Protokoll der Sitzung vom 11.11.2010

Meine sehr verehrten Damen und Herren, eine Insellösung geht nicht. Wesentliche Fragen ausgeklammert, Ziel bleibt, eine Gemeinde-, Kreis- und Funktionalreform.

(Beifall CDU)

Wenn ich dieses Resümee ziehe, kann ich nur eine Bitte an Sie richten: Ich bitte Sie, diesen Gesetzentwurf abzulehnen. Er ist nicht diskussionsfähig. Danke.

(Beifall SPD)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat sich der Abgeordnete Adams zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Gäste auf der Tribüne, zunächst möchte ich auf meine Vorredner kurz eingehen. Herr Fiedler, Sie haben das hohe Gut der kommunalen Selbstverwaltung hier hochgehoben und da unterstütze ich Sie immer ganz gern. Ich bin damals noch nicht hier im Landtag gewesen, aber mir ist nicht ganz bewusst, wie das damals mit der Aus

kreisung war, ob das der Ruf aus der Stadt Eisenach gewesen ist und ohne jeglichen Zwang von der Landesebene, diese beiden neuen - kreisfreie Stadt und Kreis - zu bilden.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: In guten wie in schlechten Zeiten.)

Das müssten Sie dann auch in die Betrachtung mit einbeziehen. Das geht nicht ganz ohne Zwang und es geht vor allen Dingen auch nicht ohne ein Gesetz dieses Landtags. Da müssen wir schon alle bei der Wahrheit bleiben.

Lieber Herr Gentzel, Sie haben mir ein Stichwort gegeben; Sie haben davon gesprochen, dass es eine Arbeitsgruppe „Problem Landesregierung“ gibt. Da würde ich ja gern Mäuschen sein, aber ich befürchte mal, das habe ich nur falsch verstanden, aber das wäre unglaublich interessant. Wir sollten uns vielleicht noch mal ganz kurz dem Antrag der LINKEN widmen. Beim Lesen dieses Antrags und der Befassung damit kam mir ein Filmtitel in den Sinn: „Und täglich grüßt das Murmeltier“, und zwar denke ich da an eine Drucksache aus dem Jahr 2007, die enorme Ähnlichkeiten mit diesem Gesetzesantrag hat. Es wird, sage ich jetzt mal, vielleicht nicht besser, wenn man alles alle zwei oder alle drei Jahre noch einmal probiert.

„Ein Körnchen Wahrheit“ ist für mich das nächste Stichwort auf meiner Liste. Ein Körnchen Wahrheit steckt aber darin und ich kann mich voll inhaltlich den Ausführungen von Herrn Kollegen Gentzel anschließen, der sagt, wir brauchen endlich eine Gemeinde-, Kreis- und Strukturreform. Es ist absolut indiskutabel, dass sich die CDU hier weiterhin sperrt. Mecklenburg-Vorpommern hat gezeigt, dass man durch größere Einheiten Effizienzgewinne bekommen kann und diese Effizienzgewinne brauchen auch wir hier in Thüringen, ansonsten ist dieses Land nicht zukunftsfähig.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Die Situation hat sich verschärft.)

Es ist aber auch außerordentlich bedauerlich, lieber Herr Gentzel, dass die CDU in diesem Hause gar keine Mehrheit mehr für ihre Blockade einer solchen Strukturreform hat,

(Beifall DIE LINKE)

gar keine Mehrheit mehr hat, wenn wir durchzählen würden, wenn sie Sie, liebe SPD, nicht mit vielen Ministersesseln hier an die Leine gelegt hätte.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Wir könnten das sofort machen, wir könnten uns sofort in einem breiten Diskussionsprozess mit den Menschen im Land, mit den Spitzenverbänden auf den Weg machen und eine solche Strukturreform angehen. Ich hätte darauf große Lust, jetzt müssen

(Abg. Gentzel)

nur noch Sie sich entscheiden, hier Ihren Worten auch Taten folgen zu lassen. Ich befürchte, noch sind wir nicht soweit, aber Sie haben ja die Chance, noch ein wenig darüber nachzudenken.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Das hätten Sie sich eher überlegen müssen.)

