Protokoll der Sitzung vom 19.09.2012

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Wir wissen das.)

Ich sage es in die Richtung. Nach Artikel 30 des Grundgesetzes geht die staatliche Gewalt von den Ländern aus, insofern alles Selbstbewusstsein der Länder. Schönen Dank.

(Beifall CDU)

Ich schließe damit den vierten Teil der Aktuellen Stunde und rufe auf den fünften und letzten Teil

e) Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion der FDP zum Thema: „GRW-Förderung thüringengerecht gestalten - Subventionspolitik zielgenau ausrichten!“ Unterrichtung durch die Präsidentin des Landtags - Drucksache 5/4988

Für die FDP-Fraktion hat Abgeordneter Kemmerich das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, es geht um die Ausgestaltung der diesjährigen Fördermaßnahmen aus der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ - kurz GRW. Wie wir wissen, ist das immer ein ziemlich hoch umstrittenes und auch diskutiertes Thema, aber mehrere Tatbestände haben uns veranlasst, hier diese Aktuelle Stunde aus aktuellem Anlass einzubringen. Umso aktueller war der Anlass, nachdem ich gestern an der Jahreskonferenz zur Ausgestaltung der EFRE-Mittel teilnehmen durfte, wo auch Herr Minister die Eingangsworte u.a. wie folgt wählte: Unterstützung verdienen nicht unbedingt diejenigen, die aus eigener Substanz Investitionen stemmen können. Thüringen ist ein Land des Mittelstands, wir haben 90.000 Betriebe, knapp 1 Mio. Beschäftigte, die Arithmetik kann jeder selbst aufmachen, wir sind ein Land des Mittelstands. Gleichzeitig treffen wir auch in der Antwort auf unsere Anfrage auf die Struktur der Bewilligungen, auf die Struktur der sicherlich noch nicht im

(Minister Dr. Voß)

mer erfolgten Auszahlungen, die Folgendes ans Tageslicht bringt: Gefördert wurden - nichts gegen die Unternehmen, da habe ich hohen Respekt vor den Leistungen, auch hier Arbeitsplätze zu schaffen, Investitionen zu stemmen - Zalando, 22 Mio.; Redcoon Logistik - wie bekannt eine Tochter des Metro-Konzerns -, sicherlich in der Lage, aus eigener Substanz entsprechende Investitionen zu heben, 16 Mio.; Kaufland Fleischwaren - der Herr Schwarz ist sicherlich einer der vermögenderen Männer in diesem Land, auch da ist es durchaus möglich, die Investition selbst zu stemmen - knapp 15 Mio. Wir kommen natürlich auch wieder zum Thema Opel, auch da ist bekannt, der amerikanische Mutterkonzern ist inzwischen wieder milliardenschwer, hier sind auch 15 Mio. versprochen.

Lassen Sie mich kurz bei Opel verharren. Wir haben es erlebt, der Thüringer Mittelstand, der sich in das Antragsverfahren begeben hatte, wurde mehrfach gezwungen, veränderte Antragsbedingungen eigentlich sind es ja nicht Antragsbedingungen, sondern dann Genehmigungsbedingungen, aber das wurde dann im Laufe des Verfahrens mitgeteilt - nachzubessern, abzuändern, anzupassen. Über die damit verbundenen Folgen des Pferdewechsels haben wir öfters schon doziert und es gibt nach wie vor Mittelständler, die in große Probleme gekommen sind, weil sie in geübter Praxis darauf vertraut haben, dass die Investitionen begleitet werden, am Ende sie aber im Regen standen und jetzt teuer nachfinanzieren müssen über die Banken. Opel Eisenach traf das nicht. Es gibt ein Letter of intent das ist ein Stück Papier, wo man seine guten Absichten draufschreibt -, der sagt, wir wollen alle Arbeitsplätze in Eisenach erhalten. Wer auch immer das unterschrieben hat, scheint weder die Situation in den europäischen Absatzmärkten der Autoindustrie missachtet zu haben noch hat er sich scheinbar mit Detroit abgesprochen.

