Protokoll der Sitzung vom 23.02.2012

(Beifall FDP)

Der Alternativantrag der regierungstragenden Fraktionen ist an dieser Stelle wesentlich ausgewogener, aber, und deshalb haben wir den Änderungsantrag dazu eingereicht, nicht vollständig. Wir hätten uns als FDP-Fraktion sehr gut vorstellen können, diesen Alternativantrag so zu unterstützen, wenn das hervorragend angelaufene und nach unserem Dafürhalten wirklich sinnvolle Programm des Deutschlandstipendiums darin Berücksichtigung gefunden hätte.

(Beifall FDP)

Noch mal ganz kurz zur Zusammenfassung: Das Deutschlandstipendium erhalten Studenten über die Hochschulen und es gibt ihnen die Möglichkeit, 300 € monatlich über dieses Stipendium als Studienfinanzierung zu erhalten, wobei dieses Stipendium zur Hälfte bezahlt wird vom Bund auf der einen Seite und auf der anderen Seite von öffentlichen, also von privaten Sponsoren oder Firmen. Mittelfristig sollen mit diesem Instrument 160.000 Studenten, also etwa 8 Prozent aller Studenten in Deutschland, ein solches Stipendium erhalten und unterstützt werden, was ja durchaus auch bedeutet, dass für die Studierenden es weniger prekär wird, sich auf ihr Studium zu konzentrieren, weil sie ganz einfach eine andere finanzielle Ausstattung haben. Dieses Programm befindet sich selbstverständlich derzeit im Aufbau, es ist etwa ein Jahr alt und es werden sukzessive immer mehr Stipendien in jedem Semester verteilt.

In Thüringen haben sich 2011 elf der zwölf Hochschulen am Programm beteiligt und etwa die Hälfte der maximal vergebbaren Stipendien, das sind 236, wurden auch vergeben - aktuelle Zahl 109. Wenn ich mit Ihrer Erlaubnis, Frau Präsidentin, einen Satz zitieren darf, und zwar vom Parlamentarischen Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung, Herrn Dr. Helge Braun: Seit dem Programmstart im April 2011 haben die Hochschulen insgesamt 5.551 Stipendien eingeworben, von denen 5.271 bereits vergeben wurden. Damit hat sich die Summe der eingeworbenen privaten Mittel auf ca. 10 Mio. € erhöht. Rund drei Viertel aller förderberechtigten Hochschulen beteiligen sich an dem Programm. Von ihnen hat etwa die Hälfte die Förderquote von 0,45 Prozent der Studierenden für das Jahr 2011 erfüllt. In einem weiter hinten liegenden Absatz wird noch einmal darauf verwiesen: Der Aufbau einer Stipendienkultur, wie sie die großen Wissenschaftsnationen auszeichnet, ist ein Lernprozess, der seine Zeit braucht. Aus unserer Sicht ist es demzufolge ein Unding, dass Deutschlandstipendium bereits im Anfangsstadium in solchen Misskredit zu bringen,

(Beifall FDP)

das ist nicht nachvollziehbar. Nach unserer Meinung ist es ein gerechtes, weil auf Leistungskriterien beruhendes Mittel der Studienfinanzierung. Gerade im Dezember des letzten Jahres, am 26. Dezember 2011, wurde eine Kooperation geschlossen zwischen der IHK Erfurt und der Fachhochschule Nordhausen und der Universität Erfurt über die Vergabe von insgesamt 30 Deutschlandstipendien in diesem Jahr. Ich denke, es ist zumindest erwähnenswert. Wenn ein Programm nach einem Jahr solche Akzeptanz findet, dann sollte man es auch nicht totschweigen.

