(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: An die Menschen zu denken, die 20 Jahre rück- wirkend diese Beiträge bezahlen sollen.)
auch mal verbal ein wenig abzurüsten. Das ist auch noch ein anderer Aspekt, Herr Ramelow, der mich beschäftigt in den letzten Tagen, denn ich habe jetzt den Eindruck, wenn ich die Presse verfolge und wenn ich auch Ihre Argumentation des gestrigen Tages und das, was so über die Ticker läuft, alles wahrnehme, als hätte die Landesregierung jetzt diese Geschichte mit den Beiträgen seit 1991 neu erfunden.
(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Sie machen doch jetzt nur Wind. Das ist der ein- zige Unterschied.)
Herr Ramelow, lassen Sie mich doch ausreden, Sie haben doch gleich die Möglichkeit, auch hier vorzugehen und mich zu widerlegen. Aber dieser jetzige Gesetzentwurf erfindet doch das Beitragsrecht nicht neu, das hat es doch früher auch schon gegeben.
Wenn wir die alte Rechtsauffassung weiterhin gelten lassen würden, wenn wir beide Gesetzentwürfe ablehnen würden, das könnte ja sein, weil die Mehrheit sich hier nicht findet, und jetzt würde die alte Gesetzgebung nach wie vor standhalten, dann würden wir doch genauso in diesen Kommunen ei
ne Beitragspflicht haben, das ist doch nichts Neues. Das wird aber im Moment so dargestellt, so ist es zumindest auch bei den Leuten draußen gestern, mit denen ich mich unterhalten habe, angekommen. Die meinen jetzt, weil die Landesregierung diesen Gesetzentwurf vorlegt, wird jetzt plötzlich alles anders.
Wir brauchen dieses Volksbegehren eigentlich auch gar nicht, wenn Sie hier mal einen Gesetzentwurf vorlegen würden,
der wirklich rechtlich auch sicher ist, wenn Sie uns beweisen würden, dass das Grundproblem bei Straßenausbaubeiträgen so geregelt wird, dass nicht sofort Juristen in Gelächter ausbrechen, wenn sie einmal drüberlesen.
Das wäre ja ganz schön. Und wenn wir jetzt wissen, dass Ihr Gesetzentwurf rechtlich unhaltbar ist, dann steht immer noch die Frage im Raum: Wer bezahlt denn demnächst unsere Infrastruktur? Sollen es die Kommunen machen oder macht das das Steueraufkommen, wie geht das jetzt weiter? Sie werden berechtigterweise - das ist ja legitim - zu mir sagen oder nach vorn brüllen oder durch Zwischenrufe oder nachher hier am Pult sagen, Herr Hey, es bleibt ja eigentlich alles, wie es ist, weil zum Schluss der Bürger belastet wird, und er ist zum Schluss wieder der Dumme. Ich muss Ihnen sagen, ich bin auch nicht überglücklich mit der gegenwärtigen Situation. Der Gesetzentwurf der Landesregierung wird uns hier in Thüringen nicht zu sorgenfreien Blumenkindern machen. Das ist mir doch auch vollkommen klar. Aber ich muss doch wenigstens anerkennen, dass dieser Gesetzentwurf der Landesregierung versucht zu vermitteln zwischen diesen beiden Interessengruppen. Ich werde diesem Gesetzentwurf deshalb auch zustimmen, weil ich es bei Ihrem ja nicht kann, weil er gar nicht durchführbar wäre.