Ja, Herr Höhn, also … Ich glaube das nicht! Wer da gezaudert hat? Sie waren nicht dabei, als wir uns beraten haben, aber ich. Insofern können Sie da etwas von mir lernen. Ich lade Sie gern auf einen Kaffee ein und dann können Sie mehr erfahren. Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, eines muss hier auch ganz deutlich gesagt werden, die Stadt Eisenach hat ein strukturelles Problem und ihr muss geholfen werden. Die Stadt Eisenach hat aber auch, und davor darf man auch nicht die Augen verschließen, ein Managementproblem an der Spitze. Das muss auch in diesem Landtag hier öffentlich einmal gesagt werden.

(Zwischenruf Abg. Gentzel, SPD: An der Spitze?)

Ich finde es wichtig, dass wir - ich habe gesagt, an der Spitze und ich habe genau auf Ihren Zwischenruf gewartet und ich habe verstanden, dass Sie den Oberbürgermeister hier benannt haben, lieber Herr Gentzel.

(Zwischenruf Abg. Gentzel, SPD: Für Ihre Hörprobleme kann ich nichts.)

Ich bin sehr dafür, dass wir den Antrag im Ausschuss beraten,

(Beifall DIE LINKE)

bin sehr dafür, dass wir einen Diskussionsprozess anfangen, wie würden wir denn dahinkommen, bessere effektivere Strukturen in Thüringen zu bilden.

(Beifall DIE LINKE)

Da verstehe ich die SPD überhaupt nicht, dass Sie sich der Diskussion verweigern wollen.

(Beifall DIE LINKE)

Möglicherweise würde in der Diskussion eines deutlich werden, dass Sie hier im Parlament sagen, alles richtig, alles ja, wir wollen ja mehr, aber sich dann doch den einzelnen Wegen in kleinen Schritten in die Richtung aus Scheu vor der Koalitionsauseinandersetzung verweigern. Das ist schade, das bringt Thüringen nicht vorwärts. Ich habe deshalb die große Sorge, dass diese schwarz-rote Koalition in diesem Land fünf weitere verlorene Jahre für nachhaltige effiziente Strukturen sind. Das ist außerordentlich bedauerlich. Wir beantragen, diesen Gesetzesantrag im Ausschuss zu beraten. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Für die Fraktion DIE LINKE hat sich der Abgeordnete Kuschel zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Prof. Huber, meinen herzlichen Glückwunsch! Ich hoffe, Sie machen eine solche Übergabe, dass die jetzt anstehenden Gesetzgebungsverfahren, die Ihr Ressort betreffen, nicht irgendwo im Niemandsland verschwinden. Das wäre schade.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Herr Fiedler hat formuliert, DIE LINKE macht es sich einfach. Wenn wir es uns einfach machen würden, hätten wir nur auf Sie draufgehauen, auf Ihre Fehlentscheidungen, da hätten wir den ganzen Tag zu tun und würden uns nicht der nicht einfachen, auch innerparteilichen Auseinandersetzung stellen. Was hier Herr Gentzel beispielhaft benannt hat, darauf werde ich dann noch einmal eingehen, wie wir uns auch innerparteilich verständigt haben.

Herr Fiedler, nicht wir schaffen mit unserem Gesetzentwurf die kommunale Selbstverwaltung ab, die haben Sie schon längst abgeschafft durch die finanzielle „Kastration“ der Kommunen und der Stadt Eisenach.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜ- NEN)

Sie sind einfach ein Ignorant hinsichtlich der Realitäten.

Herr Abgeordneter Kuschel, mäßigen Sie sich mit „Ignorant“ und solchen Begriffen.

