Protokoll der Sitzung vom 28.01.2010

Jetzt ja. Dann werde ich diesen Antrag zur Abstimmung stellen. Wer der Überweisung an den Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten folgt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das ist interessant, Moment mal. Die Gegenstimmen bitte. 1 Gegenstimme. Stimmenthaltungen? Zahlreiche. Damit war die Mehrheit für die Überweisung an den Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten.

Jetzt müssen wir demzufolge noch einen Antrag bekommen zur Federführung. Ich schlage jetzt vor, die Federführung in den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit zu legen. Wer diesem An

trag folgt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Ich frage nach den Gegenstimmen. Die gibt es nicht. Stimmenthaltungen? Da gibt es 2. Ich danke Ihnen für Ihr aufmerksames Verfolgen dieser Abstimmungsverfahren. Die Federführung liegt beim Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 4 und rufe auf den Tagesordnungspunkt 5

Zweites Gesetz zur Änderung des Thüringer Tierseuchengesetzes Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 5/330 - ERSTE BERATUNG

Frau Ministerin Taubert wünscht für die Landesregierung das Wort zur Begründung.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, mit dem vorliegenden Gesetzentwurf soll vorrangig die Weitergeltung des Thüringer Tierseuchengesetzes sichergestellt werden. Dieses ist befristet bis zum 30. Juni 2010. Das Gesetz dient in erster Linie der Durchführung von unbefristetem Bundes- und Gemeinschaftsrecht auf dem Gebiet des Tierseuchenrechts und ist insoweit zwingend erforderlich. Die Befristung soll daher aufgehoben werden. Zur Durchführung der genannten Vorschriften enthält das Thüringer Tierseuchengesetz Regelungen über die Bestimmung der für den Vollzug des Tierseuchenrechts zuständigen Behörden und ihre Aufgaben. Weiterhin ist festgelegt, wer die Entschädigungen für Tierverluste im Fall der Feststellung einer Tierseuche gewährt und wie sie aufzubringen sind.

In diesem Zusammenhang enthält das geltende Landesgesetz Regelungen über die Errichtung und zum Betrieb der Thüringer Tierseuchenkasse. Diese besteht als rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts, der auch die Unterhaltung von Tiergesundheitsdiensten übertragen wurde. Die Landesregierung widmet der Entwicklung der Tiergesundheit besonderes Augenmerk, und zwar deshalb, weil eine hohe Tiergesundheit für die Sicherung des gesundheitlichen Verbraucherschutzes im Hinblick auf die Gewinnung unbedenklicher und rückstandsfreier Lebensmittel unverzichtbar ist. Das gilt auch für die präventive Tierseuchenbekämpfung.

In den letzten Jahren konnten die Beihilfeleistungen der Tierseuchenkasse für die Verbesserung der Tiergesundheit kontinuierlich weiterentwickelt, die Beratungen durch die Tiergesundheitsdienste intensiviert und die Rücklagen der Tierseuchenkasse planmäßig

erweitert werden. Im Hinblick auf eine noch engere Verzahnung und eine weitere Effizienzsteigerung erfolgte im Jahr 2008 die Zusammenführung der bisher unterschiedlichen Standorte der Tierseuchenkasse in einem gemeinsamen Labor- und Verwaltungsgebäude in Jena. Grundsätzlich haben sich diese rechtlichen Regelungen in Thüringen bei allen Beteiligten sehr gut bewährt.

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf werden neben der Aufhebung der Befristungsregelung lediglich kleinere Aktualisierungen und Klarstellungen zum Thüringer Tierseuchengesetz vorgenommen. Hierbei handelt es sich neben redaktionellen Änderungen im Wesentlichen um Anpassungen bei den Regelungen im Zusammenhang mit der Verwaltung der Tierseuchenkasse. Das betrifft zum Beispiel die Verlagerung des Sitzes der Tierseuchenkasse von Weimar nach Jena, die Umstellung von der kameralistischen auf die kaufmännische Buchführung mit den entsprechenden Anpassungen im Gesetz sowie eine Anpassung an unmittelbar geltendes EU-Recht bezüglich der Beantragung von Beihilfen für Vorbeuge- und Bekämpfungsmaßnahmen. Ich bitte Sie um eine zügige Beratung des Entwurfs, damit das Gesetz rechtzeitig in Kraft treten kann. Danke.

