Das eine Problem ist zunächst einmal die Frage: Kann man damit die Höhe der entstehenden Kosten, die umgelegt werden müssen, verändern? Antwort: Nein. Das wäre aber eigentlich das zentrale Thema. Nun kann man hoffen, zumindest von heute an gerechnet, dass im Abwasserbereich die Frage der Kosten eigentlich das zentralste Thema überhaupt ist und mittlerweile auch durch ein bisschen Einsicht bei einigen Fachministerien hier, was zum Beispiel die dezentrale Pflanzenkläranlagenlösung angeht, ist dafür gesorgt, dass Kosten eingespart werden können, im Gegensatz zu einer überdimensionierten Anlage. Wenn das passiert, regeln sich viele dieser Probleme, die Herr Kuschel meint, mit diesem Gesetz lösen zu können, sowieso von alleine.
Das erste Thema heißt, jetzt reden wir erst einmal von den Kosten, die überhaupt da sind. Dann geht es um die Frage, wie sie umgelegt werden. Über die Frage der Quotierung will ich gar nicht reden. Globalkalkulation ist angesprochen worden bei der letzten Diskussion hier vorne. Aber dann die Frage der Bescheidung und der Entstehung des Be
scheids zu verknüpfen, das macht dann grundsätzlich einen Unterschied. Man darf nur einmal eine entstehende Baumaßnahme abrechnen, aber es kann durchaus sinnvoll sein, diese Abrechnung zweimal vorzunehmen, und das auch zugunsten der Beitragsschuldner.
Ich will nur daran erinnern, dass es passieren kann, dass eine faktisch entstehende Beitragsschuld durch eine Abwassermaßnahme, das könnte jetzt auch eine Straßenbaumaßnahme sein, und die Bescheidung dazu sich durch die Möglichkeit dieses Gesetzentwurfs um Jahre - manchmal hätte man auch sagen können Jahrzehnte - nach hinten verschieben kann. Jede Unregelmäßigkeit im Bau oder im Bezahlablauf, beispielsweise Rechtsstreite mit Planungsbüros oder das faktische Aufhören einer Baumaßnahme vor dem Winter und die Wiederaufnahme im nächsten Jahr, kann dazu führen, dass Bescheide nicht zeitnah - was übrigens auch eine alte Forderung der LINKEN ist -, sondern sehr versetzt beschieden werden müssen, wenn man nicht nacherheben könnte. Dass man nacherheben können sollte, wenn beschieden wurde, weil sich Tatbestände ergeben, die zum Rückzahlen von Beiträgen oder auch zur Nachzahlung von Beiträgen durch die Beitragsschuldner da sind, das kann man sich natürlich vorstellen, dass das im Alttag häufiger vorkommt und nicht nur vereinzelt. Deshalb macht es keinen Sinn, diese Art und Weise zu fordern.
Das zentrale Thema heißt: Rein in die Verbände, kontrollieren, was sie planen, Kosten und umweltkorrekte Alternativen aufzeigen und dafür sorgen, dass weniger ausgegeben wird. Dann diskutiert man über diesen Kram hier nicht so lange. Vielen Dank.
Vielen herzlich Dank, Herr Abgeordneter Meyer. Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Hey für die Fraktion der SPD.
Frau Präsidentin, vielen Dank. Meine sehr geehrten Damen und Herren, in Anbetracht der fortgeschrittenen Zeit kann ich sagen, dass ich insbesondere bei den unter zweitens vorgetragenen rechtlichen Bedenken, die Herr Meyer hier vorgebracht hat, und es gab auch schon etliche in der Plenardebatte beim letzten Mal, als wir diesen Tagesordnungspunkt aufgerufen haben, Ihnen inhaltlich voll zustimme. Herr Kuschel, ich habe vorhin gehört, dass Sie sehr erbost waren über meine Ausführungen in der ersten Lesung dieses Gesetzentwurfs
und will Ihnen versichern, dass ich nicht versucht habe, Sie emotional herauszufordern, sondern es ist Ihnen heute schon an mehreren Stellen und auch durch Herrn Gumprecht, durch Herrn Bergner beim letzten Mal und eben jetzt wieder durch Herrn Meyer klargemacht worden, dass das, was Sie wollen, rechtlich insoweit unsicher und faktisch auch irrtümlich ist und gar nicht richtig geht. Aus diesem Sinne heraus und weil wir keine Lust haben, das auch noch im Ausschuss zu erörtern, werden wir auch bei diesem Mal wieder die Ausschussüberweisung ablehnen. Ich danke Ihnen.
