Protokoll der Sitzung vom 27.05.2010

Der Thüringer Innenminister kümmert sich, sagte er zuletzt einer Familie aus Weimar zu, die sich im Rahmen einer Veranstaltung der Friedrich-Naumann-Stiftung am vergangenen Mittwoch im Thüringer Landtag über einen Polizeieinsatz beschwerte. Die Familie hatte am 1. Mai in Erfurt miterleben müssen, wie es von einzelnen Kräften der Polizei zu einem Übergriff gegen friedliche Demonstranten gekommen ist. Auch im Innenausschuss kam dieser Vorfall nur zwei Tage später zur Sprache. Dann konnte oder wollte der Innenminister dazu aber keine Stellungnahme mehr abgeben. Stattdessen forderte ein Landtagsabgeordneter, der heute leider nicht da ist, eher polternd, wie es seine Art ist: Erstatten sie doch Strafanzeige! Während das eine ein normaler

Umgang mit Beschwerden ist, ist das andere eben nicht geeignet, Vertrauen und Akzeptanz in die Polizeiarbeit zu schaffen, denn das Gefühl, dass möglicherweise etwas falsch gelaufen ist bei den beobachtenden Bürgerinnen ist ja da. Die Exekutive als Träger des Gewaltmonopols hat die Verantwortung, dieses Gefühl ernst zu nehmen und sich auf einer sachlichen Ebene dem anzunehmen.

(Beifall DIE LINKE)

Es liegt oftmals gar nicht im Interesse des Betroffenen oder Zeugen, Strafanzeige - vorhin ist ja auch gesagt worden, man könnte ja auch entsprechend zur Justiz gehen und Strafanzeige stellen - gegen einzelne Beamten zu stellen. Auch - und das wird Sie möglicherweise verwundern - geht es zumeist nicht darum, einen personenbezogenen Schuldspruch zu erreichen. Ein Rache- oder auch Sühnegedanke ist denjenigen, die einen Polizeieinsatz kritisieren, oftmals fremd. Grundlegendes Motiv ist die Überzeugung, einen erlebten Vorfall, der als Unrecht empfunden wird, so bearbeitet zu wissen, dass sich Gleiches oder Ähnliches nicht noch einmal wiederholt. Dafür gibt es ohne Zweifel auch die Möglichkeit des Verwaltungsrechtswegs. Im Wege einer Klage kann erreicht werden, dass eine polizeiliche Maßnahme als rechtswidrig festgestellt wird und somit auch für die Zukunft polizeiliches Handeln durch einen solchen Richterspruch beeinflusst wird. Nur stellt aber der Klageweg eine verhältnismäßig hohe Hürde dar. Zum einen gehört er sicher nicht zu den alltäglichen Handlungen von Bürgern, Klage gegen den Freistaat Thüringen einzulegen. Ohne die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts trauen sich die meisten Menschen nicht zu, eine Klage zu formulieren. Die Möglichkeit des mündlichen Vortrags beim Verwaltungsgericht ist nur wenig bekannt. Aber die höchste Hürde ist, dass die Menschen, die Klage erheben, zunächst einmal 369 € in die Staatskasse entrichten müssen und das Verfahren sich mit hoher Sicherheit über viele Jahre hinziehen wird. Der Folge, dass Polizeieinsätze und einzelne polizeiliche Maßnahmen nur selten durch eine unabhängige Instanz überprüft werden, kann und wird durch eine Polizeibeschwerdestelle begegnet.

(Beifall DIE LINKE)

Die von uns geforderte Polizeibeschwerdestelle soll aber nicht nur Bürgern im Fall von Beschwerden über polizeiliche Maßnahmen dienen. Uns ist genauso wichtig, sie soll Anlaufstelle für Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte sein. Auch hier gibt es in Thüringen Notwendigkeit und begründete Beispiele.

Ich will einen Fall schildern. Da ist der Fall einer jungen Polizeibeamtin, deren privater Besuch durch Kollegen mittels Kfz-Kennzeichenabgleich ausspioniert

wurde und die sich über eine Reihe weiterer unkollegialer Vorfälle beschwerte. In solchen Fällen ist meist eine Klärung innerhalb der Polizeidienststelle nicht mehr möglich, da persönliche Betroffenheit einerseits, aber auch die Angst vor weiteren ausgrenzenden und unwürdigen Reaktionen nach einer Beschwerde die Anzeigebereitschaft erheblich reduziert. Im vorliegenden Fall beispielsweise soll der informierte Dienststellenleiter geäußert haben, dass es wohl auch wichtig sei zu wissen, mit wem die Polizeibeamtin in ihrer Freizeit verkehre. Die Bearbeitung des Vorfalls zeigt, dass die bereits bestehenden Instrumentarien nicht ausreichend sind, die offenkundigen Probleme zu lösen und zu beseitigen. Mit einer unabhängigen Polizeibeschwerdestelle hätte die Polizeibeamtin zunächst die Chance gehabt, ihre Probleme außerhalb dienstrechtlicher Beschwerden und offizieller Vorgänge vorzutragen und sie hätte Gewissheit gehabt, dass sich jemand unvoreingenommen und ihre Persönlichkeitsrechte schützend der Sache annimmt,