Deshalb sage ich das hier noch mal und bitte Sie inständigst, das wenigstens zu beachten: Wenn Sie beste Kontakte pflegen zu den Bürgerinitiativen hier im Land und zur Bürgerallianz, z.B. Herr Kuschel, dann seien Sie ehrlich zu diesen Menschen und sagen Sie ihnen, dass es rechtliche Zweifel gibt an dieser Infrastrukturabgabe und an ihrem Gesetzentwurf und sicher dann auch an einem nachfolgenden Volksbegehren. Das haben diese Menschen verdient, die sich seit 20 Jahren für ihre eigenen Belange einsetzen. Ich denke, man ist es diesen Menschen schuldig, ehrlich und auch bei der Wahrheit zu bleiben. Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, lieber Herr Kollege Hey, ich bewundere ja die große Kreativität in Ihrer Rhetorik. Das ist absolut unbestritten und das ist auch ganz gut, und zwar zweigeteilt zu Ihrem Vortrag: Zum Anfang haben Sie es ja geschafft, rhetorisch, obwohl Sie dem von der Bürgerinitiative abgelehnten Antrag der Landesregierung zustimmen werden, das immer erklärt haben und auch für diesen kämpfen, zumindest habe ich Sie bisher so verstanden, zu vermitteln, dass es Ihnen förmlich leid tue oder dass Sie einem förmlich leid tun müssen, dass Sie das tun müssen. Das war eine interessante Form, wie Sie das gemacht haben. Das andere ist jetzt wieder die interessante Form, dass Sie etwas, was sich gegen Sie richtet, in gleicher Form an den politischen Mitbewerber wenden. Denn Sie zitieren aus Stellungnahmen zu unserem Gesetzentwurf LINKE und GRÜNE, dass gar nicht zitiert, sondern erwähnt - dem verfassungsrechtliche Bedenken entgegenstehen. Sie wissen aber ganz genauso gut, dass auch Ihrem Gesetzesantrag der Landesregierung verfassungsrechtliche Bedenken entgegenstehen. Insofern würde ich Sie jetzt beim Wort nehmen, weil Sie mir an der Stelle ein Vorbild sind, und sagen, lassen Sie uns doch einfach verbal abrüsten. Es ist nun mal so, wenn man schwierige Komplexe lösen will, dass man dann auch immer wieder auf der Ebene neuer gesetzlicher Regelungen eine intensive Diskussion über die Verfassungsmäßigkeit dieser neuen Regelungen hat. Es ist in der Thematik ganz natürlich, dass man, wenn man so ein großes Problem lösen will, das man vorher nicht lösen konnte, weil man bestimmte Grenzen gesehen hat, die man nicht überwinden wollte, nicht überwinden konnte, auch immer wieder die verfassungsrechtlichen Bedenken äußern muss. Es würde auch zur Wahrheit beitragen, wenn Sie sagen, dass es natürlich auch gegen die Rückwirkung, die in Ihrem Gesetz hier eingeschrieben wurde, solche Bedenken gibt.
Ich kann es Ihnen nur noch mal sagen, auch das ist eine verbale Aufrüstung: Wenn ich Sie frage, woher Sie wissen, dass unsere Regelungen nicht mit der Verfassung vereinbar seien, dann zitieren Sie - also bei aller Wertschätzung - den Juristischen Dienst des Thüringer Landtags wie auch den Mieterbund und verschiedene Grundstücksverbände. Es ist mir nicht bekannt, dass diese über die Frage der Verfassungsmäßigkeit entscheiden. Deshalb fordere ich Sie einfach auf, unserem Gesetzentwurf zuzu
stimmen, und ich bin mir sicher, es wird relativ schnell zu einer Verfassungsklage dazu möglicherweise kommen. Dann wird das Verfassungsgericht das entscheiden und dann entwickeln wir in diesem Land das Verfassungsrecht fort und auch das Abgabenrecht und wir werden möglicherweise sehen, dass der innovative Ansatz, der sich in unserem Gesetzentwurf zeigt, sich durchsetzen kann. Wenn Sie ihm aber keine Chance geben, werden wir bei diesen alten Verfahren weiterhin bleiben und das haben die Menschen nicht verdient; „nicht verdient“ ist auch eine Sache, die Sie hier öfter gesagt haben - auch ich sehe das so.