Ich eröffne die Aussprache. Es hat sich angemeldet für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN der Abgeordnete Dr. Augsten.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die Ministerin hat, glaube ich, sehr gut ausgeführt, dass es sich hier eigentlich nur um eine Formalie handelt. Wir haben auch von den Verbänden und Organisationen keine Rückmeldung, dass es großen Handlungsbedarf gibt in der Sache, sondern hier werden einfach Anpassungen vorgenommen, die notwendig sind, die das Gesetz auch vorschreibt. Insofern stimmen wir dem Verfahren zu und wir werden uns auch dem Gesetz nicht verschließen.

Ich habe allerdings noch eine Anmerkung, einfach nur, um sicherzugehen. Wir haben noch keinen Juristen in der Fraktion und deswegen möchte ich mich einfach noch einmal rückversichern. Auf Seite 5 meines Papiers zu Nummer 14 § 36, wo es um die Aufhebung der Befristung geht, da wird im ersten Satz Bezug genommen auf das Datum 30. Juni 2010. Im zweiten Satz steht dann, dass im Ergebnis der Überprüfung des Thüringer Tierseuchengesetzes die Befristung aufgehoben werden soll. Ich lege Wert auf die Feststellung, dass es um diese Befristung geht, von der die Rede ist. Vielleicht sollte man das

redaktionell noch so deutlich machen, dass nicht generell die Befristung aufgehoben werden kann, weil das das höherrangige Gesetz dann vorschreibt, sondern dass es um diese Befristung geht, über die wir hier reden. Das wäre die einzige Bemerkung. Aber wenn das juristisch klar ist, dann ist das auch hinfällig. Danke schön.

Ich weiß jetzt nicht, ob Frau Ministerin gleich darauf antworten möchte, vielleicht können wir das gleich ausräumen. Dann habe ich die Redemeldung von Herrn Abgeordneten Kummer für die Fraktion DIE LINKE.

Herr Augsten, wir werden das im Ausschuss noch einmal thematisieren und Ihnen erläutern. Es ist tatsächlich so, dass es nur um diese Gesetzesbefristung dieses Gesetzes geht.

Herr Abgeordneter Kummer.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Ich habe nur noch eine Anregung zu dem Gesetzentwurf, etwas eventuell mit aufzunehmen, wenn es denn möglich wäre. Wir hatten im vergangenen Jahr die Pflichtimpfung bei der Blauzungenkrankheit. Der Bundesrat hat beschlossen, dass diese Pflichtimpfung in diesem Jahr nicht wieder stattfinden soll. Nach meinem Wissen hat sich Thüringen gegen diese Änderung gestellt, weil die Pflichtimpfung bei uns für notwendig erachtet wurde. Ich habe mit Schafzüchtern gesprochen, die mir gesagt haben, sie halten es für unbedingt erforderlich, dass die Pflichtimpfung bei der Blauzungenkrankheit weiter besteht, gerade weil Schafe besonders betroffen sind. Es sind ganze Herden umgefallen, wo die Blauzungenkrankheit aufgetreten ist. Wir haben zwar jetzt noch ein Jahr die Schutzwirkung durch die alte Impfung, aber spätestens dann wäre es notwendig, dass die Blauzungenkrankheit wieder beimpft wird. Wir haben durch diese freiwillige Lösung, die jetzt mit Wegfall der Pflichtimpfung eingetreten ist, erst einmal den Nachteil, dass wir nicht mehr eine flächendeckende Impfung bekommen, und zweitens den Nachteil, dass die Tierseuchenkasse für die Impfung nicht mehr zahlen wird, was natürlich bei größeren Schafherden zu einer deutlichen Belastung in dem Bereich führen wird, wo wir eh schon keine Gewinne zu erwirtschaften haben. Deshalb würde ich einfach darum bitten, zu sehen, ob wir hier eine Lösung finden können, entweder dass die

Tierseuchenkasse wenigstens auch bei einer freiwilligen Impfung helfen kann oder aber dass Thüringen eine separate Lösung trifft. Danke.

Es gibt eine weitere Redemeldung. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Herr Abgeordneter Dr. Augsten.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, jetzt bringt mich Herr Kummer hier in ziemliche Schwierigkeiten. Es ist nicht so, dass es eine einheitliche Meinung gibt über den Sinn, über die Sinnhaftigkeit und über das, was da gelaufen ist bezüglich der Blauzungenimpfung. Wir haben als GRÜNE natürlich eine ganze Menge Meldungen aus Agrarbetrieben, allerdings mehr aus dem Ökobereich bzw. aus dem Zoobereich, auch vor allem den Betrieben im Westen kleineren Maßstabes, die schlechte Erfahrungen gemacht haben mit der Blauzungenimpfung. Insofern machen wir hier ein Fass auf; also ich begrüße die Stellungnahme der Thüringer Landesregierung bzw. die Vorgehensweise, weil möglicherweise das daher rührt, dass man sich nicht so ganz einig ist, wie das dann ausgegangen ist insgesamt. Insofern kann ich mir gut vorstellen, dass wir hier eine Diskussion bekommen, die wir möglicherweise aushalten müssen, Herr Kummer. Das ist so. Aber ich sage noch einmal, es gibt mittlerweile eine ganze Menge Informationsmaterial, wo man sich auch über den aktuellen Stand informieren kann. Ich glaube, wir sind gut beraten, dass wir die Betriebe auffordern, sich zu informieren, um möglicherweise für ihren Bestand die Konsequenz zu ziehen, nicht zu impfen. Aus dem Ökobereich gibt es eine ganz eindeutige Auffassung: keine Impfung, Tiere ordentlich zu halten - auch das hat etwas damit zu tun, ob Tiere krank werden oder nicht - und im Übrigen dafür zu sorgen, dass im Prinzip dann diese Seuche gar nicht erst ausbricht. Also, wie gesagt, wir haben andere Informationen. Ich unterstütze deshalb die Vorgehensweise der Landesregierung an der Stelle. Danke.

Ich sehe jetzt keine weiteren Redeanmeldungen und schließe die Aussprache.

Mir ist signalisiert worden, dass es eine Ausschussüberweisung geben soll an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit federführend und mitberatend an den Ausschuss für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz.

Gibt es weitere Vorschläge? Das ist nicht der Fall. So lasse ich jetzt in dieser Reihenfolge abstimmen.

Wer der Überweisung des Gesetzentwurfs an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Ich frage nach den Gegenstimmen. Die gibt es nicht. Stimmenthaltungen? Gibt es auch keine. Damit ist die Überweisung geschehen.

Wer der Überweisung an den Ausschuss für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Ich frage nach den Gegenstimmen. Da gibt es keine. Stimmenthaltungen? Gibt es auch keine. Damit ist diese Überweisung auch erfolgt.

Die Federführung soll beim Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit liegen. Wer dem zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke. Gegenstimmen bitte. Gibt es keine. Stimmenthaltungen? Gibt es eine. Damit liegt die Federführung beim Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 5 und rufe auf den Tagesordnungspunkt 6

Zweites Gesetz zur Änderung des Thüringer Kommunalwahlgesetzes Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 5/331 - ERSTE BERATUNG

Die Begründung nimmt Herr Staatssekretär vor. Bitte.

Sehr geehrte Frau Tagungspräsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, am 20. November des letzten Jahres haben Sie sich mit einem Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE zu einem Zweiten Gesetz zur Änderung des Thüringer Kommunalwahlgesetzes in der Drucksache 5/61 befasst. Der Thüringer Innenminister hatte sich in der Landtagssitzung zu den Mängeln dieses Stichwahlwiedereinführungsgesetzes geäußert und einen Gesetzentwurf der Landesregierung angekündigt. Dieser liegt Ihnen nunmehr mit der Drucksache 5/331 vor.

Der vorliegende Gesetzentwurf der Landesregierung verfolgt das Ziel, die Stichwahl bei Bürgermeister-, Landrats-, Ortschafts- und Ortsteilbürgermeisterwahlen wieder einzuführen. Durch Artikel 1 des Gesetzes vom 9. Oktober 2008, Gesetz- und Verordnungsblatt Seite 535, war das Thüringer Kommunalwahlgesetz dahin gehend geändert worden, dass der Bewerber mit den meisten gültigen Stimmen gewählt ist. Abhängig von der Anzahl der Bewerber und der Wahlbeteiligung konnte dies dazu führen, dass ein Bewer

ber mit einer geringen Stimmenzahl gewählt wird. In der Koalitionsvereinbarung zwischen CDU und SPD wurde für die 5. Legislaturperiode die Wiedereinführung der Stichwahl festgelegt.

Zum Gesetzentwurf der Landesregierung wurde den kommunalen Spitzenverbänden Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Beide Spitzenverbände haben keine Bedenken gegen den Gesetzentwurf geäußert. Die im Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE festgestellten gesetzestechnischen Mängel sind im Gesetzentwurf der Landesregierung ausgeräumt und die neue Systematik der Bestimmung zur Bürgermeisterwahl beachtet. Eine Regelung für den Fall, dass einer der Teilnehmer vor der Stichwahl verstirbt oder seine Wählbarkeit verliert, wurde in den Gesetzentwurf aufgenommen. Zudem wurden Anregungen der Wahlleiter und Rechtsaufsichtsbehörden aus der Anwendung der Stichwahlregelungen in der Vergangenheit umgesetzt. Der Gesetzentwurf enthält eine gesetzliche Festschreibung des Stichwahltags auf den zweiten Sonntag nach dem Wahltag. Dies macht eine besondere Festsetzung der Stichwahltermine durch die Rechtsaufsichtsbehörde entbehrlich. Das entlastet die Rechtsaufsichtsbehörden und führt zu mehr Planungssicherheit für die Gemeinden. Nach den früheren Stichwahlregelungen im damaligen § 24 Abs. 6 Thüringer Kommunalwahlgesetz konnten die Bewerber vor der Stichwahl zurücktreten, wenn bei der Wahl nur ein gültiger oder überhaupt kein gültiger Wahlvorschlag eingereicht worden war. Im Falle des Rücktritts war dann eine Wiederholungswahl durchzuführen. Diese Regelung führte in der Vergangenheit zu Verzögerungen und Unsicherheiten bei den Vorbereitungen der Stichwahl. Wahlleiter und Wahlvorstände mussten die Stichwahl quasi auf Verdacht vorbereiten. Entschloss sich einer der Stichwahlteilnehmer zurückzutreten, waren bereits entstandener Zeit- und Kostenaufwand nutzlos. Hinzu kamen die Kosten für die Wiederholungswahl. Bei dem Stichwahlteilnehmer, der sich der Stichwahl stellen wollte und dessen Wählern blieben Enttäuschung und Unverständnis zurück. Künftig soll die Stichwahl mit Ausnahme von Todesfällen und Fällen des Wählbarkeitsverlustes stets durchgeführt werden. Ein Stichwahlteilnehmer, der das Amt des Bürgermeisters nicht ausüben möchte, kann im Falle seines Wahlsieges ohnehin das Amt ablehnen. In der Regel wird in solchen Fällen dann aber der Teilnehmer gewinnen, der das Amt auch annehmen möchte.

In der Vergangenheit fehlte zudem eine ausdrückliche Regelung zur Wahlberechtigung bei der Stichwahl. Der Gesetzentwurf der Landesregierung stellt insoweit auf den Tag der Hauptwahl ab, da die Stichwahl deren Fortsetzung ist. Zudem enthält der Gesetzentwurf der Landesregierung eine Übergangsregelung für Wahlverfahren, die bei Inkrafttreten des Gesetzes bereits begonnen haben. Die Bürgermeis

ter- und Landratswahlen sind im Gegensatz zu den allgemeinen Gemeinderats- und Kreistagswahlen von den einzelnen Rechtsaufsichtsbehörden festzusetzen und zu terminieren. Bei Novellierungen im Kommunalwahlrecht ist stets damit zu rechnen, dass die Änderungen in laufende Wahlverfahren in den derzeit 951 Gemeinden und 17 Landkreisen eingreifen könnten. Dies gilt umso mehr für die Bürgermeister- und Landratswahlen, weil jeder Bürgermeister und jeder Landrat eine persönliche Amtszeit hat, deren vorzeitige Beendigung eine Neuwahl nach sich zieht. Durch die im Gesetzentwurf der Landesregierung enthaltene Übergangsregelung wird angeordnet, welche Wahl noch ohne und welche Wahl mit Stichwahl durchgeführt werden. Abgestellt wird auf den Beginn des Wahlverfahrens, die Festsetzung des Wahltags durch die Rechtsaufsichtsbehörde. Dies führt zu Rechtsklarheit für die Bürgermeisterwahlen in diesem Jahr, deren Wahltage bereits festgesetzt sind oder demnächst festgesetzt werden. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU)

Ich eröffne die Aussprache zu diesem Gesetzentwurf und rufe als Ersten für die Fraktion DIE LINKE den Abgeordneten Kuschel auf.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, wir erleben gerade wieder, wie das parteipolitische Gezänk zwischen SPD und CDU auf dem Rücken Dritter, in dem Fall auf den Rücken der Kommunen und der Bürgerinnen und Bürger, ausgetragen wird.

(Beifall DIE LINKE)

Die SPD hat sich im Koalitionsvertrag über den Tisch ziehen lassen, indem sie nicht sichergestellt hat, was eigentlich im Wahlkampf unstrittig war, dass nämlich dafür Sorge getragen wird, dass die Wiedereinführung der Stichwahl bereits in diesem Jahr, und zwar für alle Bürgermeisterwahlen, zur Anwendung kommt. In diesem Jahr werden immerhin 704 Bürgermeister gewählt. Das sind mehr als zwei Drittel aller Bürgermeister. Das jetzige Verfahren führt dazu, dass wir zwei parallele Systeme haben werden. Das wird den Wähler viel mehr verunsichern als es bisher schon der Fall ist. Ich verweise auf die gegenwärtigen Vorgänge in Brandenburg, zu welchen Folgen das führen kann. In Brandenburg sind vier Landratswahlen - dort sind zum ersten Mal die Landräte direkt gewählt worden - daran gescheitert, dass die Sieger nicht einmal 15 Prozent der Stimmen erhalten haben. Dort gibt es eine Regelung, dass die Wahl ungültig ist, wenn nicht

der Sieger der Wahl mindestens 15 Prozent erreicht.

Das ist eine ganz andere Frage, ob das ein Beleg dafür ist, wie sich Bürger mit ihren Landkreisen identifizieren. Das ist eine andere Diskussion. Da wissen Sie, das haben wir hier im Hause öfter thematisiert, dass wir die Landkreise in der jetzigen Struktur für nicht mehr zeitgemäß halten. Dafür könnte das Ergebnis in Brandenburg ein Indiz sein, wenn die Bürger kein Interesse daran haben, ihren Landrat zu wählen. Aber es kann natürlich auch am Wahlverfahren hängen, nämlich, dass asymmetrische Wahlzeiten vorliegen, also dass Gemeinderat, Kreistag zu einem anderen Zeitpunkt gewählt werden als Bürgermeister und Landräte. Auch das muss man in diesem Zusammenhang noch mal thematisieren.

Wir haben bisher bewusst vermieden, diese Punkte noch mal aufzugreifen. Das hatten wir in der letzten Legislaturperiode getan. Jetzt ging es erst mal wieder darum, einen grundsätzlichen politischen Fehler der CDU aus dem vergangenen Jahr zu korrigieren. Da hat die SPD eine Zusage gemacht. Sie läuft jetzt zumindest in Teilen ins Leere. Wir haben ein Angebot unterbreitet an die Regierung, auch an die SPD. Wir haben einen eigenen Gesetzentwurf rechtzeitig eingebracht. Der hätte jetzt schon Gesetzesrealität sein können. Damit wäre natürlich sichergestellt, dass die Bürgermeisterwahlen im Jahr 2010 wieder mit der Stichwahl stattfinden. Doch SPD und CDU haben diesen Gesetzentwurf im Innenausschuss bisher blockiert. Jetzt versucht ja - heute wieder - der Staatssekretär mit einer sehr abstrakten und herbeigezogenen Begründung darauf zu verweisen, der Gesetzentwurf der LINKEN hätte ja solche Mängel gehabt, dass er nicht Beratungsgrundlage hätte sein können.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Das stimmt.)

Sie haben das vom Blatt abgelesen, weil Sie ja nicht selbst daran glauben und nicht davon überzeugt sind.

(Beifall DIE LINKE, SPD)

(Unruhe CDU)

Von daher will ich es noch einmal versuchen, mich mit Ihren sogenannten Mängeln auseinanderzusetzen und darauf zu verweisen, wie absurd und demokratiefeindlich die Entscheidung der CDU im vergangenen Jahr war, eine Kommunalwahl ohne Stichwahl vonstatten gehen zu lassen. Sie hatten ja nicht mal in Ihrer Aufregung, das schnell zu regeln, beachtet, weil Sie mit Blick auf die Wahlergebnisse der letzten Bürgermeister- und Landratswahlen festgestellt haben, im ersten Wahlgang haben die Kandidaten der CDU immer noch höhere Chancen, weil in der Stichwahl sich im Regelfall dann Koalitionen gegen die CDU

gebildet haben. Ich verweise auf die Oberbürgermeisterwahlen in den kreisfreien Städten, die sind ja zwischenzeitlich CDU-frei, was die Verwaltungsspitze betrifft. Aus rein parteipolitischen Erwägungen heraus haben Sie das gemacht, aber dabei vergessen, zumindest ein Mindestzustimmungsquorum festzusetzen, wie es in Nordrhein-Westfalen enthalten ist. Nordrhein-Westfalen ist das einzige Land, in dem diese Stichwahlen auch abgeschafft wurden, aber die haben wenigstens ein Mindestzustimmungsquorum von 30 Prozent. Wenn dort 30 Prozent der Leute nicht zur Wahl gehen, ist die Wahl der Bürgermeister, Oberbürgermeister und Landräte nicht gültig. Sie hatten in Thüringen vor, dass selbst noch geringere Wahlbeteiligungen letztlich dann zu einem Ergebnis geführt haben. Wie Bürgermeister, Oberbürgermeister und Landräte legitimiert sein sollen, wenn die Wählerzustimmung unter 30, unter 15 Prozent liegt wie in Brandenburg, das hätten Sie der Öffentlichkeit mal erklären können.