Ebenso was Vereine zu einem späteren Schulbeginn sagen würden, konnten wir leider deswegen nicht in einer Anhörung herausfinden. Insbesondere Sie, Herr Wolf, haben wortreich vom Vereinsleben erzählt, selbst vom Trachtenverein. Hätten Sie den Mut zu einer Anhörung, könnten wir die Vereine doch einfach selbst fragen, ob sie Bedenken hätten oder um wie viel Uhr die Schule zu Ende sein müsse, damit sie ihr Angebot weiterhin aufrechterhalten können. Ich bedaure die Engstirnigkeit der Regierung sowie der CDU-Fraktion und hoffe auf bessere Zeiten in der nächsten Legislatur. Ich bitte Sie noch einmal um Zustimmung zu unserem Gesetzentwurf. Herzlichen Dank.
Es liegen mir keine weiteren Wortmeldungen zu diesem Tagesordnungspunkt vor. Wir kommen damit zur Abstimmung über den Gesetzentwurf der Fraktion der AfD in Drucksache 6/6688 in der zweiten Beratung. Wer stimmt für diesen Gesetzentwurf? Das sind die Mitglieder der AfD-Fraktion. Wer stimmt gegen diesen Gesetzentwurf? Das sind die Mitglieder der Koalitionsfraktionen und der CDUFraktion sowie der fraktionslose Abgeordnete Rietschel. Damit ist der Gesetzentwurf mit Mehrheit abgelehnt. Ich schließe diesen Tagesordnungspunkt.
Gesetz zur Änderung des Thüringer Gesetzes zur Ausführung des Gerichtsverfassungsgesetzes Gesetzentwurf der Fraktion der CDU - Drucksache 6/6744 - ERSTE BERATUNG
Zur Einbringung hat die CDU das Wort gewünscht. Das Wort hätte jetzt Abgeordneter Scherer. Wenn er nicht da ist, übernimmt das jemand? Sonst beginnen wir mit der Aussprache.
Ich beginne mit der Aussprache. Ich eröffne die Beratung und erteile dann als erstem Redner Abgeordneten Helmerich von der SPD-Fraktion das Wort.
Frau Präsidentin, sehr verehrte Kollegen und Kolleginnen, verehrte Zuschauer auf der Tribüne, Gerichtsvollzieher sind in Deutschland eine tragende und insoweit nicht wegzudenkende Säule einer funktionierenden Rechtspflege. Als solche sind sie vor allem auch für die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen verantwortlich. Gläubiger, die einen Titel gegen den jeweiligen Schuldner erwirkt haben, können nicht einfach losziehen und ihre Forderung selbst eintreiben, sondern sind im Rahmen des staatlichen Gewaltmonopols auf die Unterstützung der Gerichtsvollzieher angewiesen. Dieser tragenden Stellung innerhalb der Rechtspflege steht die Tatsache gegenüber, dass sich Gerichtsvollzieher in den letzten Jahren mit einer wachsenden Zahl von Übergriffen konfrontiert sehen, sei es verbal durch Beschimpfungen oder aber durch die Anwendung körperlicher Gewalt. Ich halte es daher für unabdingbar, die Sicherheit der Gerichtsvollzieher bei ihrer täglichen Arbeit und den damit verbundenen unvorhersehbaren Gefahren so gut es geht zu gewährleisten. Eine gute Möglichkeit zum Erreichen dieses Ziels vermag ich durchaus in dem hier vorliegenden Gesetzentwurf zu sehen, der zu einer besseren Zusammenarbeit zwischen Polizei und Gerichtsvollziehern führen kann. Zwar verpflichtet bereits heute Artikel 35 Abs. 1 Grundgesetz alle Behörden des Bundes und der Länder zur gegenseitigen Rechts- und Amtshilfe, auch berechtigt § 41 Thüringer Polizeiaufgabengesetz die Polizei, personenbezogene Daten an für die Gefahrenabwehr zuständige Behörden oder öffentliche Stellen zu übermitteln. In der Praxis funktioniert diese Zusammenarbeit bzw. Amtshilfe zwischen Polizei und Gerichtsvollziehern jedoch weit weniger gut, was nicht auch zuletzt daran liegt, dass es sich bei der Regelung im Polizeiaufgabengesetz um eine KannVorschrift handelt.
