Vielen Dank, Herr Minister. - Wir kommen zu Frage 718 (Er- öffnung des neuen Dienstgebäudes des Schutzbereiches Bar- nim der Polizei), gestellt vom Abgeordneten Claus.
Nach Pressemeldungen ist das neue Dienstgebäude des Schutzbereiches Barnim der Brandenburger Polizei fertig. Am 08.05.2006 begann der Einzug von insgesamt 257 Mitarbeitern in den Komplex im Barnimer Gewerbegebiet Rehberge, in den das Land 8,2 Millionen Euro investierte. Komplett aufgegeben wird dafür die baulich marode Polizeiwache Bernau. Aus der Wache Eberswalde ziehen Bereiche dorthin, die bislang aus Platzgründen ausgelagert waren und nun wieder zusammengeführt werden.
Ich frage die Landesregierung: Welcher Verwendung sollen die durch den Bezug des neuen Dienstgebäudes frei werdenden Gebäude der ehemaligen Polizeiwache Bernau sowie von Teilen der Polizeiwache Eberswalde zugeführt werden?
Herr Präsident, herzlichen Dank für den Hinweis, die Frage kurz und knapp zu beantworten. Ich will es versuchen. - Herr Kollege Claus, zunächst einmal freue ich mich, dass die Polizeiwache umgezogen ist. Das ist das Wichtigste für die Mitarbeiter. Die Arbeitsbedingungen haben sich wesentlich verbessert. Ein Teil der Liegenschaften war restitutionsbelastet und ist an zwei Alteigentümer vermögensrechtlich rückübertragen worden. Für eine Teilfläche besteht ein Mietvertrag, der mit Aufgabe der Polizeinutzung aufgegeben wird. Die andere Teilfläche wird im Ergebnis eines gerichtlichen Vergleichs entgeltfrei an die Alteigentümer übergeben. Die übrigen landeseigenen Flurstücke gehen nach Beendigung der Polizeinutzung in das allgemeine Grundvermögen des Landes über. Die Anschlussnutzung durch Behörden und Einrichtungen des Landes scheidet aus, weil der bauliche Zustand schlecht ist. Der Brandenburger Landesbetrieb für Liegenschaften und Bauen ist gehalten, diese Liegenschaft möglichst schnell zu verwerten.
In Eberswalde werden die Gebäude weiter polizeilich genutzt. Mit der Verlegung der bisher in Eberswalde untergebrachten Organisationseinheiten des Schutzbereichs nach Bernau gibt es die Möglichkeit zur Entzerrung und zur Verbesserung der unzureichenden Unterbringung der Polizeiwache in der sanierungsbedürftigen Immobilie. Zur Schaffung angemessener Arbeitsverhältnisse für die Mitarbeiter der Polizei ist das Bauund Investitionsvorhaben im Landeshaushalt bereits eingestellt.
Vielen Dank, Herr Innenminister. - Das gibt uns Gelegenheit, noch eine viele interessierende Doppelfrage zu behandeln. Die
Fragesteller haben sich geeinigt, die Fragen 721 und 722 gemeinsam zu stellen und mit Frage 719 zu tauschen.
Wir beginnen mit Frage 721 (Berichte über angebliche polni- sche Planungen für Kernkraftwerke an der brandenburgischen Landesgrenze), gestellt vom Abgeordneten Karney.
Laut Medienberichten werden in Polen Pläne für die Errichtung von Kernkraftwerken an der Landesgrenze zu Brandenburg erwogen.
Ich frage die Landesregierung: Welche Schritte der Informationsbefassung wurden mit welchen Ergebnissen ihrerseits eingeleitet, um die Medienberichte zu überprüfen?
Ich kann nahtlos anschließen. Polnische und deutsche Medien berichten über Pläne der polnischen Regierung und von polnischen Wissenschaftlern für den Bau eines neuen Atomkraftwerkes. Dabei wurde auch der Standort Gryfino unmittelbar am Nationalpark Unteres Odertal und der Grenze zu Schwedt und Gartz genannt. Im Umkreis von nur 50 Kilometern wohnen knapp eine halbe Million Einwohner. Die Stettiner Zeitung „Glos Szczecinski“ schrieb am 2. Mai: „Konkrete Pläne dafür gibt es schon.“ Inoffiziell wurde bekannt, dass die meisten Chancen Westpommern - konkret Drawsko Pomorskie und Gryfino, die nur drei Kilometer von der deutschen Grenze entfernt liegen - hat. Bis zum Jahr 2015 soll in der Region ein Atomkraftwerk entstehen.
