denn die Kommunen haben nur auf folgenden Sachverhalt hingewiesen, dass im ersten Referentenentwurf eine Summe von rund 500 Mio. € aus 2009 für die Finanzierung der Kindertagesstätten durch die Landesregierung benannt wurde. Über Nacht sind aus diesen rund 500 Mio. € nur noch rund 400 Mio. € gekommen - die Differenz: 93 Mio. €. Diese verringerte Summe von 400 Mio. €, die ist dann auch noch mal um 40 Mio. € anteilig aufgestockt worden, so dass die Kommunen berechtigt die Kritik formulieren: Ihr nehmt uns 93 Mio. €, stockt 40 Mio. € auf und behauptet dann in der Öffentlichkeit, alles ist durchfinanziert. Da hat die Landesregierung gesagt: Nein, Ihr liegt da falsch. Da haben die Kommunen nichts weiter gefordert als, lasst uns gemeinsam über diese Problematik diskutieren. Da wurde eine Arbeitsgruppe gebildet, nach unseren Informationen durch den zuständigen Fachminister geleitet. Die hat sich konstituiert und mehr war nicht. Da muss natürlich mal die Landesregierung die Frage beantworten, warum sie die Dialogbereitschaft der Kommunen in dieser Frage einfach so missachtet? Das finde ich ungehörig, weil dort die Gelegenheit gewesen wäre, diese unterschiedlichen Auffassungen auszutauschen und sich zu verständigen. Da schließen die Kommunen gar nicht aus, dass sie in ihrer Berechnung auch den einen oder anderen Irrtum haben, um das mal vorsichtig zu formulieren, man kann auch sagen, eine Fehlberechnung. Aber wenn dieser Dialog nicht stattfindet, habe ich Verständnis, dass die Kommunen sagen, der Landesregierung fehlen die Argumente, deshalb hat sich die Landesregierung diesem Dialog verweigert. Solange das so ist, kann ich die Kritik der kommunalen Spitzenverbände durchaus nachvollziehen.

Also es liegt an Ihnen als Landesregierung, Sie sind dort in der Verpflichtung. Das haben Sie den Kommunen übrigens zugesagt. Damit wollte sich die jetzige Landesregierung von der letzten Landesregierung unterscheiden, dass eine andere Kommunikationskultur zwischen der kommunalen und der Landesebene stattfindet.

Beim Innenminister kann ich das erkennen, aber bei der Landesregierung als Ganzes nicht, und im Bereich der Kindertagesstättenfinanzierung ging das also völlig nach hinten los.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Keine Spaltung der Landesregierung.)

Ein zweites Problem, wobei ich doch einfach die Landesregierung und auch SPD und CDU bitte, dafür Verständnis aufzubringen: Die Kindertagesstättenfinanzierung steht in unmittelbarem Zusammenhang mit den Schlüsselzuweisungen, mit dem System der Schlüsselzuweisungen. Jetzt müssen Sie mir einmal die Frage beantworten, was wird denn mit den Kommunen, die gar keine Schlüsselzuweisungen erhalten aufgrund ihrer Steuerkraft? Die bekommen auch keine Erstattung für die Mehraufwendungen im Bereich der Kindertagesstätten. Betroffen ist ein Kollege von Ihnen in der CDU, nämlich Herr von der Krone. Der war bisher Bürgermeister in Ichtershausen und Ichtershausen hat aufgrund seiner Steuerkraft...

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Noch ist er es.)

