Protokoll der Sitzung vom 19.01.2011

Aber, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen der Fraktion DIE LINKE, das, was Sie fordern, hat die SPD und unsere Bundestagsfraktion nahe

zu komplett schon im November letzten Jahres gefordert und in Kernaussagen auch schon formuliert und zum Gegenstand der Verhandlungen in der eingesetzten Arbeitsgruppe des Vermittlungsausschusses von Bundestag und Bundesrat gemacht.

1. Es ist ein Fakt, dass die für die Ermittlung der Kinderregelsätze zugrunde gelegten Daten in weiten Teilen ungültig sind. So beruhen nur etwa zwei Drittel des Regelsatzes für Kinder unter 6 Jahren auf Verbrauchsausgaben von mehr als 100 Haushalten. Bei Kindern von 14 bis unter 18 Jahren sind es sogar nur rund 44 Prozent.

2. Die Leistungen für die Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben gelten nur für Kinder und Jugendliche bis zum vollendeten 18. Lebensjahr. Anspruchsberechtigt für Leistungen zur Deckung des Bildungsbedarfs, wie die Schulausflüge, Schülerbedarfspaket und Mittagsverpflegung sind hingegen Schülerinnen und Schüler, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Die unterschiedlichen Altersgrenzen bei der Bemessung des Anspruchs sind in der Tat weder nachvollziehbar noch sachgerecht.

3. Ein in diesem Zusammenhang fehlender Mindestlohn schafft Bedürftigkeit und sorgt für eine Ausweitung der Leistungen nach dem SGB II. Denn viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verdienen so wenig, dass sie als sogenannte Aufstocker staatliche Leistungen beziehen müssen, um auf ein existenzsicherndes Einkommen zu gelangen.

Daher hat die SPD die Bundesregierung u.a. zu folgenden Nachbesserungen aufgefordert: Was die Ermittlung realitätsnaher Kinderregelbedarfe anbelangt, schlagen wir vor, einen Expertenkreis einzusetzen, der Vorschläge unterbreitet, wie die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2013 die Bedarfe unserer Kinder genauer ermitteln können. Insbesondere bei den Leistungen für Bildung und Teilhabe von Kindern und Jugendlichen haben wir eine ganze Reihe von Vorschlägen auf die politische Agenda gesetzt, die wesentlich zur Verbesserung der Situation benachteiligter Kinder und Jugendlicher beitragen: Der flächendeckende Ausbau von Ganztagsschulen sowie von Ganztagsangeboten der frühkindlichen Bildung und Betreuung, der flächendeckenden Schulsozialarbeit, der schrittweisen Einführung gebührenfreier Betreuungsangebote, der Einführung eines kostenlosen warmen Mittagessens an Kitas und Schulen sowie der Lernmittelfreiheit und der kostenlose Förderunterricht. Nicht entgangen sein dürfte Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass die SPD-Bundestagsfraktion in ihrem Antrag im November 2010 auch die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns forderte. Dieser soll von einer unabhängigen Kommission, bestehend aus Vertreterinnen und Vertretern der Gewerkschaften, Arbeitgeberverbänden und der Wissenschaft festgeschrieben werden.

(Abg. Leukefeld)

Sie sehen also, Ihre Forderungen sind uns nicht nur nicht neu, sie sind auch schon längst Teil unseres umfangreichen Forderungskatalogs. Daher ist der Antrag zwar gut gemeint, jedoch zeitlich längst überholt. Unbestritten ist auch, dass die Erhöhung der Regelleistungen sowie die Anhebung der Grundsicherung zu erheblichen Mehrkosten bei den Kommunen führen. Meine Fraktion teilt einhellig die Auffassung des Sozialministeriums, dass nur mit einer außerordentlichen Sonderanpassung der Bundesbeteiligung an den Kosten der Unterkunft und der Heizung die Kosten für unsere Kommunen abgefedert werden können. Im Vermittlungsausschuss zwischen Bundestag und Bundesrat werden diese Forderungen Verhandlungsgegenstand sein und ich rufe die Kolleginnen und Kollegen der LINKEN und der GRÜNEN auf, im Vermittlungsausschuss mit uns an einem Strang zu ziehen, anstatt das, was wir auf unsere Agenda schon längst gesetzt haben, hier als Schaufensterantrag noch einmal aufzurollen. Ihre beiden Anträge, deren Intention ich unterstütze, kommen leider Monate zu spät und hinken der Aktualität der Ereignisse hinterher.

