Danke, Frau Präsidentin. Es ist schade, dass Herr Fiedler nicht da ist, weil er ermöglicht hat, dass ich nach acht Jahren auch mal Berichterstatter aus dem Innenausschuss sein darf. Bis dahin haben das früher CDU in Alleinregierung und jetzt CDU und SPD für offenbar nicht angemessen gehalten. Herzlichen Dank, Herr Fiedler, dass ich diese Gelegenheit habe.
Zum Bericht selbst in der Drucksache 5/4205 legen die Fraktionen von CDU und SPD einen gemeinsamen Gesetzentwurf zur Änderung des Landeswahlgesetzes vor. Anlass ist hierfür der von der Landesregierung zugeleitete Bericht über die Veränderung der Bevölkerungszahlen in den einzelnen Wahlkreisen. Daraus ergibt sich - so zumindest die Antragsteller CDU und SPD - ein zwingender Handlungsbedarf bei der Einteilung der Wahlkreise insbesondere deshalb, weil in zwei Wahlkreisen eine Abweichung der Bevölkerungszahl von der durchschnittlichen Bevölkerungszahl in den Wahlkreisen von über 25 Prozent zu verzeichnen ist. Das gilt für den Wahlkreis 12, das ist Schmalkalden-Meiningen I, und für den Wahlkreis 32 Weimar. Darüber hinaus sollten noch einige redaktionelle und materiell
rechtliche Änderungen im Wesentlichen infolge einer Angleichung an das Bundeswahlgesetz im Thüringer Landeswahlgesetz festgeschrieben werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Thüringer Landtag beriet den Gesetzentwurf am 23. Februar im Justiz- und Verfassungsausschuss sowie federführend im Innenausschuss.
Herr Fiedler, herzlich Willkommen, ich habe mich ausdrücklich bei Ihnen bedankt, dass Sie es ermöglicht haben, dass ich hier Berichterstatter sein darf.
Gut, das wusste ich nicht. Es gehört zum Anstand, dass ich das jetzt noch mal persönlich tue und mich bei Ihnen bedanke.
Die Ausschüsse berieten am 14. sowie am 16. März 2012 zu dem Gesetzentwurf. Eine Anhörung wurde nicht beantragt und fand deshalb auch nicht statt. Sowohl dem Justiz- und Verfassungsausschuss als auch dem Innenausschuss lagen jeweils zwei Änderungsanträge vor, einmal ein Änderungsantrag der einbringenden Fraktionen. Dieser enthielt eine weitere im Wesentlichen redaktionelle Veränderung, der auch hier in der Beschlussempfehlung der Ausschüsse Aufnahme fand, und zwar soll in Artikel 1 Nr. 8 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb das Wort „Erststimme“ durch das Wort „Wahlkreisstimme“ ersetzt werden. Ein Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE wurde in beiden Ausschüssen abgelehnt. Zum einen beabsichtigte die Fraktion DIE LINKE zu verhindern, dass Wahlkreisgrenzen durch politische Gemeinden hindurch verlaufen und eine aus ihrer Sicht sachwidrige Trennung eines ansonsten verwaltungstechnischen und damit kommunalpolitisch zusammengehörenden Gebiets vorgenommen wird. Dazu sollte ein stufenförmiges Verfahren bei der Abweichung von der durchschnittlichen Bevölkerungszahl vorgeschlagen werden, wonach bei einer Abweichung von 25 Prozent eine Kannbestimmung zur Neuordnung der Wahlkreise aufgenommen wird und erst bei einer Abweichung von mehr als 30 Prozent eine Sollvorschrift für die Neueinteilung vorgesehen ist. CDU, SPD und die Landesregierung lehnten diesen Vorschlag der LINKEN ab. Sie äußerten verfassungsrechtliche Bedenken insbesondere mit Bezug auf die Gleichwertigkeit der Stimme. Diese Bedenken hat die Fraktion DIE LINKE in dem Maße nicht geteilt, weil die Gleichwertigkeit der Stimme bei der Wahlkreisstimme, also der früheren Erststimme, innerhalb des Wahlkreises gewahrt bleibt.