Dann will ich noch eine Sache sagen, lieber Herr Hey: Ich bin viel auf Demonstrationen zu unterschiedlichen Anlässen und ich übernehme ganz bewusst nicht die Verantwortung für jeden Menschen, der dort ist. Ich habe hier in diesem Hause auch keine Kollegen angeklagt, die auf Demonstrationen im Südthüringer Raum - wo es um Straßen geht forderten, GRÜNE anzugreifen. Das würde ich nicht machen. Ich sage Ihnen auch noch eine Sache. Da waren damals zwei junge Menschen von den GRÜNEN unterwegs, die waren ganz allein und angesichts der Stärke der Sicherheitskräfte hatte ich keine Sorge, dass ihnen auch nur ein Haar gekrümmt würde. Hätte ich die Sorge gehabt, wäre ich eingeschritten und darauf dürfen Sie sich immer verlassen. Aber heute so zu tun, dass jemand, der einen Gesetzesvorschlag, der innovativer ist als Ihrer, damit natürlich auch mehr Fragen aufwirft, das ist okay, dass Sie das kritisieren, sie sind nicht so innovativ, aber dass derjenige daran schuld sei, dass Sie beschimpft werden, das geht ein Stück zu weit. Dagegen verwahre ich mich. Darüber sollten Sie einfach noch mal nachdenken, ob das vernünftig ist, hier so eine Debatte aufzumachen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Bürgerinnen und Bürger in diesem Land haben einen intensiven Disput geführt. Schon lange beschäftigt uns das Problem der Abgaben Wasser, Abwasser, Straßen, der Zwangsbeiträge hier an dieser Stelle. Vor einem Jahr haben die Bürgerinnen und Bürger selbst - organisiert über die Bürgerinitiative, über die BI - einen Gesetzesvorschlag gemacht. Das ist, finde ich, eine außerordentlich beachtliche Leistung.
Dieser Gesetzentwurf wurde von uns weiter diskutiert. Wir haben ihn angenommen, haben uns des Anliegens angenommen und haben ihn vorgelegt. Dann haben nicht wir Ihnen einen Gegenentwurf vorgelegt, sondern Sie haben einen Gegenentwurf vorgelegt und dieser Gegenentwurf ist nur ein halber Gegenentwurf, weil Sie eine ganze Regelungsthematik überhaupt nicht aufgenommen haben. Das ist zumindest für mich auch ein Zeichen der Schwäche. Denn ich glaube, dass es jetzt endlich
Meine sehr verehrten Damen und Herren, unser Gesetzentwurf ist getragen von dem Ziel, mehr Transparenz, mehr Solidarität und vor allen Dingen Innovation in die Abrechnung und in die Finanzierung unserer Infrastruktur zu bringen. Ich will das noch mal unterstreichen. Anfang September letzten Jahres war „Stuttgart 21“ das Synonym für ein schlechtes Verkehrsprojekt, noch nicht das Synonym dafür, dass Bürgerinnen und Bürger in diesem Land aufbegehren. Das kam erst noch. Ich finde, auch an der Stelle sollten Sie noch einmal kritisch über Ihren Gesetzentwurf schauen, ob dieser Gesetzentwurf wirklich auch Transparenz und Bürgerbeteiligung ein Stück weiterbringt. Ich habe großen Zweifel, ob dies in Ihrem Gesetzentwurf halbwegs angenommen werden kann.
Die Antwort der Landesregierung ist, wie ich schon gesagt habe, spärlich. Es ist nur ein halber Gesetzentwurf. Wir haben übrigens noch einmal nachgeschaut, Sie waren als Fraktion natürlich eingeladen zu den Diskussionen, die wir dazu hier im Landtag hatten. Es wäre auch wirklich schön gewesen, da mit hinzukommen, zumindest aber nicht zu behaupten, dass Sie nicht eingeladen gewesen wären, wie Sie es gestern gemacht haben.
Da haben Sie, glaube ich, eine Einladung bekommen. Wenn Ihnen das nicht genug ist, mein Gott, so viel Protokoll brauchen wir, glaube ich, untereinander nicht, lieber Herr Hey.