Ich frage daher die Landesregierung: Welche Informationen liegen ihr vor? Welche Position vertritt sie grundsätzlich hierzu?
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Karney, sehr geehrter Herr Bischoff, vor dem Hintergrund der in der jüngsten Zeit erschienenen Pressemeldungen - es sind leider nicht nur Gerüchte, dass Polen zur Deckung seines Energiebedarfs auch auf die friedliche Nutzung der Kernenergie zurückgreifen möchte und ein Kraftwerksstandort in Grenznähe zu Brandenburg zur Diskussion steht - möchte ich noch einmal die Grundposition der Landesregierung zur friedlichen Nutzung der Kernenergie darlegen.
Bereits mit der Regierungserklärung zur 1. Legislaturperiode hat die Landesregierung verdeutlicht, dass im Land Brandenburg die friedliche Nutzung der Kernenergie grundsätzlich
abgelehnt wird. An dieser Haltung hat sich bis zum heutigen Tage für die Landesregierung nichts geändert.
Ich darf hinzufügen, dass vor dem Hintergrund der Diskussion um die Verknappung fossiler Rohstoffe und ihre zunehmende Verteuerung auch der Rohstoff Uran nicht endlos verfügbar ist. Nach vorliegenden Studien reicht der Kernbrennstoff bei dem jetzt vorhandenen Bestand an Atomkraftwerken noch ca. 40 Jahre. Jedes neue Atomkraftwerk würde die zeitliche Verfügbarkeit weiter einschränken. Atomkraftwerke waren vielleicht eine Lösung der Vergangenheit; sie sind aber mit Sicherheit keine Lösung für die Zukunft, sondern ein Irrweg.
Im kerntechnischen Bereich sehen wir unsere Schwerpunktaufgabe im sicheren und störungsfreien Rückbau des stillgelegten Kernkraftwerks Rheinsberg. Das Atomgesetz hingegen wird in Bundesauftragsverwaltung durch die Länder umgesetzt. Für die internationalen Belange in diesem Bereich ist grundsätzlich der Bund zuständig. Deshalb habe ich nach Erscheinen der Pressemeldung beim zuständigen Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit um entsprechende Informationen gebeten. Meinem Haus ist mitgeteilt worden, Ausgangspunkt der Überlegungen zum Bau eines Atommeilers seien Prognosen, laut denen der polnische Strombedarf bis zum Jahr 2025 um 80 bis 93 % steigen werde. Der polnische Ministerrat hat mit den strategischen Leitlinien der nationalen Energiepolitik unter dem Titel „Die Energiepolitik Polens bis 2025“ unter anderem beschlossen, den Bau eines polnischen Kernkraftwerks bis 2020 in Erwägung zu ziehen. In einem weiteren Strategiepapier unter dem Titel „Programm für die Elektroenergie“ vom März 2006 wird die Notwendigkeit eines Atomkraftwerks für Polen begründet. Ein so genannter Terminplan für die Realisierung der Energiepolitik Polens bis 2025 sieht den Beginn eines Prozesses für die Standortwahl eines Kernkraftwerks erst für das III. Quartal 2008 vor. Seitens des polnischen Wirtschaftsministeriums wurde mitgeteilt, dass - abgesehen von der grundsätzlichen Bedarfsanalyse - die Überlegungen noch nicht sehr weit vorangeschritten seien. Gegenüber der Deutschen Botschaft hat der Leiter der Energieabteilung des polnischen Wirtschaftsministeriums mitgeteilt, bisher gebe es weder eine Entscheidung für den Bau noch für ein Verfahren zur Wahl des Standortes eines eventuellen Kernkraftwerkes.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Unabhängig von der Sachlage, dass das Land Brandenburg die friedliche Nutzung der Kernenergie grundsätzlich ablehnt, müssen wir akzeptieren, dass Polen als souveräner Staat über seine Strategie der Energieversorgung selbst entscheiden darf und dies auch tun wird. Die Landesregierung Brandenburgs wird auf allen Kontaktebenen dem polnischen Partner Bedenken und Sorgen bezüglich der Energiegewinnung auf der Basis der Kernspaltung nahe bringen. Ministerpräsident Matthias Platzeck hat dies während seines jüngsten Besuchs in Warschau bereits unmissverständlich gegenüber der polnischen Regierung zum Ausdruck gebracht. Sollte Polen als EU-Mitglied seine Überlegungen zum Bau eines Kernkraftwerks weiterverfolgen, geht die Landesregierung davon aus, dass sowohl im Standortwahlverfahren als auch im dann folgenden Genehmigungsverfahren zum Bau und zur Inbetriebnahme, sofern ein grenznaher
Standort weiterhin zur Diskussion stehen sollte, die Bürger Brandenburgs und natürlich auch die Landesregierung angemessen beteiligt werden. Im Sinne der guten Kooperation mit unseren polnischen Nachbarn werden wir auf der Sachebene die Angelegenheit weiter verfolgen und die Brandenburger Interessen einbringen. - Danke.
