Protokoll der Sitzung vom 15.04.2011

An dieser Stelle sage ich ganz deutlich: Die in den letzten Jahren zu verzeichnende Steigerung des Reisendenaufkommens freut mich sehr und bestätigt uns auch in dem Bemühen, dass wir die MitteDeutschland-Schienenverbindung weiter vorantreiben müssen. Aus diesem Grund wird die Landesregierung in ihren Bemühungen nicht nachlassen, sondern sie fortsetzen, gemeinsam mit den Verantwortlichen der Deutschen Bahn AG eine finanzielle Absicherung der noch ausstehenden Ausbaumaßnahmen durch den Bund zu erreichen. Die Weichen hierfür sind gestellt.

Die Wirtschaftlichkeit des zweigleisigen Ausbaus Weimar-Gera und einer Elektrifizierung zwischen Weimar und Gößnitz wurden im Rahmen der Überprüfung des Bedarfsplans festgestellt. Dies ist ein Erfolg, der nicht zuletzt dem kontinuierlichen Einsatz der Landesregierung bei der DB AG und dem Bund geschuldet ist. Die von der DB Netz AG im Jahr 2009 ausgelösten Planungen erfolgten gerade auf Drängen der Landesregierung. Diese Planungen betreffen den weiteren zweigleisigen Ausbau im Abschnitt Weimar-Großschwabhausen und Neue Schenke-Stadtroda sowie den Ausbau der Bahnhöfe Jena-West und Göschwitz. Das Land hat im Jahr 2009 eine gemeinsame Absichtserklärung unterschrieben, dass es den Ausbau dieser Strecke mit 2 Mio. € unterstützen und nach abgeschlossenem Streckenausbau ca. 150.000 Zugkilometer Mehrleistung bestellen wird. Ich glaube, das ist ein entscheidender Faktor für die Wirtschaftlichkeit der Strecke und war nicht zuletzt auch ausschlaggebend für eine positive Bewertung durch die DB Netz AG.

Den Verfassern des Alternativantrags sage ich an dieser Stelle ganz deutlich, es war die Landesregierung gemeinsam mit der DB Netz AG, die einen Vorlauf geschaffen hat, der für die Erlangung zeitnahen Baurechts von ausschlaggebender Bedeutung ist. Ich gehe davon aus, dass die Genehmigungsplanung für die am dringlichsten auszubauenden Abschnitte noch dieses Jahr abgeschlossen wird. Es kommt nun darauf an, mit Nachdruck auf den Abschluss einer entsprechenden Finanzierungsvereinbarung zwischen dem Bund und der DB AG zu drängen, um im Jahr 2012 bauen zu können.

Das will ich an dieser Stelle auch ganz deutlich sagen, wenn die Landtagswahl in Baden-Württemberg natürlich politisch eine ganze Menge von Folgen hat, müssen wir uns aber auch über die Folgen für die Bahnpolitik klar werden. Die Landesregierung wird deswegen diesen Moment nutzen, um mit dem Bund über die Frage zu sprechen, wenn dort Geld eingespart wird, warum wir das an den Strecken, wo wir wirklich dringenden Bedarf haben und die Leute diese Strecke wirklich haben wollen, nicht nutzen wollen.

(Minister Carius)

(Beifall CDU)

Das gilt natürlich unabhängig von diesen Landtagswahlen,

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

deswegen war ich bereits im Januar im Bundesverkehrsministerium und habe mich persönlich für die Finanzierung eingesetzt.

(Beifall DIE LINKE)

Weitere Gelegenheit bietet sicher auch der Bahngipfel, den wir im Frühsommer geplant haben.

Meine Damen und Herren, wie Sie sehen, ist diese Landesregierung nicht tatenlos, sondern hat ein klares Ziel vor Augen, das sie seit der Wiedervereinigung konsequent verfolgt. Aber eines möchte ich in diesem Zusammenhang ganz deutlich sagen: Der Erwägung, eine finanzielle Prioritätenverschiebung von Fernverkehrs- und Nahverkehrsinvestitionen vorzunehmen, erteile ich eine klare Absage. In diesem Punkt ist sich die Landesregierung einig. Ein Abziehen von Investitionsmitteln von der ICENeubaustrecke Leipzig-Halle-Erfurt-Ebensfeld kommt nicht infrage. Damit würde ein Loch gestopft werden und gleichzeitig ein anderes aufgerissen. Die zeitgerechte Inbetriebnahme der ICE-Neubaustrecke ist angesichts der sich daraus ergebenden verbesserten Einbindung Thüringens in das Schienennetz Deutschlands und auch Europas unverzichtbar. Thüringen braucht beides, die Anbindung an das deutsche und europäische Hochgeschwindigkeitsnetz der Eisenbahn sowie gut ausgebaute radiale Achsen, die die Landeshauptstadt als künftigen ICE-Knoten mit den Zentren und Regionen des gesamten Landes komfortabel und schnell verbinden.

