Protokoll der Sitzung vom 10.12.2010

da verschlägt es mir die Sprache. Das ist unglaublich. Frauen an den Herd, Frauen zu Kindern, Frauen nach Hause.

(Zwischenruf Abg. Gumprecht, CDU: Das ist Ihr falsches Bild von der Welt.)

Das ist das, was Sie hier sagen, was Sie wollen, was Sie zementieren. Das hat auch jeder hier in diesem Raum und jeder, der hier zuhört, gemerkt, das bedauere ich sehr.

(Zwischenruf Abg. Emde, CDU: Das ist uner- hört, Frau Siegesmund.)

Zur Frage, wie gut ich die Thüringer Verfassung kenne: Ich kenne nicht nur die Thüringer Verfassung gut, Herr Gumprecht, ich kenne auch das Grundgesetz gut und im Grundgesetz Artikel 3 Abs. 2 steht, dass jede gesetzliche Maßnahme, die ein veraltetes und überkommenes Rollenbild zwischen Frau und Mann festschreibt, verfassungswidrig ist. Und was Sie hier an den Tag legen, das ist an dieser Stelle sehr zu hinterfragen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Was kann man - das will ich auch gern fragen denn mit 13 Mio. € machen? Wir, unideologisch wie wir sind, sagen, es soll jeder selbst entscheiden können. Es sollen alle gleichberechtigt entscheiden können, ob sie ihr Kind in die Kita geben oder ob sie die 150 € einstreichen. Wir sagen, mit den 13 Mio. € - und hätten Sie unseren Entschließungsantrag gelesen, wüssten Sie das - wollen wir institutionell fördern, wollen die Kinder da fördern, wo sie es brauchen, nicht Mutter zu Hause, wo sie steht und das Essen kocht, so wie Sie es gern hätten, ich finde das einfach unglaublich. Und was ich auch unglaublich finde, ist, dass Sie unseren Entschließungsantrag nicht einmal richtig gelesen haben. Sie wüssten erstens, wir haben Übergangsfristen drin. Wir haben Ihnen praktisch die Hand ausgestreckt, wir haben Ihnen die Möglichkeit gegeben, auch an dieser Stelle einmal mit einem offenen Fokus heranzugehen. Sie wollen es ja gar nicht.

(Zwischenruf Abg. Emde, CDU: Wer sagt Ih- nen eigentlich, dass die Frau zu Hause bleibt und kocht?)

Ich finde das sehr schade. Da steht auch drin, dass wir das Geld in institutionelle Strukturen stecken wollen und da steht im Übrigen auch drin, Herr Gumprecht, machen Sie sich wenigstens die Mühe, auch wenn Sie Regierungskoalition sind, die Opposition - das sind drei Fraktionen -, da sollte es auch einmal drei verschiedene Meinungen geben. Ich sage nicht, dass die Stiftung FamilienSinn aufgelöst werden muss. Ich sage, die muss man vom Kopf auf die Füße stellen, damit sie funktioniert. Das ist ein Unterschied und wir reden zu diesem Punkt nachher und nicht jetzt in diesen Verbunden, auch wenn Sie es gern hätten, weil Sie vielleicht eher nach Hause oder zu irgendeiner Weihnachtsfeier wollen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Hätten Sie sich auch gut vorbereitet, wüssten Sie, dass das Rechtsgutachten, was wir vorliegen haben, ganz eindeutig sagt, dass das Thüringer Landeserziehungsgeld, was in einer ähnlich adaptierten Variante unter schlimmsten Umständen Schwarz-Gelb auch noch auf Bundesebene einführen will, dass es dort verfassungswidrig ist und so, wie es ist, Ober schlägt Unter, Herr Gumprecht, das Grundgesetz schlägt im Zweifel die Thüringer Verfassung bzw. mit beiden muss man sich auseinandersetzen. Sehen Sie, wenn es dort Bedenken gibt, dann müssen wir uns auch in Thüringen damit auseinandersetzen, ob es hier verfassungsrechtliche Bedenken gibt, und ich sage Ja. Damit wir nicht darauf warten müssen, dass sich die nächste Koalition damit auseinandersetzt, kündige ich an dieser Stelle auch gleich einen Selbstbefassungsantrag für unseren Ausschuss an, damit wir das dort sachlich, in Ruhe und ganz vernünftig miteinander dis

(Abg. Eckardt)

kutieren können und darauf freue ich mich. Vielen Dank.