Herr Minister Woidke, könnte Polen nach geltendem europäischen Recht ein neues Atomkraftwerk unmittelbar drei Kilometer an der deutschen Grenze ohne Abstimmung mit der deutschen Bundesregierung oder Landesregierung bauen?
Seitdem Polen Mitglied der Europäischen Union ist, ist zwingend eine Beteiligung im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung vorgeschrieben, sollte das Atomkraftwerk in unmittelbarer Nachbarschaft errichtet werden. Das ist die formal-juristische Ebene. Ich hoffe allerdings, dass wir in der Zusammenarbeit mit Polen doch ein Stück weiter sind und neben der formal-juristischen Ebene weitere Wege finden, die Interessen Brandenburgs zu artikulieren, was sicherlich passieren wird.
Vielen Dank, Herr Minister. - Wir sind jetzt bei der Frage 720 (Ergebnisse der Regionalkonferenzen zum Leitbild für die europäische Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg) , die Frau Abgeordnete Kaiser stellt.
Die Landesregierung hat im April fünf Regionalkonferenzen mit den kommunalen Spitzenverbänden, Städte- und Gemeindebund und Landkreistag sowie mit den kommunalen Vertreterinnen und Vertretern auf der Basis der Planungsregionen zur Vorstellung und Diskussion der Eckpunkte eines Leitbildes für die europäische Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg durchgeführt.
Während der Diskussionen kamen von den regionalen und kommunalen Vertreterinnen und Vertretern zahlreiche Fragen, Bedenken und Vorschläge zur Qualifizierung der Eckpunkte des Leitbildes bzw. der öffentlichen Debatte dazu.
Ich frage die Landesregierung: Welche Konsequenzen zur Qualifizierung des Leitbildes zieht sie im Ergebnis der genannten Regionalkonferenzen?
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es sei mir vor Beginn meiner Antwort gestattet, mich für die
Frau Abgeordnete Kaiser, ich komme zur Beantwortung Ihrer Frage. Das Leitbild soll in einem öffentlichen Diskussionsverfahren entwickelt werden. Wie Sie wissen, haben wir sehr umfängliche Konferenzen auch internationalen Charakters zu diesem wie auch zu anderen Themen durchgeführt und Berliner und Brandenburger dazu eingeladen. Ich bedanke mich ausdrücklich für die Teilnahme vieler Landtagsabgeordneter an den fünf Regionaldialogen, die wir veranstaltet haben.
Wir haben diese Regionaldialoge gemeinsam mit dem Städteund Gemeindebund und dem Landkreistag durchgeführt. Es waren über 300 Teilnehmer anwesend. Es gab eine große Zustimmung zu dem Verfahren, eine sehr breite öffentliche Diskussion zu organisieren. Ich bedanke mich ausdrücklich dafür, dass viele andere Institutionen wie der DGB, die Landeszentrale, die Universitäten oder das Institut für Regionalentwicklung und Strukturplanung in den letzten Monaten ähnliche Veranstaltungen durchgeführt haben.