Den Verfassern des Alternativantrags sage ich auch, die Landesregierung wird sich auch nicht dafür einsetzen, dass der Aus- und Neubau der Schieneninfrastruktur grundsätzlich Vorrang vor dem Aus- und Neubau von Straßen haben muss. Denn, meine Damen und Herren, es ist völlig klar, wir brauchen die Straße wie die Schiene und wir lassen uns nicht auseinanderdividieren. Wir brauchen ein integriertes Gesamtkonzept, dazu gehören beide Verkehrsträger und da sollten wir nicht aus ideologischen Gründen meinen, wir sollen hier nur auf die Schiene setzen.

(Beifall CDU)

Im Bereich der Straßen haben wir aus guten Gründen geteilte Verantwortlichkeiten. Ich glaube nicht, dass wir hier gut beraten wären, Ihren Weg dort zu verfolgen.

Lassen Sie mich nun ein paar Worte zu dem im Antrag genannten nicht bundeseigenen Eisenbahninfrastrukturunternehmen in Thüringen sagen. Die Thüringer Eisenbahn GmbH hat die Strecken Son

neberg, Neuhaus am Rennweg und SonnebergEisfeld nach zustandsbedingter Sperrung im Jahr 1997 mit Pachtvertrag im Jahr 2001 übernommen und vom Land eine Genehmigung als öffentliches Eisenbahninfrastrukturunternehmen erhalten. Die Thüringer Eisenbahn GmbH war aufgrund der für die Wiederinbetriebnahme der Strecken erforderlichen Investitionsmittel nicht in der Lage, diese allein zu finanzieren. Von den Investitionskosten in Höhe von ca. 24 Mio. € förderte das Land damals 90 Prozent aus Regionalisierungsmitteln. Angesichts der in den vergangenen Jahren vollzogenen Sparmaßnahmen zur Haushaltskonsolidierung ist eine Förderung in dieser Höhe heute nicht mehr möglich. Die sogenannte Pfefferminzbahn Straußfurt-Sömmerda-Großheringen wurde ebenfalls im Stilllegungsverfahren nach § 11 Allgemeines Eisenbahngesetz von der Thüringer Eisenbahn GmbH im Jahr 2004 übernommen. Fördermittel des Landes standen nur noch begrenzt zur Verfügung.

Das Ebelebener Netz ist das Paradebeispiel dafür, dass Gebietskörperschaften Eisenbahninfrastruktur nur bedingt vorhalten können, denn im Stilllegungsverfahren der DB Netz AG haben die Gemeinden Ebeleben, Schlotheim und Menteroda eine kommunale Infrastrukturgesellschaft gegründet und die ehemalige öffentliche Strecke Hohenebra-Ebeleben-Menteroda-Schlotheim im Jahr 2005 übernommen, um den Betrieb dann als nicht öffentliche Eisenbahn auf einfachstem technischen Niveau fortzusetzen. Im Jahr 2010 haben die Gemeinden die Infrastruktur an einen privaten Betreiber abgegeben, da sie die Finanzierung zum Erhalt dieser Infrastruktur nicht mehr gewährleisten konnten. Momentan befindet sich diese Anschlussbahn in einem technischen Zustand, der keinen langfristigen Bestand gewährleistet.

Ein weiteres Beispiel ist die Übernahme der Strecke Ilmenau-Bahnhof Rennsteig-Themar durch die Rennsteigbahn GmbH & Co. KG. Hier wurde in Vereinsarbeit die Strecke wieder ertüchtigt, um auf einfachstem Nebenbahnenstandard die Strecke für touristische Sonderverkehre und einzelne Gütertransporte vorzuhalten.

