Protokoll der Sitzung vom 18.12.2009

(Zwischenruf aus dem Hause)

(Unruhe DIE LINKE, FDP)

Wenn Sie jetzt bitte dem Abgeordneten Primas die Gelegenheit geben würden, sich an der Aussprache vom Pult aus zu beteiligen.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, herzlichen Dank. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich sage es gleich am Anfang, der Antrag der Fraktion DIE LINKE sollte abgelehnt werden.

(Beifall CDU, FDP)

Er ist weder für die Menschen in der Region hilfreich noch ist er im Hinblick auf die Verwendung von Haldenmaterial für den untertätigen Versatz aus fachlichen Gründen realisierbar. Am Standort Unterbreizbach gibt es keine Rückstandshalde. Woher, meine Damen und Herren von den LINKEN, wollen Sie Haldenmaterial herantransportieren lassen und wie viel darf das bitte kosten? Auch dürfen Sie nicht durcheinanderbringen, wer bedauerlicherweise von der Kurzarbeit in der weiterverarbeitenden Fabrik Unterbreizbach betroffen ist und wer für eine Tätigkeit im Bergbau, also im Bereich der untertätigen Altlastensanierung qualifiziert ist. Beides hat grundsätzlich nichts miteinander zu tun. Auch wir bedauern, dass insbesondere im Thüringer Werk über längere Zeit Kurzarbeit nötig ist. Es liegt doch vor allem im Interesse der Unterbreizbacher Belegschaft, dass Kali + Salz dank der Verlängerung durch die Bundesregierung von dem Instrument der Kurzarbeit Gebrauch machen kann. Denn, wie Sie wissen, Ursache der Kurzarbeit, das haben Sie selber ausgeführt, ist die Absatzkrise und der damit einhergehende Preisverfall für den Weltkalimarkt. Die im Vergleich zu anderen Werken schlichtere Produktpalette aus Unterbreizbach verschärft die dortige Situation. Der Absatz ist meines Wissens um die Hälfte zurückgegangen. Die Preise liegen bei 35 Prozent von vor der Krise. So wird es hoffentlich nicht bleiben. Sobald die Marktsituation dies zulässt, wird Kali + Salz schon aus betriebswirtschaftlichen Erwägungen die Produktion steigern wollen. Wir gehen davon aus, dass Kali + Salz auf eine Besserung der Vermarktungssituation flexibel reagiert und so den Zeitraum

der Kurzarbeit begrenzen kann.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist auch, ich sage das mal im Nachgang noch zu den Ausführungen, auf Dauer nicht hinnehmbar, dass wir hier, Herr Kummer, einen Krieg gegen ein Unternehmen führen, die können machen was sie wollen, das ist nur in der Kritik. Ich stehe wirklich nicht in dem Ruf, mit den Leuten von Kali + Salz sehr freundschaftliche Beziehungen zu führen - wahrhaftig nicht -, aber wir sollten doch nun langsam aufhören, ständig auf einem Betrieb rumzuhacken. Das ist nicht angemessen. Ich bitte also herzlich, diesen Antrag abzulehnen.

(Beifall CDU, FDP)

Für die SPD-Fraktion hat sich Frau Abgeordnete Mühlbauer zu Wort gemeldet.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrter Herr Kummer, erlauben Sie mir bitte, eingangs zu sagen, ich denke, wir sollten auch als Umweltpolitiker nicht auf dem Wirtschaftsauge komplett blind sein, sondern wir müssen gerade da eine gute Abwägung finden, damit wir gute Umweltpolitik auch umsetzen können.

(Beifall CDU, FDP)

Ihr Antrag, Herr Kummer, Altlastensanierung statt Kurzarbeit, ist für mich Augenwischerei. Sie lenken von den tatsächlichen Problemen der Region und den tatsächlichen Problemen der Umwelt ab. Herr Kummer, bitte lassen Sie mich noch die Anmerkung machen: Ihre Analyse - ich habe sehr deutlich zugehört -, nicht Kali bestimmt den Weltmarkt, sondern die Firma Kali + Salz muss auf Weltmarktergebnisse reagieren, das ist bei Ihnen ein umgekehrter Ansatz gewesen. Sie haben auch erwähnt und erkannt - das fand ich schon mal ganz gut -, dass die Lage auf dem Weltkalimarkt durch einen erheblichen Absatzrückgang momentan gekennzeichnet ist, der einen Preisverfall nach sich zieht, besonders was die Produktpalette aus Unterbreizbach betrifft. Das kann sich jederzeit ändern. Wir hoffen, dass es sich ändert. Deswegen ist es wichtig und richtig, dass das Unternehmen Kali + Salz das Instrument Kurzarbeit benutzt, um die hochqualifizierte Belegschaft am Standort zu halten. Das ist für mich aus Thüringer Sicht wichtig. Wenn man so wie Sie mit dem Thema Kali + Salz umgeht, dann wird es uns nicht viel weiterbringen. Es wird uns nicht weiterbringen, die Umwelt zu verbessern, es wird uns nicht weiterbringen, die Werra zu verbessern. Ich