(Zwischenruf Abg. Emde, CDU: Das ist doch mit Ihnen gar nicht möglich.)

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die FDP-Fraktion hat sich der Abgeordnete Koppe zu Wort gemeldet.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich werde das alles nicht noch einmal wiederholen, was wir schon mehrmals besprochen haben, aber auf so ein paar Sachen würde ich schon noch einmal eingehen. Herr Gumprecht, im Gegensatz zu der angesprochenen Fraktion drohe ich Ihnen nicht, aber die Intention bleibt trotzdem die gleiche. Auch wenn Sie es noch dreimal wiederholen und noch viel mehr Gründe nennen, da muss ich der Kollegin Siegesmund recht geben, die schon fast im Altertum anzusiedeln sind, dadurch wird es nicht richtiger, es wird auch nicht besser dadurch.

(Beifall FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Begründung, dass wir das aus rein finanzieller Sicht sehen, selbst wenn es so wäre und das Geld zum Schuldenabbau dienen würde, schon allein deshalb wäre es begründet, genau dieses abzuschaffen.

(Beifall FDP)

Herr Eckardt, noch einen Satz zu Ihnen. Selbst wenn Sie der Meinung sind, wir stellen es einmal so hin und Sie sagen, der Gesetzentwurf ist handwerklich nicht gut gemacht, weil er im Gegensatz zu dem anderen keine Übergangsfrist festlegt, und wenn Sie den inneren Antrieb hätten, der Abschaffung des Landeserziehungsgeldes zuzustimmen ich setze es voraus -, dann wäre es ein Einfaches, da braucht man wahrscheinlich nicht einmal einen Referenten, einen Änderungsantrag zu stellen, eine Übergangsfrist hineinzubringen, einen Betrag einzustellen, womit man die Übergangszeit finanziert im nächsten Haushalt und schon wären wir gemeinsam auf einer Linie gewesen. Also das ist ein bisschen dünn gewesen.

(Beifall FDP)

Zu Herrn Bärwolff vielleicht noch einen Satz. Im Gegensatz zu Ihnen, am Anfang konnte ich Ihnen ja wirklich gut folgen, aber dann ist es ein bisschen in eine Richtung gegangen, wo ich sagen würde, das war nicht mehr so ganz zum Thema und dann ist es auch so ein bisschen ideologisch geworden und dann waren wir bei den Regelsätzen für HartzIV-Kinder. Aber wenn Sie nach den ersten vier Sät

zen aufgehört hätten, hätte ich Ihnen applaudiert, ansonsten konnte ich es nicht. Von daher noch einmal meine Werbung für die Abschaffung des Landeserziehungsgeldes. Stimmen Sie bitte unserem Änderungsentwurf zum Gesetz zu und tun Sie etwas für die Verantwortung Ihrer Kinder, Ihrer Enkelkinder und auch für die finanzielle Belastung des Landes Thüringen. Vielen Dank.

(Beifall FDP)

Mir liegen keine weiteren Redeanmeldungen mehr vor. Ich frage jetzt in Richtung Landesregierung. Auch hier gibt es keinen Redewunsch. Demzufolge schließe ich die Aussprache.

Herr Emde, ist das ein Redewunsch?

Nein, Frau Präsidentin, ich möchte namentliche Abstimmung beantragen.

Zu beiden?

Ja, zu beiden.

Gut. Dann rufe ich als Erstes den Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Drucksache 5/1765 nach zweiter Beratung auf. Ich bitte darum, dass die Stimmkarten eingesammelt werden.

Zur Erläuterung: Ich hatte dem Kollegen Barth eine falsche Auskunft gegeben, welcher Gesetzentwurf zuerst abgestimmt würde, ich hatte ihm zwar gesagt, in der Reihenfolge der Drucksachennummern. Die Reihenfolge der Drucksachennummern ist, dass zuerst über den Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN abgestimmt wird. Es wird die Drucksache 5/1765 abgestimmt.

Moment bitte, es gibt einen Geschäftsordnungsantrag. Wir haben keine Wahlmöglichkeiten im Abstimmungsverfahren. Ich habe eigentlich das Abstimmungsverfahren eröffnet und gesagt, über welche Drucksache wir abstimmen. Falls es sich direkt auf das Verfahren bezieht, würde ich das zulassen, Herr Barth?