Dieses halbe Gesetz widmet sich lediglich dem Komplex der Straßenausbaubeiträge. Wir haben das bereits kritisiert. Dieses Gesetz ist vor allen Dingen ein Gesetz, das an die Stellungnahmen zu Ihrem Gesetz neue Ungleichheiten schaffen wird. Sie schaffen nämlich eine große Ungleichheit in der Frage: Lebe ich in einer reichen Kommune oder lebe ich in einer armen Kommune? Wenn das die neue Antwort der Thüringer Landesregierung, der SPD und der CDU auf die Frage ist, wie wir Infrastruktur demnächst organisieren wollen, habe ich große Zweifel, ob das durchstehbar sein wird. Es ist interessant, dass gerade darauf immer wieder das Argument kommt, so sei das doch gar nicht, niemand entscheide sich doch dafür, ob in einer Kommune der Bürgersteig gerade schön gemacht sei oder die Straße neu sei, um sich mal dort anzusiedeln oder um dort den Wohnsitz zu wählen. Das ist eine ganz interessante Aussage, die dabei immer wieder passiert, denn sie unterstreicht vor allen Dingen, dass dieser besondere Vorteil, der den Eigentümern der Gebäude, den Eigentümern der Grundstücke, die am öffentlichen Raum angrenzen, immer unterstellt wurde, nämlich nicht wirklich besteht. Deshalb war es eine Ungerechtigkeit gewesen, denen alle Lasten aufzuerlegen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, unser Gesetzentwurf setzt mehr auf Solidarität und würde diese Ungerechtigkeit beenden.
Ich will ganz kurz noch zum Schluss zu dem Änderungsantrag der FDP kommen. Ich habe ihn bei der Durchsicht für nicht ausreichend gefunden, weil ich habe vor allen Dingen eine Sache vermisst, Sie hatten in Ihrer Pressemitteilung vom 21. März verfassungsrechtliche Bedenken wegen der wiederkehrenden Beiträge. Jetzt ändern Sie etwas daran, lassen aber die verfassungsrechtlichen Bedenken wegen der wiederkehrenden Beiträge drin. Insofern verstehe ich das eigentlich nur als so einen kleinen kosmetischen Antrag, der aber an den offensichtlich von Ihnen vertretenen Hauptkritikpunkten leider nichts ändert, nur das Ermessen differenziert, ein Ermessen, das es vorher schon gab, nur noch mal ausdifferenziert. Das ist, finde ich, erklärungsbedürftig. Wenn Sie das gut erklären können, wie Sie die verfassungsrechtlichen Bedenken mit Ihren Änderungen wegbekommen, dann, finde ich...
Herr Bergner, das haben Sie doch eigentlich gar nicht nötig, so substanziell, wie Sie normalerweise eigentlich argumentieren, haben Sie doch die Bemerkung eben gar nicht nötig gehabt. Vielen Dank, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Danke, Herr Abgeordneter Adams. Es hat jetzt Abgeordneter Kuschel für die Fraktion DIE LINKE das Wort.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich begrüße auch recht herzlich Herrn Rusch und Herrn Schäfer vom Gemeinde- und Städtebund. Zumindest Sie signalisieren durch Ihre Teilnahme, dass es um ein wichtiges kommunales Problem geht. Es geht aber nicht nur um die Kommunen, es geht auch um die Bürgerinnen und Bürger in diesem Land. Insofern ist es auch gut, dass wir darüber hart streiten.
Frau Holbe hat hier einen Versuch gestartet, aus dem Ausschuss zu berichten. Was sie nicht berichtet hat, ist, dass es im Ausschuss de facto keine Debatte gab, weil sich die Vertreter der Regierungsfraktionen dieser Debatte nicht gestellt haben. Insofern ist es zumindest anzuerkennen, dass Herr Hey hier in der Öffentlichkeit sehr emotional mit dieser Problematik umgeht und dabei nach der Devise verfährt: Angriff ist die beste Verteidigung. Ablenken auf Nebenschauplätze und zur Schuld anderer