Ich halte die Intention des hier vorliegenden Gesetzentwurfs für nachvollziehbar und die gewählte Vorgehensweise überdies auch für erforderlich. Wie künftig der Informationsaustausch zwischen Polizei und Gerichtsvollziehern zu einer möglichen Gewaltbereitschaft von Vollstreckungsschuldnern geregelt werden soll, werden wir sicher umfassend im Jus
tizausschuss diskutieren. Ich freue mich auf die konstruktive Beratung im Ausschuss und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Danke schön, Frau Präsidentin. Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit dem Gesetzentwurf, den wir vorgelegt haben, wollen wir die Sicherheit unserer Gerichtsvollzieher bei der Ausübung ihres Berufs erhöhen, denn Gerichtsvollzieher führen Vollstreckungsmaßnahmen aus, die zu objektiv und subjektiv schwerwiegenden Eingriffen beim Schuldner führen können, und zwar können Gerichtsvollzieher gemäß § 758 Abs. 3 Zivilprozessordnung die Unterstützung von polizeilichen Vollzugsorganen nachsuchen. Das setzt aber immer voraus, dass der Gerichtsvollzieher vor diesem Ersuchen bereits Widerstand vorfindet. Das heißt, der Gerichtsvollzieher hat bisher keine Möglichkeit, derartigen Gefährdungssituationen auch vorbeugen zu können. Wir wollen es deshalb im Ausführungsgesetz zum GVG, zum Gerichtsverfassungsgesetz – eine bessere Stelle haben wir hier nicht gefunden, weil es im Gegensatz zu Sachsen ein Justizgesetz in diesem Sinne hier in Thüringen nicht gibt –, als § 13a einfügen, damit der Gerichtsvollzieher die Befugnis hat, vor Vollstreckungsmaßnahmen, die zu einem schwerwiegenden Eingriff beim Schuldner führen und daher auch ein hohes Konfliktpotenzial aufweisen, im Einzelfall dann bei der örtlichen Polizeidienststelle auch nachfragen kann, ob dort Hinweise zu einer Gefährlichkeit oder zu einer Gewaltbereitschaft des Schuldners vorliegen. Zu dem Zweck können dann auch Personendaten des Schuldners an den Gerichtsvollzieher übermittelt werden. Voraussetzung ist – und wir halten es für wichtig, dass das drinsteht –, dass es sich um einen schwerwiegenden Eingriff handelt und das ist im Gesetzestext auch entsprechend definiert.
Zwei Punkte noch, die ich gern erwähnen will, sollen nicht verschwiegen werden. § 13a, den wir hier vorschlagen, ist wie § 42a das Sächsischen Justizgesetzes gestaltet, also es ist nicht von uns erfunden worden, aber § 42a dieses Sächsischen Justizgesetzes steht auch nicht alleine. Es gibt zum Beispiel in Berlin noch einen Leitfaden, wo Entsprechendes dazu drinsteht. Es gibt eine Empfehlung des Landesrechnungshofs Brandenburg an die dor
tige Landesregierung, eine der sächsischen Regelung entsprechende Regelung einzuführen. Es gibt in Nordrhein-Westfalen einen Runderlass, in dem im Einzelnen sogar noch viel mehr aufgeführt ist, wann der Gerichtsvollzieher solche Auskünfte erhalten soll, wo insbesondere auch die gefahrgeneigten Vollstreckungshandlungen drinstehen wie Kinderwegnahmen, Räumungen, Verhaftungen usw., die als gefährdungsgeneigt angesehen werden. Und es gibt auch ein Rheinland-Pfalz eine entsprechende Verwaltungsvorschrift dafür. Das ist das eine.
