Protokoll der Sitzung vom 28.01.2010

gebildet haben. Ich verweise auf die Oberbürgermeisterwahlen in den kreisfreien Städten, die sind ja zwischenzeitlich CDU-frei, was die Verwaltungsspitze betrifft. Aus rein parteipolitischen Erwägungen heraus haben Sie das gemacht, aber dabei vergessen, zumindest ein Mindestzustimmungsquorum festzusetzen, wie es in Nordrhein-Westfalen enthalten ist. Nordrhein-Westfalen ist das einzige Land, in dem diese Stichwahlen auch abgeschafft wurden, aber die haben wenigstens ein Mindestzustimmungsquorum von 30 Prozent. Wenn dort 30 Prozent der Leute nicht zur Wahl gehen, ist die Wahl der Bürgermeister, Oberbürgermeister und Landräte nicht gültig. Sie hatten in Thüringen vor, dass selbst noch geringere Wahlbeteiligungen letztlich dann zu einem Ergebnis geführt haben. Wie Bürgermeister, Oberbürgermeister und Landräte legitimiert sein sollen, wenn die Wählerzustimmung unter 30, unter 15 Prozent liegt wie in Brandenburg, das hätten Sie der Öffentlichkeit mal erklären können.

Wir gestehen Ihnen ja den politischen Irrtum zu, weil wir von Irrtümern auch nicht frei sind. Uns unterscheidet nur, dass wir zu unseren Irrtümern stehen, während Sie irgendwie damit noch Probleme haben. Aber es ist gut so. Da will ich auch mal die SPD loben, da hat sie ja das im Koalitionsvertrag festgeschrieben. Was Sie vergessen haben, war die Terminierung. Da bedauere ich, dass man unser Angebot nicht angenommen hat.

Ich will mich jetzt noch mal mit den Mängeln auseinandersetzen, die der Herr Staatssekretär thematisiert hat. Was ich ganz gefährlich finde, was Sie jetzt machen, ist diese Neuregelungen bei den Stichwahlen, und zwar dort, wo es nur einen oder keinen Bewerber gegeben hat, also bei der sogenannten Mehrheitswahl. Sie müssen sich jetzt vorstellen, da findet eine Kommunalwahl statt, da gibt es keinen Bewerber. Da schreiben die Wähler Namen darauf, sie sagen, der soll Bürgermeister machen, ohne dass sich diese Menschen vorher beworben haben. Da war es bisher so, dass nach der ersten Wahl die Bewerber gefragt wurden, wollen Sie in die Stichwahl? Der Bewerber muss natürlich das Recht haben, da er gar nicht kandidiert hat, zu sagen, jawohl, ich nehme jetzt doch das Wählervotum an, ich habe mich zwar nicht beworben, aber ich nehme das Wählervotum an und stelle mich der Stichwahl. Sie wollen jetzt entgegen der eigenen Entscheidungskompetenz der Bewerber erreichen, dass sich die Leute der Stichwahl stellen, und verweisen darauf, er könnte nach der Stichwahl es ablehnen, das Mandat anzunehmen oder die Wahl anzunehmen. Wie wollen Sie denn den Wähler noch veralbern?

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Das kann er doch jetzt auch. Das ist falsch.)

Nein, das ist nicht falsch.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Das ist falsch, was Sie erzählen. Sie veralbern die Wähler.)

Nein. Sie können doch dann noch hier reden, Herr Mohring. Aber man hat Ihnen nichts aufgeschrieben oder so.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: So was Hohles.)

Aber Sie müssen es sich mal vorstellen, es ist doch aus demokratischen Erwägungen heraus fairer, dass man die Bewerber, die nicht kandidiert haben, aber von dem Bürger in diese Position gewählt wurden im ersten Wahlgang, zu befragen, wollt ihr in die Stichwahl, und nicht erst eine Stichwahl durchzuführen und danach dem Bewerber die Entscheidung zu überlassen, ob er die Wahl annimmt oder nicht. Das befreit sie auch nicht von der Gefahr, dass dann doch wieder eine Wiederholungswahl stattfinden muss. Das halten wir für sehr gefährlich, was Sie da machen. Dies wird der Demokratie nicht dienen. Die Regelung, was passiert, wenn zwischen der Wahl und der Stichwahl einer der Bewerber verstirbt, ist bereits im Kommunalwahlgesetz geregelt, deswegen haben wir da keinen Regelungsbedarf gesehen. Das als Mängel zu bezeichnen, dann nehmen Sie einen Mangel der alten Fassung auf. Darüber kann man reden, aber es ist unredlich, daran unseren Gesetzentwurf scheitern zu lassen.