Es ist jetzt ein Nachfolger gewählt, aber es ist richtig, er ist noch formal im Amt. Vielleicht ist das die Ursache, dass er öffentlich in der Thüringer Allgemeinen angekündigt hat, diesem Haushalt nicht zuzustimmen. Er bekommt nichts für seine Gemeinde und er ist berechtigt irritiert. Da kann es gut sein, dass die Landesregierung gute Argumente hat, aber sich einfach dort dem Dialog zu verweigern und zu sagen, das interessiert uns nicht, das, meine ich, ist so nicht in Ordnung. Vielleicht sollen Sie zumindest auf Herrn von der Krone hören, wenn Sie schon auf uns nicht hören. Ich bin immer davon ausgegangen, er hat durchaus ein Gewicht in Ihrer Fraktion. Er ist ein gestandener Kommunalpolitiker, dafür achte ich ihn. Dass er seine kommunalpolitischen Fähigkeiten nicht eins zu eins auf die Landesebene übertragen kann, ist eine andere Frage. Die ist aber jetzt nicht Gegenstand dieser Debatte.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, zum Finanzausgleich und den Dingen, die wir dort vorgeschlagen haben: Es bleibt bei unserer Kritik der Bedarfsermittlung. Wir sind froh, dass Thüringen das erste Bundesland ist, das einen Finanzausgleich hat, der bedarfsorientiert ist, darauf bin ich stolz. Das hat die Politik nicht eingesehen, sondern zum Schluss hat dies das Verfassungsgericht gemacht. Herr Innenminister, Sie waren mittelbar beteiligt - man kann auch sagen unmittelbar -, wie der Bedarf ermittelt wurde, die Kritik bleibt. Ich kann dies jetzt nur noch stichwortartig machen, weil wir dies hier schon öfters diskutiert haben. Die „Korridorbildung“ ist für uns ganz problematisch. Wir sind überzeugt, die Fortschreibung ist in mehreren Punkten fehlerhaft, insbesondere was die Steuermindereinnahmen in den Jahren 2009 und 2010 betrifft. Diese sind nicht ausreichend berücksichtigt. Die ganze Diskussion, wie sich die Kosten der Unterkunft entwickeln, ist aus unserer Sicht nicht ordnungsgemäß erfolgt. Insgesamt ist damit die Bedarfsermittlung sehr umstritten und

stößt bei uns auf Kritik. Da kommt dann die Frage - wir haben das heute mehrfach diskutiert -, wo soll das Land das Geld hernehmen. Wir sind der Überzeugung, das Land hat sich selbst in diese jetzige Einnahmesituation gebracht, nämlich durch ihr Verhalten auf Bundesebene, was Steuerrechtsänderungen betrifft. Sie hat alles mitgetragen. Und wenn ich natürlich selbst dafür Sorge trage, dass mir die Einnahmen wegbrechen, darf ich mich danach nicht beschweren, dass ich kein Geld habe. Ich möchte es noch einmal betonen, nach unserer Überzeugung - auch nach meiner persönlichen Überzeugung - haben wir in Thüringen kein Ausgabenproblem, sondern wir haben ein Einnahmenproblem. Das tangiert natürlich auch den Kommunalen Finanzausgleich. Wir müssen uns um Einnahmen kümmern. Das ist aber vorrangig Aufgabe der Landesregierung. Unsere Steuerkompetenz als Land ist tatsächlich sehr begrenzt. Wir haben im Grunde genommen nur eine Steuerart, die wir selbst beeinflussen könnten und das wäre die Grunderwerbssteuer. Da könnten wir als Land über den Steuersatz selbst etwas machen. Dies machen übrigens andere Länder. Berlin und Brandenburg haben dort eine Erhöhung vom ursprünglichen Steuersatz von 3,5 auf 4,5 bzw. 5 Prozent vorgesehen. Da ist die Landesregierung gefragt. Wenn sie diese Möglichkeit nicht ausschöpft und dann einfach sagt, es ist kein Geld da - das können wir nicht machen, dieses Recht hat nur die FDP. Die haben das Recht, so zu argumentieren. Da haben sie möglicherweise auch einen Alleinvertretungsanspruch. Das soll auch so bleiben. Kleinen Splitterparteien gestehe ich so ein Recht zu. Ich bin überzeugt, die übergroße Mehrheit in diesem Land folgt diesem Konzept nicht mehr, es hat seit 30 Jahren die sozialen Spannungen in dieser Gesellschaft verschärft und uns in diese Situation gebracht. Ihnen gestehe ich das zu, Sie sind dadurch auch berechenbar, das macht es relativ einfach und übersichtlich. Menschen können sich entsprechend positionieren.

Was ich bei der Landesregierung und dem Haushaltsentwurf auch nicht nachvollziehen kann, ist die ersatzlose Streichung der sogenannten Anpassungshilfen von 10 Mio. €. Andererseits haben Sie in der Koalitionsvereinbarung die Stärkung der zentralen Orte stehen. Diese sind unter Druck, Erfurt ist unter Druck, Suhl ist unter Druck. Gestern hat erst der Oberbürgermeister gesagt, das Haushaltsloch ist über 11 Mio. €. Eisenach hat einen Haushalt beschlossen mit einer Bedarfszuweisung von 10 Mio. €, wo Sie als Innenminister auf eine meiner wenigen Anfragen geantwortet haben, es geht eigentlich so gar nicht. Gleichzeitig streichen wir auch noch die 10 Mio. €. Wir haben ein anderes Konzept, wir sagen, das zentrale Ortekonzept ist schon lange nicht mehr zeitgemäß. Aber Sie verfolgen ja das zentrale Ortekonzept. Wenn Sie es aber verfolgen, müssen Sie es doch auch im Finanzausgleich durchhal

ten und können nicht einfach 10 Mio. €, die auch noch steuerkraftunabhängig gezahlt wurden, einfach wegstreichen.

Investitionspauschale: Da sagt Herr Hey, unsere Deckungsquellen waren entfallen. Also das ist doch aber boshaft. Wenn das jemand anders hier in dem Hause sagt, da habe ich ja Verständnis, aber nicht Herr Hey, der es wissen muss, dass unsere Änderungsanträge sich auf die Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses beziehen. Damit haben wir genau das berücksichtigt, was Sie als Koalition ja im Haushaltsausschuss durchgesetzt haben. Das bitte ich doch wenigstens zu respektieren, dass wir uns nicht auf FDP-Niveau begeben, sondern wir machen uns richtig Gedanken, das ist auch nicht immer einfach, das geht auch nicht schmerzfrei in unserer Fraktion, aber dass sich der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Fraktion hier hinstellt und sagt, uns sind die Deckungsquellen abhandengekommen, das ist unfair. Da muss er sich andere Argumente einfallen lassen. Da bin ich ja immer dafür.

Wir haben einen Vorschlag gemacht, der ist zukunftsweisend, nämlich die Bedarfsermittlung bei der Schlüsselzuweisung neu zu ordnen ab 2013, damit sich die Kommunen langfristig darauf einstellen können. Wir wissen, das ist ein sanfter Druck, sich in leistungsfähigen Strukturen neu zu ordnen, aber das ist doch wenigstens irgendwie ein Ansatz. Bei Ihnen erkenne ich gar keinen Ansatz.

Herr Abgeordneter, wenn Sie Ihren Schlusssatz formulieren würden. Die Redezeit ist um.

Ja danke, Herr Präsident.

Bitte.

Insgesamt bitten wir, unsere Änderungsanträge tatsächlich sachgerecht zu behandeln und eine sachgerechte Behandlung heißt Zustimmung. Danke.

(Beifall DIE LINKE)

Danke, Herr Abgeordneter. Zu Wort hat sich noch einmal Abgeordneter Bergner von der Fraktion der FDP gemeldet. Zur Orientierung: Sie haben noch ei

ne Redezeit von 3.15 Minuten.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Kollege Gentzel, was das Kürzen zum Thema Polizei anbelangt, habe ich gerade einen Kürzungsantrag von SPD und CDU vor mir liegen um 540.000 € beim Erwerb von Kraftfahrzeugen. So viel zum Kürzen bei der Polizei. Unsere Kürzungen bei der Polizei bewegen sich alle noch über dem Niveau, das 2009 ausgegeben worden ist. Wenn das so ist, dass das nicht ausreichend war, dann ist festzustellen, dass das unter der Regierung Ihres Koalitionspartners nicht ausreichend gewesen sein muss.

Lieber Herr Kollege Fiedler, als bekennender Protestant möchte ich Sie doch bitten, die Kirche im Dorf zu lassen. Wenn Sie von Kürzungen bei der Feuerwehr sprechen, dann beachten Sie bitte, dass es sich hier um rund 30.000 € für IT im Schulungszentrum handelt und nicht um Kürzungen, die direkt bei den Feuerwehren sind. Ich teile Ihre Auffassung, dass man den Feuerwehren natürlich die Luft zum Atmen geben muss, dass man natürlich das ehrenamtliche Engagement ehren muss. Aber dazu gehört natürlich auch, zu agieren wie ein ehrbarer Kaufmann und zu sagen, wenn ich dieses Jahr das Geld für nicht ganz dringend benötigte Dinge nicht habe, muss ich es vielleicht im nächsten oder übernächsten Jahr einordnen. Das ist Nachhaltigkeit, Herr Kollege Fiedler, die auch dazu beiträgt, dass in den kommenden Jahren die Handlungsfähigkeit der Kommunen erhalten bleibt, um auch in den kommenden Jahren unseren ehrenamtlichen Feuerwehren genügend Geld in die Hand geben zu können. Wichtiger wäre es, wenn Sie über Feuerwehren reden, dafür zu sorgen, dass der Kostenrahmen bei den Feuerwehren nicht durch unnötige Vorschriften - ich erinnere an das Thema Drehleiter - nach oben geschraubt wird. Das ist Politik im Sinne der Feuerwehren und deswegen möchte ich das an dieser Stelle noch einmal klar und deutlich gesagt haben. Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall FDP)