ist auch gut geeignet, vom eigentlichen Kern dieser Debatte abzulenken. Und, Herr Hey, wenn Sie aber die Maßstäbe, die Sie an den Gesetzentwurf von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE anwenden, an den Gesetzentwurf der Landesregierung in gleicher Art und Weise zur Anwendung bringen, dann hätten Sie von hier vorn formulieren müssen, beide Gesetzentwürfe sind es nicht wert, hier im Landtag eine Mehrheit zu finden. Das wäre dann objektiv gewesen. So war es eher eine Rede eines Koalitionärs, eines Parteisoldaten, wir sollen ja abrüsten, aber es ist so und der Versuch, den Regierungsentwurf zu verteidigen, aber mit unterschiedlichen Maßstäben. Da widersprechen Sie sich selbst, das bedauere ich. Sie haben zumindest gestern vor den Bürgern selbst Zweifel geäußert, ob der Gesetzentwurf der Landesregierung tatsächlich die Lösung darstellt. Sonst hätten Sie ja die Bürger nicht aufrufen dürfen, weiter zu protestieren. Sie haben gesagt, sie sollen weitermachen und in einem halben Jahr reden wir vielleicht wieder darüber. Von daher sind Sie zerrissen, ich weiß es ja, dass Sie zerrissen sind. Sie haben hier keine leichte Aufgabe, ich fühle da wirklich menschlich mit Ihnen, wie Sie innerlich ganz anders aufgestellt sind als hier vorn am Mikrofon. Sie haben ja auch schon in Arnstadt und zu anderen Anlässen bewiesen, dass Sie über schauspielerische Fähigkeiten verfügen, als Büttenredner, das kommt Ihnen hier zugute. Insofern kommt da Ihre innere Zerrissenheit nicht ganz so zum Ausdruck.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, auf einzelne Dinge, die Herr Hey hier thematisiert hat und die zu Recht wichtige Punkte der Debatte und Auseinandersetzung sind, werde ich dann noch einmal eingehen. Ich hätte mir nur gewünscht, dass wir die Ausschuss-Sitzungen dazu genutzt hätten, um uns damit auseinanderzusetzen. Aber worum ich Sie bitte, Herr Hey, nicht ganz so dünnhäutig hinsichtlich Bürgermeinungen auf Demonstrationen. Ich kann verstehen, wenn Menschen mit Bescheiden belastet sind von mehreren Tausend Euro, dass sie soziale Ängste haben und dass aus dieser sozialen Situation heraus auch einmal ein Wort fällt, was vielleicht nicht ganz in die politische Debattenkultur fällt. Das Wort „abgeurteilt“ ist jetzt kein Verweis darauf, dass dort gemeint ist, unter Ausschluss rechtsstaatlicher Methoden irgendwie über Sie ein Urteil zu fällen. Das war für mich kein Aufruf zur Selbstjustiz, sondern das war im Sprachbild, ich darf Sie daran erinnern, es gibt mehrere solche Sprachbilder, die das initiieren oder ihre Vermutungen nähren. Im vergangenen Jahr hat beispielsweise Attac ein Bankentribunal in Berlin abgehalten. Da kam keiner auf den Gedanken, dass damit etwas gemeint ist, was sich nicht in den rechtsstaatlichen Raum einordnet. Insofern sind wir als Politiker jemand, die austeilen; da müssen wir auch etwas
einstecken. Hinzu kommt natürlich, dass ein Versammlungsleiter nicht für alle Äußerungen verantwortlich ist, das wissen Sie. Aber im Grunde genommen werde ich mit dem Vertreter der Bürgerallianz sprechen und werde ihm mitteilen, dass Sie sich doch sehr persönlich getroffen fühlten, und werde darum bitten, das auch abzuklären. Wenn für Sie das so wichtig ist, dann ist das in Ordnung.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, darüber hinaus hat Herr Hey gefragt, welche Alternativen haben Sie denn anzubieten. Neben der Alternative, die hier vorliegt, haben wir immer in den vergangenen Jahren Alternativen aufgezeigt, z.B. die Steuerfinanzierung derartiger Investitionen. Wir sind davon überzeugt, mit einem Instrument aus dem 19. Jahrhundert können wir die Herausforderung des 21. Jahrhunderts in unserer Gesellschaft nicht mehr bewältigen. Die Straßenausbaubeiträge und Abwasserbeiträge hatten ihre Berechtigung Ende des 19. Jahrhunderts in Preußen. Aber ob sie tatsächlich in Thüringen noch im 21. Jahrhundert das Instrument sind, um kommunale Investitionen zu refinanzieren, da haben wir erhebliche Zweifel. Da haben die