Dann mit der Übergangsregelung, das ist etwas ganz Ulkiges. Klar muss es immer Übergangsregelungen geben. Es ist eine gute Sitte in diesem Haus, dass Gesetzentwürfe der Fraktionen neben den Fachausschüssen auch an den Justizausschuss überwiesen werden und dort tatsächlich die notwendigen Anpassungsregelungen, die durch den politischen Willen des Gesetzentwurfs zum Ausdruck kommen, vorzunehmen. Dann kann man natürlich über eine Übergangsregelung reden, wenn feststeht, wann mit einer Beschlussfassung zu rechnen ist. Das heißt, es ist überhaupt nicht außergewöhnlich, dass im Gesetzgebungsverfahren zum Abschluss auch eine Übergangsregelung aufgenommen werden wird. Das als Mangel zu bezeichnen, stellt die bisherige Praxis in diesem Haus infrage. Das kann man ja machen, dann muss man aber grundsätzlich sagen, alles was bisher in vier Wahlperioden hier in diesem Landtag gelaufen ist, war falsch. Da sage ich, das ist nicht in Ordnung. Daran hätten Sie auch unseren Gesetzentwurf keinesfalls scheitern lassen dürfen.

Also insgesamt, Sie hatten ein Angebot, das haben Sie nicht angenommen. Jetzt müssen wir sehen, wie

schnell wir im Innenausschuss den Gesetzentwurf beraten. Der Vorsitzende des Innenausschusses hat in der Öffentlichkeit den Eindruck vermittelt, als würde das jetzige Verfahren noch dazu führen, dass bei den Bürgermeisterwahlen die Stichwahlen grundsätzlich stattfinden könnten. Das ist eben nicht so, weil jetzt die Rechtsaufsichtsbehörden bereits die Wahltermine festlegen können. Herr von der Krone hat in seiner Gemeinde dafür Sorge getragen, dass dort die Bürgermeisterwahl, da kandidiert er nicht wieder, aber einer seiner Zöglinge soll kandidieren für die CDU, ohne Stichwahl stattfindet. Dafür hat er Sorge getragen, das finde ich nicht in Ordnung. Aber wir werden sehen, was wir in Ichtershausen machen können, weil dort der politische Wechsel einfach auch mal guttut, das sehen Sie ein, nach 20 Jahren. Sie haben da eine ordentliche Arbeit geleistet, Herr von der Krone. Das habe ich Ihnen immer gesagt. Als Kommunalpolitiker haben Sie meine Hochachtung, als Landespolitiker habe ich schon eine andere, differenziertere Auffassung.

Insgesamt, meine sehr geehrten Damen und Herren, korrigieren wir hier eine fatale politische Fehlentscheidung der CDU. Das ist gut so. Bedauerlicherweise werden nicht alle Bürgerinnen und Bürger in diesem Jahr in den Genuss kommen, ihre Bürgermeister auch im Rahmen einer Stichwahl wählen zu können. Das bedauern wir. Die Verantwortung hierfür trägt aber die Koalition, tragen also CDU und SPD und das werden wir natürlich den Bürgern auch noch mal dementsprechend rüberbringen. Dass die kommunalen Spitzenverbände keine Einwände gegen die jetzige Regelung haben, ist nicht überraschend, weil die heftigste Kritik an der damaligen Abschaffung der Stichwahlen geübt haben. Danke schön.

(Beifall DIE LINKE)

Für die FDP-Fraktion hat sich der Abgeordnete Bergner zu Wort gemeldet.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren, ich verspreche Ihnen, ich mache das etwas kürzer. Sie wissen, dass sich die FDP eindeutig für die Wiedereinführung der Stichwahl ausgesprochen hat.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich finde es gut, dass wir jetzt einen Gesetzentwurf auf dem Tisch liegen haben. Aber ich sehe mit Sorge, dass das Ganze immer weiter auf eine längere Zeitschiene gerät.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Hof- fentlich.)

