Protokoll der Sitzung vom 25.11.2004

ordnung, aber Gesprächsgegenstand. Die Länder werden wohl in der Mehrzahl Härtefallkommissionen einrichten.

Das Wort hat der Abgeordnete Scharfenberg.

(Dr. Scharfenberg [PDS]: Es hat sich erledigt!)

Ich danke Ihnen, Herr Innenminister, für die Beantwortung der Fragen.

Wir kommen zur Frage 68 (Gaspreiserhöhungen in Branden- burg), die vom Abgeordneten Pohl formuliert wird.

Die großen Gasversorger des Landes Brandenburg haben Preiserhöhungen in einer Größenordnung von 5 bis 12 % angekündigt. Die Verbraucherzentrale des Landes ist dagegen der Auffassung, dass diese Erhöhung mit der Kostenentwicklung nicht zu rechtfertigen ist, und ruft die Verbraucher auf, gegen die Preiserhöhungen Widerspruch einzulegen.

Ich frage daher die Landesregierung: Sind diese Preiserhöhungen Ihrer Auffassung nach gerechtfertigt?

Bitte, Herr Wirtschaftsminister.

Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Abgeordneter Pohl, diese Frage kann ich von dieser Stelle aus nicht abschließend beantworten, weil gegenwärtig aufgrund der gravierenden Erhöhungen einschlägige angekündigte Prüfungen im Gange sind.

Zur Erläuterung vielleicht so viel: In der Tat haben die brandenburgischen Gasversorgungsunternehmen diese Erhöhungen angekündigt. Wir haben eine nach den unterschiedlichen Abnehmergruppen spezifizierte Übersicht darüber. Der Gaspreis folgt dem Ölpreis regelmäßig nach einem halben Jahr. Die Praxis der Ölpreisbindung ist seit Beginn der Erdgaslieferung an Deutschland grundlegender Vertragsbestandteil. Diese Verträge laufen über die Jahre 2005/2006 hinaus. Es ist international üblich, dass sich der Gaspreis ölpreisgebunden entwickelt. Nach Angaben des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle sind die aktuellen Grenzübergangspreise für Erdgas seit März 2004 kontinuierlich gestiegen. Im Juni lagen sie um 3,7 % höher. Seitdem ist der Preis weiter gestiegen und lag im Oktober 2004 bei 42,54 Euro pro Barrel. Die Ölpreisbindung ist natürlich - auch das muss angemerkt werden - keine Einbahnstraße. Wenn der Ölpreis fällt, folgt die Gaspreisentwicklung dieser Preisentwicklung ebenfalls.

Die einschlägigen Erfahrungen, die wir in den Jahren 1985 bis 2002 sammeln konnten, besagen, dass dieser Mechanismus in beide Richtungen funktioniert. Dennoch ist es so, dass die jetzige Entwicklung das Bundeskartellamt veranlasst hat, eine Preisprüfung vorzunehmen, also die Grundlagen dieser Preisbildung zu prüfen, und in diesem Zusammenhang auch die Gerechtfertigtheit der Ölpreisbindung in der jetzt vorhandenen Form auf den Prüfstand zu stellen.

Diese Entwicklung müssen wir ganz einfach abwarten. Wenn das Landeskartellamt selbstständig tätig würde, würde gegenwärtig jede Diskussion mit dem Hinweis auf die Ölpreisbindung und die Begründung der Preisentwicklung durch die Ferngasversorger enden.

Wenn jetzt das Bundeskartellamt in dem dreistufigen System der Ferngasversorger, der Regionalgasversorger und der städtischen Versorger die Grundlage für diese Preisentwicklung sprich: der Ferngasversorger - im grenzüberschreitenden Gasverkehr prüft, ist das ein Stück weit Voraussetzung für die Erhellung der Preisbildung in den „darunter liegenden“ regionalen und städtischen Versorgungsstrukturen.

Wir müssen abwarten, welche Ergebnisse die kartellrechtliche Untersuchung bringt. Wir sind aber - das sollen Sie wissen eng mit diesem Prozess verknüpft, beobachten diese Prüfung und Entwicklung sehr intensiv, denn es ist für uns im Land Brandenburg natürlich ein harter Faktor im Standort-KostenWettbewerb und natürlich auch eine Frage der Versorgungssicherheit und der Preisakzeptanz bei den Bürgern. - Danke schön.

Herr Minister, es gibt Nachfragebedarf. Herr Petke, bitte.

Herr Minister, der Abgeordnete Pohl hat den Finger in die Wunde gelegt. Die hohen Energiepreise führen bei den Privathaushalten zu Unmut. Sie führen aber auch zu Belastungen in der Wirtschaft. Nun wird oft vergessen, dass ein Großteil der Energiepreise durch Steuern und Abgaben bedingt sind. In Frankreich will man den Weg der Senkung der Mineralölsteuer, die bei uns Ökosteuer heißt, gehen. Wäre es ein diskussionswürdiger Ansatz, über Steuersenkungen in diesem Bereich zu einer Entlastung unserer Wirtschaft zu kommen?