Zum anderen wollte die Fraktion DIE LINKE durch die Änderung u.a. in § 34 sicherstellen, dass Menschen mit Behinderung möglichst eigenständig und selbstbestimmt die Wahlhandlungen vornehmen und ihre Stimme auch ohne Unterstützung von
Hilfspersonen abgeben können. Da sollten die Wahllokale mit entsprechenden Hilfsmitteln, insbesondere Wahlschablonen, ausgestattet sein. Auch dieser Vorschlag wurde in beiden Ausschüssen diskutiert, dessen tatsächliche Notwendigkeit erörtert, die sich auch aus der UN-Konvention über die Rechte behinderter Menschen ergeben. Die rechtliche Verantwortung zur gesetzlichen Umgestaltung der Zugangsfreiheit wurde diskutiert. Im Ergebnis kam jedoch die Ausschussmehrheit in beiden Ausschüssen zu der Auffassung, dem Vorschlag der Fraktion DIE LINKE nicht zu folgen. Der Entwurf über ein Fünftes Gesetz zur Änderung des Thüringer Landeswahlgesetzes wird dem Landtag mit der angeführten Änderung durch die Annahme durch den Innenausschuss mehrheitlich empfohlen. Danke.
Frau Präsidentin, vielen Dank. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kuschel, herzlichen Dank für die exorbitant gute Berichterstattung.
Nach § 2 des Thüringer Landeswahlgesetzes muss eine Neueinteilung der Wahlkreise immer dann vorgenommen werden, wenn die Bevölkerungszahl im betreffenden Wahlkreis um mehr als ein Viertel von der durchschnittlichen Bevölkerungszahl aller Wahlkreise abweicht. Das ist so die reine Lehre aus dem Gesetz und bei den vorliegenden beiden Wahlkreisen ist das ja auch der Fall, über die wir uns heute unterhalten. Die Vorschläge zur Neuschneidung der Wahlkreise können Sie ja auch diesem Antrag entnehmen. Ich will gleich voranstellen, dass es durchaus auch andere Varianten gegeben hätte bei der Neuaufteilung und es hat diesbezüglich auch Diskussionen zwischen beiden Antragstellern gegeben. Letztlich hat man sich zum Verfahren im hier vorliegenden Antrag verständigt.
Der Antrag der LINKEN, jetzt noch einmal eingebracht, den wir bereits im Innenausschuss vorliegen hatten und mit dem wir uns beschäftigt haben, spricht ja von einer Art, ich nenne das jetzt mal, gestuftem Verfahren, bei 25 Prozent kann eine Neueinteilung, bei 30 Prozent muss eine Neuerteilung der Wahlkreise dann erfolgen. In dieser Form ist das dann dort so festgelegt. Das mag vielleicht eine Antwort auf den demographischen Wandel sein, eine Sinnhaftigkeit dieser Regelung ist dennoch aus
meiner Sicht zu hinterfragen. Was einen weiteren großen Komplex des Änderungsantrags der Fraktion DIE LINKE betrifft, das ist die Erreichbarkeit der Wahllokale für Menschen mit einem Handicap oder einer Behinderung. Ich bin schon sehr überrascht, dass DIE LINKE mit diesem Antrag jetzt erst kommt. In gut vier Wochen sind bereits Wahlen. Sie kennen alle die Abläufe. Wenn es wirklich erhebliche Veränderungen in den Wahllokalen, beispielsweise auch baulicher Natur, geben sollte, weil man zum Beispiel bestimmte Rampen anstellt, um die Erreichbarkeit der Menschen mit Behinderung dort in irgendeiner Form zu gewährleisten, dann hätte man aus meiner Sicht das Ganze nicht unbedingt mit einem Antrag der CDU und SPD verknüpfen müssen, wenn es um die Neugestaltung der Wahlkreise geht, sondern sich generell mal dazu ins Benehmen setzen sollen.