Es gab eine große Übereinstimmung darüber, dass Berlin ein wichtiges Kraftzentrum und ein Wachstumsmotor für die gesamte Region ist. Das haben auch Vertreter berlinferner Regionen ausdrücklich bekräftigt. Es wurde wiederholt gefordert, das Leitbild umzusetzen und mit Leben zu erfüllen. Es wurde positiv bewertet, dass es nicht bereits vorher politisch festgelegt worden ist, sondern dass es Änderungen geben wird.
Kritisch wurden insbesondere folgende Punkte diskutiert: die regionalen Wachstumskerne nicht zu nennen und festzulegen. Wir sind uns darüber einig, dass dies einer weiteren Diskussion bedarf und diesbezüglich Weiterentwicklungen und Veränderungen möglich sind.
Der Begriff der Hauptstadtregion sollte durch den Begriff der Metropolregion ersetzt werden, weil der Begriff der Hauptstadtregion historisch belastet ist.
Darüber hinaus wird der Begriff Peripherie abgelehnt. Als Beispiel nenne ich die Prignitz. Die Prignitz liegt in der Mitte zwischen Berlin und Hamburg. Berücksichtigt werden sollte, dass polnische und zum Beispiel sächsische Regionen mit brandenburgischen Gebieten in Zusammenarbeit, in Kooperation stehen.
Außerdem sollte die Polyzentralität noch mehr hervorgehoben werden. Stärken und Potenziale der einzelnen Regionen im Land sind vorhanden und müssen entwickelt werden.
Ich freue mich darüber, dass die kommunale Familie selbst vorgeschlagen hat, regionale Leitbildkonzepte zu entwickeln. Dies soll auf der Grundlage regionaler Entwicklungskonzepte und integrierter Stadtentwicklungskonzepte wie auch auf der Grundlage von Konzepten für die ländliche Entwicklung geschehen. Das ist ein guter Vorschlag, den es in den nächsten Monaten zu unterstützen gilt.
Nicht beabsichtigt ist - das kann ich hier schon deutlich sagen -, den Begriff der Hauptstadtregion durch den Begriff der Metropolregion zu ersetzen. Es geht gerade darum, die Hauptstadtfunktion Berlins als Alleinstellungsmerkmal auch für eine bessere Wettbewerbsfähigkeit der Region Berlin-Brandenburg
national und international deutlich hervorzuheben, um unsere größeren Entwicklungsmöglichkeiten darzustellen.
Ich freue mich auf die weitere Diskussion in den nächsten Monaten und fordere Sie auf, Vorschläge dazu zu machen und uns einzuladen, die weitere Entwicklung zu verdeutlichen. Ich freue mich auf den weiteren Entwicklungsprozess des Leitbildes, dem sich natürlich die Überarbeitung der Entwicklung der Landesplanung insgesamt anschließen wird. - Herzlichen Dank.
Vielen Dank. - Wenn wir uns beeilen, können wir noch die Frage zum Führerschein mit 17 behandeln. - Frau Abgeordnete Tack, Sie haben das Wort zu einer Nachfrage.
Ich habe zwei kurze Nachfragen. Die eine Frage bezieht sich auf die von Ihnen angesprochenen Konferenzen, an denen wir teilgenommen haben. Sie haben gesagt, es habe eine breite Zustimmung zum Diskussionsprozess über das Leitbild gegeben. Wir bewerten das etwas anders. Ich möchte zwei der genannten Kritikpunkte aufgreifen. Zum einen wurde deutlich gemacht, dass für dieses Leitbild ein übergreifendes Motto fehlt, in dem sich alle wieder finden und mit dem man öffentlich vor Ort, in den Kommunen, überall werben kann.
Zum anderen wurde die sehr starke Fixierung auf Berlin kritisiert. Diese beiden Punkte sollten in den Eckpunkten korrigiert werden. Wie soll das passieren? Wird es überhaupt passieren?
Zu meiner zweiten Frage: Sie haben gesagt, es werde weiterhin eine große Diskussion geben. Wann wird der Entwurf des Leitbildes das Parlament erreichen, damit wir die in der Öffentlichkeit geführte Diskussion auch hier im Parlament führen können?