Ja, es bezieht sich direkt auf das Verfahren. Es ist die Frage, ob es möglich ist, die Abstimmung umzukehren, also die Reihenfolge zu ändern.

(Abg. Siegesmund)

Herr Barth, das geht jetzt nicht mehr, ich habe aufgerufen.

Ich gehe jetzt davon aus, dass jeder die Gelegenheit hatte, seine Stimmkarte abzugeben und jetzt wird ausgezählt.

Mir liegt das Ergebnis der namentlichen Abstimmung zum Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Drucksache 5/1765 vor. Es wurden 65 Stimmen abgegeben. Mit Ja haben 17 gestimmt, mit Nein 41, es haben sich 7 enthalten. Damit ist der Gesetzentwurf mit Mehrheit abgelehnt (namentliche Abstimmung siehe Anlage 3).

Nun folgt die namentliche Abstimmung zum Gesetzentwurf der Fraktion der FDP in Drucksache 5/1766 nach zweiter Beratung. Ich bitte darum, dass die Stimmkarten eingesammelt werden.

Ich nehme an, dass jeder seine Stimmkarte abgegeben hat. Das ist jetzt so festgestellt und es kann ausgezählt werden.

Mir liegt das Ergebnis zur namentlichen Abstimmung zum Gesetzentwurf der Fraktion der FDP in Drucksache 5/1766 vor. Es wurden 66 Stimmen abgegeben, mit Ja haben 7 gestimmt, mit Nein 42 und es gab 17 Enthaltungen. Damit ist der Gesetzentwurf mit Mehrheit abgelehnt (namentliche Abstim- mung siehe Anlage 4).

Ich schließe damit den Tagesordnungspunkt 11 a) und b) und rufe auf den Tagesordnungspunkt 12

Gesetz zur Aufhebung der Stiftung „FamilienSinn“ Gesetzentwurf der Fraktion der FDP - Drucksache 5/1767 ZWEITE BERATUNG

Für die Fraktion DIE LINKE erhält der Abgeordnete Bärwolff das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die FDP hat in einem Gesetzentwurf beantragt, die Stiftung FamilienSinn aufzulösen. Die Linksfraktion hat durchaus Sympathie diesem Anliegen gegenüber, denn bereits bei der Familienoffensive, die der damalige Ministerpräsident Dieter Althaus angekündigt hat, stand die Stiftung FamilienSinn im Fokus und wurde auch dazumal von uns schon kritisiert. Die Kritikpunkte haben sich wenig geändert. Das Konstrukt der Stiftung ist undurchsichtig, ist undurchschaubar und vor allem, das Konstrukt der Stiftung ist undemokratisch, nicht zuletzt dadurch, dass Finanzmittel und die eigentliche Stiftungsarbeit nicht hier im Landtag kontrolliert werden, sondern vom Stiftungsrat, der von den Ministerien er