Danke, Frau Präsidentin. Danke, Herr Kollege Hey. Könnten Sie mir folgen in dem Satz: „Lieber später als gar nicht.“, damit man politische Veränderungen trifft und jetzt auch mit Blick auf die vier Wochen dennoch eine Veränderung für Menschen mit Handicap und Behinderung vorzunehmen?
Herr Blechschmidt, ich bin in der Regel immer in der Lage, Ihren Sätzen zu folgen, aber Sie werden sicherlich auch mir recht geben, wenn ich sage, dass gerade bei den Verfahrensabläufen - ich habe ja eben zum Beispiel über eventuelle bauliche Veränderungen gesprochen oder über bestimmte Veränderungen, die generell in den Wahllokalen vorgenommen werden - dann in der Regel auch die kommunale Familie mal gefragt werden müsste. Das gehört zum guten Ton. Wir machen das in der Regel beispielsweise bei Anhörungen mit dem Gemeinde- und Städtebund oder dem Landkreistag. Da werden Sie schon feststellen, wenn wir jetzt in rund vier Wochen eine Wahl anstehen haben, dass es ein bisschen spät ist, auf die Idee zu kommen, jetzt genau mit diesem Antrag die Behindertenrechte zu verknüpfen. Da, bin ich der Überzeugung, sollten wir uns durchaus auch gern nach der Wahl über diesen Themenkomplex unterhalten, aber das,
das werden Sie zugeben, ist doch schon sehr kurzfristig. Dass ich mich hier öffentlich darüber wundere, steht mir mindestens, denke ich mal, bei diesem Thema zu.
den Fristen der Veröffentlichung in den entsprechenden Gesetzblättern. Zu lange Fiebern ist nicht gut, deswegen will ich meine Rede an dieser Stelle auch beenden und einfach für diesen Antrag werben. Ich bitte also um Zustimmung und um Ablehnung des Antrags der LINKEN. Danke schön.
Herr Hey, könnten Sie sich nicht vorstellen, dass bei einer solchen gesetzlichen Neuregelung zur Behindertenfreiheit von Wahllokalen natürlich die Landesregierung als Verordnungsgeber für die bevorstehenden Kommunalwahlen Überleitungsbestimmungen schaffen kann, aber es trotzdem sehr sinnvoll ist, irgendwann mal eine gesetzliche Regelung zu treffen, die dann auch zur Wirkung kommt, und nicht mit Verweis, weil in vier Wochen Wahlen sind, können wir das nicht machen. Wenn die Wahlen vorbei sind, dann stehen wieder Wahlen an und wo wollen wir denn die Fristen setzen? Also die Frage ist ja: Sind Sie denn dafür, dass wir das gesetzlich irgendwann machen?
Herr Kuschel, wenn Sie mir zugehört haben, das tun Sie ja in der Regel immer, aber da Sie mir zugehört haben, muss ich das noch mal betonen. Selbstverständlich verschließen wir uns einer Diskussion zu dieser Thematik nicht. Ich habe nur einfach, und das ist ja legitim, auf die Zeitnähe der jetzt bevorstehenden Wahlen abgestellt und habe mich schon gewundert, weswegen Sie einen Antrag der CDU- und SPD-Fraktion auf Neuschneidung der Wahlkreise dann so geschickt verknüpfen mit den Behindertenfragen. Das, finde ich, sollte getrennt durchaus auch noch mal diskutiert werden, aber wir bekommen es jetzt einfach zeitlich nicht mehr hin. Mehr habe ich nicht gesagt. Ich denke, da sind wir ja auch in irgendeiner Form eng beieinander.
