Protokoll der Sitzung vom 05.11.2015

Weiteren Fragebedarf sehe ich dazu nicht. Vielen Dank, Herr Staatssekretär. Die nächste Fragestellerin ist Frau Abgeordnete König und ihre Frage trägt die Nummer 6/1215.

Sehr geehrter Herr Präsident.

Entwicklung der Neonazi-Szene in Saalfeld

Seit Anfang des Jahres tritt die Neonazi-Partei „Der Dritte Weg“ stärker in Thüringen in Erscheinung. An einer Demonstration der Partei am 1. Mai 2015 in Saalfeld nahmen über 600 Personen teil. Dabei kam es mehrfach zu Gewalttaten. In der Region Saalfeld-Rudolstadt folgte nach dem 1. Mai 2015 die erste Stützpunkt-Gründung in Thüringen der Partei „Der Dritte Weg“ unter dem Namen „Thüringer Wald/Ost“. Seither wurden wiederholt rassistische Flyer unter anderem gegen die Errichtung von Flüchtlingsunterkünften verteilt. Neben der NPD im Kreistag und dem „Dritten Weg“ sind auch andere Neonazi-Gruppierungen mit Mitgliedern in der Region aktiv, wie die „Europäische Aktion“ sowie die Partei „DIE RECHTE“, die vor einigen Wochen behauptete, einen Stützpunkt Saalfeld gegründet zu haben. Auch das Netzwerk „Thügida“, deren Führungspersonen und deren Ableger wie „Wir lieben Ostthüringen“ treten in der Region in Erscheinung. Seit der Demonstration einer örtlichen NPD-Kreisrätin am 2. Oktober 2015 in Rudolstadt mit circa 350 Personen kam es in der Region vermehrt zu neonazistischen Gewalttaten und Schmierereien.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche Einordnung trifft die Landesregierung bezüglich dieser vorgenannten rechtsextremen Gruppierungen in Thüringen wie auch insbesondere in der Region Saalfeld-Rudolstadt?

2. Welche Auffassung vertritt die Landesregierung zu dem Netzwerk „Thügida“ und insbesondere zu deren regionalem Ableger „Wir lieben Ostthüringen“ vor dem Hintergrund der verantwortlichen Personen, deren Auftreten und den Verbindungen zur extrem rechten Szene?

3. Welche rechtsextremen Straftaten sind der Landesregierung seit Anfang 2015 im Landkreis Saalfeld-Rudolstadt bekannt geworden?

4. Wie bewertet die Landesregierung die Entwicklung der rechtsextremen Szene in der Region Saalfeld-Rudolstadt in den letzten zwölf Monaten?

Für die Landesregierung antwortet Herr Staatssekretär Götze.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, die Mündliche Anfrage der Abgeordneten König beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:

Antwort zu Frage 1: Bei den Organisationen „Der Dritte Weg“, „DIE RECHTE“, „Europäische Aktion“, „Thügida“ und „Wir lieben Ostthüringen“ handelt es sich um rechtsextremistische Gruppierungen. Diese werden durch das Amt für Verfassungsschutz in Thüringen beobachtet.

Antwort zu Frage 2: „Thügida“ wird seit ihrem Bestehen im März dieses Jahres als rechtsextremistisch eingeordnet. Diese Einstufung ist insbesondere durch die in dem Zusammenhang agierenden Personen begründet. Zu den Organisatoren von „Thügida“ und den damit verbundenen Strukturen gehören Personen, die unter anderem im Zusammenhang mit der NPD, der Partei „DIE RECHTE“, der „Europäischen Aktion“ oder dem Neonazispektrum bekannt wurden. Eine Vielzahl der bei den Veranstaltungen auftretenden Redner ist diesem Spektrum zuzuordnen. Zudem sind die Teilnehmer mit schwankenden Anteilen ebenfalls der rechtsextremistischen Szene zuzurechnen. In den Demonstrationszügen werden regelmäßig entsprechende Transparente und Fahnen mitgeführt.

Antwort zu Frage 3: Von Januar bis September 2015 wurden im Landkreis Saalfeld-Rudolstadt insgesamt 62 Delikte der politisch motivierten Kriminalität rechts, davon 16 Gewaltdelikte, registriert.

Antwort zu Frage 4: Mit dem Stützpunkt der Partei „Der Dritte Weg“ und einem aktiven NPD-Kreisverband gibt es nach gegenwärtiger Erkenntnislage mehr aktive rechtsextremistische Gruppierungen in der Region Saalfeld-Rudolstadt als noch vor einem Jahr. Ferner versucht die Partei „DIE RECHTE“ dort Fuß zu fassen. Daneben gibt es in der Region Saalfeld-Rudolstadt eine nicht bezifferbare Anzahl unorganisierter Rechtsextremisten sowie Sympathisanten, die der Szene als Mobilisierungspotenzial für Veranstaltungen zur Verfügung stehen.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Frau Abgeordnete König hat eine Nachfrage. Bitte.

Danke für die Antwort. Als Erstes: Kann denn bestätigt werden, dass die Gründung des Stützpunkts „Der Dritte Weg“ im Landkreis Saalfeld-Rudolstadt in Piesau stattgefunden hat?