(Beifall FDP)

Es ist natürlich nicht das einzige Mittel, da Studienkreditprogramme, weitere Stipendienprogramme der Stiftung und natürlich nicht zuletzt das BAföG die Ganzheit der Möglichkeiten zur Finanzierung von Studien darstellt. Wir wollen daher das Deutschlandstipendium entsprechend in den vorliegenden Anträgen berücksichtigt sehen. Schließlich ist es schon verwunderlich, dass die CDU-Fraktion dieses Programm, was maßgeblich durch die zuständige CDU-Bundesministerin, Frau Annette Schavan, befördert wird, nicht mal erwähnt und totschweigt. Unserer Meinung nach gehört es in den Alternativantrag, da das Drei-Säulen-Modell, nämlich Studienfinanzierung, BAföG, Studienkredite und Stipendienprogramme, nur ganzheitlich gedacht werden kann. Alles andere diskreditiert nach unserer Meinung auch die Studentinnen und Studenten hier in unserem Land, die mit viel Fleiß und Leistungsbereitschaft und Engagement an den Fachhochschulen und Universitäten sich um ihren Abschluss bemühen. Hierfür muss es Anreize auch weiterhin geben.

(Beifall FDP)

Wir stehen selbstverständlich einer sinnvollen Anpassung der Gesetzgebung zur Studienfinanzierung, wie es in Ihrem Alternativantrag formuliert wird, aufgeschlossen gegenüber. Eine Erhöhung der Freibeträge und eine sukzessive Erhöhung der Leistungen muss aber den realen Lebenshaltungskosten entsprechen. Die weiteren Vorschläge ihrerseits zur Harmonisierung der Förderung, wie die Beseitigung von Förderungslücken und die Verkürzung von Bearbeitungszeiten, sind aus unserer Sicht durchaus sinnvoll. Es ist natürlich so: Wer A sagt, muss auch B sagen. Wenn Sie im Alternativantrag die Studienkreditprogramme erwähnen, darauf verweisen und auch auf die Weiterentwicklung des BAföGs, dann ist es nach unserer Meinung dringend notwendig oder zumindest sehr zielführend, auch die Stipendienprogramme zu erwähnen und da speziell das Deutschlandstipendium. Wir werden sehen, wie sich das in der Debatte entwickelt. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall FDP)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat sich Frau Abgeordnete Rothe-Beinlich zu Wort gemeldet.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, es liegen uns heute drei Anträge und ein Ergänzungsantrag zur Zukunft der Bundesausbildungsförderung, nämlich zum BAföG vor. Ausgangspunkt war, daran will ich noch mal erinnern, Herr Metz war darauf auch sehr kurz in seiner kurzen Berichterstattung eingegangen, ein Antrag unserer Fraktion mit dem Ziel, das BAföG zum sogenannten Zwei-Säulen-Modell auszubauen. Am 18. November bereits haben wir darüber diskutiert und hat der Bildungsminister auch Bericht hier im Plenum erstattet. Dann lag der Antrag eine ganze Weile im Bildungsausschuss zur Beratung, wir hatten sicher viel zu tun, wurde dann leider aufgrund der Fülle von Themen und Anliegen mehrfach verschoben und letzte Woche im Ausschuss endlich aufgerufen. Eine Beratung, muss ich leider konstatieren, hat inhaltlich im Ausschuss trotzdem nicht wirklich stattgefunden. Man muss allerdings auch wissen, dass dort offiziell die Anträge auch noch nicht vorlagen, die nun alternativ mit im Raum stehen. Stattdessen haben aber CDU und SPD und die Fraktion DIE LINKE zum Antrag hier im Plenum Alternativanträge vorgelegt. Herr Emde, weil Sie gerade fragen: Es gab keine Anträge von Ihnen im Ausschuss zu diesem Thema. Deswegen konstatiere ich, dass eine wirkliche Debatte im Ausschuss leider nicht stattgefunden hat. Bildungsminister Matschie hat zu Recht darauf hingewiesen, dass die Frage der Studienfinanzierung ein ganz entscheidender Faktor dafür ist, warum sich gerade junge Menschen aus finanziell schwachen Elternhäusern noch viel zu häufig gegen ein Studium entscheiden. Ich musste jetzt schon etwas schmunzeln, als ich den Beitrag von Frau Hitzing gehört habe und sie von realen Lebenskosten sprach, die zu berücksichtigen sind. Ich werde darauf noch zu sprechen kommen, denn die derzeitige Situation ist für viele Studierende eher prekär. Das schätzt sogar ein sehr großer Anteil der Studierenden selbst so ein. Insofern finde ich spannend, wie Ihre Einschätzung, Frau Hitzing, da mit dem zusammengeht, was Sie beantragen. Aber zu Ihrem Antrag etwas später.