Linkspartei.PDS und DIE LINKE in den vergangenen 15 Jahren immer wieder Alternativen aufgezeigt. Was ich bedaure, darauf hat schon Herr Adams verwiesen, ist, dass dieser jetzt vorliegende Gesetzentwurf von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE das Ergebnis einer intensiven Diskussion, auch Auseinandersetzung innerhalb der Bürgerinitiativen war. Es gab Zeiten, da haben Bürgerinitiativen nur gefordert, weg mit den Beiträgen, ohne Alternativen. Es ist erstaunlich, dass sich die Bürgerinitiativen der Herausforderung gestellt haben, uns einen Vorschlag zu machen, nämlich der Gegenfinanzierung, der so gestaltet ist, dass dem Land keine zusätzlichen Kosten entstehen. Diesem Maßstab werden wir als Fraktion nicht immer gerecht. Ich kenne viele Gesetzentwürfe, die zu einer Mehrbelastung des Landeshaushalts führen. Die Bürger haben sich dieser Auseinandersetzung gestellt. Was ich traurig finde und darüber bin ich auch empört, dass wir die Chance, den Bürger hier ernst zu nehmen, einfach wegtun, indem wir sagen, es ist verfassungswidrig. Dazu komme ich dann noch einmal, dass man durchaus geteilter Meinung sein kann. Die Institutionen, die Sie genannt haben, haben alle den Mangel, dass sie in ihren Reihen Juristen der alten Schule haben, aus einer Lehrmeinung heraus. Das überrascht mich nicht, aber auch dazu werde ich noch einmal etwas sagen.
Es gab einen erstaunlichen Argumentationswechsel bei der Landesregierung. In den letzten 15 Jahren musste ich mir immer anhören, wer die Abschaffung der Beiträge fordert, der fordert eine verfassungswidrige Regelung. Das spielt, wenn Sie aufmerksam die Debatten verfolgt haben, jetzt keine Rolle mehr. Es behauptet niemand mehr, dass die Abschaffung der Beiträge verfassungswidrig sei,
sondern jetzt sagen Sie, die Infrastrukturabgabe ist verfassungswidrig. Das ist schon einmal eine Entwicklung, weil ich mir die letzten 15 Jahre immer anhören musste, wer die Abschaffung von Straßenausbau- und Abwasserbeiträgen fordert, der fordert eine verfassungswidrige Regelung. Insofern ist ein Erkenntnisprozess in diesem Hause vonstatten gegangen. Vielleicht liegt das an der SPD in dieser Regierungskoalition, dann wäre das in diesem Punkt positiv zu bewerten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Intensität der Diskussion hätte ein anderes parlamentarisches Verfahren verdient, nämlich die mündliche öffentliche Anhörung der Betroffenen.
Das wäre besser gewesen, als einfach Schriftsätze von Juristen zu präsentieren, die jetzt von uns allen unterschiedlich interpretiert werden. Wir haben keine Möglichkeit, mit den Betroffenen in Dialog zu treten. Manche der Einzuladenden haben das auch vollkommen abgelehnt. Zum Beispiel Prof. Driehaus, der in der Vergangenheit immer von der CDU als Sachverständiger geladen wurde, hat sich geweigert, eine Stellungnahme abzugeben. Ich bin deshalb zu Prof. Driehaus nach Leipzig gefahren und habe ihn mir mal zwei Tage angehört. Ja, es ist ein Mann, der im Denken des vorvorigen Jahrhunderts verhaftet ist, aber er hat gesagt, zu so einem grottenschlechten Gesetzentwurf äußert er sich nicht, da ist er sich zu schade - zu schade, den Stift in die Hand zu nehmen. Von daher kommen Ihnen selbst Ihre Gutachter, die Sie bisher immer ins Feld geführt haben, abhanden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, immerhin ein Anzuhörender hat dem Gesetzentwurf der Landesregierung zugestimmt, einer - bei uns waren es ein paar mehr, wenn ich das quantitativ bewerte -, das war der Bund der Steuerzahler, der hat gesagt, der Regierungsentwurf ist in Ordnung. Alle anderen Anzuhörenden haben diesen Gesetzentwurf im Übrigen aus verfassungsrechtlichen Erwägungen heraus in Grund und Boden gestampft und gesagt, dieser Gesetzentwurf muss weg.