Protokoll der Sitzung vom 23.02.2012

Meine Damen und Herren, die derzeitige Gesetzgebung lässt Leistungen der Jugendhilfe und der Elternassistenz bereits jetzt als Komplexleistung zu. Es ist jedoch die Umsetzung dieser Möglichkeit vor Ort, die sich schwierig gestaltet. Die verschiedenen Leistungsträger müssen eine Vereinbarung schließen, die Leistung als Komplexleistung zu erbringen. Dieser Bereich der Sozialgesetzgebung und deren Umsetzung steht und fällt mit der Zusammenarbeit der Träger vor Ort. Es gibt Landkreise und Städte, in denen das ganz gut funktioniert. Es gibt aber auch wieder fiskalische Erwägungen, die die Leistungsträger dazu bringen, ihre Zuständigkeit zu verneinen. Es muss also auch darum gehen, deutlich zu machen, dass eine umfangreiche und ausreichende Unterstützung von Eltern mit Behinderung erwünscht ist.

Mit der Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention hat die Bundesregierung deutlich gemacht, dass eine wirkliche Gleichberechtigung von Menschen mit Behinderung gewollt ist. Das muss sich aber auch beim Recht auf Elternschaft zeigen.

Meine Damen und Herren, in der Ausschussauseinandersetzung mit den Anträgen ist von der Landesregierung dargestellt worden, welche Maßnahmen derzeit auf Bundesebene ergriffen werden, um Schnittstellen und Abgrenzungsprobleme zwischen Leistungen der Elternassistenz und der Kinder- und Jugendhilfe zu verringern. Die Arbeits- und Sozialministerkonferenz und die Jugend- und Familienministerkonferenz beschäftigen sich seit geraumer Zeit mit diesem Thema. Jede Initiative, die das Land im Bundesrat anstreben würde, würde in diesen laufenden Prozess eingreifen und das kann nicht das Ziel sein. Ich plädiere jedoch dafür, dass

(Abg. Koppe)

wir die Entwicklung auf Bundesebene weiter beobachten und zu gegebener Zeit kritisch hinterfragen, aber zum jetzigen Zeitpunkt lehnen wir die Anträge von FDP und GRÜNEN ab.

(Beifall SPD)

Vielen herzlichen Dank, Frau Künast. Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Karola Stange für die Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe das Redekonzept auf dem Tisch liegen lassen, weil die Inhalte, um die es heute geht, bei Elternassistenz, bereits querbeet formuliert worden sind. Aber wenn ich die Reden so ein Stückchen Revue passieren lassen, Frau Künast, Herr Grob, dann sage ich, ich komme mir so ein Stückchen vor wie nach dem Motto „waschen, aber nicht nass machen“. Ja, alle sagen, wir brauchen endlich eine schnelle Regelung zum Thema Elternassistenz, aber alle haben gleichzeitig erklärt, konkrete Maßnahmen, eine Bundesratsinitiative oder sogar vielleicht Formulierungen, die eine Professorin 2005/2006 in einem Gutachten formuliert hat, die wollen wir nicht. Ich habe einfach noch einmal für Sie und auch später einmal zum Nachlesen die zeitliche Abfolge der Thematik aufgeschrieben. Die macht deutlich, dass das Problem nicht erst seit heute auf dem Tisch liegt und nicht nur im Thüringer Landtag, wo ich auch sage, es gehört da hin. Ich sage auch Danke an den Kollegen von der FDP, dass er das Thema in den Landtag eingebracht hat. Natürlich gehört es auch in den Bundestag und in den Bundesrat, aber wir haben uns auch zu positionieren. Im August 2005 bis Juli 2006 gab es eine Aufklärungskampagne, die hieß „Recht auf Elternassistenz“, gefördert von der „Aktion Mensch“. Im August 2005 wurden das erste Mal Punkte entwickelt, wie Elternassistenz denn aussehen könnte, und es gab ein Unterstützertreffen, ein Koordinierungstreffen von denjenigen Politikerinnen und Frauen und Männern aus Organisationen, die dafür kämpften. Im Oktober 2005 wurde die Forderung der Elternassistenz im Koalitionsvertrag der CDU und SPD verankert. Ich sage nur mal: 2005. Im Februar 2006 wurde das Rechtsgutachten von Frau Dr. Zinsmeister erstellt, wo wir unsere inhaltliche Anlehnung an unseren Alternativantrag hergenommen haben. Im März 2007 hat unsere damalige PDS-Bundestagsfraktion das Thema im Bundestag gehabt. Im Oktober 2008 gab es einen Beschluss der 18. Gleichstellungsministerkonferenz zum Rechtsanspruch auf Elternassistenz. Im November 2008 hat die 85. Arbeits- und Sozialministerkonferenz sich mit dieser Thematik befasst und hat eine Arbeitsgruppe gebildet. 2009/2010 hat diese Ar