Ich wollte noch auf einen zweiten Punkt hinweisen, rein vorbeugend, falls das Thema „Datenschutz“ aufkommen sollte. Wir sehen den Datenschutz dadurch letztlich nicht beeinträchtigt. Es ist von meinem Vorredner eben schon der § 41 Thüringer Polizeiaufgabengesetz erwähnt worden, der im Grundsatz solche Auskünfte schon vorsieht. Auch wenn man § 17 des Thüringer Datenschutzgesetzes anschaut, wäre eine Datenübermittlung aus unserer Sicht sogar jetzt schon möglich. Aber um das wirklich klarzustellen und dem Gerichtsvollzieher einen Anspruch zu geben, hätten wir es gern gesetzlich geregelt. Dann ist der Gerichtsvollzieher auf der sicheren Seite. Wir bitten um Überweisung des Gesetzesantrags. Danke schön.
Als nächster Rednerin erteile ich Abgeordneter Rothe-Beinlich von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich glaube, fast alle Fraktionen haben sich mit den Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollziehern getroffen. Es sind in Thüringen tatsächlich überwiegend Frauen, die dieser wichtigen Arbeit nachgehen und uns von den Schwierigkeiten, die sie tagtäglich in ihrem Einsatz erleben, berichtet haben. Es ist nicht so, als ob sich nichts getan hätte. Ich erinnere daran, dass wir – auch auf Wunsch der Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher – dafür gesorgt haben, dass sie entsprechende Sicherheitswesten bekommen; das war bei der letzten Haushaltsverhandlung Thema. Ich erinnere an die Einführung der sogenannten Notrufsender, die getestet werden, die für die Betroffenen eingeführt wurden. Ich erinnere auch an die Debatte über das Verfassungsschutzgesetz, nach dem die Abfrage eigentlich schon jetzt möglich ist; Herr Scherer hat
es gesagt. Gerade mit Blick auf Reichsbürger – beispielsweise – ist hier schon eine klare Regelung gefunden worden.
Ja, auch wir haben wahrgenommen und berichtet bekommen, dass sich das Klima für die Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher tatsächlich verändert hat. Es ist rauer geworden. Erst gab es mehr Beschimpfungen, wurde uns berichtet, und dann eben doch auch Übergriffe. Wir wissen alle, dass es glücklicherweise nur wenige tatsächliche Dramen gegeben hat, aber es hat sie gegeben. Darauf will ich durchaus verweisen, so beispielsweise im Sommer 2012 in Karlsruhe. Das hat bundesweit für Aufsehen gesorgt. Dort ist ein Geiseldrama tödlich verlaufen. Es gibt aber auch immer wieder kritische Situationen, die durchaus unvermittelt und bei alltäglichen Vollstreckungsmaßnahmen eintreten können, wie zuletzt ein Fall aus dem Wartburgkreis Ende 2018 zeigt. Ich will diesen kurz schildern, weil ich auch deutlich machen will, dass wir nicht so sicher sind, ob diese Gesetzesüberlegung, wie sie die CDU jetzt vorgetragen hat, in der Praxis tatsächlich Erfolg hat.
Im Wartburgkreis war es so, dass ein 43-jähriger Schuldner einen Gerichtsvollzieher angegriffen und verletzt haben soll. In Behringen wollte der Vollstreckungsbeamte beim Schuldner pfänden. Der Mann selbst war nicht da. Ein Verwandter hat den Gerichtsvollzieher hereingelassen. Dann tauchte plötzlich auch der Schuldner auf. Es gab Streit, der 43Jährige griff den Gerichtsvollzieher an und sperrte diesen samt seinem Verwandten ein. Erst als die Polizei da war, ließ er beide wieder frei. Jetzt kommt das große Aber: Es ging hier um ein einfaches Pfändungsverfahren. Hier hätte der Gerichtsvollzieher auch nach dem Gesetzentwurf der CDU gar keine Auskunft über eine mögliche Gefährlichkeit erlangen können, da einfache Pfändungsverfahren vom Anwendungsbereich des neuen § 13a Abs. 2, so wie sie es beschrieben haben, überhaupt nicht umfasst sind. Und doch wissen wir, dass es eine ganz klare Risikogruppe gibt – ich habe es eben schon angesprochen –: die wachsende Reichsbürgerszene mit zunehmender Bewaffnung, auch in Thüringen. Hier sind – wie gesagt – Regelungen gefunden.