(Zwischenruf Abg. Leukefeld, DIE LINKE: Die waren schon eher eingereicht.)

Meine Fraktion wird Ihren Anträgen, deren Forderungen sich, wie bereits schon erwähnt, an den Antrag der SPD-Bundestagsfraktion vom 10. November 2010 anlehnt, nicht unterstützen, weil deren Verbesserungsvorschläge schon längst Gegenstand der Arbeitsgruppe sind und auch im Vermittlungsausschuss sein werden. Danke schön.

Vielen Dank, Herr Eckardt. Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Marian Koppe für die FDP-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, die Argumente sind ja jetzt schon hinreichend ausgetauscht worden. Aber zwei Sachen brennen mir doch noch auf dem Herzen, die würde ich gern noch loswerden wollen. Zum Ersten an die Kolleginnen und Kollegen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ich hätte mich ja schon gefreut, wenn BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in ihrer Regierungszeit, in der die jetzt von Ihnen so heftig kritisierte Hartz-IV-Regelung eingeführt wurde,

(Beifall DIE LINKE)

würdevolle, bedarfsgerechte und verfassungskonforme Regelsätze für Kinder, Jugendliche und Erwachsene beinhaltet, eingeführt hätte.

(Beifall FDP)

Dass dies nicht der Fall war, zeigt ja das Verfassungsgerichtsurteil und die damit erforderlich gewordene Neuregelung.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Stimmt nicht.)

Und zum Antrag der LINKEN lässt sich sagen, dass es schon einer gewöhnungsbedürftigen Ansicht bedarf, wenn eine erstmalige Erhöhung seit dem es eingeführt wurde, nach einer erstmaligen Erhöhung der Hartz-IV-Sätze einschließlich der Bildungsgutscheine für Kinder

(Zwischenruf Abg. Leukefeld, DIE LINKE: Das ist nicht die erstmalige.)

eine Verhöhnung der Betroffenen sein soll. Es ist mir auch ein Rätsel, wie man sich auch im Bundesrat so lange gegen diese Erhöhung wehrt, dass die Betroffenen noch heute auf die Auszahlung dieses Mehrbedarfs warten müssen. Wenn etwas den Begriff „Verhöhnung“ erfüllt, dann ist es für mich eine parteipolitisch geprägte Verhinderungsund Blockadepolitik. Vielen Dank.

(Beifall FDP)

Vielen Dank, Herr Koppe. Das Wort hat jetzt Abgeordnete König für die Fraktion DIE LINKE.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, insbesondere sehr geehrter Herr Gumprecht, ich bin keine Katholikin, nichtsdestotrotz weiß ich ein bisschen Bescheid, es gibt umgangssprachlich die sieben Todsünden, theologisch korrekt sind es die sieben Hauptsünden, eine davon ist Missgunst. Wenn Sie hier darstellen, das soundsoviele 56 Prozent der Deutschen den Hartz-IV-Satz nicht nur erhöhen wollen, 14 Prozent ihn sogar kürzen würden, dann frage ich mich, ob nicht Ihre Aufgabe a) als Teil der CDU, also der Christlich Demokratischen Union, und b) als Katholik, das sind Sie meines Wissens nach, darin läge, dieser Missgunst, die hier in Deutschland vorhanden ist bei diesen Menschen, entgegenzuwirken, diese abzuschaffen und dafür zu sorgen, dass Gerechtigkeit bei allen Menschen ankommt und nicht nur bei denen, die Arbeit haben, die Arbeit bekommen.

(Beifall DIE LINKE)

Als Zweites: Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung Frau Dyckmans von der FDP hat unter anderem erklärt, dass Alkohol und Tabak mit zum Grundbedarf gehören und dass sie nicht rausgerechnet werden dürfen, weil eine Lebenswirklichkeit abgespiegelt werden müsste. Insofern hat sie die Forderung nach der Streichung als puren Populismus erklärt und da kann ich ausnahmsweise der FDP auch mal zustimmen. Danke schön.

