Protokoll der Sitzung vom 06.07.2011

Deswegen ein paar Punkte: Zumindest eines ist klar, es ist noch nichts endgültig entschieden. Wir haben alle viel gehört und es gibt auch viele Gerüchte, auch ein paar Informationen, aber es ist noch nichts endgültig entschieden. Eines gehört auch zur Wahrheit: Für jeden Euro, den Deutschland von der EU erhält, zahlt die Bundesrepublik rund 2 € in den EU-Haushalt ein. Auch das dürfen wir nicht vergessen.

Wir sollten also im Sinne unserer Steuerzahler darauf achten, dass die EU-Mittel tatsächlich effizient verwendet werden.

(Beifall FDP)

Dass der Freistaat Thüringen vor enormen finanziellen Herausforderungen steht, denke ich, ist unbestritten. Bis zum Jahr 2020 steht uns ein drastischer Rückgang der Einnahmen in einer Größenordnung von ca. 2 bis 3 Mrd. € bevor. 2020 werden wir dann nur noch mit Einnahmen von 7 bis 7,5 Mrd. € rechnen können. Das heißt, wir können auch nur 7 bis 7,5 Mrd. € ausgeben.

(Beifall FDP)

Diese Entwicklung ist aber auch durch den Wegfall der Mittel aus dem Solidarpakt II, durch den Rückgang von EU-Mitteln und durch die zurückgehende Bevölkerung vorgegeben, wobei - auch das gehört wieder zur Ehrlichkeit - der Wegfall der EU-Mittel

den geringsten Teil an den zurückgehenden Einnahmen ausmacht. Aktuell erhält Thüringen durchschnittlich 300 Mio. € jährlich aus EU-Mitteln. Mit dem absehbaren Wegfall der Ziel-1-Förderung wird sich diese Summe deutlich reduzieren. Auch das ist schon angesprochen worden. Gravierender - und da komme ich noch einmal auf den Anfang zurück wird jedoch das Auslaufen des Solidarpakts II bis 2019 sein. 2011 fließen noch insgesamt 1,15 Mrd. € nach Thüringen. Bis 2020 wird sich dieser Betrag auf null reduzieren. Hier liegen dann auch wohl die wirklichen Auswirkungen einer neuen finanziellen Vorausschau, wobei - auch das habe ich schon gesagt - wir noch gar nicht wirklich über diese reden können. Hier steckt nämlich der Teufel im Detail. Wie viel Geld weniger für die Ausschüttung aus den EU-Töpfen zur Verfügung steht, ist auch das haben wir schon gehört - noch völlig unklar. Frappierend ist allerdings noch immer die starke Stellung des Agrarbudgets innerhalb des EUHaushalts mit rund 35 Prozent am gesamten EUHaushalt. Hier haben sich meiner Meinung nach feste Maßnahmen der Nachkriegszeit zu einem festen Transfersystem entwickelt, von dem gerade Landwirte in Ostdeutschland am wenigsten profitieren,

(Beifall FDP)

denn diese arbeiten hoch mechanisiert auf großen Flächen und sind damit wettbewerbsfähiger als z.B. Kleinbauern in Frankreich oder in geologisch benachteiligten Gebieten. Hier sehen wir ein stark ausgeprägtes, vom Wettbewerb unabhängiges Transfersystem, das zu einer strukturellen Abhängigkeit geführt hat, das ja nach Jahrzehnten Mittelzufluss nur ganz schwer zu lösen sein wird. Des Weiteren verschlingen Subventionen in den Erhalt von bestehenden nicht wettbewerbsfähigen Strukturen immense Mittel, die an anderen Stellen, beispielsweise bei der Unterstützung und Entwicklung von innovativen Industriezweigen, fehlen. Diese gehen damit direkt zulasten einer nachhaltigen und auf zukünftige Wettbewerbsfähigkeit ausgerichtete Industrie- und Jobpolitik. Zwar spricht Barroso von einer Neujustierung der EU-Haushaltsbudgets, indem er u.a. die Regionalpolitik, also EFRE- und ESF-Mittel, weiter stärken will, allerdings zeigt uns das Beispiel Griechenland, dass Investitionen allein in die Infrastruktur noch kein sich selbsttragendes Wirtschaftssystem hervorbringen.