beitsgruppe getagt, aber ohne Ergebnisse. 2009 ist, wie bereits schon erwähnt wurde, die UN-Konvention ratifiziert worden und auch in Deutschland in Kraft getreten. An der Stelle will ich noch einmal deutlich sagen, in Artikel 23 steht geschrieben, dass die Vertragsstaaten beauftragt werden, behinderten Müttern und Vätern bei der Wahrnahme ihrer elterlicher Verantwortung angemessen Rechnung zu tragen. Das ist Gesetzesauftrag. Das ist aus 2009. 2010 gab es parlamentarische Anfragen in Bund und Ländern und das Thema Elternassistenz ist bis heute nicht geklärt. 2011 haben wir Ihren Antrag hier im Landtag beredet und ich finde es nicht schlimm, ich finde es weiß Gott nicht schlimm, wenn ein Antrag ein Jahr in einem Landtag liegt. Wir haben gemeinsam ein Stückchen den Kolleginnen und Kollegen der Regierungsfraktionen auf die „Sprünge“ helfen müssen bei der inhaltlichen Bedeutung des Themas. Ich hatte immer den Eindruck, dass am Anfang gar nicht so richtig gewusst wurde, ob es in Thüringen Bedarfe gibt, wo Eltern, die behindert sind, ihre Assistenzleistungen beantragen können. Nach der inhaltlichen Diskussion im Ausschuss wurden die berechtigten Bedarfe gesehen und erkannt. Nun sagt Herr Grob, macht mal langsam, wir haben gehört von der Ministerin, es wird gearbeitet und man will Ende des Jahres ein Ergebnis vorlegen und dann weitere Ideen oder Vorstellungen für Eckpunkte erarbeiten. Also ich habe nur das Gefühl und die Angst und darum meine ausdrückliche Bitte und darum auch unser Alternativantrag, dass wir im Jahr 2016 hier immer noch stehen und es hat sich nichts geändert und wir werden immer noch über das Thema Elternassistenz reden und es ist nichts geklärt. Darum also unser Alternativantrag, in dem wir formulieren, die Landesregierung möge eine Bundesratsinitiative machen, um auch die Ideen aus Thüringen mitzunehmen und dort vor Ort zu handeln. Ja, das ist unser Antrag, den wir in unserer Drucksache 5/4046 vorgelegt haben. Für unseren Antrag habe ich auch Zuspruch bekommen. Nachdem ich noch einmal die vielen Stellungnahmen angeschaut habe, will ich Frau Dr. Sigrid Anade vom „Netzwerk behinderter Frauen“ zitieren, die in ihrer Stellungnahme schrieb: „Wir unterstützen insbesondere eine Bundesratsinitiative des Landes Thüringen zu einer eindeutigen Regelung der Elternassistenz auf Bundesebene. Letzteres ist unsere Auffassung und dringend geboten und lange überfällig.“ Dem, glaube ich, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist nichts mehr hinzuzufügen. Danke.

(Beifall DIE LINKE)

Vielen herzlichen Dank, Frau Abgeordnete Stange. Aus dem Kreis der Abgeordneten liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Es hat sich zu Wort gemeldet die Frau Ministerin Taubert.

(Abg. Künast)