(Abg. Eckardt)

Vielen Dank, Frau König. Es liegen jetzt keine weiteren Wortmeldungen vor. Dann frage ich: Kann ich davon ausgehen, dass das Berichtsersuchen zu den Nummern I und III des Antrags der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und zu Nummer 1 des Antrags der Fraktion DIE LINKE erfüllt ist oder erhebt sich Widerspruch? Das ist nicht der Fall.

Dann kommen wir jetzt zur Abstimmung zu Nummer II des Antrags der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Hier wurde Ausschussüberweisung an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit beantragt. Ist das richtig? Dann stimmen wir jetzt über die Überweisung von Nummer II des Antrages der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Drucksache 5/1557, 2. Neufassung, an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit ab. Wer dem zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Ich sehe Zustimmung aus den Fraktionen der FDP, von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE. Die Gegenstimmen? Das sind Gegenstimmen aus den Fraktionen SPD und CDU. Gibt es Enthaltungen? Das ist nicht der Fall. Damit ist die Überweisung abgelehnt.

Wir müssen nun über den Antrag abstimmen, da keine Ausschussüberweisung beschlossen wurde. Wir kommen jetzt direkt zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in der Drucksache 5/1557. Wer dem zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen der Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE. Gibt es Gegenstimmen? Das sind die Stimmen der Fraktionen FDP, CDU und SPD. Gibt es Enthaltungen? Das ist nicht der Fall. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Wir kommen nun zur Abstimmung zu den Nummern 2 bis 5 des Antrags der Fraktion DIE LINKE. Wird hier Ausschussüberweisung beantragt? Das ist nicht der Fall. Dann kommen wir direkt zur Abstimmung über die Nummern 2 bis 5 des Antrags der Fraktion DIE LINKE in der Drucksache 5/1562 in der Neufassung. Wer dafür stimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. Die Gegenstimmen? Das sind die Stimmen der Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU, SPD und FDP. Gibt es Enthaltungen? Das ist nicht der Fall. Damit ist dieser Antrag abgelehnt und der Tagesordnungspunkt geschlossen.

Gemäß der heutigen Vereinbarung über die Tagesordnung rufen wir jetzt auf den Tagesordnungspunkt 15

Umsetzung des Deutschen Qualifikationsrahmens für lebenslanges Lernen (DQR) im Zusammenhang mit dem Euro

päischen Qualifikationsrahmen (EQR) Antrag der Fraktion der FDP - Drucksache 5/1738

Wünscht die Fraktion der FDP das Wort zur Begründung? Ja. Dann hat jetzt das Wort der Abgeordnete Koppe für die FDP-Fraktion.

Vielen Dank, Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, der Europäische Qualifikationsrahmen für lebenslanges Lernen, auch EQR genannt, legt ein System von Niveaustufen fest, über das sich die in Bildungsgängen erzielten Lernergebnisse definieren und über die Deskriptoren Kenntnisse, Fertigkeiten und Kompetenzen allgemein beschreiben lassen. Der EQR stellt die Voraussetzungen für die Vergleichbarkeit von den in verschiedenen europäischen Qualitätssystemen erworbenen Bildungsabschlüssen her. Mit der Entwicklung des EQR verbunden ist die Empfehlung an die in den Kopenhagener Prozess eingebundenen europäischen Länder, auf freiwilliger Basis nationale Qualifikationsrahmen, auch NQR genannt, zu schaffen, über die sich die in den nationalen Qualifikationssystemen erzielten Lernergebnisse systematisch beschreiben lassen. Durch Zuordnung der NQR-Level zum EQR können Qualifikationen aller Länder vergleichbar werden.