Unbedingt. Das ist ja auch Teil der Diskussion um die Preise und der Auseinandersetzungen, die wir gegenwärtig zwischen den Bundesländern und der Bundesregierung führen. Um eine Zahl zu nennen: Mit dem Hinweis darauf, dass im Zeitraum von 1985 bis 2002 der Gaspreis um 3 % gesunken ist, muss man sagen: Wenn nicht noch die Steuer darauf gelegen hätte, wäre damals eine Senkung um 16 % realisiert worden. Die Auseinandersetzung um die steuerlichen Fragen ist ein breites Arbeitsfeld. - Danke.

Herzlichen Dank, Herr Minister. - Bevor wir zur nächsten Frage kommen, begrüße ich die 9. Klasse der Lindenhof-Gesamtschule in Stahnsdorf. Herzlich willkommen in unserer Runde und viele interessante Informationen für euch!

(Allgemeiner Beifall)

Die Frage 69 ist getauscht worden mit der Frage 60 (Auflö- sung der Sportfördergruppe der Bundeswehr in der Landes- hauptstadt). Der Abgeordnete Görke stellt sie.

Nach dem neuen Standortkonzept der Bundeswehr ist die Auflösung der Sportfördergruppe der Bundeswehr in der Landeshauptstadt vorgesehen.

Ich frage die Landesregierung: Welche Schlussfolgerungen zieht sie aus der Entscheidung des Ministeriums vor dem Hintergrund der Auswirkungen auf den Breiten- und Leistungssport im Land?

Herr Minister Rupprecht, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Görke, ich freue mich, dass diese Frage gestellt wurde. Sie werden auch gleich hören, warum.

Im Zuge der Veröffentlichung des Standortkonzepts der Bundeswehr ist bekannt geworden, dass die Sportfördergruppe der Bundeswehr in Potsdam mittelfristig aufgelöst werden soll. Wir haben intensiv versucht, auf eine Modifizierung hinzuwirken, dies vor allem deshalb, weil das Bundesverteidigungsministerium Mitte der 90er Jahre den dauerhaften Verbleib der Sportfördergruppe der Bundeswehr in Potsdam mehrfach zugesagt hat.

Die Zusage wurde im Zusammenhang mit der vom Bundesverteidigungsministerium vorgenommenen Schließung der Lehrgruppe C der Sportschule der Bundeswehr am Standort Potsdam gegeben. Daneben gab es auch sehr viele positive Äußerungen des Deutschen Sportbundes über die Bedingungen, unter denen die Athleten in Potsdam trainieren.

Unmittelbar nachdem die Entscheidung bekannt wurde, hat sich mein Haus bemüht, in Gesprächen mit dem Bundesministerium der Verteidigung, dem Bundeskanzleramt und dem Deutschen Sportbund die Hintergründe dieser Entscheidung zu erfahren. In diesem Zusammenhang ist uns mitgeteilt worden, dass sowohl das Bundesverteidigungsministerium als auch der Deutsche Sportbund den Erhalt einer Sportfördergruppe im Großraum Berlin-Potsdam befürworten.

Dies führte aufgrund der Tatsache, dass die Sportfördergruppe Berlin weitaus größer ist als die Sportfördergruppe in Potsdam, zunächst zu der Ihnen bekannten Entscheidung, die Sportfördergruppe in Potsdam aufzulösen. Mittlerweile habe ich erreichen können, dass die Existenz der Sportfördergruppe Potsdam zumindest bis zu den Olympischen Spielen 2008 in Peking gesichert ist. Das ist, finde ich, sehr erfreulich, da damit die Vorbereitung unserer Potsdamer Athleten auf die nächsten Olympischen Spiele gewährleistet ist.

Eine sachgerechte Lösung für die Zeit nach 2008 wird gegenwärtig in Gesprächen der Landesregierung mit dem Bundesministerium der Verteidigung und dem DSB sowie dem Landessportbund Brandenburg gesucht. Auch da, glaube ich, sieht es nicht so hoffnungslos aus wie zu Beginn.

Ich hoffe, das war eine erfreuliche Antwort. Sport frei!

(Beifall bei SPD und CDU)

Herzlichen Dank für diese positive Antwort, Herr Minister. Wir kommen zur Frage 70 (Kinderärztliche Versorgung), gestellt von der Abgeordneten Schier.

Laut einem Presseartikel hat das Ministerium für Bildung, Jugend und Sport darauf hingewiesen, dass es in Brandenburg immer weniger Kinderärzte gibt. Davon sind in erster Linie die strukturschwachen Randregionen betroffen. Bezüglich der hausärztlichen Versorgung sind solche Probleme bereits seit geraumer Zeit bekannt.

Ich frage daher die Landesregierung: Welche Möglichkeiten sieht sie, in Zusammenarbeit mit den Kreisen die sich anbahnende drastische Unterversorgung in der kinderärztlichen Betreuung möglichst zu vermeiden?