Völlig klar, Kollege Mohring sagt „hoffentlich“ und genau das wollen wir nicht.

(Beifall FDP, BÜNDNIS 90 /DIE GRÜNEN)

Deswegen werden wir keine Überweisung dieses Gesetzentwurfs beantragen. Wir stehen dafür, dass hier und heute abgestimmt werden kann, damit Rechtssicherheit für die Kommunen, Rechtssicherheit für die Wahlen entsteht. Ich danke Ihnen, meine Damen und Herren.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Eine Überweisung müssen wir schon machen und eine zweite Beratung. Für die CDU-Fraktion rufe ich den Abgeordneten Fiedler auf.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, wie oft haben wir hier schon über das Thema gesprochen. Ich will aber trotzdem noch mal ganz klar und deutlich machen, dass meine Fraktion nach wie vor davon überzeugt ist, dass unser Weg, den wir gegangen sind, richtig ist.

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Die kritisie- ren Sie aber trotzdem.)

Herr Kollege - oder soll ich sagen, IM Kaiser der letzten Legislatur und so weiter?

Herr Abgeordneter Fiedler, wir waren so friedlich jetzt miteinander, lassen Sie es.

Der letzten Legislatur, das geht gerade noch, Frau Präsidentin. Das hält er auch aus und das muss er aushalten.

Wir sind nach wie vor davon überzeugt, dass der Weg, den wir beschritten haben, richtig war. Man kann nämlich alles von der einen Seite so betrachten oder andersrum. Ich bin ja sehr für den Gesetzentwurf, den die Landesregierung vorgelegt hat, wir

haben ganz bewusst gesagt, wir lassen den Gesetzentwurf der LINKEN liegen, damit der der Landesregierung hinzukommt, weil zu viele Mängel drin waren.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Blockiert.)

Auch Gutachter schreiben nicht alles richtig rein. Deswegen haben wir gesagt, er bleibt liegen. Wir haben den der Landesregierung. Ich denke, das ist eine gute Grundlage, um das Ganze zu beraten, es ändert aber nichts an unserer politischen Haltung. Nun haben wir in diesem Land eine Koalition, die sind wir eingegangen, da gibt es einen Koalitionsvertrag, in dem steht, das ist so ausgehandelt, dass es geändert wird. Da wird es halt durchgeführt, das ist einfach so. Ich muss meinen Kollegen von der FDP noch mal darauf hinweisen, wir können nicht so einfach als Gesetzgeber sagen, jetzt machen wir das mal ganz schnell, sondern da gibt es Spitzenverbände, wir haben die Pflicht, diese anzuhören. Das können wir nicht so einfach weglassen.

(Zwischenruf Abg. Bergner, FDP: Das hatte der Kollege bereits gesagt, dass das erfolgt war.)

Nein, das reicht nicht. Wir als Gesetzgeber müssen sie anhören. Aber das muss man als junger Abgeordneter noch lernen. Die Mindestzeit ist dort vier Wochen, vier bis sechs Wochen sind die übliche Zeit. Man kann das verkürzen, wenn die Spitzenverbände zustimmen. Wir haben kein Interesse daran, das irgendwo auf die lange Bank zu schieben, aber wir legen schon Wert darauf, dass die vier Wochen eingehalten werden, denn wir haben keine Lust, vor dem Verfassungsgericht zu landen, wenn dort einer dagegen klagt und sagt, unsere uns verfassungsmäßig garantierten Rechte sind nicht eingehalten worden. Das ist der einzige Grund, der dort sein muss. Der Innenausschuss tagt ja heute Abend. Es ist nicht so, dass wir da irgendwo sitzen und nichts machen. Das wird also heute Abend festgelegt. Wir werden dazu auch eine Anhörung machen, wir werden uns dazu verständigen. Aber ich bleibe dabei, es war ein gutes Gesetz, was wir gemacht haben. Wir mussten das laut Koalition aufgeben, damit werden wir auch überleben. Übrigens bei den Kommunalen, also bei den Ehrenamtlichen,...