Die Infrastruktur der Strecken Artern-Roßleben-Nebra und Schönberg-Schleiz West wurde durch die Deutsche Regionaleisenbahn GmbH im Jahr 2008 ebenfalls im Streckenstilllegungsverfahren von der DB Netz AG gepachtet und die Genehmigung als Eisenbahninfrastrukturunternehmen von meinem Haus erteilt. Bisher ist es dem Unternehmen wegen des erheblichen Finanzierungsbedarfs zur Instandsetzung der Strecken jedoch noch nicht gelungen, den Betrieb auf der Gesamtstrecke aufzunehmen. Der gesetzlich vorgeschriebene diskriminierungsfreie Zugang zu dieser Infrastruktur kann daher zurzeit nicht gewährleistet werden. Das Land als Genehmigungsbehörde wird prüfen, inwieweit die Genehmigungen unter diesen Voraussetzungen auf

(Minister Carius)

recht erhalten werden können. Ich glaube, die genannten Beispiele haben eines gemeinsam: Es handelt sich ausschließlich um Strecken, die wegen fehlender Wirtschaftlichkeit von der DB Netz AG im Stilllegungsverfahren an andere Eisenbahninfrastrukturbetreiber abgegeben wurden. Dieses Verfahren ist daher für die Mitte-Deutschland-Verbindung nicht anwendbar, da gerade die 2010 abgeschlossene Bedarfsplanüberprüfung des Bundes die Wirtschaftlichkeit der Mitte-Deutschland-Verbindung nach verändertem Projektzuschnitt bestätigt hat. Für die DB AG wird es also überhaupt keine Veranlassung geben, diese Strecke abzugeben. Lassen Sie mich an dieser Stelle auch etwas zu den rechtlichen Rahmenbedingungen sagen, die wir zu beachten haben, wenn wir über die im Antrag genannten Vorschläge sprechen. Die Zuständigkeit für den Neu- und Ausbau von Eisenbahnstrecken des Bundes liegt gemäß Artikel 87 e Abs. 3 und 4 des Grundgesetzes in Verbindung mit § 8 Bundesschienenwegeausbaugesetz generell beim Bund als Eigentümer der Schieneninfrastruktur und der DB Netz AG als deren Betreiber, also bei diesen beiden. Im Rahmen der Bahnreform 1994 wurden die bundeseigenen Eisenbahnen in Deutschland gesetzlich und organisatorisch neu geordnet. Bestandteil der Bahnreform war die Gründung der DB AG als privat organisierte Eisenbahngesellschaft des Bundes, das heißt, dass die Bundesrepublik Deutschland allein Inhaberin aller Aktienanteile ist. Ferner wurde mit der Bahnreform durch die Öffnung der Schienenwege für nicht bundeseigene Eisenbahnverkehrsunternehmen ein Markt im Eisenbahnverkehr überhaupt erst geschaffen. Die Strecken und deren Ausrüstung werden durch die DB Netz AG als eigenständige Tochter der DB AG verwaltet. Eine Streckenabgabe der DB Netz AG an Dritte erfolgt daher nur gemäß § 11 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes im sogenannten Stilllegungsverfahren. Demgemäß muss das öffentliche Eisenbahninfrastrukturunternehmen selbst die dauernde Einstellung des Betriebes bei der zuständigen Aufsichtsbehörde beantragen. Im Rahmen des Antragsverfahrens muss die wirtschaftliche Unzumutbarkeit der Strecke dargelegt werden und der Nachweis von Übernahmeangeboten an Dritte erfolgen. All diese Voraussetzungen sehe ich bei der Mitte-Deutschland-Verbindung glücklicherweise nicht. Ungeachtet dessen habe ich erhebliche Zweifel, ob das Land oder ein Dritter überhaupt in der Lage wären, eine solche Aufgabe zu übernehmen. Am Zug ist daher in erster Linie der Bund als Eigentümer der Deutschen Bahn AG. Aber seien Sie versichert, die Landesregierung wird sich auch zukünftig mit Nachdruck dafür einsetzen, dass der Bund und die Deutsche Bahn den Absichtsbekundungen auch Taten folgen lassen. Dies gilt im Übrigen nicht nur für die Mitte-Deutschland-Verbindung, sondern für den Schienenverkehr in Deutschland und insbesondere in Thüringen insgesamt. In

diesem Sinne hat Thüringen auch die Entschließung des Bundesrats „Bahndividende in Infrastruktur, Personal und Rollendes Material investieren“ unterstützt.

Gestatten Sie mir an dieser Stelle noch eine Bemerkung zu Ziffer 4 der gestern vorgelegten Neufassung des Antrags: Mit Unterstützung Thüringens hat sich der Bundesrat bereits am 5. März 2010 für die Schaffung der Voraussetzungen für die Finanzierung nicht bundeseigener Eisenbahninfrastruktur für die Einbindung in das Schienengüterfernverkehrsnetz ausgesprochen. Darüber hinaus hat der Bundesrat ebenfalls mit Unterstützung Thüringens die Schaffung einer gesetzlichen Grundlage für eine generelle Mitfinanzierung von nicht bundeseigenen Infrastrukturmaßnahmen durch den Bund gefordert. Im Rahmen des Arbeitskreises Bahnpolitik haben die Länder das Thema bereits auf die Tagesordnung gesetzt und den Bund gebeten, die Länder über die aus seiner Sicht beabsichtigten Schritte zur Umsetzung des Bundesratsbeschlusses zu informieren und entsprechend einzubinden. Was die Mitte-Deutschland-Verbindung angeht, sollten Vorschläge, die flankierend zu den Aktivitäten der Landesregierung zu einer Beschleunigung des Ausbaus beitragen, mit der Deutschen Bahn AG und ihrem Eigentümer, dem Bund, diskutiert werden. Es wird Ihnen sicher nicht schwerfallen, Ihren Parteikollegen Winfried Hermann als Vorsitzenden des Verkehrsausschusses des Bundestags für diese Diskussion gewinnen zu können. Dann wollen wir im Dienst des allgemeinen Anliegens sehen, wie Thüringen und die Mitte-Deutschland-Schienenverbindung davon profitieren können. Vielen Dank.

(Beifall CDU, SPD)

Danke, Herr Minister, für den Sofortbericht.

Ich frage jetzt: Wer wünscht die Beratung zum Sofortbericht unter den Nummern II. 1. und 2. a des Antrags? Ich sehe Nicken in allen Fraktionen. Wenn es keinen Widerspruch gibt, gehe ich davon aus, dass alle Fraktionen die Beratung des Sofortberichts wünschen. Das wird mir signalisiert. Also werde ich jetzt auf Verlangen aller Fraktionen die Beratung zum Sofortbericht zu den Nummern II. 1. und 2. a des Antrags eröffnen. Gleichzeitig eröffne ich die Aussprache zu den Nummern I. und II. 2. a und b, 3. und 4. des Antrags sowie zu dem Alternativantrag.

Vorab eine Bemerkung: Zu der abgesprochenen Redezeit von 25 Prozent kommen jetzt für jede Fraktion aufgrund der Redezeit des Innenministers

(Zwischenruf Carius, Minister für Bau, Lan- desentwicklung und Verkehr: Des Verkehrs- ministers.)

(Minister Carius)

noch einmal sieben Minuten hinzu. Das als Dienstleistung für die Fraktionen zur Orientierung. Als ersten Redner rufe ich auf den Abgeordneten Untermann von der FDP-Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, den zweigleisigen Ausbau der Mitte-Deutschland-Verbindung durch den Abschluss einer Finanzierungsvereinbarung abzusichern, ist eines der hervorragenden Ziele der FDP-Fraktion. Diese Forderung bekräftigen wir schon seit geraumer Zeit mit zahlreichen parlamentarischen Initiativen, aber auch bei einem Treffen mit dem Staatssekretär Mücke aus dem Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung. Der Staatssekretär kam auf Einladung am 10. März 2011 in die FDP-Fraktion nach Erfurt. Ein Hauptthema des Besuchs war ein Gespräch mit Vertretern der DB AG Thüringens zur Finanzierungsvereinbarung der Mitte-DeutschlandVerbindung. Im Ergebnis dieses Gesprächs konnte Folgendes festgestellt werden - das wurde vom Minister auch schon erwähnt -: Die Bedarfsplanüberprüfung zur zweiten Baustufe ist abgeschlossen. Es wurde ein positiver Nutzen-Kosten-Faktor ermittelt. Er beträgt 1,5. Zur Erklärung: Alles, was über 1 ist, ist wirtschaftlich, also haben wir die wichtigste Voraussetzung schon erfüllt, um diese Sache in Angriff zu nehmen.