Wir haben auch schon in der ersten Beratung deutlich gemacht, dass der Zugang zu guter Bildung und damit auch der Zugang zu unseren Hochschulen ein ganz zentrales Gerechtigkeitsthema und auch entscheidend natürlich für Wachstum und

Wettbewerbsfähigkeit in Thüringen ist. Daher meinen wir, dass wir es uns schlichtweg nicht länger leisten können, den Weg zum Campus für viele junge Menschen faktisch zu blockieren und zu verunmöglichen, weil ihnen schlicht die finanziellen Mittel fehlen, sich ein Studium im wahrsten Sinne des Wortes leisten zu können. Über die Reformbedürftigkeit des BAföG besteht sowohl bei den Fachverbänden als auch bei den Studierenden und auch bei den meisten Fachpolitikern und Fachpolitikerinnen kein Zweifel mehr. Seit der Einführung des BAföG ist ein lange andauernder schleichender Funktionsverlust desselben festzustellen und dazu will ich jetzt noch etwas mehr sagen. 4 Mio. Menschen wurde bisher mit BAföG ein Studium ermöglicht, die es sich sonst nicht hätten leisten können. Carsten Meyer hatte in der letzten Plenarsitzung in der Beratung bereits auf viele Aspekte hingewiesen und auch auf die sinkende Gefördertenquote aufmerksam gemacht. Ich will noch einmal einige Zahlen ins Gedächtnis rufen. Die Gefördertenquote lag 1972 noch bei 44,6 Prozent, 2008 waren es gerade noch 17,4 Prozent, so jedenfalls die GEW. Auch die Höhe der Förderbeträge ist nicht mehr zeitgemäß; wenn wir von Lebenshaltungskosten sprechen, Frau Hitzing, dürfte Sie das interessieren. Es werden nämlich nur knapp 15 Prozent der Lebenshaltungskosten durch das BAföG überhaupt abgedeckt, wohingegen 48 Prozent der Unterstützung der Studierenden in der Regel von den Eltern stammt, 26 Prozent werden durch zusätzlichen Verdienst aufgebracht. Das hat eine Erhebung des Deutschen Studentenwerks ergeben. Auch im europäischen Vergleich zeichnet sich Deutschland eher dadurch aus, dass eine besonders starke soziale Auslese beim Hochschulzugang stattfindet. Nur 2 Prozent - 2 Prozent - aller Studierenden können allein vom BAföG leben, nur rund die Hälfte der Studierenden geht überhaupt von einer gesicherten Finanzierung ihres Studiums aus, 40 Prozent halten die Studienförderung für prekär. Frau Hitzing, vielleicht sollten Sie genau das als reale Lebenshaltungskosten auch mit berücksichtigen, wenn Sie hier so von einem Stipendium schwärmen, was gerade einmal 0,3 Prozent der Studierenden zugute kommt. Wir meinen, die Studienfinanzierung muss auf die verschlechterte Situation der Studierenden reagieren.

Nun noch einmal kurz zu unserem Antrag: Wir schlagen darin sowohl kurzfristige Anpassungen vor, die wir in II.1 beschreiben, als auch mittel- und langfristige Lösungsvorschläge. Unser Vorschlag lautet, das hatte Frau Hitzing eben schon erwähnt, die staatliche Studienfinanzierung so weiterzuentwickeln, dass wir zu einem Zwei-Säulen-Modell kommen. Da dieses Zwei-Säulen-Modell anscheinend immer noch nicht von allen ganz richtig verstanden wurde, will ich es einmal ganz kurz noch erklären. Dieses Modell kombiniert eine bedarfsab

(Abg. Hitzing)

hängige und eine bedarfsunabhängige Komponente.