(Beifall FDP)

Wir werden uns jedenfalls in Zukunft sehr wohl überlegen müssen, welche Investitionen in Thüringen sinnvoll sind und welche nicht. Vielen Dank.

(Beifall FDP)

(Abg. Marx)

Ich musste jetzt nur noch einmal fragen, weil ich noch zwei weitere Redeanmeldungen habe. Aus der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat sich Herr Abgeordneter Meyer zu Wort gemeldet, aus der Fraktion DIE LINKE Herr Abgeordneter Kummer. Sechs Minuten Redezeit, habe ich mir noch einmal sagen lassen, sind da. Herr Abgeordneter Dr. Augsten meldet sich auch. Dann ist die Frage, wie sich die Herren solidarisch diese Redezeit aufteilen. Das unterliegt Ihrer Verantwortung.

Danke. Das war unter Druck gesetzt, das habe ich verstanden. Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe mich noch einmal zu Wort gemeldet, um auf zwei Aspekte hinzuweisen, die bislang nicht genannt worden sind, und zwar auf das Förderprogramm des Europäischen Sozialfonds. Dazu kann man Aussagen machen, die durchaus von Beachtung sind gerade für unsere Sozialpolitikerinnen und Sozialpolitiker. Die Kohäsionsfonds werden nach dem jetzt vorliegenden Papier, auf das wir uns jetzt ja beziehen müssen, ein Drittel weniger bekommen. Wir bekommen nur noch statt 100 Prozent der jetzigen Summe 67 Prozent - soweit klar -, dann gibt es aber eine weitere Konditionalität, die heißt, 40 Prozent dieser Summe geht auf den Europäischen Sozialfonds. Ich habe da mal ein bisschen herumgerechnet; Fakt ist dann, dass der Europäische Sozialfonds insgesamt auch um 10 Prozent zurückgeht, was auch schon nicht schön ist, weil er mehr Geld bräuchte, aber die restlichen anderen Kohäsionsfonds, also der EFRE etc., werden um 40 Prozent gekürzt für Ostdeutschland, also für unsere Region. Darüber müssen wir uns erst einmal klar werden, dass genau der Fonds für Regionalentwicklung, den wir gern so stark hätten, nicht gefördert wird, aber dafür der Fonds für soziale Belange, nebenbei bemerkt, der dann in der Regel nicht für Investitionen zuständig ist. Das hat Herr Koppe noch nicht realisiert.

Zweite Bemerkung: Wir haben als Land meiner Ansicht nach zwei ganz wesentliche Subsidiaritätsthemen, die neu sind. Das eine Thema in diesem Vorschlag ist die sogenannte interparlamentarische Konferenz, da müssten meiner Ansicht nach im Föderalismus die Länder zwingend beteiligt werden mal schauen, wie das passiert -, und es sind die Partnerschaftsverträge zwischen der Europäischen Union und den Staaten. Auch da, bin ich der Meinung, ist es auf jeden Fall nicht nur die Bundesregierung, sondern mindestens der Bundesrat, wenn nicht sogar die Ländervertretungen direkt. Dafür sollten wir uns auch sehr stark machen, dass wir dort direkt eingebunden werden in diese Partnerschaftsverträge. Sie sollen die Konventionalität über alle Programme ja deutlich verstärken und die

se Konventionalität muss noch lange nicht bedeuten, dass es besser wird, obwohl ich mir persönlich davon Vorteile erhoffe. Ich finde es positiv, dass es einen höheren Finanzierungsanteil für die Problemstaaten geben soll von 5 bis 10 Prozent Finanzierungsanteil, sonst würden Staaten wie Irland, Portugal oder Griechenland überhaupt nichts von dem Geld haben, was sie dann bekommen können, weil sie den Eigenanteil nicht leisten können, das ist positiv. Es ist auch positiv, dass Maßnahmen wie „Leonardo“, also das lebenslange Lernen, gestärkt werden. Nebenbei bemerkt, das sollten wir als überzeugte Europäer einmal sagen, es ist auch sehr positiv, dass die Europäische Union bei sich anfängt zu sparen, die Arbeitszeit der Beamten verlängern will und insgesamt dort nicht mehr Beamte beschäftigt, als das der Freistaat Thüringen tut, in etwa 50.000. Das nur mal zur Klarstellung. Danke.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das waren jetzt 2:30. Herr Abgeordneter Kummer.