Vielen Dank, Herr Hey. Es hat sich jetzt noch einmal zu Wort gemeldet der Abgeordnete Kuschel für die Fraktion DIE LINKE.
Danke, Frau Präsidentin. Herrn Gumprecht und Herrn Hey hätte ich doch empfohlen, die Diskussion im Ausschuss zu führen, die wäre nicht so peinlich gewesen wie hier in der Öffentlichkeit. Was Sie hier geboten haben, ist eigentlich diesem Hause unwürdig.
Herr Gumprecht, eine derartig ausgeprägte Neigung zur Ausblendung der Realität ist selten und ich bin in diesem Haus schon vieles gewohnt. Aber wenn Sie hier formulieren, dass im Grunde genommen wir uns mit einer Problemlage beschäftigen, die draußen bei den Aufgabenträgern höchstens im Einzelfall vorzutreffen ist, dann hat das mit diesem Ausblenden zu tun. Sie sagen, der Gesetzentwurf wäre Populismus und wäre unsinnig, Sie haben gesagt nicht sinnvoll, also unsinnig und es würde keine Beitragsbegrenzung erfolgen und rechtlich wäre es auch unzulässig, weil das OVG eben so entschieden hätte. Ich fange mal mit Letzterem an. Das OVG hat eine Gesetzeslage interpretiert, das ändert aber nichts daran, das haben wir ja oft in diesem Haus, wenn der Gesetzgeber eben ungenau gearbeitet hat und in der Rechtsauslegung, in der Rechtsanwendung Probleme auftreten, dann ist der Gesetzgeber, wenn er einen anderen Willen verfolgt, angehalten, die Rechtslage zu klären.
Ich habe mich sehr intensiv mit dem Gesetzgebungsverfahren 1991 und 1994/95 beschäftigt, da war ich übrigens immer noch Sachverständiger damals für die Fraktion der PDS und durfte mich beruflich damit beschäftigen. Was war Wille des Gesetzgebers? Wille des Gesetzgebers war, dass man gesagt hat, wenn man schon einen abstrakten Einrichtungsbegriff verwendet wie das Abwassersystem, wo nicht der technische Einrichtungsbegriff zur Anwendung kommt, sondern der organisatorisch-rechtliche Einrichtungsbegriff nach § 1 Abs. 4
Thüringer Kommunalordnung in Verbindung mit § 12 Thüringer Kommunalordnung, also ganz abstrakt formuliert, wo die Bürger das schon kaum nachvollziehen können, dass alle Abwassereinrichtungen eines Aufgabenträgers als eine Einrichtung angesehen werden.
Wenn man das schon wählt und dabei den Aufgabenträgern zumutet, weit in die Zukunft eine Prognose anzustellen, sehr weit bis zum Jahr 2034, wo keiner weiß, wie sich Preise entwickeln und dergleichen - ich auch nicht, ich maße mir das nicht an -, dann hat man gesagt, man nutzt dieses Instrument der Globalberechnung und ermittelt einen höchstmöglichen Beitragssatz und dann ermächtigt man die Verbandsversammlungen zu sagen, ihr könnt einen satzungsmäßigen Beitragssatz nehmen, der darf maximal den höchstkalkulierten Beitragssatz umfassen. Die Differenz, die ihr über Beiträge nicht refinanziert, die wird über die Gebühr refinanziert. Damit ist es eigentlich für die Verbände ein Nullspiel, nur Beitragspflichtige und Gebührenpflichtige werden unterschiedlich belastet, dazu komme ich noch.
Wenn das aber Ziel des Gesetzgebers war, da müssen wir doch reagieren, wenn jetzt das OVG sagt, wir machen einen Nacherhebungstatbestand herein. Wenn Sie hier formulieren, unser Gesetzentwurf würde keine Beitragsbegrenzung zur Folge haben und die Vorteile des Einzelnen würden dann die Gemeinschaft belasten, dann würde ich auch auf einen Einwurf kommen, den Herr Meyer gemacht hat, weil ich überzeugt bin, Herr Meyer, Sie haben über etwas anderes geredet, was wir nicht wollen, aber das wäre auch eher geeignet für den Ausschuss, aber wir können es nicht, wir müssen es hier thematisieren.