muss zugeben, es hat eine Weile gedauert, bis ich darauf gekommen bin, dass es sich um ein Umweltthema handelt. In der vorläufigen Fassung meiner Plenartagesordnung stand zunächst etwas von Altlastensanierung statt Kurzarbeit, und ich wollte es eigentlich unserem arbeitsmarktpolitischen Sprecher geben. Es ist mir unerklärlich, wie man diese beiden wichtigen Dinge miteinander vermischen kann. Was bitte schön hat denn die Altlastensanierung in den alten Grubenfeldern Merkers/Springen, im Feld Pferdsdorf und im Grubenfeld Unterbreizbach mit der Kurzarbeit im Bergwerk Unterbreizbach zu tun? Das möge man mir mal bitte erklären. Das kann man aus meiner Sicht nicht miteinander verknüpfen, und es ist - wie eingangs schon erwähnt - Augenwischerei.

Dann muss mir auch mal erklärt werden, wie man, um Kurzarbeit in Unterbreizbach zu verhindern, diejenigen, die in der Fabrik im Produktionsprozess stehen, im Bereich der Altlastensanierung einsetzen will. Das sind komplett unterschiedliche Tätigkeitsfelder, und es handelt sich um vollkommen unterschiedliche Belegschaften. Wollen Sie denn die einen jetzt entlassen und in Kurzarbeit schicken und mit den anderen ersetzen? Das ist doch Unsinn. Das funktioniert also schon mal nicht, das kann nicht funktionieren.

(Beifall CDU, SPD, FDP)

Erlauben Sie mir noch eine ganz kurze Anmerkung zu Ihren einzelnen Punkten. Mir ist es ebenfalls neu, Herr Primas, dass am Standort Unterbreizbach eine Halde steht. Ich war nämlich extra dort, vielleicht sollten wir noch mal gemeinsam mit dem Ausschuss hinfahren und gucken. Ich kann mich Ihnen nur anschließen, technologischer Blödsinn, wirtschaftlicher Blödsinn, das Material unten einzubauen. Man muss auch wirtschaftlichen Effekt und Qualität miteinander werten und betrachten.

Zu Punkt 2: Für mich ist es ebenfalls wichtig, kartografische Informationen und Informationen über Halden, Verwahrungsfelder, Steinsalzmengen etc. zu bekommen, aber ich bin der Meinung, diese Informationen kann ich mir auch selbst organisieren, indem ich mal bei der Behörde nachfrage. Dazu brauchen wir diesen Antrag nicht.

Zu den Punkten 3 und 4 habe ich mich bereits eingangs geäußert. Ich halte das Einsetzen von Beschäftigten des Standorts Unterbreizbach zur Altlastensanierung für nicht umsetzbar. Es handelt sich nicht nur um unterschiedliche Tätigkeiten, die unterschiedliche Qualifikationen voraussetzen, sondern auch um unterschiedliche Belegschaften. Ihnen ist nicht bewusst oder nicht bekannt, dass die Verwahrungsarbeiten vor Ort nach Plan laufen. Mit einer chinesischen Methode, möglichst viele Leute dort

mit einzubinden, kann hier nicht gearbeitet werden. Es muss technisch sinnhaft und nach den tatsächlich notwendigen Tätigkeiten abgearbeitet werden. Darüber hinaus handelt es sich - und das ist mir sehr wichtig - um eine unternehmerische Entscheidung. Hier hat nicht der Staat das letzte Wort und - um einen meiner Genossen zu zitieren - das ist auch gut so. Wir sind nicht mehr in der Planwirtschaft, liebe Kolleginnen und Kollegen der Fraktion DIE LINKE.

(Beifall SPD)

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Dann darf man doch nicht dauernd Sub- ventionen fordern.)