Ich beeile mich auch, ich möchte hauptsächlich ein paar Bemerkungen zum Agrarhaushalt machen. Der Agrarhaushalt ist der einzige, der sinkt beim gegenwärtigen Finanzvorschlag der Kommission, und das ist inakzeptabel. Es ist vor allem auch deshalb inakzeptabel, weil sich unsere Landwirtschaftsbetriebe auf einem Weltmarkt behaupten müssen, wo in anderen Ländern zu ganz anderen Konditionen gewirtschaftet werden kann, unter anderem auch deshalb, weil dort Umweltanforderungen an die Landwirtschaft deutlich niedriger sind als bei uns. Ein Beispiel aktuell aus dem Haushaltsausschuss des Europäischen Parlaments; in den Verhandlungen mit Mercosur hat man für 3 Mrd. € Einfuhrbeschränkungen für landwirtschaftliche Produkte fallen lassen. Das heißt, der Landwirtschaft in Europa stehen damit 3 Mrd. € weniger zur Verfügung und auf der anderen Seite für 12 Mrd. € Einfuhrbeschränkungen für Industrieprodukte im Mercosur-Bereich fallen lassen. Man opfert also die Landwirtschaft zugunsten der Industrie. Das ist eine Geschichte, die auch wirklich im Hintergrund spannend ist, die mit berücksichtigt werden muss bei diesen ganzen Fragen.

Die Geschichte Umverteilung innerhalb des Agrarhaushalts zugunsten der angeschlossenen Länder Osteuropas ist richtig; da denke ich aber, dass das für die deutsche Landwirtschaft nicht wirklich gravierend ist. Wenn man sich mal anschaut, was in der ersten und zweiten Säule nach Deutschland fließt, ist das nicht wesentlich über dem Durchschnitt, so dass sich hier kaum etwas abspielen wird. Das Hauptproblem für uns ist die Kappung. Da, muss ich sagen, bedaure ich, dass z.B. von

den deutschen GRÜNEN keiner dem Vorschlag, die Kappung zu streichen, zugestimmt hat. DIE LINKE hat zugestimmt und das war richtig so. Auch die Degression hilft uns in dem Bereich nicht weiter, denn die Degression wird, wenn sie denn eingeführt wird, schwache Strukturen, ineffiziente Strukturen stützen und das kann keine Herangehensweise sein.

Herr Dr. Augsten, beim Leitprogramm gebe ich Ihnen recht, aber ich sage, beim Leitprogramm können wir es nicht lassen, wir müssten hier sehen, dass die EU eigentlich ein Umweltprogramm auflegt. Wir haben eine ganze Reihe europarechtlicher Vorschriften: FFH-Richtlinie, die Vogelschutzrichtlinie, die Wasserrahmenrichtlinie, wo europäische Auflagen von uns erfüllt werden müssen, ohne dass die EU vergleichsweise Geld mit rübergegeben hat. Eigentlich müsste hier noch mal nachgebessert werden für den gesamten Komplex. Dazu bräuchten wir aber neue Einnahmen, denn wir können es aus dem bestehenden europäischen Haushalt nicht nehmen. Von der Warte her sollten wir vielleicht über die Barroso-Vorschläge für eigene Einnahmen der EU auch noch mal nachdenken, wenn das aus einer Finanztransaktionssteuer geleistet werden könnte, wäre das hilfreich.

Meine Damen und Herren, ich kann nur noch mal dafür werben, lassen Sie uns gemeinsam für die Strukturen unserer ostdeutschen Landwirtschaft werben, dass die nicht unter die Kappung fällt, das wäre ganz, ganz wichtig.

(Beifall DIE LINKE)

Das waren auch 2:30. Herr Abgeordneter Dr. Augsten, Sie haben noch 1 Minute.

Jetzt bräuchte ich eigentlich noch mal 5 Minuten, um auf Herrn Kummer zu reagieren. Also eine Bemerkung doch: Meine Information aus dem Agrarausschuss in Brüssel war, dass es eine Gegenstimme gab gegen die Kappung. Ich werde das noch mal prüfen, das würde ja heißen, dass es nur ein CDU- oder ein EVP-Abgeordneter war. Ich hoffe, das war jetzt hoffentlich nicht hoch spekuliert, wir prüfen das noch mal.