Die erste Säule ist dabei ein Zuschuss in der Tat für alle Studierenden und schafft damit eine gewisse Basisabsicherung und auch eine Unabhängigkeit der Studierenden. Damit würden wir allen Studienberechtigten einen starken Anreiz bieten, überhaupt ein Studium aufzunehmen. Das meinen jedenfalls wir. Die zweite Säule ist ein Bedarfszuschuss, der eine starke soziale Komponente für Studierende aus einkommensschwächeren Elternhäusern garantiert. Das Ganze ist also bedarfsabhängig. Im Rahmen des Zwei-Säulen-Modells schlagen wir vor, die familienbezogenen Leistungen, also das Kindergeld und Steuerfreibeträge, in einen Sockel für alle zu überführen, damit klären wir auch die Finanzierungsfrage. Dieses Geld käme dann den Studierenden direkt zugute und das wäre ein sehr großer Vorteil, meinen wir, im Vergleich zum bisherigen BAföG. Und wir würden damit auch die Studierenden aus dem bisherigen - ich nenne es mal so - Mittelstandsloch herausholen, um auch den Studierenden, deren Eltern knapp über den Einkommensgrenzen verdienen, einen Weg zum Studium zu ermöglichen.

Jetzt zu den Alternativanträgen, die uns ja nun vorliegen. Der CDU/SPD-Antrag ist schon etwas frech. So wird im Titel von einer „Fortschreibung der Erfolgsgeschichte BAföG“ gesprochen. Das kann aus unserer Sicht allerdings nur ironisch gemeint sein. Schließlich muss einfach zur Kenntnis genommen werden, dass immer noch viel zu hohe Zugangshürden zum Studium bestehen und sich die finanzielle Lage der Studierenden - ich habe das eben ausgeführt - verschärft hat und im internationalen Vergleich Deutschland sogar die hinteren Plätze belegt, wenn man sich die Übergangs- und Studierquoten anschaut oder die Abhängigkeit von der sozialen Herkunft der Eltern. Es braucht also dringend neue Wege zu einer besseren Studienfinanzierung, die auch eine Verbreiterung der staatlichen Förderung bewirken und den schleichenden Funktionsverlust stoppen. Wir haben es in der Realität also mitnichten mit einer Erfolgsstory zu tun, meinen jedenfalls wir.

Der Antrag von CDU und SPD ist außerdem aus unserer Sicht viel zu unverbindlich. Es soll lediglich auf einen gemeinsamen Vorschlag von Bund und Ländern zur Fortentwicklung des BAföG hingewirkt werden, statt konkret Initiativen zu ergreifen, und ich denke, das wäre eigentlich an der Tagesordnung. Die genannten inhaltlichen Punkte im Antrag lassen sich größtenteils nachvollziehen. Eine kontinuierliche Anpassung und Erhöhung der Fördersätze und Freibeträge ist notwendig. Allerdings fehlen hier die konkreten Maßgaben und Rahmenbedingungen, nach welchen überhaupt angepasst werden soll. Wir schlagen dazu beispielsweise die Anpassung der Mietkostenpauschale an tatsächliche

regionale Durchschnitte vor. All das findet sich im Antrag von CDU und SPD jedoch nicht wieder.

Bildungskredite sehen wir maximal als eine Überbrückung von Finanzierungslücken und sollten allenfalls eine Ergänzung zu einer öffentlich finanzierten Studienfinanzierung sein. Die Schließung von Förderlücken ist unbedingt notwendig, das deckt sich mit unserer Forderung, das BAföG dem Bologna-Prozess gerecht auszugestalten. Da sollte aus unserer Sicht beispielsweise auch die Problematik der viel zu restriktiven Handhabung der Anerkennung von Kindererziehungszeiten noch einmal mit bedacht werden. Hier kennen wir immer wieder Beispiele, wie schwierig es für junge Alleinerziehende oder auch Paare mit kleinen Kindern ist, nach dem Bologna-Prozess tatsächlich ihr Studium in der notwendigen Zeit zu absolvieren. Diese werden oftmals zum Studienabbruch getrieben, weil sie keine Chance haben, ihr Studium zu verlängern, weil sie keine Förderung bekommen und sich die Fortführung des Studiums ohne BAföG schlichtweg nicht leisten können. Trotzdem wird dieser Antrag wieder einmal nichts bewirken, er wird keine Folgen haben und er wird die Weiterentwicklung des BAföG auch nicht vorantreiben. Deshalb müssen wir ihn leider ablehnen.