Das kann ich jetzt hier so nicht bestätigen, müsste ich recherchieren lassen, würde das dann schriftlich verankern.

Die zweite Frage: Sind Ihnen denn weitere Veranstaltungen der Neonaziszene für das restliche Jahr 2015 im Landkreis Saalfeld-Rudolstadt bekannt?

Da gibt es mit Sicherheit noch Veranstaltungen. Auch das würde ich noch einmal recherchieren lassen und Ihnen dann schriftlich zuarbeiten.

Moment, Herr Staatssekretär. Es gibt noch eine Nachfrage vom Abgeordneten Kowalleck.

Danke, Herr Präsident. Herr Staatssekretär, inwieweit wird denn vonseiten der Landesregierung auf die von Ihnen beschriebene Entwicklung der rechten Szene im Bereich Saalfeld-Rudolstadt reagiert?

Die Reaktionen rein repressiv sind natürlich entsprechende Strafverfolgungsmaßnahmen durch Polizei, Staatsanwaltschaften, wenn Straftaten auftreten. Im präventiven Bereich durch eine verstärkte Aufklärungstätigkeit und auch Unterstützung der lokalen Bündnisse, die sich den Rechtsextremisten entgegenstellen.

(Beifall DIE LINKE)

Wir kommen nun zur Anfrage von Frau Abgeordneter Henfling, Bündnis 90/Die Grünen, in der Drucksache 6/1219.

(Abg. König)

Anerkennung der Studienabschlüsse „Bildung und Erziehung von Kindern“ und „Pädagogik der Kindheit“

Seit September 2010 gibt es an der Fachhochschule Erfurt Absolventinnen und Absolventen des berufsbegleitenden Studiengangs „Bildung und Erziehung von Kindern“; ab 2015 werden die ersten Absolventinnen und Absolventen den grundständigen Studiengang „Pädagogik der Kindheit“ erfolgreich beenden. Eine angemessene Anerkennung und Einstufung dieser Abschlüsse ist jedoch nicht gegeben. In den „Fachlichen Empfehlungen zu Fachkräften im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe in Thüringen“ (Stand: 4. Juni 2012) sind die „staatlich anerkannten Kindheitspädagoginnen und -pädagogen B.A.“ nur in folgenden Bereichen im Fachkräftegebot namentlich aufgeführt: Handlungsfeld Förderung der Erziehung in der Familie (§§ 16 bis 18 SGB VIII) und Handlungsfeld Träger der öffentlichen Jugendhilfe (Verwaltung). Berufspraktisch erfahrene Kindheitspädagoginnen und -pädagogen sind nicht nur in der Kindertagesbetreuung in der konkreten Arbeit mit den Kindern fachlich fundiert ausgebildet, sondern geeignet für die Tätigkeit in Eltern-Kind-Zentren, Familienzentren, als Einrichtungsleitungen und in der Fachberatung bzw. im Bereich der Ganztagsschulen als koordinierende Fachkräfte.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche Perspektiven haben die Studiengänge „Bildung und Erziehung von Kindern“ und „Pädagogik der Kindheit“ in der aktuellen Hochschulpolitik des Landes?

2. Inwieweit werden die Hochschulabschlüsse der staatlich anerkannten Kindheitspädagoginnen und -pädagogen bei der Stellenvergabe im Fachkräftegebot anerkannt und berücksichtigt?

3. Inwieweit sieht die Landesregierung die Notwendigkeit, den Abschluss der Kindheitspädagoginnen und -pädagogen in weitere Tätigkeitsfelder des Fachkräftegebots verbindlich einzupflegen?

4. Was gedenkt die Landesregierung zu tun, um den Anteil an Kindheitspädagoginnen und -pädagogen zu erhöhen und diese Tätigkeit attraktiv zu machen?

Für die Landesregierung antwortet Frau Staatssekretärin Ohler.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, die Mündliche Anfrage

der Abgeordneten Henfling beantworte ich namens der Landesregierung wie folgt:

Die B.A.-Studiengänge „Bildung und Erziehung von Kindern“ – berufsbegleitend – und „Pädagogik der Kindheit“ sind an der Fachhochschule Erfurt angesiedelt. Zielstellung beider Studienangebote ist die akademische Ausbildung von pädagogischem Fachpersonal für die Arbeit mit Kindern im Vor- und Grundschulalter. Diese Studiengänge werden sehr gut nachgefragt. Die Struktur- und Entwicklungsplanung der Fachhochschule Erfurt sieht keine Änderung für diese Studiengänge vor. Die staatliche Anerkennung der Abschlüsse dieser Studiengänge als Kindheitspädagogen ist unstrittig. Die staatliche Anerkennung der Studiengänge in der Kindheitspädagogik hat der Freistaat Thüringen bereits mit dem Ersten Gesetz zur Änderung des Thüringer Sozialberufe-Anerkennungsgesetzes vom 7. Oktober 2012 geregelt. Mit dem Beschluss der fachlichen Empfehlungen zu Fachkräften im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe in Thüringen vom 4. Juni 2012 hat der Landesjugendhilfeausschuss geregelt, in welchen Handlungsfeldern der Kinder- und Jugendhilfe welche sozialpädagogischen Studienabschlüsse zum Einsatz kommen können. Demnach kann der staatlich anerkannte Kindheitspädagoge/die -pädagogin neben den Kindertageseinrichtungen auch in den Bereichen der Förderung der Erziehung in der Familie tätig werden. Dies umfasst den Einsatz in Familienzentren ebenso wie die Tätigkeit in Eltern-Kind-Zentren.