(Beifall DIE LINKE)

den Informationen nachgeht, den Sachverhalt aufklärt und dass Konsequenzen vorgeschlagen und vielleicht auch eingeleitet werden. Das könnte z.B. die Einleitung von Rechtsverfahren sein, das Durchführen von Mediationen, der Abschluss von außergerichtlichen Vergleichen, aber auch personalrechtliche Konsequenzen. Weil aber eine Polizeibeschwerdestelle außerhalb des Gerichtsweges steht, ist sie an die im Gericht erstreitbaren Konsequenzen nicht gebunden und kann ebenso niedrigschwellige Lösungsvorschläge anbieten und gegebenenfalls auch veranlassen. Die Ergebnisse der bereits in SachsenAnhalt bestehenden Polizeibeschwerdestelle machen es deutlich. Ich zitiere zunächst einmal den Staatssekretär im Innenministerium von Sachsen-Anhalt bei der Vorstellung der Halbjahresbilanz der Polizeibeschwerdestelle im März dieses Jahres. Staatssekretär Rüdiger Erben, SPD, führte aus: „Die zentrale Beschwerdestelle hatte einen guten Start. Ein aufgeschlossener Umgang mit Beschwerden ist jedoch eine Daueraufgabe für eine bürgernahe Polizei. Ein modernes Beschwerdemanagement ist eine große Chance, unsere Arbeit kontinuierlich zu verbessern und die Akzeptanz von Polizeiarbeit zu stärken. Viele in der Polizei waren am Anfang skeptisch. Aber Fehler aufzudecken, ist notwendig, um sie für die Zukunft abzustellen.“ Der Leiter der Polizeibeschwerdestelle Sachsen-Anhalt, Frank Benska ergänzte: „Wir haben zwei vorrangige Aufgaben. Einerseits wollen wir durch eine transparente, zeitnahe und ergebnisoffene Beschwerdeabarbeitung verlorenes Vertrauen zurückgewinnen, andererseits müssen wir versuchen, mit den aus den Beschwerden gewonnenen Erkenntnissen über Defizite und Schwachstellen in der Polizei eine Qualitätsverbesserung der

Dienstleistungen zu erreichen. Vor diesem Hintergrund“, so sagt er, „begrüße ich jede Beschwerde. Unser Ziel ist es nicht, Beschwerden zu minimieren, sondern die Beschwerdeanlässe.“

Meine Damen und Herren, einen solchen unverkrampften Umgang - auch mit natürlich nicht auszuschließenden Fehlern in der Polizeiarbeit - wünsche ich mir auch für Thüringen, anstatt zu unterstellen, dass mit der Einrichtung der Polizeibeschwerdestellen ein Misstrauen gegenüber der Polizei zum Ausdruck käme. Das ist einfach Unfug. Auch die Zahlen in Sachsen-Anhalt sprechen für eine Polizeibeschwerdestelle. Monatlich etwa 30 eingehende Beschwerden, im ersten Monat der Arbeit etwas mehr. Insgesamt 222 bei der Beschwerdestelle in sechs Monaten eingegangene Beschwerden, 203 von Bürgerinnen und Bürgern, 19 von Bediensteten der Polizei. Zum Berichtszeitpunkt waren 176 abschließend bearbeitet. In 35 Fällen, das sind 20,2 Prozent, wurden Beschwerden als berechtigt eingestuft. In vier Fällen erkannte die Beschwerdestelle den Anfangsverdacht einer Straftat durch Bedienstete der Polizei, in einem Fall wegen einer Dienstrechtsverletzung.

Meine Damen und Herren, das sind Zahlen und Erfahrungen, vor denen auch die Thüringer Polizei keine Angst haben muss. Akzeptanz und Vertrauen in die Polizei zu schaffen, das sollte eigentlich gemeinsames Anliegen aller Fraktionen sein.

(Beifall DIE LINKE)

Nach unserer Vorstellung muss die Polizeibeschwerdestelle, um die ihr zugewiesenen Aufgaben auch angemessen erfüllen zu können, einigen im Antrag genannten Kriterien entsprechen. Da wäre zunächst die Sicherstellung der Neutralität und Unabhängigkeit - mein Kollege, Herr Adams, hat dazu schon Wesentliches gesagt -, aber natürlich auch die Ausstattung mit geeigneten wie auch notwendigen Rechtsinstrumenten als Voraussetzung, die vorgetragenen Anliegen und Beschwerden sachgerecht bearbeiten zu können. Wir sind der Auffassung, dass die Polizeibeschwerdestelle neben den vorgetragenen Beschwerden aber auch selbstverantwortlich tätig sein muss, in welchen Fällen, das hat in der Begründung Kollegin Sabine Berninger ausgeführt. Ich möchte zum Schluss noch auf ein Gegenargument eingehen, das vorhin auch in der Debatte eingebracht wurde. Wir hätten ja schon interne Ermittlungen: Bürgerbeauftragte, Petitionsausschuss, Gewerkschaft, Abgeordnete, Presse, das würde alles vollkommen reichen. Das sehen wir nicht so.

(Beifall DIE LINKE)

Interne Ermittlung, Bürgerbeauftragte und Petitionsausschuss - keine der drei Instanzen wird aufgrund anonymer Hinweise tätig. Gerade Polizeibeamte wünschen sich aber, Beschwerden auch anonym abgeben zu können. Dies auch mit dem Hintergrund, dass es hinreichend viele Erfahrungen im Polizeidienst gibt, wie Informationen aus Beschwerden, zum Beispiel bei der internen Ermittlung, an den Dienstvorgesetzten gelangten und schließlich der Beschwerdeführer negative Auswirkungen zu spüren bekam. Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal ist die Unabhängigkeit. Die interne Ermittlung als Teil der Polizei und dem LKA angesiedelt ist nicht unabhängig. Das haben wir zuletzt in der sogenannten Überstundenaffäre deutlich aufgezeigt bekommen. Für Beschwerden von Bürgern bietet allein die Polizeidienstbeschwerdestelle die Gewähr, dass sie nicht mehr den Weg der Anzeige wählen müssen und damit immer Gefahr laufen, auch mit einer Gegenanzeige überzogen zu werden.

Meine Damen und Herren, ich möchte noch einmal dafür werben, dass wir im Innenausschuss über die Einrichtung einer Polizeibeschwerdestelle diskutieren. Ich hoffe, dass wir dort eine Anhörung durchführen und die Position der Personalvertretung und der Gewerkschaft zu diesem Thema hören und dass die Regierungskoalition sich dieser Debatte nicht verschließt. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE)

Vielen herzlichen Dank, Frau Abgeordnete Renner. Es hat sich jetzt zu Wort gemeldet Staatssekretär Geibert, es gibt aber auch noch eine weitere Wortmeldung von Abgeordneten. Wollen Sie gleich sprechen, Herr Geibert, oder zunächst erneut Herr Kellner für die CDU-Fraktion?

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Frau Renner, jetzt haben Sie mich noch einmal nach vorn getrieben. Fehlende Sachkenntnis Polizei, ich kann Ihnen sagen, ich habe seit 20 Jahren Kommunalpolitik gemacht. Ich habe intensiv mit Polizei zu tun gehabt, jedes Jahr, ständig und ich kann Ihnen sagen, ich habe die ganzen 20 Jahre sehr gute Erfahrungen gemacht. Ich habe auch keinen Fall bei mir, wo ich wirklich ein Problem gehabt hätte, wo Bürger zu mir gekommen wären oder wo ich von Vorfällen gehört hätte, die die Polizei betreffen oder umgekehrt. Aber ich kann Ihnen auch sagen, dass die Cops, die da eingeteilt werden, zu ihren Abgeordneten gekommen sind, auch zu mir, und wir haben das Problem gelöst. Die Möglichkeit ist da und sie funktioniert auch. Wenn Sie sagen, wir brauchen

diese Beschwerdestelle, dann sprechen Sie weitestgehend den anderen Möglichkeiten, die wir derzeit schon haben, ihre Kompetenz ab. Da muss ich sagen, das stimmt überhaupt nicht. Wie Herr Gentzel schon gesagt hat, das System funktioniert, wir haben bisher gute Erfahrungen gemacht. Ich weiß nicht, wo Sie gelebt haben die ganze Zeit. Ich weiß es nicht.

(Zwischenruf Abg. Blechschmidt, DIE LINKE: Das sind doch Beispiele, dann reagieren Sie doch darauf.)

Also ich kann das nicht feststellen. Ich werde mich auch davor verwahren, dass Sie mir unterstellen, ich hätte da nicht genügend Sachkenntnis. Machen Sie 20 Jahre Kommunalpolitik, arbeiten Sie mit der Polizei intensiv zusammen, vielleicht haben Sie dann einen anderen Einblick in die Realität. Danke.

(Beifall CDU)

Vielen Dank, Herr Kellner. Es gibt eine weitere Wortmeldung aus den Reihen der Abgeordneten. Herr Bergner für die FDP-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Adams, ich möchte auf Ihr Zitat zurückkommen: „Was hat den Bürger anzugehen, was die Polizei macht.“ Da fühle ich mich schon deutlich fehlinterpretiert. Es geht mitnichten in irgendeiner Weise um Angst vor Kontrolle. Und um auf Kollegin Renner zurückzukommen: Natürlich hat es auch bei der Polizei Ereignisse und Probleme gegeben, die so nicht akzeptabel sind. Das sind auch Menschen und überall, wo Menschen arbeiten, gibt es Probleme und des Öfteren auch Probleme, die sicherlich nicht hinzunehmen sind. Das ist aber nicht die Frage. Die Frage ist, dass wir den Antrag als handwerklich völlig unzureichend betrachten und es als völlig unakzeptabel bewerten, wenn Polizei mit der Formulierung, so wie sie hier enthalten ist, unter einen Generalverdacht gestellt wird. Wenn Polizei - ich schaue gerade noch einmal nach der Formulierung, die Sie da gewählt haben - so dargestellt und generell der Anschein erweckt wird, dass Bürgerinnen und Bürger polizeiliche Maßnahmen nach ihrem Empfinden hilflos über sich ergehen lassen müssen, das ist nicht die Basis, auf der man vertrauensvoll bessere Lösungen finden kann. Das ist eine Basis, wo ich denke, dass mit ihrem Antrag Denunziantentum Vorschub geleistet werden soll. Wenn wir uns hier ansehen, was da zum Thema Befugnis des Zutritts drinsteht: Die Befugnis des Zutritts heißt noch lange nicht, dass man ausreichend Einsicht in die Unterlagen erhält. Wenn ich das mal

etwas als Bild so skizzieren darf: Ein Tiger, der schnüffelt, muss noch lange kein Tiger sein, der beißen darf, und das ist das, was ich damit vorhin gemeint habe. Es geht nicht darum, sich sachlich und konkret Gedanken zu machen, inwieweit und in welcher Art und Weise Arbeit von Polizei sinnvoll und natürlich richtigerweise überprüft und kontrolliert werden kann. Es geht darum, mit einem Antrag, so wie er hier formuliert ist, nicht von vornherein Stimmung zu schüren gegen andere Personen, Stimmung zu schüren auch gegen die Polizei in diesem Land und auch den sozialen Unfrieden an dieser Stelle nach oben zu treiben.

Herr Bergner, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Dirk Adams?

So sei es denn.

Vielen Dank, Herr Kollege Bergner. Ich möchte Sie eigentlich nur fragen, ob Ihnen die Differenzierung zwischen dem Beschlusstext, den wir beschließen, der dann die Meinungsäußerung des Parlaments auch ist oder des Ausschusses zum Beispiel, und der Begründung, die durchaus auch immer politische Wertungen in stärkerem Maße beinhaltet, bewusst ist und ob Sie die gleichen Probleme, die Sie eben skizziert haben, wo ich Ihnen teilweise sogar recht geben würde, auch wirklich in dem Beschlusstext finden. Wenn dies nicht so ist, dann könnten wir den Beschlusstext wirklich beschließen bzw. im Ausschuss intensiv weiterdiskutieren.

(Beifall DIE LINKE)

Herr Kollege, ich danke Ihnen für Ihre Frage. Aber natürlich ist eine Begründung immer auch eine Frage politischer Wertung, da haben Sie vollkommen recht.

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Der Antrag auch.)

Auch der Antrag ist eine Frage der politischen Wertung, ja danke. Natürlich muss man schon eine Begründung nicht ganz losgelöst von einem Antrag lesen. Ich denke, wenn mit dieser Begründung von vornherein eine negative Stimmung skizziert wird, ist es nicht das, wohinter ich mich versammeln kann. Danke schön.

Das Wort hat jetzt zunächst der Staatssekretär Herr Geibert.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, die Fraktion DIE LINKE erweckt mit dem vorliegenden Antrag den Eindruck, als bestünde für die Bürgerinnen und Bürger sowie für die Polizeibeamten selbst keinerlei Möglichkeit, sich Erfolg versprechend über das Verhalten von Polizisten oder über besondere Umstände zu beschweren.

(Beifall DIE LINKE)

Es wird behauptet, es gäbe keinerlei objektive Kontrolle der polizeilichen Tätigkeit, was zu einem Ansehensverlust der Polizei führe. Das sehe ich nicht so, das entspricht auch nicht der Realität. Bürgerinnen und Bürgern wie auch den Polizeibeamten stehen schon jetzt mehrere Möglichkeiten offen, ihre Anliegen prüfen zu lassen. Zum einen können sie sich - und das ist der Regelfall, und zwar ganz anders als von Ihnen, Frau Abgeordnete Renner, suggeriert, regelmäßig auch ohne anwaltlichen Beistand - direkt an die Polizeidienststellen des Landes wenden und ihr Anliegen vorbringen. Die meisten machen das auch. Dort bzw. in den zuständigen Behörden werden die Beschwerden ordnungsgemäß geprüft und das Ergebnis dem Beschwerdeführer mitgeteilt. In nicht wenigen Fällen werden diese auch persönlich eingebunden mit dem Ziel, eine wirklich befriedigende und nachvollziehbare Antwort geben zu können.

Zum anderen - und das ist das, was die Damen und Herren Abgeordneten von der Fraktion DIE LINKE wollen - gibt es auch heute schon als unabhängige Beschwerdestelle - einige Vorredner haben ausdrücklich darauf hingewiesen -, den Petitionsausschuss des Thüringer Landtags sowie den Bürgerbeauftragten. Wir haben keinen Anlass, diesen gegenüber Misstrauen in der Amtsausführung zu hegen. Aus Sicht des Innenministeriums gibt es daher derzeit keine Notwendigkeit, noch eine weitere Stelle einzurichten, ganz abgesehen von den rechtlichen Fragstellungen, die mit Akteneinsichts- und Zutrittsrechten verbunden wären.

Wenn Sie sich zu Ihrem Antrag die benannte Fernsehsendung angesehen hätten, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Fraktion DIE LINKE - das betrifft auch den Abgeordneten Adams -, dann würden Sie festgestellt haben, dass der Innenminister im Nachgang im Webauftritt der Sendung nicht korrekt zitiert worden ist.

Natürlich sind wir für Ideen offen, wenn diese zu einem besseren Ergebnis führen können. So haben Berlin und kürzlich erst - Sie haben es erwähnt - Sachsen-Anhalt zentrale Polizeibeschwerdestellen geschaffen. Deren Erfahrungen werden wir uns zu gegebener Zeit genau ansehen, um eventuell auch unser internes Verfahren zu optimieren. Sollte sich dabei herausstellen, dass damit auch in Thüringen eine erhebliche Verbesserung im Umgang mit Beschwerden einhergehen kann, werden wir prüfen und bewerten, wie wir diese Erkenntnisse für uns nutzbar machen können. Konkreter Anlass dafür besteht derzeit nicht.

Gestatten Sie mir noch einen Hinweis: Irritiert bin ich durchaus von dem mehrmaligen Betonen der Notwendigkeit anonymer Beschwerden. Aus gutem Grund nehmen Petitionsausschuss, Bürgerbeauftragte und üblicherweise auch alle Behördenleiter anonyme Beschwerden nicht zum Anlass für Ermittlungen. Denunziantentum sollte Tür und Tor nicht geöffnet werden. Dahinter verbirgt sich im Zweifel ein falsches Verständnis vom demokratischen Rechtsstaat. Der mündige Bürger hat keinen Anlass, sich zu verstecken und hat auch keinen Grund, sein Anliegen nicht persönlich, namentlich und selbstbewusst vorzutragen. Jedenfalls in unserem Geschäftsbereich und insoweit auch im Rahmen der gesamten Landesregierung vermag ich anderes nicht festzustellen.

Daher noch einmal: Zum jetzigen Zeitpunkt reichen die bestehenden Möglichkeiten aus meiner Sicht vollkommen aus. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU)

Vielen herzlichen Dank, Herr Staatssekretär. Ich frage, gibt es weitere Wortmeldungen? Es hat sich zu Wort gemeldet die Abgeordnete Berninger für die Fraktion DIE LINKE.

Meine Damen und Herren, sehr geehrter Herr Geibert, ich muss einfach etwas richtigstellen. Ich habe vorhin nicht davon gesprochen, dass anonym Beschwerden vorgetragen werden sollen,

(Unruhe CDU)

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Aber Frau Renner.)

sondern ich habe von einem, auch Frau Renner hat von einem anonymisierten Verfahren gesprochen. Das heißt nicht, dass der Beschwerdeführer nicht na