Unternehmen werden mit dem EQR in mehrfacher Hinsicht in Berührung kommen. Die grundsätzliche Zuordnung der nationalen Qualifikationsniveaus zum EQR wird durch die staatlichen Gremien geleistet, wobei in Deutschland kontinuierliche Konsultationen der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite vorgesehen sind. Sobald die Instrumente umgesetzt werden, sind Unternehmen als Mitglieder der Prüfungsausschüsse der Kammern auch mit den Levels der EQR und NQR konfrontiert. Dies gilt im Übrigen auch für die Auswahl geeigneter Bewerber. Um die europaweite Lesbarkeit ihrer Bewerbungsunterlagen zu erhöhen, werden Bewerber in nicht allzu ferner Zukunft ihre Qualifikationen mit Verweisen auf die EQR-Levels spezifizieren. Die Umsetzung und Einflechtung der deutschen Abschlüsse im Rahmen des Deutschen Qualifikationsrahmens harrt seit 2006 ihrer Umsetzung. Selbst wenn seit dem 10.11. vergangenen Jahres ein Papier des Arbeitskreises EQR vorliegt, sind weder die Konsequenzen noch die weiteren Schritte zur Umsetzung erkennbar. Daher unsere Bitte an die Landesregierung, hier im Plenum dazu Stellung zu nehmen. Wir haben uns zudem bewusst dafür entschieden, das Plenum als Rahmen des Berichtersuchens zu wählen, da damit die Bedeutung gerade auch für die Etablierung einer Vergleichbarkeit von Abschlussqualitäten in Europa für Thüringen deutlich wird. Wie die Ausländerbeauftragte der Landesregierung

Frau Hess bereits mehrfach in der Presse richtig festgestellt hat, ist es gerade für Thüringen in Zeiten des massiven demographischen Wandels und des weiter steigenden Bedarfs an jungen und qualifizierten Arbeitskräften von enormer Bedeutung.

Ich bedanke mich schon jetzt bei der Landesregierung für den folgenden Bericht und hoffe, damit auch ein Signal schnellstmöglicher Umsetzung gesetzt zu haben. Vielen Dank.

(Beifall FDP)

Das Wort zu diesem Bericht erhält der Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur, Herr Matschie.

Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen, da der Dank schon erfolgt ist, komme ich natürlich umso lieber der Bitte der FDP-Fraktion nach,

(Beifall FDP)

hier den Bericht zum Europäischen Qualifikationsrahmen und zum Deutschen Qualifikationsrahmen zu geben. Lassen Sie mich beim Europäischen Qualifikationsrahmen beginnen. Er wurde im Februar 2008 verabschiedet und stellt das Bezugssystem dar, das Transparenz, Vergleichbarkeit von Kompetenzen und Qualifikationen in Europa schafft. Mit seinen acht Niveaustufen soll er als Übersetzungsinstrument zwischen den Bildungs- und Qualifikationssystemen der Mitgliedstaaten fungieren, und zwar sowohl für die allgemeine und die berufliche Bildung wie auch für die Hochschulausbildung. Noch in der Konsultationsphase zum Europäischen Qualifikationsrahmen im Oktober 2006 haben sich das Bundesministerium für Bildung und Forschung und die Kultusministerkonferenz darauf verständigt, gemeinsam einen Deutschen Qualifikationsrahmen für lebenslanges Lernen - DQR - zu entwickeln. Mit ihm sollen die Nationalen Qualifikationssysteme an den EQR, also den Europäischen Qualifikationsrahmen, gekoppelt werden. Dabei besteht zwischen Bund und Ländern Einigkeit, dass die Zuordnung von Qualifikationen und Abschlüssen zu Niveaustufen Aufgabe der einzelnen Staaten ist. Diese Zuordnung soll das bestehende System der Zugangsberechtigungen allerdings nicht ersetzen und sie erfolgt mit der Maßgabe, dass jedes Qualifikationsniveau grundsätzlich auf unterschiedlichen Bildungswegen erreichbar sein kann. Das Erreichen einer Niveaustufe berechtigt daher nicht automatisch zum Zugang zur nächsten Stufe und ist entkoppelt von tarif- und besoldungsrechtlichen Auswirkungen.