(Beifall FDP)

Die DB AG sichert für das Frühjahr 2012 planerisch das Baurecht, also die Ausführungsreife, ab. Nach den neuesten Erkenntnissen der DB AG Thüringen hoffen wir, dass es vielleicht sogar noch Ende dieses Jahres wird, damit gezeigt wird, dass unsere Bemühungen, da etwas zu erreichen, kleine Früchte tragen. Wichtig ist, dass die MDV als Projekt in den vordringlichen Bedarf aufgenommen wird. Durch Erfüllung dieser Grundbedingungen rechnen wir damit, dass die Finanzierungsvereinbarung zeitnah abgeschlossen wird, so dass mit dem nächsten Bauabschnitt begonnen werden kann. Mit der Inbetriebnahme der ICE-Neubaustrecken Nürnberg-Erfurt und Leipzig-Halle-Berlin entsteht für Thüringen mit Knotenpunkt Erfurt eine einmalige Chance, seine zentrale Lage verkehrstechnisch zu stärken. Für die Landesregierung stehen große Aufgaben an, denn Thüringen und Erfurt müssen ihre Attraktivität steigern, und das auf allen Gebieten. Ich möchte hier das Bemühen, die BUGA nach Erfurt zu holen, als positiven Punkt sehen, denn in dieser Richtung müssen wir vorgehen, damit die Leute nicht wegfahren, sondern auch hierherkommen.

In Erfurt entsteht einer von zwei Knotenpunkten der DB AG deutschlandweit, der zweite ist in Mannheim. Im 20- bis 30-Minuten-Takt - gleich einem Pulsschlag muss man sich das vorstellen - treffen hier die Züge ein, erst einmal die Regionalzüge,

dann kommen die Fernverkehrszüge. Dann geht das wie im Pulsschlag immer rein und raus. Da kann man sich vorstellen, wie das dann aussieht. Bis dahin müssen alle Zubringer der Region - auch die MDV - den Anforderungen entsprechen, um einen 30-Minuten-Takt ohne Verspätungen und andere Störungen zu gewährleisten.

Welche Vorteile verspricht sich die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN von alternativen Betreibermodellen?

Zu Punkt 1 Ihres Antrags: Die benannten Modelle Pfefferminzbahn, Sonneberger Netz und Ebelebener Anschlussbahn kann man aufgrund von Größe und Zugbelegung nicht vergleichen. Es sind sogenannte geschlossene Systeme, also in der Hand eines Betreibers. Diese alternativen Betreibermodelle haben die Netztrassen von der DB gepachtet und sind für die Kosten der Betreibung und Unterhaltung verantwortlich, also nicht zu vergleichen mit diesem Thema.

In Punkt 2 fordern Sie eine Berichterstattung zum Status der Verhandlungen mit dem Bund. Ja, das ist wichtig. Wie ich bereits im Vorfeld erwähnte, stellt die Finanzierung der MDV eines unserer Ziele im Bereich Verkehr dar. Was Sie mit einer Prioritätenverschiebung von Fern- und Nahverkehrsinvestitionen erzielen wollen, ist fraglich. Der SPNV ist Landesaufgabe und wird vom Bund unter anderem auch durch die Regionalisierungsmittel finanziell unterstützt. Das ist - wie schon gesagt - Verteilung von der linken in die rechte Hosentasche.

Zu Punkt 3: Den zweigleisigen Ausbau und den Infrastrukturbetrieb der Trasse durch das Land, private oder öffentliche Dritte durchführen zu lassen wie soll das funktionieren? Die DB ist, wie auch schon erwähnt, Eigentümer der Netze. So muss deren Einverständnis vorliegen, wenn das Netz verpachtet oder verkauft werden soll. Ich sprach eben von einem geschlossenen System. Das würde auf diese MDV nicht zutreffen. Das Gleis von Gera nach Jena wäre dann in der Hand der DB und das Gleis von Jena nach Weimar und Erfurt wäre in privater Hand, also zwei Infrastrukturbetreiber. Der § 11 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes regelt die Abgabe von Eisenbahninfrastruktureinrichtungen. Die besagte Bahn müsste zustimmen. Oder wollen Sie die DB enteignen? Nicht mit der FDP.

Welche Erfolgsaussichten sehen Sie, dass eine solche Investition wie bei der MDV von einem Privatunternehmen durchgeführt werden kann? Eine Privatisierung, wie stellen Sie sich das vor? Ich stelle eine Refinanzierung wie bei den ÖPP-Straßenprojekten infrage, wo wir unter anderem mit der MautGebühr arbeiten können, ganz zu schweigen vom bürokratischen Aufwand bei der Übertragung und bei der praktischen Betreibung der Strecke.