Zum Antrag der Fraktion DIE LINKE: Er fordert eine gesetzlich festgeschriebene jährliche Anpassung entsprechend der Inflationsrate und eine Anhebung der Freibeträge und Fördersätze um 12 Prozent. Über die Höhe lässt sich sicher streiten. Wir schlagen 5 Prozent vor. Auch angesichts der Haushaltslage meinen wir, dass 5 Prozent realistisch finanzierbar sind. Das Schüler-BAföG auszuweiten sehen wir positiv, denn die bisherige Regelung ist ein viel zu schmaler Rahmen und zudem der Lebensrealität vieler junger Menschen schlicht nicht angemessen. Unsere Vorstellung zum Schüler-BAföG ist, dieses generell elternunabhängig zu gestalten, um den Jugendlichen die Chance zu geben, auch gegen den Willen der Eltern beispielsweise und auch gegen finanziellen Druck aus der unmittelbaren Umgebung nach einem höheren Bildungsabschluss zu streben. Daher unterstützen wir eine sinnvolle Konzeption für ein elternunabhängiges Schüler-BAföG.

Nun zum Deutschlandstipendium: Das lehnt ja der Antrag der Fraktion DIE LINKE sehr klar ab. Wir haben es eben gehört, die FDP hat ihren Änderungsantrag allein dem Deutschlandstipendium gewidmet. Deutschlandstipendien jedoch sind nichts anderes, meinen wir, als Eliteförderung für bisher 0,3 Prozent der Studierenden. Wie Frau Hitzing da dazu kommt, von Gerechtigkeit zu reden, erschließt sich mir nicht so ganz. Wir meinen, dass diese Form der Förderung einen Irrweg darstellt. Hier stimmen wir der LINKEN ausdrücklich zu und lehnen den Änderungsantrag der FDP dementsprechend ab. Die Energie und das Geld, mit dem

Schwarz-Gelb im Bund hierzulande diesen - wie ich es schon meine gewisserweise - Ladenhüter promoten möchte, sollte viel lieber ins BAföG investiert werden. Und die von Frau Ministerin Schavan auf Bundesebene propagierte neue Stipendienkultur ist aus unserer Sicht nichts anderes als eine Fata Morgana; von großartiger Wirkung kann man da jedenfalls mitnichten sprechen.

Zur Frage der Struktur der zukünftigen Studienfinanzierung habe ich unsere Position deutlich gemacht und da wir unseren Antrag für besser und auch für finanzierbar halten, werben wir um Zustimmung für unseren Antrag. Zum Antrag der Fraktion DIE LINKE werden wir uns enthalten. Vielen herzlichen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion DIE LINKE hat der Abgeordnete Bärwolff das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, es geht heute in zweiter Lesung um den Antrag der GRÜNEN, der auf die Verbesserung der Studienfinanzierung in Deutschland abzielt, ein zweifellos wichtiges und gutes Anliegen. Der Antrag wurde im Bildungsausschuss beraten, der Kollege Metz hat es ja hier ausführlich dargestellt. Der unter I verlangte Bericht wurde gegeben, jetzt geht es also darum, dass der Thüringer Landtag deutlich artikuliert, in welche Richtung nach Meinung des Hauses sich die Studienfinanzierung in Deutschland zu entwickeln habe. Es ist daher normal, dass die Landesregierung, die Fraktionen und auch wir aus der Oppositionsfraktion diesen Anlass wahrnehmen und unsere eigene Vorstellung und eigene Alternativanträge darlegen.

Zum Inhalt: Dass im Bereich der Studienfinanzierung Änderungsbedarf besteht, ist ein offenes Geheimnis nicht erst seit den massiven Protesten der Studierenden und den neuesten Zahlen des Studentenwerks und der GEW. Dieser Druck des Faktischen hat sogar dazu geführt, dass die Bundesregierung tätig wurde. Doch die nach vielen Jahren Untätigkeit im Oktober 2010 unter dem größten Getöse beschlossene BAföG-Erhöhung um 2 Prozent - die durchschnittliche Steigerung des Zahlbetrags beträgt 13 €, das muss man sich ein bisschen vor Augen halten - hat die Krise in der Studienfinanzierung aber nicht gemildert.