(Beifall FDP)

Wir haben ein Absatzminus in Eisenach der produzierten Wagen von 40 Prozent. Es werden jetzt statt 180.000 Einheiten noch ca. 120.000 Einheiten produziert. Kurzarbeit wird durchgeführt, und jetzt konnten wir der Presse entnehmen, die Nachtschichten werden ebenfalls gestrichen. Also, Herr Minister, ich weiß nicht, wie der Erhalt oder Aufbau von Arbeitsplätzen im Mittelstand hier zu vergleichen ist mit dieser Entwicklung. Das stimmt vom politischen Ansatz nicht, das ist weder konkurrent noch nachhaltig, noch dazu, dass Sie sagen, wir müssen diejenigen mit Investitionen betreuen, die es selber stemmen können, die können wir außen vor lassen, und wir wollen den wirklich wichtigen Mittelstand in Thüringen fördern.

(Beifall FDP)

Zurück zum Mittelstand: Es liegen nach wie vor 129 Fördermittelanträge mit einem Zuschussbedarf von

146 Mio. auf dem Tisch, und allen wird wenig Hoffnung gemacht, dass sie dennoch in diese Verteilerrunde kommen. Wenn Sie meine eben aufaddierten Zahlen haben nachvollziehen können, reden wir gerade über einen Betrag von ca. 70 Mio., der für vier Großunternehmen, die alle nicht ihren juristischen Heimatsitz in Thüringen haben, ausgegeben worden sind. Der Thüringer Mittelstand steht außen vor und schaut dem fahrenden Zug hinterher.

(Beifall FDP)

In der Kasse sind nur noch 35 Mio. für die 129 Anträge und da frage ich mich, wie wollen Sie das lösen? Wir sind ja hoch gespannt, wie Sie uns das gleich erklären wollen. Ich hoffe nicht in zuviel Englisch, das verblüfft den Laien, stört aber den Fachmann nicht. Insofern werden Sie uns sicherlich Auskunft geben, wie Sie nicht nur in diesem Jahr, sondern auch in den zukünftigen Jahren nachhaltig für den Thüringer Mittelstand eine Förderung in Aussicht stellen wollen. Darauf freuen wir uns. Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall FDP)

Für die CDU-Fraktion hat der Abgeordnete Heym das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, sicherlich sind die Förderkriterien auch aus der GRW-Förderung immer gut geeignet für eine Aktuelle Stunde. Das, was die FDP, Herr Kollege Kemmerich, vorgetragen hat, ist allerdings nicht so spektakulär neu. Es ist klar,

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Da wäre ich aber bei eurer Aktuellen Stunde vorsichtig.)

die Diskussion um die Förderkriterien, die sich ja in diesem Jahr geändert haben, ist so alt wie die Förderrichtlinie selbst. Was ich hier in 5 Minuten, mehr als Bemerkungen können das nicht sein, zu machen habe, das ist nicht meinen Gedanken entsprungen im Abgeordnetenbüro, sondern das ist die Position der Thüringer Wirtschaft. Ich will es noch einmal sagen: Die vor Monaten eingeführten Kriterien schaffen eben keine - und das ist landläufig Position in den gesamten Bereichen der Wirtschaft - Planungssicherheit für die Unternehmen. Das, was Kollege Kemmerich angesprochen hat, die LOIs werden auch kritisch gesehen.

Die Fokussierung von der Wirtschaftsförderung auf Wachstumsfelder, die dem Trendatlas entspringen und die da ausgemacht worden sind, wird als falsch angesehen. Es darf keine Bevorzugung von Neuansiedlungen vor der Förderung von Bestandsunternehmen geben. Es wird auch kritisch gesehen, dass es Regionalausschlüsse gibt, die bei der Be

(Abg. Kemmerich)

arbeitung von Anträgen in bestimmten Branchen eine Rolle spielen.

Die Frage ist: Was erwartet die Wirtschaft? Sie erwartet, dass die Förderung einen Fokus darauf legt, was die Steigerung der hochqualifizierten Arbeitsplätze anbelangt, dass die als Förderkriterium schwerer gewichtet wird. Sie erwartet eine stärkere Fokussierung auf innovative, produktionssteigernde Maßnahmen von bestehenden Unternehmen unabhängig von Branchen oder von Technologiezugehörigkeit. Die Wirtschaft erwartet eine Verschiebung der Mittelverteilung; wir haben ja zwei Teile in der GAW, wir haben den Teil 1, der mehr die einzelbetriebliche Förderung betrifft, und den Teil 2, das ist die infrastrukturnahe Förderung. Da gibt es natürlich die Position, mehr den Schwerpunkt auf einzelbetriebliche Förderung zu legen. Das mag man teilen. Ich sehe es aber auch so, dass gerade vor dem Hintergrund zurückgehender kommunaler Mittel auch wir, solange wir das noch können, die infrastrukturnahe Förderung auch entsprechend bedenken müssen. Von daher ist das schon okay.