Wir haben analysiert, die Aufgabenträger, die Beiträge erheben und die, die keine erheben. Herr Meyer hat recht, die Beitragserhebung ist die Einladung an die Zweckverbände, so teuer wie möglich zu bauen. Sie können einen Großteil der Investitionen verbrauchsunabhängig über Beiträge auf die Bürger umlegen. Wir haben 47 Aufgabenträger, die auf eine Beitragsfinanzierung verzichten. Die machen alles über die Gebühren. Erstaunlicherweise haben diese 47 Aufgabenträger keine überzogenen Gebühren im Vergleich zu den Aufgabenträgern, die Beiträge erheben. Wenn es einen kausalen Zusammenhang zwischen Beiträgen und Gebühren gäbe, müsste das der Fall sein.
Wir sind davon überzeugt, ich auch persönlich, dass die ausschließliche Gebührenfinanzierung die Aufgabenträger zwingt, jede Investition auf den Prüfstand zu stellen, weil jede Investition sich sofort auf die Höhe der Gebühren durchschlägt. Wenn ich aber das Instrument der Beiträge habe, dann kann ich investieren nach dem Motto: „Koste es, was es wolle.“
Jetzt komme ich zu Herrn Gumprecht. Das ist eben die Begrenzung, die wir wollen. Wenn wir keine Nacherhebungstatbestände im Gesetz oder in der Rechtspraxis ermöglichen und das begrenzen, dann müssen die Aufgabenträger zwingend weitere Investitionen über die Gebühren refinanzieren und sind damit gezwungen, im Dialog mit den Gebührenpflichtigen das zu klären, weil jede Investition sich sofort auf die Gebühren durchschlägt. Deshalb sind wir auch für die Abschaffung der Beiträge, weil wir überzeugt sind, ohne Beiträge wird ein derartiger Druck auf die Gebühren ausgeübt und es kommt zu einem Dialog, denn das muss ich mit den Gebührenpflichtigen dann letztlich ausdiskutieren und das ist effizienter.
Das, was Herr Meyer angesprochen hat, ist schon im Gesetz geregelt und das ist sehr sinnvoll, was Sie gesagt haben. Das sind aber die Probleme der Kostenspaltung und das ist das Problem der Trennung zwischen Festsetzungs- und Leistungsbescheid. Da sind wir auf Ihrer Seite und manche Zweckverbände machen das ganz vernünftig, z.B. der Zweckverband WVS Bad Salzungen. Die machen eine Festsetzung und haben in der Satzung gleich vier Teilbescheide im Rahmen des Leistungsbescheids festgesetzt. Das erspart die Antragstellung für Stundung, da habe ich das Problem der Zinsen nicht, denn die Fälligkeit der Festsetzung wurde in die Zukunft verlagert. Deshalb ist dort auch das Protestverhalten ein anderes als dort, wo die Beitrage in voller Höhe erhoben wurden. Das ist aber geregelt. Das wollen wir überhaupt nicht infrage stellen. Das verstehen wir auch nicht unter Nacherhebung, sondern da ist es richtig, wenn sich Investitionen über Jahre hinweg strecken, dass es Sinn macht im Interesse der Beitragspflichtigen, die Beitragsschuld in mehreren Teilleistungsbescheiden abzufordern. Das stößt im Übrigen auf hohes Verständnis bei den Beitragspflichtigen, weil sie dann entsprechend auch weniger belastet werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das hätte ich gern mit den Kollegen der FDP noch mal diskutiert, mit Herrn Bergner, den ich sehr achte als Kommunalpolitiker, Bürgermeister und sicherlich ist er auch Mitglied in einem Zweckverband und damit mit den Problemen konfrontiert. Auch da bin ich überzeugt, Herr Bergner, wir haben gleich durch unsere Formulierung zwei verschiedene Themen tangiert. Aber das kann man nicht hier ausdiskutieren, insofern bin ich der FDP dankbar, dass sie dafür waren, das im Ausschuss zu machen, weil das das richtige Gremium ist. Wir werden später dazu Gelegenheit haben.