(Unruhe DIE LINKE)

In dem Moment, wo ein Unternehmen versucht, Herr Kuschel, Arbeitskosten durch Kurzarbeit zu reduzieren, da wollen Sie das verhindern. Das Instrument Kurzarbeit, meine Damen und Herren, ist kein Selbstzweck. Wir sollten froh darüber sein - die CDU hat es auch erkannt -, dass Olaf Scholz sich dafür eingesetzt hat, und es sei ihm gedankt.

(Beifall SPD)

So werden Entlassungen verhindert, flexible Reaktionen auf die Marktlage erlaubt und somit wird auch den berechtigten Interessen der betroffenen Belegschaft Rechnung getragen. Darüber hinaus sollte Ihnen auch klar sein, nur wenn Kaliprodukte hergestellt und vermarktet werden können, kann sich Bergbau rechnen und können Arbeitsplätze in Unterbreizbach erhalten bleiben. Das ist uns wichtig. Meine Fraktion wird diesen Antrag aus den genannten Gründen ablehnen. Ich bedanke mich.

(Beifall SPD)

Für die FDP-Fraktion habe ich den Abgeordneten Kemmerich auf meiner Rednerliste.

Sehr verehrte Präsidentin, meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Mühlbauer, ich mache das sicherlich nicht oft, aber das entspricht in großen Teilen auch unserer Auffassung.

(Zwischenruf Abg. Wolf, DIE LINKE: Da- rüber sollte die SPD auch nachdenken.)

Deshalb spare ich mir jetzt, das noch mal zu wiederholen.

Vielleicht noch ein paar kurze Anmerkungen. Herr Kummer, Kurzarbeit, selbst wenn es ein Vorläufer zur Entlassung sein sollte, das ist gerade in dieser Konstruktion angelegt, dass sie damit verhindert werden soll. Ich denke nicht, dass die Leute mit etwas völlig sachfremdem in der Firma zu beschäftigen Entlassungen vermeiden wird.

Druck auf Kali + Salz - wir haben es schon mal ausgetauscht -, sehr verehrter Herr Kuschel, das ist nun Gott sein Dank vorbei, auch wenn es bis heute nicht bei Ihnen angekommen ist. Wir leben doch in einer Gesellschaft, in der die Unternehmen dafür verantwortlich sind, ihren Betrieb zu organisieren. Das ist auch gut so und dabei wollen wir auch bleiben. Auch wir werden dafür stimmen, diesen Antrag abzulehnen. Er ist sehr plakativ, wenig zielführend und wird kein Problem an diesem Standort lösen.

Vielleicht noch zur Erklärung: In den DAX wird man aufgenommen, wenn man entsprechende Marktkapitalisierung nachweisen kann und einen Streubesitz. Vielen Dank.

(Beifall SPD, FDP)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN rufe ich den Abgeordneten Dr. Augsten auf.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, vielleicht eine kurze Vorbemerkung, bevor sich die Reihen hier völlig lichten. Herr Kemmerich und meine Vorrednerin, machen Sie eine Sammlung für K + S, die scheinen es ja so nötig zu haben, mir kommen die Tränen angesichts dessen, was an Zahlen hier genannt wurde.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn heute das Wachstumsbeschleunigungsgesetz durchkommt, können die sich gar nicht retten bei dem Wachstum, was wir zu erwarten haben. Ich glaube nicht, dass wir große Sorgen haben müssen um K + S.

Meine Damen und Herren, die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wird diesen Antrag unterstützen, allerdings mit einer kleinen Einschränkung, vielleicht bekomme ich da auch wieder Beifall, Herr Kemmerich. Auch wir sind der Auffassung, dass es der unternehmerischen Freiheit obliegt, zu entscheiden, an welchem Standort was, wie viel und wovon abgebaut wird. Das ist selbstverständlich, da kann sich die Politik nicht einmischen. Insofern gibt es

diese kleine Einschränkung von uns. Aber was die Schlechterstellung von Unterbreizbach angeht, da darf man durchaus noch mal darauf verweisen, dass das auch nicht vom Himmel gefallen ist, sondern da schaue ich in die lichten Reihen der CDU, da haben sich die Landesregierungen der letzten Jahren nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Dass es solche Ungleichbehandlungen gibt zwischen Thüringen und Hessen liegt auch daran, dass hier eine ziemlich erbärmliche Politik gemacht wurde in den letzten Jahren.