Jede Vollstreckungsmaßnahme kann gefährlich sein. Trotzdem gilt, das einfaches Abschreiben – das haben Sie aus der CDU vorgenommen, wenn wir ehrlich sind, nämlich in Sachsen – schon in der Schule nicht unbedingt zielführend ist, zumal der Gesetzentwurf, wie ich meine, ein Stück weit die Rechtslage in Thüringen verkennt, die im Gegensatz zu Sachsen den Gerichtsvollziehern bereits heute erlaubt, die notwendigen Informationen über
Wir aber wollen sehen, wie diese Regelung in der Praxis ankommt und mit Leben gefüllt werden kann, ob es hier Nachbesserungen braucht. Daher beantragen wir eine Überweisung des Gesetzentwurfs zur weiteren Diskussion mit den Verbänden, Vereinen, den Betroffenen an den Justizausschuss und dann hoffen wir, dass wir vielleicht eine gute Regelung auch für Thüringen finden, so es hier einer weitergehenden Regelung auch im Gesetz bedarf. Vielen herzlichen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste, ich mache es kurz. Das Problem verstehen wir sehr gut. Die Gefährdung für Gerichtsvollzieher hat schrittweise immer mehr zugenommen. Das entspricht der generellen Gewaltgeneigtheit, die mittlerweile in unserer Gesellschaft leider wahrzunehmen ist. Sie hat gewisse Ursachen und ist nicht nur bei den Reichsbürgern zu suchen. Natürlich mag es sein, dass bestimmte Vollstreckungsmaßnahmen nach den Vorschlägen der CDU aktuell solch eine Auskunftspflicht, solch ein Auskunftsrecht nicht berühren würden. Allerdings ist das ein klassisches Thema, das man im Ausschuss diskutieren kann. Deswegen werden wir auch einer Ausschussüberweisung zustimmen. Wir halten das für eine richtige Initiative. Danke schön.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte das Ergebnis meiner Überlegungen zu dem vorliegenden Gesetzentwurf vorwegnehmen: Auch ich beantrage die Überweisung an den zuständigen Ausschuss für Migration, Justiz und Verbraucherschutz. Warum? Weil uns die Sicherheit der Gerichtsvollzieher ein wichtiges Anliegen ist und weil der Gesetzentwurf
Mit ihrer Arbeit tragen die Gerichtsvollzieher – das wurde bereits ausgeführt – in hohem Maße zum Funktionieren unseres Rechtsstaats bei, denn sie setzen bekanntlich gerichtliche, staatliche Entscheidungen um, die freiwillig nicht erfüllt werden. Dass sie dabei von den Betroffenen nicht gerade freundlich empfangen werden, liegt in der Natur der Sache und gehört auch zum Berufsrisiko. Aber – auch das wurde zu Recht schon erwähnt – die Angriffe auf die Gerichtsvollzieher werden häufiger, die Aggressivität der Schuldner steigt. Die Angriffe werden schärfer, brutaler und unberechenbarer. Dabei geht es nicht mehr nur um die gestiegene Zahl verbaler Angriffe, sondern es geht um den häufigeren Gebrauch von Waffen und Bedrohung, Nötigung und auch um Freiheitsberaubung.
Leider werden Vorfälle dieser Art kaum öffentlich wahrgenommen. Denn wer weiß schon, dass in den letzten Jahren in Karlsruhe ein Gerichtsvollzieher bei einer Zwangsräumung erschossen wurde? Es wurde schon kurz darauf hingewiesen. Oder wer weiß, dass in Kassel ein Gerichtsvollzieher wegen 500 Euro Zwangsgeld durch einen körperlichen Angriff zu einem Pflegefall wurde, dass in Fulda, im sächsischen Bärwalde und in Weimar Gerichtsvollzieher von den sogenannten Reichsbürgern körperlich angegriffen und teilweise gefesselt wurden? Über diese Fälle haben die Medien immerhin berichtet.