Danke, Herr Abgeordneter. Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Adams von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, vorweg ein kleines Stück Verwunderung über die Debatte, die ich gerade miterleben musste. Meiner Meinung nach werden die Wahlen in vier Wochen nach dem Thüringer Kommunalwahlgesetz abgehalten
und werden nicht nach dem heute hier zu ändernden Gesetz abgehalten, sondern das hier heute zu ändernde Gesetz würde in vier Wochen maximal Wirkung entfalten, wenn wir den Thüringer Landtag heute noch auflösen würden. Aber ich hoffe nicht, dass jemand auf diese Idee kommt.
Insofern gehe ich davon aus, dass … Nein, Herr Kollege Fiedler, ich hoffe nicht, dass heute zu dieser späten Stunde der Thüringer Landtag als Hort der parlamentarischen Debatte noch aufgelöst wird.
Ich glaube, wir brauchen hier noch mal ein Stück Versachlichung. Wir diskutieren im Augenblick nicht darüber, etwas zu ändern, was in vier Wochen Realität werden muss, sondern wir reden heute darüber, die Landtagswahl im Jahr 2014 vorzubereiten. Eine gute Zeit, auch die Barrierefreiheit für Wahllokale durchgängig herstellen zu können.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, dieses Gesetz, das relativ schnell und kurzfristig von den die Koalition tragenden Fraktionen eingereicht wurde, soll die Wahlgleichheit, also die Gleichheit der Stimmen herstellen. Wir GRÜNE finden das richtig, dass dies gemacht wird. Aber dieses Gesetz greift natürlich viel zu kurz. Es ist ein Indiz für den Handlungsbedarf, der sich aufgrund des demographischen Wandels hier in Thüringen ergibt. Oder wäre es Ihrer Ansicht nach nicht auch eine Ungleichheit, dass Kommunen, die vor zehn Jahren noch viel mehr Einwohner hatten, damit auch eine größere Steuerkraft hatten, heute die gleichen Aufgaben noch erfüllen müssen wie vor zehn Jahren, aber weniger Leute weniger Geld zur Verfügung haben und damit diese Aufgaben nur noch schlechter erfüllen können. Auch hier ist es dringend geboten, dass die Koalitionsfraktionen den Weg freigeben,
Weiterhin wäre es wichtig gewesen, im Zusammenhang mit diesem Gesetz einmal zu diskutieren, ob der Thüringer Landtag so, wie er jetzt besteht in dieser Größe, auch weiterhin bestehen muss oder ob es nicht wichtig wäre, eine Angleichung an das bundesdeutsche Maß zu finden, nämlich mit weniger Abgeordneten je Einwohner klarzukommen, also eine Verkleinerung des Landtags zu bewirken oder die Debatte zu führen, ob wir nicht einen anderen Weg gehen wollen, nämlich das klare Bekenntnis dazu, dass wir Macht weiter teilen wollen, dass wir Transparenz und Mitbestimmung tiefer in die Bevölkerung hereinbringen wollen, den Landtag also verdoppeln müssten. Das müsste allerdings dann auch einhergehen mit einem Feierabendparlament, so wie wir es in Bremen, Hamburg und in Berlin finden. All diese Debatten wären dringend zu führen hier im Thüringer Landtag, aber die Kurzfristigkeit des Gesetzentwurfs ließ das nicht zu. Kurzfristig nötig ist es, dieses Gesetz zu ändern, weil nach § 23 des Thüringer Landeswahlgesetzes die Aufstellung von Parteienbewerbern bzw. in Vertreterversammlungen diese Aufstellung von Bewerbern 30 Monate nach Beginn der Wahlperiode stattfinden kann. Dafür müssen wir natürlich Klarheit darüber schaffen, wie der Zuschnitt des Wahlkreises ist.
DIE LINKE hat einen Änderungsantrag eingebracht, für den wir nachher beantragen werden, eine Einzelabstimmung durchzuführen.