Der Abgeordnete Schippel eröffnet die Debatte für die SPDFraktion. Wo ist er? - Damit hat die SPD-Fraktion auf ihr Rederecht verzichtet und ich rufe den Beitrag der Fraktion der Linkspartei.PDS auf.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich hätte gern nach Herrn Schippel gesprochen, aber das lässt sich nun leider nicht einrichten.
Mit dem im vergangenen Jahr verabschiedeten Brand- und Katastrophenschutzgesetz ist die Verantwortung der knapp 50 000 Angehörigen der Feuerwehr im Land Brandenburg weiter gewachsen. Leider muss man feststellen, dass die Rahmenbedingungen für das Wirken der Feuerwehr nicht entsprechend verbessert worden sind. Es gibt nach wie vor einen deutlichen Widerspruch zwischen den wachsenden Anforderungen an die Feuerwehrleute und ihren Arbeitsbedingungen im weitesten Sinne. Ich erinnere an das Strategiepapier 2000 des Landesfeuerwehrverbandes. Darin enthalten ist ein aus Sicht der Aktiven und eben nicht aus Sicht von Politik und Verwaltung klarer Problemaufriss. In Verbindung damit ist ein konkreter Forderungskatalog erstellt worden. Richtschnur waren nicht die immer wieder beschworenen Sachzwänge, sondern war der unverfälschte Änderungsbedarf. Die PDS-Fraktion hat das Strategiepapier mehrfach zum Thema von Landtagsdebatten gemacht. Seitdem hat sich zweifellos einiges getan, was zu einer Verbesserung der Situation beigetragen hat.
Es bestehen jedoch nach wie vor zahlreiche Probleme. Das ist zum einen die technische Ausstattung. Trotz Neuanschaffung von Feuerwehrfahrzeugen - es gibt jetzt 180 mehr als im Jahr 2000 - sind 40 % der Fahrzeuge älter als 20 Jahre. Das verbindet sich mit solchen Folgeproblemen wie einem hohen Instandsetzungsaufwand und entsprechenden Ausfallzeiten. Problematisch sind vor allem die großen Unterschiede zwischen den einzelnen Kreisen und kreisfreien Städten, was die laufenden Investitionen angeht. So differierten die Investitionsmittel im Zeitraum 2000 bis 2004 je Einwohner der Landkreise zwischen 56 Euro und 127 Euro. Ich halte das für eine erhebliche Spanne. Die Bürger haben jedoch landesweit den gleichen Anspruch auf Sicherheit. Sie darf nicht von den finanziellen Möglichkeiten der jeweiligen Kommunen abhängig gemacht werden.
Deshalb halte ich es für einen Fehler, dass im Brand- und Katastrophenschutzgesetz keine verbindlichen Einsatzzeiten festgelegt worden sind, die im ganzen Land gelten. Den Änderungsantrag der PDS-Fraktion, der das erreichen sollte, haben Sie abgelehnt. Dieses Anliegen darf aber nicht am Konnexitätsprinzip scheitern.
Vor dem Hintergrund der schwierigen kommunalen Finanzsituation ist klar, dass es deutliche Fortschritte beim Brand- und Katastrophenschutz ohne eine stärkere Unterstützung des Landes nicht geben kann. Deshalb ist die Kürzung im Finanzaus
gleichsgesetz 2006 um immerhin 50 Millionen Euro auch in dieser Hinsicht ein Schritt in die falsche Richtung.
Wir begrüßen es, dass endlich ernsthaft über die Verwendung der Feuerschutzsteuer ausschließlich für Zwecke des Brandschutzes geredet wird. Auch hier erinnere ich an unseren Antrag, den Sie Mitte des Jahres abgelehnt haben.
Strittig ist der Erhalt der LSTE als Landeseinrichtung. Dazu gab es einen Prüfauftrag der Landesregierung. Sie sieht in der LSTE offenbar große Einsparpotenziale, obwohl das Brandund Katastrophenschutzgesetz eindeutig die Verantwortung des Landes festschreibt. Ich erinnere daran, dass die Linkspartei auch dazu im Mai einen Antrag gestellt hat, den Sie mit dem Vorwurf der Panikmache abgelehnt haben. Wie der Prüfauftrag letztlich beschieden wird, ist noch offen. Ich hoffe, dass die Vor-Ort-Besuche des Innenausschusses, mit denen wir Signale für den Erhalt der LSTE gesetzt haben, nicht ohne Wirkung bleiben.