Die Masse der Angriffe – selbst schwere Verletzungen mit Äxten und Eisenstangen, oft bei alltäglichen Pfändungen – wird indes nicht öffentlich und zumeist auch nicht zur Anzeige gebracht, denn dies erfordert einen hohen Aufwand, wie mir die Gerichtsvollzieher berichtet haben, und es verbessert die Sicherheitslage der Gerichtsvollzieher nicht im Geringsten.
In Anbetracht der steigenden Zahl von Angriffen ist es verständlich, dass die Gerichtsvollzieher und ihre Verbände bundesweit mehr Sicherheit für ihre Arbeit einfordern. Es hat sich insoweit aber schon einiges getan, darauf hat meine Kollegin Frau Rothe-Beinlich hingewiesen. Wie in anderen Bundesländern werden die Gerichtsvollzieher in Thüringen nunmehr auch mit Sicherheitswesten ausgestattet. Nach meiner Information steht die Auslieferung unmittelbar bevor. Auch die Erprobung der Notfallsender – auch das wurde erwähnt – ist vor mehr als einem Jahr begonnen worden. Diese Ausstattung der Gerichtsvollzieher wird perspektivisch sicherlich zu deren Grundausstattung gehören.
Die Sicherheitsausstattung ist allerdings nur ein Aspekt für mehr Sicherheit der Gerichtsvollzieher bei ihrer Arbeit. Zu Recht fordern die Gerichtsvollzieher auch, dass sie zumindest vor einschneidenden Vollstreckungsmaßnahmen, etwa Wohnungsräumungen, von der Polizei sicherheitsrelevante Informationen erhalten können, mit denen Gefährdungssituationen im Vorfeld erkannt und entsprechende Schutzmaßnahmen ergriffen werden können. Die bereits mögliche Amtshilfe durch die Polizei dürfte insoweit kein ausreichendes rechtliches Instrumentarium bieten, da Voraussetzung für die Amtshilfe eine nachgewiesene konkrete Gefährdungssituation ist. Diese ist aber für die Gerichtsvollzieher oft nicht im Vorfeld erkennbar, also bevor sie den Schuldnern dann gegenüberstehen. Verdachtsmomente und Vermutungen allein, so zeigt die Praxis, sind für eine Amtshilfe nicht ausreichend und werden mit dieser Begründung auch regelmäßig abgelehnt.
Auch die im Thüringer Polizeiaufgabengesetz lediglich als Kann-Bestimmung vorgesehene Möglichkeit einer Datenübermittlung, unter anderem zur Verhütung erheblicher Nachteile für das Gemeinwohl oder für die schutzwürdigen Belange Einzelner, hat den Thüringer Gerichtsvollziehern bislang nicht zu den notwendigen Informationen über bestehende Gefahrenlagen verholfen, weil diese Auskünfte regelmäßig nicht erteilt werden, sofern keine offenkundig akute Gefährdungssituation besteht. So jedenfalls erleben es die Gerichtsvollzieher immer wieder.
Genau diese Problematik wird übrigens auch in anderen Bundesländern seit Jahren diskutiert. Nach den mir bekannten Informationen sollen Gerichtsvollzieher – etwa jetzt in Nordrhein-Westfalen, auch das klang schon an – Gefährlichkeitsabfragen bei den örtlichen Polizeidienststellen vornehmen dürfen, nachdem es unlängst wieder zu einem schweren Übergriff auf eine Gerichtsvollzieherin gekommen ist. Dieser Angriff hätte wohl durch vorherige Information über die der Polizei bekannt gewesene Gewalttätigkeit der Schuldnerin vermieden werden können.