Warum ich noch einmal vorgegangen bin, Frau Ministerpräsidentin hat gestern anlässlich des Sommerfestes des Thüringer Bauernverbandes noch mal ihre Solidarität erklärt und gesagt, sie werde gemeinsam mit Frau Merkel bis zum Schluss kämpfen, dass diese Kappung nicht kommt, diese Obergrenze, da sind wir - die GRÜNEN hier in Thüringen - ganz bei ihr. Aber, ich glaube, man muss hier noch einmal ganz deutlich machen, in dem Moment

- und da bin ich nicht jemand, der orakelt, sondern das sind die Zeichen, die es gibt -, wo man merkt, dass man diesen Kampf verloren hat, da muss man endlich auch darangehen zu gestalten. Und wenn die Degression als zweites Modell kommt, nämlich die Abschmelzung mit der zunehmenden Größe, die wir als GRÜNE im Übrigen fachlich unterstützen, dann hat Thüringen die Pflicht, sich in Brüssel auch dafür einzusetzen, dass dort etwas geschieht, denn alles, was wir mit dem Agrarausschuss in Brüssel erlebt haben, ist, dass sich darum in Brüssel niemand kümmert, wenn es nicht die ostdeutschen Länder selbst machen. Insofern, Frau Ministerpräsidentin, Herr Agrarminister, dann bitte aktiv werden, damit die Auswirkungen für ostdeutsche Betriebe, für Thüringer Betriebe nicht allzu heftig werden. Insofern haben Sie uns da an Ihrer Seite. Danke schön.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Ich nehme an, jetzt wird für die Landesregierung Frau Ministerin Walsmann sprechen, denn für die Abgeordneten ist im Moment nicht eine Sekunde mehr an Redezeit übrig.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, am vergangenen Freitag habe ich den Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten über die aus Ländersicht wesentlichen Vorschläge der Kommission zum künftigen Finanzrahmen der EU unterrichtet. Ich tue das gern an dieser Stelle noch einmal, um hier zu informieren. Richtig gesagt, der Entwurf des sogenannten mehrjährigen Finanzrahmens enthält nicht nur die Finanzierungsansätze für die einzelnen Ausgabenblöcke, sondern auch schon Wegweisungen für die Reform der europäischen Politikfelder. Die Mitteilung ist damit Grundlage für die nun beginnenden Haushaltsverhandlungen, dick unterstrichen, und Ausgangspunkt für die Neuausrichtung beispielsweise der Kohäsions- und Agrarpolitik, richtig gesagt, der Klimapolitik und der Forschungspolitik der Union.

Insofern hat der mehrjährige Finanzrahmen natürlich für Thüringen eine ganz große politische Bedeutung. Am 30. Juni, auch schon gesagt, wurden die Vorschläge der Kommission der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Ziel der Kommission war es, noch vor der Sommerpause ihren Beitrag zu liefern, so dass nach der Sommerpause die politischen Diskussionen über die Zukunft der EU-Budgets anlaufen können. Alle Interessenträger wurden somit auch auf diesen zeitlichen Korridor fixiert, die Vorschläge der Kommission umfassend zu prüfen und

(Abg. Kummer)

Verhandlungspositionen auszuloten. Natürlich wird sich auch die Landesregierung zunächst die umfangreichen Kommissionsvorschläge anschauen. Wir werden sie eingehend bewerten und dann Position beziehen. Wir verfolgen aber auch weiterhin das Ziel, mit einer gemeinsamen Länderposition die Entscheidungsfindung auf nationaler und auf europäischer Ebene zu beeinflussen. Auch hierauf müssen wir bei unserer Positionierung Rücksicht nehmen.

Meine Damen und Herren, welche Botschaften enthält der Budgetvorschlag nun für die Länder? Zunächst ein Blick auf die Ausgabenseite: Die Kommission hat sich deutlich für eine Erhöhung des Finanzrahmens ausgesprochen. Der für Verpflichtungsermächtigungen vorgesehene Rahmen umfasst insgesamt 1.025 Mrd. € für sieben Jahre. Das sind genau 1,05 Prozent des Bruttonationaleinkommens. Gegenüber 2007 bis 2014 wird der Finanzrahmen somit um ca. 49 Mrd. € und damit ca. 5 Prozent höher angesetzt. Das Gesamtvolumen des Haushalts von 1.083 Mrd. € einschließlich möglicher Ausgaben außerhalb des Finanzrahmens läuft auf 1,1 Prozent des Bruttonationaleinkommens hinaus.