Ein großes Problem ist der Rückgang der Anzahl der Feuerwehrangehörigen. 2004 waren es immerhin 1500 weniger als 2002; die Tendenz ist eindeutig. Hier spielt neben der demografischen Entwicklung die Tatsache eine große Rolle, dass die Mitgliedschaft in der Freiwilligen Feuerwehr den Arbeitsplatz gefährden kann. Auf dem Weg zur gesellschaftlichen Anerkennung dieser wichtigen ehrenamtlichen Tätigkeit gibt es noch viel zu tun. Dazu gehört endlich auch eine entsprechende Vereinbarung mit Berlin.
Vom Problem des Mitgliederrückgangs sind auch die Jugendfeuerwehren betroffen, die eine wichtige gesellschaftliche Arbeit leisten. Ich meine, hier muss erheblich mehr getan werden. Damit spreche ich nicht die Verantwortlichen in den Feuerwehren an, sondern ich meine eine Veränderung der Rahmenbedingungen.
Den aufgeführten Problemen soll im Rahmen der interkommunalen Zusammenarbeit durch die Bildung von Stützpunktfeuerwehren als gut ausgerüsteten Feuerwehren entgegengewirkt werden. Ausgangspunkt dabei können die dauerhaft besetzten Wachen sein. Die Diskussion um die regionalen Leitstellen ist in vollem Gange. Dabei zeigt sich am Beispiel Cottbus, dass es gut ist, auf die Befindlichkeiten vor Ort Rücksicht zu nehmen und die in lokaler Eigeninitiative geschaffenen Strukturen nicht einfach wegzuwischen.
Bereits 2001 hat meine Fraktion ein Konzept zur Entwicklung der Feuerwehr gefordert. Sie haben unseren damaligen Antrag zurückgewiesen. Mit dem nun vorliegenden Antrag stellen Sie vier Jahre später die gleiche Forderung. Wären wir erneut initiativ geworden, hätten Sie sicher damit argumentiert, dass die Landesregierung ohnehin an einem solchem Konzept arbeite. Für uns ist es selbstverständlich, dass wir dieses Anliegen unterstützen, denn es gibt dringenden Handlungsbedarf.
Es wäre gut, wenn sich dieser Landtag darauf verständigen könnte, den jährlichen Bericht zum Brand- und Katastrophenschutzgesetz künftig im Plenum oder zumindest im Ausschuss für Inneres zu diskutieren, um mehr Kontinuität in diesem wichtigen Bereich zu sichern. - Ich bedanke mich.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gerade die jüngsten Ereignisse in London - der Brand eines großen Treibstofflagers - haben uns deutlich vor Augen geführt, welche Gefahren auf dem Gebiet des Brand- und Katastrophenschutzes drohen und welche Anstrengungen wir und die damit Betrauten vor Ort in den Landkreisen, Städten, Gemeinden und Ämtern unternehmen müssen, um sich auf diese Gefahren vorzubereiten.
Auch der vorhergehende Tagesordnungspunkt, die Diskussion über verlängerte Ladenöffnungszeiten während der Fußballweltmeisterschaft im nächsten Jahr, betraf ein Großereignis, das uns, was die Vorbereitung dieser Fußballweltmeisterschaft und die Absicherung von hunderttausenden Besuchern betrifft, vor enorme Herausforderungen stellt.
Ich möchte auf den Beitrag der Linkspartei.PDS eingehen, um den Menschen im Land zu versichern: Brandenburg ist ein sicheres Land und die Menschen in Brandenburg können sicher sein, dass der Staat und die kommunale Ebene alles für ihre Sicherheit und auch für die Sicherheit ihres Eigentums unternehmen.
(Frau Kaiser [Die Linkspartei.PDS]: Dass es nicht so oft brennt! - Dr. Scharfenberg [Die Linkspartei.PDS]: Das musste gesagt werden!)