Herr Staatssekretär Alber, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach meinen Informationen bahnt sich in der kinderärztlichen Versorgung Brandenburgs keine allgemeine drastische Unterversorgung an, wie Sie in Ihrer Anfrage befürchten, Frau Schier. Im Gegenteil, nach den bundesweit festgelegten Versorgungskriterien sind alle Planungskreise Brandenburgs pädiatrisch sogar überversorgt. Das heißt, die regionale Einwohner-Arzt-Relation übersteigt den Richtwert um mehr als 10 %. Daher besteht gegenwärtig sogar eine Zulassungssperre für Kinderärzte.

Auch die Altersstruktur der niedergelassenen Kinderärzte gibt keinen Anlass, künftig einen Versorgungsmangel befürchten zu müssen. Berücksichtigt man bei dem aktuellen Versorgungsgrad nur die unter 60-jährigen Kinderärzte, ergeben sich lediglich in zwei Regionen Werte unter 100 %: in der Prignitz knapp 85 % und in Oberhavel gut 91 %. Allerdings beziehen sich diese Daten, planungsrechtlich zwar korrekt, auf Landkreise und kreisfreie Städte, sie berücksichtigen aber nicht die zweifelsohne vorhandenen Ungleichgewichte innerhalb dieser Regionen und die oft großen Entfernungen zwischen den Arztpraxen. Krankenkassen und Kassenärztliche Vereinigung beklagen das gleichermaßen.

Daher drängt die Landesregierung in der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Überprüfung der GKV-Organisationsstruktur in der Zulassungsverordnung auf Öffnungsklauseln, damit der vertragsärztliche Bedarf den unterschiedlichen regionalen Bedingungen besser angepasst werden kann. Wir werden diese Prozesse auch künftig aktiv moderierend begleiten und den dafür verantwortlichen Kassen und Landkreisen beratend zur Seite stehen. - Danke.

Herzlichen Dank, Herr Staatssekretär. - Wir sind damit am Ende der Fragestunde und kommen zum Tagesordnungspunkt 2:

Aktuelle Stunde

Thema: Brandenburg - 15 Jahre nach dem Fall der Mauer

Antrag der Fraktion der CDU

Wir eröffnen die Debatte mit dem Redebeitrag des Abgeordneten Lunacek.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Am 9. November vor 15 Jahren fiel die Mauer zwischen beiden deutschen Staaten. Mich haben vor wenigen Tagen einige Journalisten gefragt, warum wir als CDU heute dieses Thema auf die Tagesordnung setzen. Wir haben dieses Thema gewählt, weil es wichtig ist, sich zu erinnern, was damals war, und festzustellen, wo wir jetzt stehen, um daraus Kraft zu schöpfen für die Aufgaben, die vor uns liegen. Es ist wichtig, sich zu erinnern; denn das Bedrückende der Vergangenheit wird im Alltag oft vergessen und die DDR wird heute schon wieder oft glorifiziert; aber sie war nun wahrlich alles, nur nicht glorreich.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Meine Damen und Herren, wir haben gestern von Internierungs- und Isolationslagern gehört, die geplant waren, die glücklicherweise nicht realisiert wurden. Aber es gab politische Gefangene, es gab Folter, es gab Ermordete. Darauf wird mein Kollege Dombrowski noch eingehen.

Das Thema der heutigen Aktuellen Stunde wurde auch gewählt, weil wir uns mit dem beschäftigten sollten, was ich als Geschenk an uns Deutsche betrachte, die deutsche Einheit. Was war damals, vor 15 Jahren? Die Bürger verließen zu Zigtausenden das Land, Hals über Kopf. Sie ließen ihr Eigentum, ihre Habseligkeiten zurück. Sie wollten einfach nur raus in die Freiheit. In der DDR sah man keine Perspektive. Es hatte sich im Eisernen Vorhang - die SED nannte ihn „antifaschistischen Schutzwall“ - ein Loch aufgetan, eine Lücke und sehr viele sahen die Chance herauszukommen.

Ich selbst bin im Frühjahr 1989 geflohen, als ich im RIAS hörte, dass die Ungarn die Selbstschussanlagen an der ungarischösterreichischen Grenze abbauten. Das, dachte ich mir, war die Chance herauszukommen und die Gefahr würde damit etwas geringer werden.

Warum sind die Menschen damals Hals über Kopf weggegangen? Sie sind weggegangen, weil sie in der DDR keine Perspektive sahen. Ich dachte damals: Wenn du hier alt sein wirst, in 40 Jahren, ist weiterhin alles Grau in Grau. Die Mangelwirtschaft, die allgegenwärtige Ideologie, das ständige Offiziell-heuchelnMüssen wären schwer zu ertragen. Die Menschen wollten frei sein, frei reisen können, wohin sie wollten, sie wollten lesen und sehen können, was sie für richtig halten, und sie wollten, dass es ihnen besser geht. Sie wollten Chancen ergreifen.

Meine Damen und Herren, am Ende stand das, was ich als Geschenk der Geschichte an uns Deutsche bezeichne, die deutsche Einheit. Sie ist eine ganz logische Folge des Falls der Mauer; denn die Teilung war unnatürlich.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)