Ich bin auch erfreut - und das darf an der Stelle auch gesagt werden -, dass die eigentlich im GRWProgramm für dieses Jahr reservierten Mittel für die zwei Stadien freigegeben worden sind für die einzelbetriebliche Förderung. Dadurch sind eine ganze Reihe von Unternehmen auch jetzt in den Genuss von Zuschüssen gekommen, wenngleich man sagen muss, dass natürlich auch manche Entscheidungen nicht nachvollzogen werden konnten von den Unternehmen. Schwerpunkt für mich nach wie vor ist das Argument, dass eine Planungssicherheit für die Unternehmen nur schwer herbeizuführen ist. Jeder weiß, dass kein Rechtsanspruch besteht. Aber es ist so, wenn die Förderkriterien erfüllt sind und bestimmte Kommunikationen auch stattfinden, dass dann eine gewisse Erwartungshaltung ist. Oftmals hängt die Hausbank hinten dran und wenn dann Entscheidungen verzögert werden, hinausgeschoben werden, ist manchmal auch so eine Finanzierung, die ja auch immer auf der Hausbank mit beruht, infrage gestellt. Vor dem Hintergrund ist es auch angezeigt, das weiter zu begleiten und auch ein Stück weit den Schwerpunkt darauf zu legen, dass wir, solange wir dazu in der Lage sind, die bestehenden Unternehmen in Thüringen stärker in der Richtung fördern, dass innovative Ansätze und letztendlich arbeitsplatzsichernde Investitionen stärker in den Fokus genommen werden und wir von branchenbezogenen Fokussierungen, wie z.B. Greentech und dieser ganze Kram. Dort …

(Unruhe im Haus)

Ja, ja, dass dort andere Branchen dem nicht nachstehen müssen. Vielen Dank.

(Beifall FDP)

Für die Fraktion DIE LINKE hat der Abgeordnete Hausold das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, selbstverständlich, liebe Kollegen der FDP-Fraktion, ist GRW in gewisser Weise immer ein aktuelles Thema. Sie haben ja, Herr Kemmerich, noch einmal darauf verwiesen, dass die gestrige Veranstaltung Ihnen auch etwas Anlass gewesen ist, nun gut, sei es drum. Ich meine, wir reden hier über doch eine sehr gewichtige Angelegenheit, 2-Jahres-Bilanz im Jahr 2011 hat immerhin 200 Mio. € aus der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ zum Anschub von Investitionen in Thüringen konzipiert, also zur Verfügung gestellt. Das ist natürlich wichtig für Wirtschaftsförderung hier im Land. Wir sind uns auch darüber im Klaren, dass nicht alle Unternehmen, die eine solche Förderung gern in Anspruch nehmen wollen, dies auch erreichen konnten. Trotzdem sind wir allerdings der Auffassung, dass nun die Reduzierung der Problemlagen auf die Frage große oder kleine Unternehmen einfach zu kurz gegriffen ist, wenn nicht sogar fehl am Platze ist aus unserer Sicht. Denn ich muss mal darauf verweisen,

(Beifall Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

dass wir die kleinteilige Wirtschaftsstruktur haben, dass wir uns um die auch durchaus zuerst immer wieder kümmern müssen, das haben wir hier in vielen Beratungen schon erörtert, aber wir müssen auch davon ausgehen, dass die großen Unternehmungen und die Ansiedlungen letztens immer auch wieder Subaufträge und überhaupt Aufträge an den Thüringer Mittelstand bringen und dass das Wirtschaftsgefüge zusammengehört zwischen diesen größeren und den vielen kleinen. Ich glaube auch, wir wären nicht unglücklich darüber, wenn wir doch einige größere etwas stärken könnten im Land für den Wirtschaftsstandort Thüringen. Deshalb kann ich die einseitige Bewertung große und kleine nicht ganz nachvollziehen an dieser Stelle.