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meinen Damen und Herren, wir haben ja sehr ausführlich über die Anträge der FDP-Fraktion und der Fraktion DIE LINKE im Ausschuss diskutiert. Ich möchte auch nicht alles wiederholen, was in der Diskussion jetzt vorgebracht wurde. Sie wissen, dass wir eine sehr schwierige Rechtssituation haben, die wir nicht lösen damit, dass wir ins SGB IX Änderungsregelungen hineinbringen. Wir wissen aus der Frühförderung - das war ja gerade ein schlechtes Beispiel, die Frühförderung vorzubringen -, wie schwierig das ist, Kostenträger zusammenzubringen, die völlig unabhängig voneinander agieren. Die Krankenkassen und die Sozialleistungsträger sind nicht einfach mit einem Befehl aus dem Sozialministerium oder auch auf Einladung der Kommunen zusammenzubringen, um ein gemeinsames Budget zu vereinbaren. Deshalb haben wir als Sozialministerium ausschließlich moderierende Funktion. Ich will weiter dazu sagen, dass wir das Thema vom Inhalt her natürlich ähnlich sehen als eine Schwierigkeit für die, die betroffen sind, sowohl die Eltern als auch die Kinder. Deswegen unsere Bemühung, auch schon seit reichlicher Zeit auf Bundesebene eine Lösung zu finden. Ich muss aber auch zu Herrn Koppe sagen, Herr Koppe, Sie sitzen in der Bundesregierung...

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Nee, Herr Koppe sitzt nicht in der Bundesregierung.)

Na ja, ich korrigiere mich auf Einwendung von Herrn Mohring. Sprachlich korrekter: Die Partei von Herrn Koppe sitzt in der Bundesregierung

(Beifall CDU)

und das, was man dort nicht klären kann, es ist einer von vielen Anträgen...

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Aber mit Herrn Mohring’s Partei zusammen.)

Lieber Herr Ramelow, es ist völlig korrekt, dass es so ist, was Sie beschreiben, allerdings ist dieser Antrag ja nicht von der Koalitionsfraktion, von der CDU gestellt worden, sondern von der FDP-Fraktion. Wir haben nun schon den mehrfachsten Antrag, dass die FDP Anträge stellt genau zu den Themen, die im Bund zu klären sind. Wir sind als Länder sehr intensiv bereit, Sie kennen alles, was wir im Sozialausschuss besprochen haben. Sie wissen, dass wir für die Aufhebung dieser Schnittstellenproblemlagen seit langer Zeit streiten, weil wir den Aufwand haben, wir haben den Ärger, obwohl wir gar nicht zuständig sind. Wir wollen vermitteln und können es trotzdem nur begrenzt.

(Beifall SPD)

Deswegen ist es einfach eine Zumutung, wenn diese Dinge hier diskutiert werden, ohne dass Sie im

Bund tatsächlich die Initiative ergreifen und dort endlich dafür streiten, dass wir im SGB VIII diese Zusammenführung haben. Das heißt, wir haben alles vorgetragen, was wir vortragen können, was an Veränderungen notwendig ist. Damit wäre den Jugendämtern die Möglichkeit gegeben, aus einer Hand zu fördern. Der Bund muss es auch bezahlen, auch das will ich ganz deutlich sagen. Immer wieder wird vorgetragen, was wir als Bundesländer alles tun sollen; wir haben das Geld nicht dazu. Der Bund muss es bezahlen, eindeutig. Deswegen bin auch ich dafür, dass wir die Anträge ablehnen. Danke.

(Beifall CDU, SPD)

Vielen Dank, Frau Ministerin. Es liegen jetzt keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit kommen wir jetzt zur Abstimmung über den Antrag, und zwar wird direkt über den Antrag der Fraktion der FDP in der Drucksache 5/2287 abgestimmt, da die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Soziales, Familie und Gesundheit die Ablehnung des Antrags empfiehlt. Wer dem Antrag der FDP zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen der Fraktion der FDP. Gibt es Gegenstimmen? Da ist man jetzt entschlossen. Das sind die Stimmen der Fraktionen SPD und CDU. Gibt es Enthaltungen? Das sind die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Alternativantrag der Fraktion DIE LINKE. Wer diesem so zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen der Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE. Gibt es Gegenstimmen? Das sind die Stimmen der Fraktionen CDU und SPD. Gibt es Enthaltungen? Das sind die Stimmen der Fraktion der FDP. Damit ist auch dieser Antrag abgelehnt und ich schließe diesen Tagesordnungspunkt.

Frau Siegesmund.

Frau Präsidentin, ich möchte noch eine kurze Erklärung zu meinem Abstimmverhalten machen.

Ja, bitte, dann dürfen Sie jetzt nach vorn kommen und Ihre Erklärung abgeben.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ein Satz. Ich möchte gerne sagen, dass ich dem Alter

nativantrag der LINKEN zugestimmt habe, weil er dem Antrag der GRÜNEN, der im Ausschuss beraten wurde, Wort für Wort ähnelt und um genau zu sein, gleich ist, um genau zu sein, abgeschrieben wurde.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Ihr seid die Größten, das Original.)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Siegesmund. Damit schließe ich jetzt diesen Tagesordnungspunkt. Der Tagesordnungspunkt 11, Förderung des ökologischen Landbaus in Thüringen, wurde zurückgezogen.