(Beifall DIE LINKE)

Sie gleicht nicht einmal die Inflationskosten des Jahres aus. Nach wie vor steht die grundsätzliche Frage nach einer Neuregelung der Studienfinanzierung. Während zum Zeitpunkt der Einführung des

BAföGs 1971 44 Prozent der Studierenden Anspruch auf Förderung hatten, sind es heute bundesweit nur noch 18 Prozent. Hier im Osten liegt diese Zahl freilich etwas höher, aber insgesamt deckt das BAföG lediglich 24 Prozent der Studienkosten der Thüringer Studierenden ab. Es wendet den Existenzdruck während des Studiums von den Studierenden nicht ab, es mildert ihn etwas. Wer neben dem Studium seinen Lebensunterhalt noch verdienen muss, hat eben wenig Zeit zum Lernen. Richtig ist, aktuell geht der Finanzierungsanteil an den Studienkosten, den die Eltern tragen, gerade für ältere Studierende deutlich zurück. Hier fiel der Elternbeitrag zwischen 2006 und 2009 für 25-Jährige um 61 € und bei den 26- und 27-Jährigen sogar um 108 € pro Kopf, und das bei gestiegenen Lebenshaltungskosten. Hier schlagen ohne Zweifel die gegenwärtigen wirtschaftlichen Probleme in den Familien durch. Die Konsequenz kann nur sein: Staatliches Handeln ist dringlich, wenn die soziale Breite der Studierwilligen nicht weiter eingeschränkt werden soll.

(Beifall DIE LINKE)

Im Klartext: Wir wollen, dass jeder studieren kann, unabhängig vom ökonomischen Hintergrund.

(Beifall DIE LINKE, SPD)

Der weitere Weg in die Kapitaldeckung, wie er von den Unternehmerverbänden favorisiert wird, kann kein Ausweg sein. Er wird Studierwillige aus finanziell schwächeren Schichten zunehmend dem Verschuldungsrisiko aussetzen, aus dem es, wie bei ausbleibendem raschem beruflichem Erfolg auf dem Arbeitsmarkt, für viele Jahre keinen Ausweg mehr gibt. Er ist schon aus diesem Grund strikt abzulehnen. Traditionell setzt sich DIE LINKE für eine bedarfsdeckende, elternunabhängige Studienförderung für jeden Studierwilligen ein. Dabei haben wir ein Modell im Sinn, das eine bürokratiearme soziale Grundsicherung für alle jungen Menschen in Ausbildung schafft. Wir sind grundsätzlich für eine kostenfreie Bildung. Der Zugang zu Bildungseinrichtungen muss sich allein, ich wiederhole, allein daran bemessen, welche Fähigkeiten und Stärken die Studenten haben. Finanzielle Hürden jedweder Art sind abzuschaffen. Auf dem Weg zu dieser längerfristigen Perspektive muss es zunächst darum gehen, aktuell und möglichst sofort die Situation im Bereich der Studienfinanzierung zu verbessern. Der Antrag der Koalitionsfraktionen lässt jeden deutlichen Ansatz in diese Richtung vermissen. Natürlich ist es richtig, Pflegezeiten zu berücksichtigen. Was aber verstehen Sie unter Förderlücken zwischen dem BAföG und Masterstudiengängen? Entschuldigen Sie, Herr Voigt, aber das ist in der Tat nur ein Formelkompromiss. Alle Beschränkungen für die Masterstudiengänge aufzuheben, das wäre besser und eindeutiger.