Mit den zusätzlichen Mitteln und Umschichtungen sollen die stärkere Ausrichtung der Union auf Wettbewerbsfähigkeit, Forschung und Innovation, Maßnahmen zur Gewährleistung der inneren Sicherheit und der Europäische Auswärtige Dienst finanziert werden. Auch dem Umwelt- und Klimaschutz soll verstärkt durch die Neuausrichtung aller Politikfelder Rechnung getragen werden. Die größten Ausgabeposten bleiben weiterhin, das ist auch schon richtig benannt, die Agrar- und die Kohäsionspolitik.

Schauen wir auf die Einnahmenseite: Auf der Einnahmenseite unternimmt die Kommission einen neuen Vorstoß zur Einführung neuer Eigenmittel. Der Kommission schwebt vor, auf diese Weise die Haushaltsverhandlungen zukünftig von der Nettozahlerdiskussion abzukoppeln. Sie schlägt konkret ein neues Eigenmittelsystem auf der Grundlage einer Finanztransaktionssteuer und einer neuen Mehrwertsteuer vor. Für besonders belastete Mitgliedstaaten sollen die Beiträge gedeckelt werden.

Mit diesen Vorschlägen, meine Damen und Herren, ist absehbar, dass auch in dieser Verhandlungsrunde die Diskussion über Ausgabenobergrenzen und Eigenmittel im Vordergrund stehen wird.

Kohäsionspolitik: Für Thüringen von zentraler Bedeutung - das möchte ich unterstreichen - sind die Vorschläge zur Architektur der Kohäsionspolitik. Hier gibt es gute, es gibt aber auch schlechte Nachrichten. Positiv hervorzuheben - das wurde hier auch gesagt - ist, dass unser Einsatz für eine Übergangsförderung der aus dem Konvergenzziel ausscheidenden Regionen erfolgreich war. Nach den Plänen der Kommission können diese Regionen

künftig mit zwei Dritteln der derzeitigen Mittelzuweisungen rechnen. Allerdings sollen diese Übergangsregelungen nicht wie gefordert im Ziel Konvergenz wirksam werden, sondern innerhalb der neuen Kategorie der Übergangsgebiete. Diese Förderkategorie soll alle Regionen umfassen, die ein Pro-Kopf-BIP zwischen 75 und 90 Prozent des EU27-Durchschnitts aufweisen. Damit würden nach dem Vorschlag der Kommission unsere Spielräume für die Mittelverwendung erheblich eingeschränkt.

EFRE-Mittel sollen zukünftig ausschließlich für Energieeffizienz und erneuerbare Energien sowie die Förderung der Wettbewerbsfähigkeit von KMU und Innovation aufgewandt werden. Außerdem sollen Investitionen in Energieeffizienz und erneuerbare Energien demnach mindestens 20 Prozent des Mittelansatzes ausmachen. Die Übergangsregionen sind - und das ist auch betont worden - nach Vorstellung der Kommission gehalten, 40 Prozent der Strukturfondsmittel für Ausgaben aus dem ESF vorzusehen. Nur einmal zum Vergleich: In Thüringen sind das derzeit 30 Prozent.

Diese Anforderungen würden wesentliche Änderungen in unserer bisherigen Förderstrategie zur Folge haben; das ist, denke ich, klar. Wir müssen zudem davon ausgehen, dass auch der Kofinanzierungsanteil der Kommission für die Übergangsgebiete reduziert wird. Eine Anhebung unseres Eigenbeitrags würde uns allerdings aufgrund enger finanzieller Spielräume vor erhebliche Probleme stellen.

Sollte sich also tatsächlich eine Absenkung des EU-Kofinanzierungsanteils für die Übergangsregion abzeichnen, wird dies ein wesentlicher Punkt sein, bei dem wir auf Nachbesserung unbedingt drängen müssen. Unklar ist zudem, unter welches Beihilferegime die ehemaligen Konvergenzregionen fallen werden. Auch hier werden wir uns weiterhin dafür einsetzen, dass die ehemaligen Konvergenzregionen einen Sonderstatus erhalten und auch zukünftig das flexiblere Beihilferegime der Konvergenzregionen für uns Gültigkeit hat.