nannt und auch nicht hier im Landtag gewählt wird, sondern quasi eine Einrichtung außerhalb des Landtags ist, was natürlich die demokratische Kontrolle von uns Parlamentariern schwierig macht. Hinzu kommt das fragwürdige Verhalten oder die fragwürdige Konstruktion der Stiftung diesbezüglich, dass wir 34 Mio. € im Stiftungskapital haben, die Stiftung über Zinsen Erträge erwirtschaftet und aus diesen Erträgen verschiedene fachpolitische Aufgaben geleistet werden. Familienbildung, Familienerholung, die Elternakademie wird daraus finanziert usw. Das ursprüngliche Versprechen, dass mit dem 34 Mio. € umfassenden Kapitalstock sämtliche Aufgaben, die im Stiftungsgesetz stehen, erledigt werden, kann leider auch nicht so gehalten werden. Allein in diesem Jahr geben wir 120.000 € zusätzlich, im nächsten Jahr - das haben wir gestern hier beschlossen im Landeshaushalt - werden noch einmal 122.000 € der Stiftung zugeführt; also stellt sich die Frage: Was bringt es wirklich? Zumal, und das will ich hier ganz kurz sagen, wir hatten am Mittwoch bei den Mündlichen Anfragen eine Anfrage zu den Leistungen der Familienfreizeit und Familienerholung. Seit es die Stiftung gibt, kann man feststellen, dass es allein im Bereich der Familienfreizeit und Familienerholung eine recht große Disparität zwischen den gestellten Anträgen gibt. Ich will das hier mal nennen: Im Jahr 2006 waren es 602 Anträge, die gestellt wurden, bewilligt wurden aber nur 258. So zieht sich das die Jahre hindurch. Im Jahr 2010 wurden bislang 417 Anträge gestellt und nur 287 bewilligt. Das Ganze hat ein Fördervolumen von 125.000 € bislang in diesem Jahr. Auch die anderen Jahre war das Fördervolumen immer zwischen 140.000 und 150.000 €. Zu der Zeit, als es die Stiftung FamilienSinn noch nicht gab, als wir noch über diese Maßnahmen im Landeshaushalt entscheiden konnten, gab es allein für den Fachbereich Familienfreizeit und Familienerholung über 200.000 €, das heißt also im Umkehrschluss, dass die Bedarfe, die über die Stiftung FamilienSinn gedeckt werden sollen, gar nicht wirklich gedeckt werden. Das heißt also, dass hier durchaus noch Spielraum ist, dass es hier mehr Bedarfe gibt, als die Stiftung in der Lage ist, zu decken. Das bestätigt auch wieder unsere Kritik, dass das, was durch den Kapitalstock an Zinsen auch erwirtschaftet wird, nicht ausreicht zur Aufgabendeckung. Hier sehen wir unsere Kritik durchaus bestätigt. Da gab es natürlich den Vorwurf, dass wir sagen, wenn wir die Stiftung auflösen, dass wir dann den Kapitalstock quasi verfrühstücken. Das kann man so sagen, ja, aber man muss auch sagen, dass in den Jahren davor, in den Jahren vor der Einrichtung der Stiftung FamilienSinn auch wesentlich mehr Geld in die Familienförderung gesteckt wurde, als jetzt über die Zinserträge überhaupt zur Verfügung steht. Das ist natürlich für diejenigen Einrichtungen, die an der Stiftung hängen, Familienzentrum, Familienbildung, äußerst ungünstig, denn sie müssen ja seit einigen Jahren

quasi mit einer Kürzung rechnen und mit einer Kürzung leben. Die Mittel werden kleiner, die Aufgaben werden aber nicht weniger. Im Gegenteil, wenn man sich Familienzentren anschaut, wenn man mit Leuten aus Familienberatungsstellen spricht, die klagen darüber, dass ihre Bedarfe und Bedürfnisse, dass ihre Problemlagen, die sie zu bearbeiten haben, immer schwieriger werden. Aus diesem Grund wäre in der Tat die Frage zu stellen, ob nicht institutionelle Förderung über den Landeshaushalt, wie wir das in den Jahren vor der Einrichtung hatten, vielleicht sinnvoller wäre, denn allem Anschein nach bringt ja das Konstrukt der Stiftung nicht so viel.

Auch die Elternakademie wurde von uns bereits vor der Einrichtung des Gesetzes zur Thüringer Familienstiftung, zur Stiftung FamilienSinn kritisiert. Auch die Elternakademie hat natürlich ihr Profil in den letzten Jahren ein wenig gewandelt. Jetzt gibt es durchaus direkte Angebote für Eltern. Aber dass in diesem Wasserkopf zu forcieren, das halten wir für durchaus schwierig. Sinnvoller wäre wirklich, viel mehr Geld an Familienzentren, Elternzentren zu geben. Die Frage, die auch noch im Raum steht, ist beispielsweise der Ausbau von Kindertagesstätten zu Eltern-Kind-Zentren, wo Elternarbeit viel besser auch geschehen könnte. Das alles sind Punkte, die wir hier schon oftmals referiert haben, die auch nicht neu sind. In diesem Sinne werden wir uns dem Antrag der FDP anschließen. Wir wollen auch die Auflösung der Stiftung. Wir hatten dazu gestern auch im Landeshaushalt entsprechend Anträge gestellt. Damit war es das. Danke.

(Beifall DIE LINKE, FDP)

Für die CDU-Fraktion hat der Abgeordnete Primas das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Stiftung FamilienSinn ist durch Artikel 5 des Thüringer Familienfördergesetzes vom 23. Dezember 2005