Es wurde bereits erwähnt: Der vorliegende Gesetzentwurf übernimmt die in Sachsen im Jahr 2014 geschaffene Regelung des § 42a des Sächsischen Justizgesetzes eins zu eins für Thüringen. Diese Regelung sieht vor – so wie es sich die Gerichtsvollzieher in Thüringen auch wünschen –, dass es den Gerichtsvollziehern möglich ist, vor schwerwiegenden Vollstreckungsmaßnahmen bei den örtlich zuständigen Polizeidienststellen anzufragen, ob dort Erkenntnisse zu einer Gefährlichkeit oder Gewaltbereitschaft des Schuldners vorliegen.
Ob allerdings die einfache „Kopie“ dieser Vorschrift – so wie beabsichtigt – in das Thüringer Regelungsgefüge passt, erscheint indes fraglich. Insbesondere wird im Ausschuss darüber zu diskutieren sein, ob die Regelung in dieser Form geeignet, erforderlich und verhältnismäßig ist und/oder ob es möglicherweise andere Instrumentarien gibt, um dem Informationsbedürfnis der Gerichtsvollzieher auf der Grundlage der bestehenden Rechtslage ausreichend Rechnung zu tragen. Ich bin auf diese Debatte im Ausschuss gespannt. Vielen Dank.
Weitere Wortmeldungen aus den Reihen der Abgeordneten gibt es nicht. Ich erteile das Wort dem Justizminister. Herr Lauinger, bitte.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, das Umfeld, in dem Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher tätig sind, war schon immer konfliktbehaftet und nie einfach. Gerichtsvollzieher setzen das um, was Richter entscheiden, und sie sind diejenigen, die tatsächlich dafür sorgen, dass gerichtliche Entscheidungen auch – wie gesagt – in die Tat umgesetzt werden.
Die gesellschaftlichen Entwicklungen der letzten zehn bis 15 Jahre haben tatsächlich nicht dazu beigetragen, diese Arbeit zu vereinfachen, wie dies in vielen Fällen zu beobachten ist. Viele meiner Vorredner haben auf Einzelfälle hingewiesen: Die Vorfälle in Karlsruhe, in Gelnhausen, als einem Gerichtsvollzieher in den Kopf geschossen wurde, und zahlreiche andere belegen dies eindrücklich. Dazu kommen Berichte aus verschiedenen Ländern, auch aus Thüringen, über Übergriffe, Drohungen und Beleidigungen, insbesondere auch über Probleme im Umgang mit den sogenannten Reichsbürgern. Das war für uns Anlass, in dieser Legislaturperiode bereits zahlreiche Maßnahmen auf den Weg zu bringen, die den Gerichtsvollziehern bei ihrer Berufsausübung helfen und sie auch besser schützen sollen. Dazu gehört – auch dies wurde schon erwähnt – die Ausstattung mit Schutzwesten und mobilen Notrufsendern. Darüber habe ich bereits im Ausschuss, zuletzt am 7. Dezember 2018, detailliert berichtet.
Lassen Sie mich das klar und deutlich sagen: Zur Fürsorgepflicht gehört selbstverständlich auch, niemanden sehenden Auges in eine ihm drohende Ge
fahr laufen zu lassen. Da halte ich es für richtig – um das ganz klar und eindeutig zu betonen –, den Gerichtsvollziehern und Gerichtsvollzieherinnen vor Ausübung ihrer Tätigkeit Informationen der Polizei über die Gefährlichkeit eines Vollstreckungsschuldners zur Verfügung zu stellen. Regelmäßig steht nämlich der Gerichtsvollzieher bei einer Vollstreckungsmaßnahme dem Schuldner allein gegenüber, dies oft in einer fremden Wohnung mit möglicherweise noch weiteren Anwesenden aus dem Umfeld des Schuldners. Informationen können daher für einen Gerichtsvollzieher sehr wichtig sein, um sich angemessen auf diese Vollstreckung und seine Tätigkeit vorzubereiten und sich auch zu schützen. Im Zweifelsfall hat er aber immer die Möglichkeit, die Polizei bei einer Vollstreckungsmaßnahme um Unterstützung zu bitten.