Die Berufsanerkennungsrichtlinie beispielsweise der EG bleibt durch die EU-Empfehlung zum EQR unberührt. Eine gemeinsame Bund-Länder-Koordi

nierungsgruppe Deutscher Qualifikationsrahmen wurde gebildet, die den Prozess der Erarbeitung des DQR steuert. Auf Länderseite wird dieser Prozess durch die Kultusministerkonferenzarbeitsgruppe Europäischer Qualifikationsrahmen begleitet und darüber hinaus - Sie hatten es eben schon erwähnt - sind eine Vielzahl von Akteuren aus den Bereichen allgemeine Bildung, Hochschulbildung, berufliche Bildung, die Sozialpartner und andere Experten aus Wissenschaft und Praxis beteiligt. Alle zusammen bilden den Arbeitskreis Deutscher Qualifikationsrahmen. Schon im Februar 2009 hat dieser Arbeitskreis einen Diskussionsvorschlag eines Deutschen Qualifikationsrahmens für lebenslanges Lernen vorgelegt und im November 2010 präzisiert und verabschiedet. Dieser ermöglicht inhaltlich die Zuordnung aller in Deutschland erworbenen Qualifikationen. Der Deutsche Qualifikationsrahmen enthält wie der Europäische Qualifikationsrahmen acht Niveaustufen, die Lernergebnisse abschlussunabhängig beschreiben.

Der DQR unterscheidet dabei zwei Kompetenzkategorien, nämlich die Fachkompetenz, unterteilt in Wissen und Fertigkeiten, und die personale Kompetenz, unterteilt in Sozialkompetenz und Selbstständigkeit. Dieses wird als Vier-Säulen-Matrix bezeichnet. Der Europäische Qualifikationsrahmen definiert Kompetenz als Übernahme von Verantwortung und Selbstständigkeit. Dem Deutschen Qualitätsrahmenentwurf liegt ein erweiterter Kompetenzbegriff zugrunde. Demnach wird Kompetenz verstanden als Fähigkeit und Bereitschaft, Kenntnisse und Fertigkeiten sowie persönliche, soziale und methodische Fähigkeiten in Arbeits- oder Lernsituationen und für die berufliche und persönliche Entwicklung zu nutzen. Kompetenz wird hier als Handlungskompetenz verstanden. Die Niveaustufe 1 ist nach dem DQR-Entwurf eine Einstiegsstufe, also beispielsweise für Abschlüsse von Förderschulen und für Eingangslevels von berufsvorbereitenden Angeboten. Bei den Stufen 5 bis 8 wurden jeweils Beschreibungen gewählt, die sowohl eine Zuordnung von akademischen als auch von beruflichen Qualifikationen ermöglichen. Die Kompatibilität mit dem 2005 verabschiedeten Qualifikationsrahmen für deutsche Hochschulabschlüsse HQR ist bei dem DQR-Niveaustufen 6 bis 8 gewahrt.

Zielsetzung der zweiten Erarbeitungsphase, die läuft seit Mai 2009, war es, Aussagekraft und Handhabbarkeit des DQR-Entwurfs zu prüfen und Änderungsbedarf zu identifizieren. Im Blick waren da besonders die Trendschärfe und Verständlichkeit der Beschreibungskategorien, die Matrix-Struktur und die Kompatibilität mit dem Europäischen Qualifikationsrahmen. Die Erprobung der Zuordnung von Qualifikationen erfolgte über alle Niveaustufen hinweg in vier Berufs- und Tätigkeitsfeldern: im MetallElektro-Bereich, in der Informationstechnik, im Handel und im Gesundheitsbereich. Dabei hat die

(Abg. Koppe)

DQR-Matrix hinsichtlich ihrer Handhabbarkeit bei den Experten grundsätzliche Zustimmung gefunden. Auch die Vier-Säulen-Struktur wird mehrheitlich für angemessen gehalten. Zudem werden keine Kompatibilitätsprobleme zwischen dem Deutschen und dem Europäischen Qualifikationsrahmen gesehen, auch wenn der EQR drei Säulen beinhaltet.

Für die Vier-Säulen-Struktur der DQR-Matrix sprechen aus Sicht der Experten drei wichtige Gründe:

Erstens: Alle vier Kompetenzkategorien sind im Sinne des lebenslangen Lernens gleichwichtig.