Bevor ich zum nächsten Tagesordnungspunkt komme, darf ich Ihnen Folgendes mitteilen: Zum Alternativantrag der Fraktionen der CDU und der SPD in TOP 12 - Drucksache 5/4047 - wurde ein Änderungsantrag der Fraktion der FDP in der Drucksache 5/4110 verteilt. Gemäß § 64 Abs. 3 Satz 1 der Geschäftsordnung sind Änderungsanträge zu selbstständigen Vorlagen, die keinen Gesetzentwurf enthalten, nur mit Zustimmung der Antragsteller zulässig. Deshalb frage ich jetzt die Fraktionen von SPD und CDU: Erteilen Sie die Zustimmung zu dem Änderungsantrag der FDP?

(Zuruf Abg. Emde, CDU: Nein.)

(Zuruf Abg. Mohring, CDU: Ja.)

Nein und ja. Können Sie sich vielleicht verständigen? Ja. Jetzt wissen wir auch, wer Ober und wer Unter in der CDU-Fraktion ist. Damit ist der Änderungsantrag zulässig.

(Heiterkeit CDU)

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 12

Studienfinanzierung stärken Das BAföG zum Zwei-SäulenModell ausbauen Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hier: Nummern II.1 und II.2 - Drucksache 5/3355 dazu: Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bildung, Wissenschaft und Kultur - Drucksache 5/4066

dazu: Alternativantrag der Fraktionen der CDU und der SPD - Drucksache 5/4047

dazu: Änderungsantrag der Fraktion der FDP - Drucksache 5/4110

dazu: Alternativantrag der Fraktion DIE LINKE - Drucksache 5/4061

Das Wort hat zunächst der Abgeordnete Metz aus dem Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur zur Berichterstattung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, durch Beschluss des Landtags am 18. November 2011 sind die Nummern II.1 und II.2 des Antrags an den Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur überwiesen worden. Der Antrag ist aus verschiedenen Gründen, unter anderem aufgrund einer längeren Anhörung und aufgrund einer Ankündigung von Alternativanträgen, mehrfach verschoben worden. DIE LINKE sowie die regierungstragenden Fraktionen kündigten für diese Plenarsitzung Alternativanträge an. Der Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur hat die Nummern II.1 und II.2 des Antrags in seiner 32. Sitzung am 16. Februar 2012 beraten. Die Beschlussempfehlung lautet: Der Antrag wird abgelehnt.

Vielen herzlichen Dank. Wünscht jemand aus den Fraktionen der CDU und der SPD das Wort zur Begründung zu ihrem Alternativantrag? Das ist offenkundig nicht der Fall. Wünscht die Fraktion DIE LINKE das Wort zur Begründung zu ihrem Alternativantrag? Das ist auch nicht der Fall.

Dann eröffne ich hiermit die Aussprache. Das Wort hat die Abgeordnete Franka Hitzing für die FDPFraktion.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Sehr verehrte Damen und Herren, zu diesem Antrag, Änderungsantrag, Alternativantrag haben wir jetzt viel zu reden. Es sind schon einige Formulare, die jetzt vor uns liegen. Ich möchte mich insbesondere auf den Alternativantrag der regierungstragenden Koalition konzentrieren, da ich zum ursprünglichen Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in der letzten Plenarsitzung bereits meine Ausführungen gemacht und unsere ablehnende Haltung begründet habe.

Es gibt in diesem Antrag die Auffassung seitens der GRÜNEN - um das noch mal zu wiederholen -, dass man einen Sockelbetrag an jeden Studenten auszahlen solle, unabhängig vom Bedarf, also unabhängig auch von der sozialen Stellung. Auf diese Art und Weise soll das BAföG reformiert werden. Ich hatte das in der letzten Debatte schon gesagt, das ist für uns so nicht nachvollziehbar. Gleichzeitig wird aber ein sinnvolles Programm kritisiert, nach welchem insbesondere leistungsstarke Studenten ein Stipendium erhalten können, was noch zur Hälfte von privaten Geldgebern oder Sponsoren mitfi

(Abg. Siegesmund)

nanziert wird. Diese Argumentation erschließt sich uns eben so nicht.