Herr Abgeordneter Fiedler, Frau Abgeordnete Berninger möchte Ihnen eine Frage stellen, sie ist schon ganz ungeduldig. Gestatten Sie das?

Ja, weil sie ungeduldig ist, will ich die Frage mal zulassen.

Bitte, Frau Abgeordnete Berninger.

Danke schön, Herr Fiedler, ich warte jetzt schon seit drei Minuten, dass Sie mal Luft holen und ich zu meiner Frage komme.

Herr Fiedler, zu der Frage, wie die Spitzenverbände einbezogen werden: Hätte nicht ein Blick in das Protokoll der öffentlichen Anhörung genügt, in der sich die Spitzenverbände im vorigen Jahr genau zu der Frage geäußert hatten?

Nein, dass müssten Sie eigentlich wissen als Abgeordnete. Es sind vollkommen neue Gesetzentwürfe, die vorliegen. Und diese neuen Gesetzentwürfe müssen so behandelt werden, wie es üblich ist. Sie sind doch lange genug im Innenausschuss, das müssen Sie gelernt haben mittlerweile. Es hat sich gelohnt, dass ich Ihre Frage beantwortet habe, auch wenn Sie ein bisschen warten mussten.

Meine Damen und Herren, mir geht es einfach noch mal darum, dass deutlich wird, wir werden das jetzt umsetzen. Von den ca. 900 Ehrenamtlichen, die wir haben, mussten ca. 30 in die Stichwahl gehen, also ein verschwindend geringer Teil. Aktueller wird es dann bei den Hauptamtlichen, das ist klar. Aber ob das besser ist, Herr Kollege Kuschel, wie Sie meinten, ob die Legitimation so herum höher ist oder andersherum, darüber kann man sich trefflich streiten. Aber ich habe nicht die Absicht, das Ganze hier noch mal auf den Tisch zu bringen. Meine Damen und Herren, ich beantrage die Überweisung an den Innenausschuss und wir werden das Ganze so schnell wie es geht beraten. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat sich der Abgeordnete Adams zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, zunächst muss ich sagen, mich erfreut es

immer wieder, den symbiotischen Kreis von Herrn Kuschel und Herrn Fiedler hier beobachten zu dürfen. Der Entwurf der Landesregierung komplettiert für meine Begriffe hier eine Gesetzesinitiative der LINKEN und vollendet vor allen Dingen eine Verabredung aus dem Koalitionsvertrag zwischen SPD und CDU, offensichtlich, wie ich heute wahrnehme, unter Schmerzen der CDU. Sachlich aber geht es vor allen Dingen darum, dass dieser Gesetzentwurf eine Fehlentwicklung beendet. Über die Mängel ist ja in den Protokollen der letzten Beratungen in der letzten Legislatur schon gesprochen worden. Herr Kuschel hat einige angesprochen und auch aus eigenem familiären Erleben, da ich ja aus einem dieser Landkreise in Brandenburg stamme und am Wochenende mit meinen Eltern telefoniert habe, die das mit großer Besorgnis wahrgenommen haben, dass die Wahlbeteiligung so weit abgesunken war. Diese Fehlentwicklung wird jetzt beendet in Thüringen. Heute Abend im Innenausschuss werden wir zügig und schnell die Anhörung vorbereiten und diese dann engagiert führen und hoffentlich dem Parlament sehr bald, sehr schnell einen Vorschlag zur letzten Abstimmung unterbreiten können und dann werden wir das ganz schnell hinbekommen. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die SPD-Fraktion hat sich der Abgeordnete Gentzel zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, bei einem Antrag der Fraktion DIE LINKE in die gleiche Stoßrichtung ist von uns an der Debatte ausführlich teilgenommen worden. Wir haben unseren Standpunkt dazu dargelegt. Dies ist im Landtagsprotokoll auch so vermerkt. Ich habe nicht vor, die gleiche Rede hier noch einmal zu halten. Unser Standpunkt ist ja nicht nur in dem Protokoll des Thüringer Landtags festgeschrieben, sondern wir haben überall und immer formuliert und ich will das in einen einfachen Satz packen: Wir hielten und halten die Abschaffung der Stichwahl in Thüringen für einen Fehler.

(Beifall SPD)