- Es musste insbesondere deswegen gesagt werden, Kollege Scharfenberg, weil Sie - offensichtlich aufgrund einer gewissen inneren Unzufriedenheit über die Oppositionsrolle der Linkspartei.PDS - bei Ihrem Vortrag die Sachlichkeit verloren haben. Es geht Ihnen - so ist jedenfalls mein Eindruck - offensichtlich nicht darum, tatsächlich etwas zum Thema beizutragen - Ihre Fraktionsvorsitzende hat das am heutigen Vormittag nicht anders gemacht -, sondern es geht Ihnen um den blanken Populismus, es geht Ihnen darum, Ängste zu schüren.
Sie legen Ihre kruden Rechnungen vor, dass Landkreise unterschiedlich viel Geld für den Brand- und Katastrophenschutz ausgeben. Damit wollen Sie offensichtlich suggerieren, dass die Menschen in den Landkreisen, in denen weniger ausgegeben wird, entsprechend unsicherer leben. Die Menschen können sicher sein, dass die Koalitionsfraktionen aus CDU und SPD gemeinsam mit dem verantwortlichen Innenministerium alles unternehmen werden, um die Herausforderungen des Brand- und Katastrophenschutzgesetzes in Brandenburg anzunehmen und zu meistern.
Ich möchte einige Maßnahmen nennen, die wir in den vergangenen Jahren gemeinsam - das Ministerium und die die Koalition tragenden Fraktionen SPD und CDU - ergriffen haben.
Wir haben die Landesschule ausgebaut. Sie ist mittlerweile auf einem hohen Niveau. Die Kameradinnen und Kameraden der Freiwilligen Feuerwehr sind mit dem dort zur Verfügung stehenden Angebot sowie mit den Unterbringungsmöglichkeiten sehr zufrieden. Im Ministerium des Innern wurde ein Lagezentrum zum Brand- und Katastrophenschutz eingerichtet. Wir haben durch die seitens der Koalitionsfraktionen im Brand- und Katastrophenschutzgesetz vorgenommenen Veränderungen entscheidende Verbesserungen erzielt und sind in der Diskussion um die Regionalleitstellen vorangekommen.
Gleichwohl stehen wir Herausforderungen gegenüber. Eine Herausforderung besteht im Verschmelzen von innerer und äußerer Sicherheit. Man kann bei der heutigen Situation des Brand- und Katastrophenschutzes die äußere und die innere Sicherheit nicht mehr voneinander trennen, wie es vielleicht vor zwei oder drei Jahrzehnten der Fall gewesen ist. Das Bedrohungsszenario hat sich geändert. Die damalige Bedrohung durch den Ost-West-Konflikt ist im Wesentlichen durch eine Bedrohung mit terroristischem Hintergrund ersetzt worden. Darauf müssen wir uns einstellen.
Wir stehen auch vor einer Herausforderung, die nicht nur den Brand- und Katastrophenschutz, sondern alle Bereiche des staatlichen bzw. kommunalen Handelns betrifft: die demografische Entwicklung im Land. Es ist richtig, dass die Probleme vor Ort, junge Kameradinnen und Kameraden für den Dienst in der Freiwilligen Feuerwehr zu gewinnen, nicht von der Hand zu weisen sind. Angesichts dessen bedarf es - das hat der Ministerpräsident in seiner heutigen Regierungserklärung eindrucksvoll unter Beweis gestellt - nicht nur des staatlichen Handelns, sondern auch des Ideenreichtums vor Ort. Diesen wollen wir unterstützen.
Ich möchte an dieser Stelle das Engagement des stellvertretenden Ministerpräsidenten und Innenministers, Jörg Schönbohm, gerade im Bereich der Jugendfeuerwehren hervorheben. Uns geht es darum, hier die notwendigen Veränderungen auf den Weg zu bringen. Die Kameradinnen und Kameraden wissen, dass wir an ihrer Seite stehen. Ich kann auch für den Kollegen Schippel sprechen, der in einer Freiwilligen Feuerwehr aktiv ist. Er besitzt nicht nur eine Uniform, sondern engagiert sich selbst stark. Wir im Landtag werden alles unternehmen, um die notwendigen Rahmenbedingungen zu setzen. Wenn Sie dabei mittun, dann ist das Ihre Sache. Sie sind willkommen. Das habe ich mehrfach versichert. Ich habe aber meine Zweifel, ob es Ihnen, Herr Dr. Scharfenberg, nicht um etwas ganz anderes geht, nämlich um blanken Populismus und nicht um die Sache selbst. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Natürlich macht die gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung in unserem Land Brandenburg vor dem Brand- und Katastrophenschutz nicht Halt. Es bringt an dieser Stelle nichts, darüber zu lamentieren, wer an dieser Entwicklung schuld ist. Tatsache ist,
dass die desolate wirtschaftliche Entwicklung, gepaart mit der defizitären Familienpolitik, für die sicherlich nicht nur die Landesregierung, sondern in hohem Maße auch der Bund und seine Politik in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten die Verantwortung tragen, dazu führten, dass immer weniger Kinder geboren wurden und immer mehr Menschen unserem Land Brandenburg den Rücken kehrten.
Ich will das nicht weiter vertiefen, aber Fakt ist: Selbst wenn wir die verfehlte Politik von heute auf morgen ändern würden, hätten wir über Jahre mit ihren Folgen zu tun. Der einzige Unterschied ist: Ändern wir nichts daran, wird sich die Abwärtsspirale, in die unser Land geraten ist, unweigerlich fortsetzen. Wir werden uns sicherlich nicht zum letzten Mal hier in diesem Hause über die Sicherstellung des Brand- und Katastrophenschutzes unterhalten haben.
In jedem Fall ist die Feststellung in der Begründung der antragstellenden Fraktionen von SPD und CDU, dass die personellen Ressourcen sehr schnell große Bedeutung gewinnen werden, richtig. Sagen wir es offen: Ursächlich dafür ist der drastische Geburtenschwund in den Jahren seit der deutschen Wiedervereinigung. Wie gesagt, selbst wenn wir die aufgelisteten Gründe mit sachgerechter Struktur-, Familien-, Bildungs- und Wirtschaftspolitik beseitigen würden, hätten wir immer noch eine Geburtendelle. Diese wird - das ist absehbar - erhebliche Konsequenzen für den Brand- und Katastrophenschutz haben. Bis nämlich erneut junge Menschen in das für den Brand- und Katastrophenschutz geeignete Alter kommen, vergehen mindestens 18 bis 25 Jahre. Konkret kann man sagen: Der Brand- und Katastrophenschutz hat ein erhebliches Nachwuchsproblem. Herr Hohnen hat dies dem Innenausschuss, als er bei der LSTE in Eisenhüttenstadt war, bestätigt.
Es stellt sich also nur noch die Frage: Was ist zu tun? Um es einfach zu machen: Unsere Fraktion hält die drei Unterpunkte des SPD/CDU-Antrags, was das Konzept der Landesregierung insbesondere umfassen soll, für richtig. Uns stellt sich insoweit nur die Frage, ob das alles sein soll. Wenn unsere Fraktion es richtig sieht, enthalten die seitens der Fraktionen von SPD und CDU ausgeführten Punkte drei Schwerpunkte: erstens den so genannten Bereich Brand- und Katastrophenschutz, zweitens die Verbesserung von Ausbildung und Technik sowie drittens die Prognose von Hochwasserwirkungen.
Alles schön und gut. Aber wie sieht es aus? In Ihrer Antragsbegründung steht etwas von „personellen Ressourcen“. Insoweit hält unsere Fraktion die von Ihnen gesetzten Schwerpunkte für um einen weiteren Punkt ergänzungsfähig. Dieser muss lauten - um ihn gleich als vierten Spiegelstrich einzufügen -: geeignete Maßnahmen zu ergreifen, welche dem Träger des Brandund Katastrophenschutzes bei zunehmend knapper werdenden personellen Ressourcen die künftige Anwerbung von ehrenamtlichem Personal erleichtern.
Ich will der Landesregierung keine Vorgaben machen. Um Gottes willen! Ihrer Phantasie soll freier Lauf gelassen werden; das macht sie auch öfter. Denkbar wären aber eine verstärkte Argumentation in den Schulen, die zusätzliche Stärkung des Vereinslebens von Organisationen des Brand- und Katastrophenschutzes oder anderweitige Vergünstigungen für den Werdegang junger Menschen, die heutzutage von Bedeutung sind.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin den Koalitionsfraktionen dankbar, dass sie dieses Thema ansprechen; denn hier liegen wichtige Aufgaben vor uns.