(Beifall SPD)

Danke, Frau Präsidentin, für den Hinweis. Klar, für die FDP ist es natürlich problematisch, sich hier in die Diskussion einzubringen, denn sie hat die damalige Fehlentscheidung mitgetragen und hat hier nicht den Mut, das zu korrigieren. Wir sagen ja für uns, uns sind politische Fehlentscheidungen nichts Fremdes. Man kann Entscheidungen treffen, die sich mit einer zeitlichen Verzögerung als Fehler herausgestellt haben. Aber man muss dann den Mut haben, diese eigenen Entscheidungen infrage zu stellen und zu korrigieren. Wer das nicht macht, ist Dogmatiker. Damit steht fest, wer in diesem Haus Dogmatiker ist und wer hier bereit ist, auch zu politischen Fehlentscheidung zu stehen.

(Beifall DIE LINKE)

(Abg. Adams)

Insofern ist das ein Beleg, dass die CDU tatsächlich Handlungsnachfolger der SED ist; wir sind nur Rechtsnachfolger.

(Unruhe CDU)

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: So ein Un- sinn.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Stadt Eisenach hat einen Haushalt von 100 Mio. €. Das Defizit beträgt 10 Mio. €. Aber auch das ist nicht die Wahrheit, denn Frau Wolf hat schon darauf verwiesen, der Haushaltsentwurf ist ja schon im Rahmen der Konsolidierung erfolgt, das heißt mit erheblichen Kürzungen. Und die Stadt Eisenach kann ihre Investitionsverpflichtungen nicht mal mehr ansatzweise erfüllen. Allein im Schulbereich ist ein Investitionsstau von 17,5 Mio. € entstanden. Jährlich kann die Stadt Eisenach gegenwärtig noch 500.000 € in die Schulen investieren. Das heißt, die Stadt Eisenach bräuchte 35 Jahre, um den Investitionsstau aufzulösen. In den 35 Jahren ist aber unstrittig schon wieder ein neuer Investitionsstau entstanden. Wer tatsächlich verantwortungsvolle Politik aus Sicht des Bürgers, und in dem Bereich Schulen aus Sicht der Schüler macht, der muss einfach begreifen, es geht so nicht weiter. Da können wir nicht auf eine große Lösung warten, wie Herr Gentzel sagt. Na klar, wir wollen eine große Lösung, uns haben Sie auf ihrer Seite. Wir haben schon 2005 ein Diskussionspapier dazu vorgelegt, wie das aussehen kann.

(Zwischenruf Abg. Gentzel, SPD: Wer ist denn „wir“?)

Aber Sie haben sich bisher verweigert. Sie haben uns voll auf Ihrer Seite und wenn Sie hier einen Gesetzentwurf für eine große Lösung vorlegen, ziehen wir unseren Gesetzentwurf für Eisenach und den Wartburgkreis sofort wieder zurück, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Unruhe SPD)

Das strukturelle Defizit von Eisenach, und da gebe ich Herrn Gentzel ausdrücklich recht, wir erheben keine Vorwürfe an die kommunalen Akteure vor Ort. Die haben aus meiner Sicht sehr verantwortungsbewusst, sehr differenziert versucht, alle Einnahmemöglichkeiten auszuschöpfen, und sind dort jetzt an der Grenze angelangt. Was die Ausgabenkürzungen betrifft, wenn es weitere Ausgabenkürzungen geben muss, geht es an die Substanz. Beispielhaft war ja das Bachhaus. Das müssen Sie sich mal überlegen, dass selbst die Weiterführung des Bachhauses gefährdet war, weil die Stadt Eisenach nicht in der Lage ist, den städtischen Zuschuss von 30.000 € aufzubringen. Da musste das Land jetzt einspringen über Bedarfszuweisungen. Allein im Einzelplan 02, das sind die Schulen, und Einzelplan 04 - Soziales - ist ein strukturelles Defizit von 6 Mio. € zu verzeichnen. Da ist die künftige