Ich gebe nicht nur mein Bedauern zum Ausdruck, sondern ich bin empört, dass der Innenminister es hier wagt, dieser Debatte fernzubleiben. Das ist doch unverständlich. Der kommt schon nicht zur öffentlichen Anhörung zum Finanzausgleich und jetzt
ist er schon wieder weg. Dann soll er doch heimgehen, wenn er keine Lust hat und soll etwas anderes machen. Danke.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Kuschel. Es liegen jetzt keine weiteren Wortmeldungen aus den Reihen der Abgeordneten vor, aber Herr Minister Carius wird jetzt das Wort zu diesem Tagesordnungspunkt für die Landesregierung ergreifen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst einmal, Herr Kuschel, möchte ich an dieser Stelle den Innenminister, auch wenn ich ihn vor Ihnen nicht unbedingt entschuldigen muss, aber vor dem Landtag entschuldigen. Er ist momentan gerade in einer Schaltkonferenz, hat der Debatte im Übrigen beigewohnt, also kann ich Ihre Einwürfe nicht ganz nachvollziehen.
Ich will mich nur ganz kurz für die Landesregierung zu dem Gesetzentwurf äußern. Zunächst einmal der Eindruck, dass im Zusammenhang mit der Nacherhebung von Beiträgen eine Debatte nicht stattgefunden hätte im Ausschuss, dem muss man entgegentreten. Soweit ich weiß, hat nicht nur im Oktober im Plenum eine ausführliche Debatte zu diesem Thema stattgefunden, sondern bereits im Juli dieses Jahres im Ausschuss. Insoweit kann ich gut nachvollziehen, dass die Mehrheit dieses Landtags eine weitere Debatte im Ausschuss für nicht unbedingt zweckmäßig hält.
Inhaltlich wurde dargelegt, dass es sich hier nicht um eine verfassungsrechtliche Problematik handelt, sondern um eine Rechtsfrage, die vom Oberverwaltungsgericht Thüringen bereits rechtskräftig entschieden wurde. Diese Entscheidung trägt gerade zur Beitragsgerechtigkeit bei, weil sie die Möglichkeit schafft, dass Beiträge, die nicht in korrekter Höhe erhoben worden sind, auch nacherhoben werden können. Insoweit sieht die Landesregierung hier keinen Änderungsbedarf. Sie lehnt den Gesetzentwurf daher ab. Ich danke Ihnen ganz herzlich für die Aufmerksamkeit.
Vielen herzlichen Dank, Herr Minister. Es liegen jetzt keine weiteren Wortmeldungen vor. Es gibt aber den Antrag vom Abgeordneten Kuschel, diesen Gesetzentwurf erneut an den Innenausschuss zu überweisen.
Deswegen stimmen wir zunächst über den Antrag auf Überweisung an den Innenausschuss ab. Wer diesem zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen der Fraktionen FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE. Gibt es Gegenstimmen? Das sind die Stimmen aus den Fraktionen SPD und CDU. Gibt es Enthaltungen? Das ist nicht der Fall. Damit ist die Ausschussüberweisung abgelehnt.
Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE in der Drucksache 5/3358 in zweiter Beratung. Es gibt dazu einen Geschäftsordnungsantrag.
Dann eröffnen wir hiermit die namentliche Abstimmung zum Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE in der Drucksache 5/3358 in zweiter Beratung.
Hatten alle Abgeordneten - ich sehe, es kommt noch jemand. Noch einmal die Frage: Hatten jetzt alle Abgeordneten die Möglichkeit, ihre Stimme abzugeben? Das ist der Fall, dann schließe ich hiermit die Abstimmung.
Meine Damen und Herren, es liegt ein Ergebnis vor zum Achten Gesetz zur Änderung des Thüringer Kommunalabgabengesetzes der Fraktion DIE LINKE in der Drucksache 5/3358. Es wurden 58 Stimmen abgegeben. Mit Ja stimmten 11 Abgeordnete, mit Nein 42 Abgeordnete, 5 Abgeordnete haben sich enthalten (namentliche Abstimmung siehe An- lage). Damit ist der Gesetzentwurf in zweiter Beratung abgelehnt.
Ich schließe diesen Tagesordnungspunkt und damit auch die heutige Beratung. Wir sehen uns alle wieder morgen früh um 9.00 Uhr mit der Fortsetzung der Plenarsitzung.