(Vizepräsident Gentzel)

Ich möchte einige Zahlen und Fakten, Stand Ende 2010, erwähnen, welche Eigenmittel die Bahn erbracht hat bzw. erbringen will. Im Jahr 2009 sind 1,8 Mrd. € zusätzliche Mittel aus Eigenmitteln in das Netz geflossen, 2010 waren es 2 Mrd. €; 2011 werden 3 Mrd. €, 2012 3,8 Mrd. € und 2013 4 Mrd. € erwirtschaftete Eigenmittel aus der Infrastruktur in die Infrastruktur der Bahn fließen. Der Bund muss weiterhin Eigentümer des Schienennetzes bleiben. Die Gewinne, die durch die DB Netz AG erwirtschaftet werden, müssen zur Verbesserung der Infrastruktur verwendet werden. Wir unterstützen die Überlegungen des Bundesministers zum Finanzkreislauf Schiene. In der Drucksache 64/10 - Beschluss des Bundesrats - wird vorgeschlagen, die Trassenerlöse und Stationsentgelte ausschließlich für die Infrastruktur zu verwenden ohne Abführung an den Konzern - langfristig gesehen eine gute Lösung.

Sie möchten finanzielle Prioritätenverschiebung von Fernverkehrs- zu Nahverkehrsinvestitionen. Ihr Antrag stellt eine Verschiebung - wie schon gesagt von der linken in die rechte Hosentasche dar. Außerdem vergleichen Sie Äpfel mit Birnen. Deshalb werden wir diesen Antrag ablehnen.

Zum Alternativantrag der Fraktion DIE LINKE muss ich sagen, die Punkte 1 bis 3 könnte ich sofort übernehmen. Aber in Punkt 4 bin ich natürlich mit Ihnen nicht einverstanden. Hier muss ich dem Minister zustimmen, dass wir eine Maßnahme der anderen nicht vorziehen können. Also Schienenbaumaßnahmen und Straßenbaumaßnahmen im Bundesverkehrswegeplan sollten gleichberechtigt behandelt werden. So können wir der Sache dann leider nicht zustimmen. Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall FDP)

Danke, Herr Abgeordneter. Das Wort hat jetzt Abgeordneter Scherer von der CDU-Fraktion.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist vorhin schon einmal gesagt worden, wir sind uns, glaube ich, über die Zustandsbeschreibung und über das Ziel alle einig. Wo die Einigkeit nicht mehr ganz so groß ist, ist die Frage, wie erreicht man das Ziel.

Zur Zustandsbeschreibung: Ich kann mit dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Frau Schubert, wo die Zustandsbeschreibung steht, ohne Weiteres mitgehen. Wenn Sie zuerst schreiben: Trotz vielfacher Willenserklärung der Bundesregierung und der Deutschen Bahn AG existiert noch immer keine Finanzierungsvereinbarung für den dringend notwendigen durchgängig zweigleisigen Aus

bau der Mitte-Deutschland-Verbindung auf zwei Abschnitten zwischen Weimar und Gera, so ist es richtig, weil es schon seit 1993 eine entsprechende Verpflichtung des Bundes gibt. Im Bundesverkehrswegeplan ist ein vordringlicher Bedarf 1993 da hineingeschrieben worden. Sie haben natürlich recht, es hat sich nicht viel getan. Die Ausbaustufe 1 ist zwar gekommen, aber die Ausbaustufe 2, nämlich die Zweigleisigkeit und der Ausbau für eine Geschwindigkeit von 160 km/h und die Elektrifizierung, fehlt in diesem Bereich weitgehend, jedenfalls auf der wichtigen Strecke, auf die es uns allen ankommt, Erfurt-Jena-Gera. Das ist die Strecke, die für uns im Moment die wichtige ist. Ich kann auch mitgehen, wenn Sie im Weiteren in Ihrer Begründung - ich hangele mich an Ihrem alten Antrag entlang, weil ich den neuen erst gestern bekommen habe - schreiben: Die Mitte-Deutschland-Verbindung Erfurt-Weimar-Jena-Gera ist die meistbefahrene Nahverkehrsstrecke in Thüringen. Aufgrund ihrer Eingleisigkeit zwischen Weimar und Großschwabhausen sowie Neue Schenke und Stadtroda ist jedoch keine angemessene Bedienung möglich. Auch das ist richtig.

Es ist auch richtig, dass der Fernverkehr, was Sie im nächsten Absatz schreiben, in der nächsten Zeit wohl nicht die tragende Rolle spielen wird, weil die Priorität auch für uns letztlich dann auf dem Nahverkehr, auf dem Regionalverkehr liegt. Sie haben geschrieben, die Priorität der Landesregierung muss deshalb aktuell darauf liegen, den Nahverkehr auf dieser Strecke endlich funktionstüchtig zu gestalten. Das sind die Punkte, bei denen wir alle, glaube ich, mitgehen können.