Ich möchte das, was Herr Kummer hier dargelegt hat, noch ergänzen und möchte jetzt auf diese Sachfremdheit, Herr Kemmerich, zu sprechen kommen. Tatsächlich ist es ein Umweltthema und vielleicht verstehen Sie es hinterher, warum auch wir diesen Antrag unterstützen. Ich will jetzt gar nicht groß ausholen, das wird hoffentlich auch Frau Mühlbauer verstehen. Wir reden ganz viel über die Einleitungen und über die Gefahren, die damit verbunden sind. Kaum jemand spricht über die Halden. Das sind keine gottgewollten landschaftsprägenden Elemente, auf die wir stolz sind, sondern das sind tickende Zeitbomben, das ist so,

(Beifall DIE LINKE)

für die Umwelt und die Menschen. Deshalb muss man darüber genauso sprechen und das ist nicht sachfremd, wenn man sich darüber Gedanken macht, wie diese Halden verschwinden.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Da möchte ich mal aus drei ganz aktuellen Themen, möglicherweise auch Ihren Blick noch mal ein bisschen fokussieren. Heute wird - leider scheint die Sonne nicht - in der Wismut, in Ronneburg, auf dem ehemaligen Wismut-Gebiet Ronneburg, ein großer Solarpark von Bosch Ersol eingeweiht. Vielleicht bin ich da ein bisschen zu emotional, ich habe Kolleginnen und Kollegen sterben sehen als Mitarbeiter von Carl Zeiss Jena, die man von der Wismut zu Zeiss abgeschoben hatte, weil sie so krank waren, dass sie nicht mehr einfahren konnten, junge Menschen, die gestorben sind. Ich habe als Gast des ersten Umweltausschusses hier dieses Hauses dieses große Loch gesehen in Ronneburg und habe dann mit ganz viel Interesse verfolgt, wie das verfüllt wurde. Übrigens mit ganz viel Geld, auch vielleicht sachfremd gewesen, und habe mich natürlich auf der BUGA mit meinem Verein damals - das war einer der größten Umweltbildungsanbieter - darüber gefreut, was daraus geworden ist. Wir freuen uns, dass dort heute ein zukunftsweisendes Signal auch gerade wegen Kopenhagen gesetzt wird, dass eine große Solaranlage dort hingestellt wird. Man kann

sehen, wie aus einem Schandfleck für diese Erde, für dieses Land ein wunderschönes Gebiet wird, wo die Menschen auch wieder gern wohnen. Insofern, glaube ich, Sachfremdheit, da wäre ich mal ein bisschen vorsichtig, reden Sie mit den Leuten, die dort wohnen, die in der Nähe von diesen Halden wohnen.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ein zweiter Punkt: Staatssekretär Richwien hat, glaube ich, vorgestern - wenn ich es richtig gelesen habe, ich habe es auch hier liegen - die verwahrte Doppelschachtanlage Hüpstedt und Weberstedt übergeben. Vorgestern war das, glaube ich, gewesen.

5,2 Mio. €, konnte ich hier nachlesen in Ihrer Meldung, sind dort verbaut worden. Dort ist 1925 das letzte Mal Kali gewonnen worden. Mit Recht ist dort festgestellt worden, dass man das der Bevölkerung nicht zumuten kann. Dort gibt es Gefahren, dort gibt es möglicherweise auch Gefahren für das Grundwasser. Insofern ist dieses Geld eingesetzt worden. Das heißt zwar immer so schön lapidar, 25 Prozent vom Land und 75 Prozent von der EU. Meine Damen und Herren, an der Stelle sei der Hinweis gestattet, 75 Prozent EU-Mittel, das ist nicht Geld, was man in Brüssel eingesammelt hat, sondern das sind in der Regel auch Mittel, die deutsche Steuerzahler dort hingeschafft haben, also auch das ist unser Geld. Herr Richwien hat ganz zu Recht darauf hingewiesen, dass es noch weitere solcher Altlasten gibt, die zu verfüllen sind, da wird also noch mehr Geld gebraucht. Insofern, Herr Kemmerich, Sachfremdheit, wir können ja mal die Menschen fragen, die in solchen Gegenden wohnen, wie sie das sehen.

Mein letzter Punkt: Wir haben gestern lange beim ersten oder zweiten Tagesordnungspunkt über Arbeitsmarktpolitik gesprochen. Ich frage mich, Frau Mühlbauer, warum Sie die Brücke da nicht hinbekommen.