Nun haben wir - auch Kollege Heym hat es getan über die Strukturfragen der Förderung hier gesprochen. Ja, da muss ich sagen, das ist mir auch die wichtigere Seite der ganzen Angelegenheit. In die Richtlinie sind Evaluierungsergebnisse zum Fördermitteleinsatz eingeflossen am Anfang dieses Jahres und da ist genau festgelegt, Beschäftigung und Innovation sollen zentrale Zuschlagskriterien sein und da sage ich mal, das ist unabhängig von der Größe der Unternehmen, wichtig für mehr Arbeitsplätze in diesem Land und deshalb unterstützen wir diese Variante des Herangehens und haben das immer unterstützt. Ich will auch an der Stelle mal

(Abg. Heym)

durchaus sagen, darauf haben wir viele Jahre verwiesen, dass wir eine Förderung gerade mit diesen Kriterien brauchen. Ich könnte also auch ein Stück sagen, links wirkt, aber diese Richtlinie geht für uns in die richtige Richtung.

(Beifall DIE LINKE)

Dann kommen wir noch einmal zu den Größenverhältnissen. Es ist ja auch festgelegt, was die Unternehmensgrößen bei den Subventionswerten betrifft - kleine Unternehmen 50 Prozent, mittlere Unternehmen 40 Prozent und große Unternehmen 30 Prozent. Also die Tatsache, dass es hier keine Differenzierung im Herangehen gibt zwischen den kleinen und mittleren Unternehmen und den größeren, ist also auch insofern nicht relevant, sondern die Richtlinie wirkt geradezu darauf hin. Im Übrigen ist auch bemerkenswert, dass die Einführung des verbindlichen Reportingsystems, welches sicherstellen soll, dass die von einem Unternehmen nicht genutzten Mittel nicht verfallen, sondern für andere Investitionsprojekte und andere Unternehmen eingesetzt werden können, ein Schritt in die richtige Richtung, der meiner Ansicht nach, auch insgesamt im Interesse der Unternehmen und der Wirtschaft in diesem Land ist. Ich glaube, dass auch andere Fragen, Coachingangebote für Existenzgründungen und Neuansiedlungen und ähnliche tangierende Fragen ganz wichtig im Rahmen der GRW-Förderung sind. Ich will überhaupt nicht bestreiten, meine Damen und Herren, dass es bei der Art und Weise der Verteilung der Mittel und in einzelnen Fragen natürlich immer wieder strittig sein kann, ob das alles optimal passiert ist. Da gibt es sicherlich auch kritische Hinweise, aber insgesamt muss ich sagen, geht diese Richtlinie und das Herangehen hier in die richtige Richtung. Wir wissen natürlich, Herr Minister, dass Sie sich das gern alles selbst ans Revers heften. Jawohl, Sie haben das aufgemacht, trotzdem will ich darauf sagen, Sie haben auch etwas in Gang gesetzt, was unsere Fraktion jahrelang in diesem Haus schon diskutiert und früher immer auf taube Ohren gestoßen ist. Insofern sind wir hier einverstanden, dass sich die Sache jetzt geändert hat.

(Beifall DIE LINKE)

Für die SPD-Fraktion hat der Abgeordnete Lemb das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Dieter Hausold, ich würde sagen, also sei doch froh und nimmt es einfach positiv zur Kenntnis, dass offensichtlich von euch auch mal richtig angestoßene Forderungen entsprechend umgesetzt worden sind. Insofern ist es ja gut, und

wenn es der Thüringer Wirtschaft dient, ist es umso besser. Ich glaube, das ist hier der Fall.

(Beifall DIE LINKE)

Ich habe ja lange darauf gewartet - wo ist er denn jetzt, der Kollege Kemmerich -, bis das Stichwort Opel fällt, also offensichtlich das persönliche Feindbild des Kollegen Kemmerich, warum auch immer.

(Zwischenruf Abg. Kemmerich, FDP: Über- haupt nicht.)

Insofern, wenn Sie es dann irgendwann einmal geschafft haben, was ich ausdrücklich nicht hoffe, dass Opel noch größere Schwierigkeiten bekommt, als sie es jetzt schon haben, dadurch, dass Sie das permanent hier im Hohen Hause problematisieren und schlechtreden, dann werde ich Sie auch einmal mit vor die Belegschaft nehmen und dann muss man das auch einmal Auge in Auge und Face zu Face diskutieren, weil ich glaube, durch solche Diskussionsbeiträge, wie Sie sie hier halten,

(Zwischenruf Abg. Kemmerich, FDP: Das können wir dann machen …)

ist am allerwenigsten Opel und den Beschäftigten und dem Standort Eisenach schon überhaupt nicht gedient.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich kann nur hoffen, dass die Kolleginnen und Kollegen das auch zur Kenntnis nehmen.