Unter dem Dach der Kohäsionspolitik wird ein neuer, mit 50 Mrd. € ausgestatteter Infrastrukturfonds eingerichtet, aus dem transeuropäische Infrastrukturinvestitionen in den Bereichen Energie, Verkehr und digitale Netze finanziert werden sollen. Dieser Fonds soll direkt von der Kommission verwaltet werden.

Ein Wort zur Agrarpolitik - für Thüringen ebenfalls von hoher Relevanz, das ist klar: Erfreulich ist - das ist also auch schon benannt -, dass sich die vom Kommissionspräsident Barroso angekündigte radikale Kürzung nicht bewahrheitet hat. Agrar- und Umweltpolitik sollen stärker als in der Vergangenheit miteinander verbunden werden. 30 Prozent der direkten Unterstützung aus der ersten Säule - die sogenannten Direktzahlungen - sollen von einer Ökologisierung der Landwirtschaft abhängig ge

(Ministerin Walsmann)

macht werden. Bei den Direktzahlungen konkretisiert sich die bereits lang diskutierte Umverteilung, die direkte Unterstützung in den osteuropäischen Mitgliedstaaten soll schrittweise angepasst, das heißt - Sie haben es gesagt -, erhöht werden. In diesen Ländern soll ein Drittel des Differenzbetrags zu 90 Prozent des EU-Durchschnitts auf die bisherigen Zahlungen aufgeschlagen werden. Die Finanzierung tragen anteilig alle Länder, die über dem EU-Durchschnitt von 90 Prozent liegen.

Die Kommission hält auch an der Kappung der Direktzahlungen für große Landwirtschaftsbetriebe zugunsten der ländlichen Entwicklung fest. Dabei soll eine gemäßigte und schrittweise Begrenzung der Höhe der direkten Einkommensstützung für die größeren Betriebe eingeführt werden, wobei den Größenvorteilen, größeren Strukturen und den durch sie geschaffenen Arbeitsplätzen angemessen Rechnung getragen werden soll. Die Thüringer Landesregierung, das sage ich ganz deutlich, das ist ja auch schon genannt worden in den vorherigen Redebeiträgen, steht diesem Vorhaben weiterhin ablehnend gegenüber. Meine Damen und Herren, zum jetzigen Zeitpunkt, denke ich, kann man nicht mehr als eine kursorische Übersicht geben über die für die Länder bedeutenden Politikfelder. Die Landesregierung wird im Herbst ihre vorläufige Position zu den Vorschlägen der Kommission abstimmen. Im zweiten Halbjahr wird die Kommission dann wichtige Verordnungsentwürfe zur Ausgestaltung ihrer Förderpolitiken vorlegen, so zur Kohäsionsund zur Agrarpolitik. Wenn diese Dokumente vorliegen, können wir inhaltlich noch stärker in medias res gehen, das ist ganz klar. Wir werden bis dahin aber nicht untätig bleiben, das ist, denke ich, auch klar. Wir werden dann in Abstimmung mit den Länderkollegen, aber auch mit dem Bund treten. Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass wir mit einer abgestimmten Position die Interessen Deutschlands in Brüssel am wirksamsten vertreten.

Das heißt: Wie geht es weiter? Der mehrjährige Finanzrahmen muss in Form einer Verordnung vom Rat verabschiedet werden. Die Verordnung bedarf der Zustimmung des Europäischen Parlaments. Eine politische Einigung muss bis Ende 2012 herbeigeführt werden, damit mindestens noch 12 Monate für die Einigung über den Rechtsrahmen der mehrjährigen Ausgabenprogramme zur Verfügung stehen.

Ich habe dem zuständigen Fachausschuss bereits eine Unterrichtung über den weiteren Verlauf der Verhandlungen und unsere Abstimmungen mit Bund und Ländern zugesagt. Von der Erörterung aktueller und konkreter Länderanliegen, sei es im Ausschuss oder im Plenum, erwarte ich mir auch vom Thüringer Landtag dazu wichtige Impulse. So viel dazu. Danke.