(Beifall DIE LINKE)

(Abg. Rothe-Beinlich)

Dann wäre im Übrigen auch eine höhere Durchlässigkeit gegeben, die Sie immer so vor sich hertragen. Zu den gigantischen Disproportionen und zum dringenden Reformbedarf des BAföG überhaupt sagen Sie nämlich nichts Konkretes. Stattdessen definieren Sie den immer geringer werdenden Anteil der Unterstützten an den Studierenden als eine Erfolgsgeschichte. Ihr Antrag simuliert, dass sich etwas tut, geht aber keinen konkreten Schritt. DIE LINKE, meine Damen und Herren, ist damit allerdings nicht zufrieden und wir haben die Zahlen auf unserer Seite. Deshalb werden wir Ihren Antrag auch ablehnen. Wir gehen davon aus, dass es aktuell darum gehen muss, Freibeträge und Bedarfssätze um 12 Prozent anzuheben, wie das auch die GEW fordert. Eine Anpassung an die Inflationsrate ist im Gesetz zu verankern. Dann wird es auch gelingen, das sogenannte Mittelstandsloch zu schließen, von dem im Antrag von CDU und SPD zutreffenderweise die Rede ist. Die Altersgrenze muss aufgehoben werden oder zumindest doch erheblich erhöht werden. Die Studienzeiten haben sich bereits verkürzt. Warum sollen Menschen, die biografiebedingt später in das Studium eintreten, benachteiligt werden? Für uns, DIE LINKE, ist auch wichtig, dass auch das Schüler-BAföG in die Verbesserung mit einbezogen wird. Ernsthaft etwas tun wollen auch BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in ihrem Antrag, wobei uns verschiedene Punkte allerdings zu halbherzig sind. Die Forderung von 5 Prozent Erhöhung der Regelsätze und Freibeträge, die Sie vorschlagen, geht nicht über den Inflationsverlust der letzten zwei Jahre hinaus. Gerade wenn man bedenkt, wie selten es tatsächlich zu solchen Erhöhungen kommt, ist das entschieden zu wenig. Dasselbe gilt für den Kinderbetreuungszuschlag. Demgegenüber wollen wir anerkennen, dass Ihr ZweiSäulen-Modell von der unsäglichen Kreditfinanzierungsidee weg will. Auch die Kassierung des Deutschlandstipendiums können wir nur unterstützen. Da uns aber unsere Forderungen als konsequenter erscheinen, werden wir uns bei Ihrem Antrag enthalten. Für DIE LINKE bleibt Bildung ein öffentliches Gut und DIE LINKE kämpft dafür, dass dieses öffentliche Gut auch für alle zur Verfügung steht.

(Beifall DIE LINKE)

Vielen herzlichen Dank, Herr Abgeordneter Bärwolff. Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Dr. Mario Voigt für die CDU-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Kollegen, der Grundsatz beim BAföG lautet nicht, die Reichsten, sondern die Fähigsten sollten studieren.

(Beifall CDU, SPD)

Blickt man auf die Situation, die wir in Deutschland haben - und die Faktenlage ist eindeutig -, dann lässt sich eine stetige Verbesserung des BAföG in den letzten vier Jahren erkennen.

Die Fakten: Jeder vierte Student in Deutschland bezog 2010 Unterstützungsleistungen aus dem BAföG. Zwischen 2008 und 2010 kam es zu einer Steigerung bei den Studenten um 16 Prozent, das BAföG ist um 16 Prozent gestiegen.

Zweiter Fakt: Von 2,3 Mrd. von 2008 ist das BAföG auf 2,9 Mrd. angestiegen.

Der dritte Punkt: Die durchschnittlichen Förderbeiträge stiegen um fast 10 Prozent auf im Durchschnitt 436 €.

Jetzt verstehe ich, Frau Rothe-Beinlich, dass Sie das schmerzt, aber Sie hatten die Gelegenheit in der rot-grünen Bundesregierung, das BAföG anzupassen. Bis auf eine kleine „Pizza-Reform“ - das war die Reform, die unter Frau Bulmahn beschlossen wurde - ist nichts passiert. Frau Schavan hat jetzt das Thema angepackt. Hier sind die Fakten, die lassen sich nachprüfen, die stehen sowohl beim Deutschen Studentenwerk als auch beim HIS in jeder Statistik. Damit müssen Sie umgehen. Deswegen reden Sie das nicht schlecht. Das ist konkrete Verbesserung für die Studenten und das ist, glaube ich, auch der richtige Weg. Deswegen heißt unser Antrag der Koalitionsfraktionen eben auch, ein Erfolgsmodell weiterzuentwickeln.