Die Fragen 2 bis 4 würde ich zusammen beantworten: Die Inhaber der genannten Hochschulabschlüsse sind anerkannte Fachkräfte für den Bereich der öffentlichen Kindertageseinrichtungen. Lediglich im Bereich der Jugendhilfe gibt es Einschränkungen dahin gehend, dass der Bacheloroder Masterabschluss in einem Studiengang der Kindheitspädagogik mit staatlicher Anerkennung per se nicht das Fachkräftegebot in den Handlungsfeldern Gemeinsame Wohnformen für Mütter, Väter und Kinder, Hilfen zur Erziehung, Eingliederungshilfen für seelisch behinderte Kinder und Hilfe für junge Volljährige im Sinne der §§ 19, 27 bis 35a, 41 SGB VIII erfüllt. Der jeweilige Träger einer solchen Einrichtung kann allerdings für eine Absolventin bzw. einen Absolventen eines solchen Studiengangs eine Zulassung nach § 23 Satz 2 ThürKJHAG bei dem Landesjugendamt auf Antrag dann erhalten, wenn diese Person nach ihren Vorbildungsvoraussetzungen und Erfahrungswerten für dieses spezielle Setting geeignet ist. Es gibt insoweit keinen Ausschluss in den beschriebenen Tätigkeitsfeldern, sondern die Fachkräfteanerkennung bezüglich der genannten Bildungsabschlüsse bleibt hier lediglich einer Einzelfallentscheidung des Landesjugendamts vorbehalten. Bezüglich der Attraktivität des Berufsbilds der genannten Bildungsabschlüsse bleibt festzustellen, dass zumindest der

Abschluss „Pädagogik der Kindheit“ nicht als Eingruppierungsmerkmal in dem aktuellen Schlichtungsergebnis zum TVöD-SuE enthalten ist. Bezüglich des Abschlusses „Bildung und Erziehung von Kindern“ ist diese ebenfalls nicht im aktuellen Schlichtungsergebnis im TVöD-SuE enthalten, jedoch dürfte dieser Abschluss in der Regel darauf ausgerichtet sein, künftige Führungsaufgaben wahrzunehmen, zum Beispiel in Kindertageseinrichtungen. Für diesen Fall der Übernahme von Führungs- bzw. Leitungsaufgaben ist bezüglich der eigentlichen Eingruppierung der jeweilige Bildungsabschluss unbeschadet von etwaigen fachgesetzlichen Regelungen wie zum Beispiel § 14 Abs. 4 ThürKitaG eher sekundär, da hier weniger die Qualifikation als vielmehr die jeweilige Belegung der Einrichtung maßgeblich ist. Eine Einflussnahme der Landesregierung auf die jeweilige tarifvertragliche Ausgestaltung ist allerdings ausgeschlossen. Ich danke für die Aufmerksamkeit.

Es gibt eine Nachfrage von Frau Abgeordneter Henfling.

Können Sie mir sagen, wie weit Absolventinnen und Absolventen der genannten Abschlüsse auch im Bereich der unbegleiteten minderjährigen Ausländerinnen und Ausländer zum Einsatz kommen können?

Das muss ich ebenfalls noch mal nachrecherchieren lassen und würde es schriftlich beantworten.

Eine Nachfrage des Abgeordneten Wolf.

Frau Staatssekretärin, gibt es seitens des Ministeriums die Absicht bzw. ist das schon erfolgt, beim Kommunalen Arbeitgeberverband bzw. bei den tarifführenden Gewerkschaften eine Nachfrage anzustellen, inwiefern die Abschlüsse in Thüringen, die natürlich nicht bundesweit im Tarifwerk hundertprozentig eingepflegt werden können, zukünftig Geltung erlangen können, sodass das, was auch im Koalitionsvertrag steht, nämlich die Akademisierung auch der frühkindlichen Bildung weiter voranzutreiben, auch in der Anerkennung der Abschlüsse weiter Rechnung trägt?

Auch da müsste ich mich noch mal erkundigen und würde es schriftlich nachreichen.

Das haben wir zur Kenntnis genommen. Weitere Fragestellungen sehe ich jetzt nicht. Vielen Dank, Frau Staatssekretärin. Die nächste Fragestellerin ist Frau Abgeordnete Floßmann, CDU-Fraktion, Drucksache 6/1220.

Vielen Dank, Herr Präsident.

Aktueller Verhandlungsstand zu Straßenausbaubeiträgen

Laut Koalitionsvertrag der die aktuelle Landesregierung tragenden Parteien ist geplant, sich umfassend mit dem Thema der Straßenausbaubeiträge zu befassen.

Ich frage die Landesregierung: