Protokoll der Sitzung vom 02.07.2009

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Die Abgeordnete Stark spricht für die SPD-Fraktion.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es dürfte zu den wenigen Ausnahmen gehören, dass ein Landesparlament über Gesetze befindet, die eigentlich schon mit der Föderalismusreform I vor drei Jahren in die ausschließliche Kompetenz des Bundesgesetzgebers gefallen sind. Für dieses vorliegende Meldegesetz gilt allerdings eine Übergangsregelung, von der wir für die Einrichtung des Landesmelderegisters Gebrauch machen wollen.

Mit der Einrichtung dieses Landesmelderegisters können wir Erleichterungen für staatliche Behörden schaffen. Diese Daten können zum Beispiel von Polizei, Gesundheitsämtern und anderen Behörden sowie Feuerwehren schnell und unbürokratisch jederzeit abgeglichen werden. Ich nehme ein Beispiel: Bei einem Feuerwehreinsatz ist es notwendig, auch nachts schnell herauszubekommen, wie viele Personen in dem brennenden Haus gemeldet sind. Mit diesem Landesregister kann auf diese Daten schnell zugegriffen werden, was in der derzeitigen Situation in den Kommunen so nicht möglich ist.

Gleichzeitig belassen wir die Aufgabe des Meldewesens grundsätzlich bei den Kommunen. Die Kommunen sind weiterhin für die Erhebung, Speicherung und Sicherung der Daten zuständig. Dies ist auch richtig, denn die Kommunen sind dichter am Bürger und benötigen diese Daten beispielsweise für Dienstleistungen und Bescheide.

Richtig ist, Herr Dr. Scharfenberg - da sind wir auch ganz nah beieinander -, dass Meldedaten natürlich sehr sensible Daten sind. Ich denke dabei nicht nur an die steuerrechtlichen Angaben. Frühere Wohnorte, Anschriften und vieles andere mehr finden wir in diesem Melderegister. Deshalb ist es wichtig, dass sich die Datenschutzbeauftragte auch in der Vergangenheit sehr intensiv und sehr stark für die Datensicherung in den kommunalen Meldebehörden eingesetzt hat. An dieser Stelle möchte ich mich persönlich bei Ihnen, Frau Hartge, ganz herzlich bedanken.

(Beifall bei der SPD)

Wie Sie wissen, setze ich mich seit Jahren hier im Landtag für einen besseren Schutz der Daten, für die Datensicherheit und für die Stärkung der Bürgerrechte ein. Im vorliegenden § 44 Meldegesetz steht, dass wir mit diesem Gesetz das Recht auf informationelle Selbstbestimmung einschränken. Wir werden also ein Grundrecht einschränken. Deshalb hat die SPD hier intensiv und sehr sorgfältig geprüft, ob die Speicherung der Daten auf dieser zusätzlichen Ebene wirklich nötig ist.

Grundsätzlich gilt das Gebot der Datensparsamkeit. Wir haben es uns nicht leicht gemacht. Sie haben Recht, Herr Kollege Dr. Scharfenberg, wir haben sehr lange beraten. Wir haben dazu intensive Gespräche geführt und angehört. Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass es möglich sein muss, dass gerade Sicherheitsbehörden schnell auf diese Daten zugreifen können. Deshalb unterstützen wir die Einrichtung dieses Landesmelderegisters.

Wir haben aber eingefordert - das ist auch ein wichtiger Eckpunkt dieser Gesetzgebung -, dass es nicht möglich ist, dass private Dritte auf dieses Landesmelderegister zurückgreifen. Es war uns wichtig, sicherzustellen, dass nicht Adressvermittler, Adressbuchverlage, Parteien - also andere private Dritte auf diese Daten, zum Beispiel Geburtsdaten unserer Bürgerinnen und Bürger, zugreifen können. Die SPD-Fraktion will nicht, dass die Herausgabe der privaten Daten durch ein Landesregister unterstützt wird. Darum haben wir das aus dem vorliegenden Gesetzentwurf gestrichen.

Kurz gesagt: Wir sind mit dem Gesetzentwurf, wie er jetzt nach langer Beratungszeit vorliegt, einverstanden und empfehlen Ihnen deshalb, diesem Gesetzentwurf zuzustimmen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei SPD und CDU)

Während der Abgeordnete Claus für die DVU-Fraktion an das Mikrofon tritt, begrüße ich unsere Gäste aus der Oberschule Luckenwalde. - Herzlich willkommen im Landtag Brandenburg und einen spannenden Nachmittag!

(Allgemeiner Beifall)

Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Was immer du tust, mache es klug und bedenke das Ende!

(Bischoff [SPD]: Ja!)

Dieses alte römische Sprichwort gilt heute wie vor 2 000 Jahren, insbesondere wenn man sich in einem Prozess des Bürokratieumbaus befindet, das heißt, wenn man auf der einen Seite massive Kosten einsparen und auf der anderen Seite die Kernbereiche staatlicher Verwaltung aufrechterhalten und zudem noch bürgerfreundlich gestalten möchte.

Dass dieser Spagat der Landesregierung vielfach nicht gelingt, lässt sich im Land Brandenburg an verschiedenen Stellen ablesen. Ein signifikantes Beispiel dafür, dass sich landesgesetzliche Novellierungen im Nachhinein als Rohrkrepierer erweisen, ist das Änderungsgesetz zum Brandenburgischen Meldegesetz aus dem Jahre 2005.

Bereits seinerzeit wurde die landesgesetzgeberische Möglichkeit geschaffen, dass die kommunalen Meldebehörden selbst Melderegisterauskünfte über das zentrale Onlineportal erteilen können. Jedoch haben die Meldebehörden hiervon nur wenig Gebrauch gemacht, sodass es im Wesentlichen bei einer regionalen, dezentralen Lösung geblieben ist, also bei den einzelnen Ämtern.

Weder Bürger noch sonstige private Stellen haben derzeit die Möglichkeit, Melderegisterauskünfte aus dem Bestand aller kommunalen Melderegister zentral bei einer Stelle bearbeiten zu lassen. Das führt vielfach dazu, dass mehrere Auskunftsersuchen nacheinander an verschiedene Meldebehörden gerichtet werden müssen. Das Ganze ist äußerst umständlich und auch noch mit hohen Verwaltungskosten verbunden.

Insofern ist der Ansatz des vorliegenden Gesetzentwurfs natürlich richtig, nämlich die Durchführung regelmäßiger Datenübermittlungen und die Erteilung einfacher Registerauskünfte per Onlineabruf neben den örtlichen Meldebehörden auch über den Landesbetrieb für Datenverarbeitung und IT-Serviceaufgaben zu ermöglichen.

Umso befremdlicher ist allerdings, sage ich mal, der Kunstgriff, der nun wieder gelungen ist, um den Zugriff zu den Landesbetrieben lediglich auf staatliche Stellen zu reduzieren. Frau Stark sprach es als positiv an; ich sehe das eher negativ. Da frage ich mich schon, meine Damen und Herren, wie sich das mit der Gesetzesbegründung verträgt, wonach die Bürger und auch die Wirtschaft von der vorliegenden Gesetzesänderung profitieren sollen. Wie soll das geschehen, wenn nur staatliche Stellen zugreifen dürfen?

Wir als DVU-Fraktion haben deshalb allen Grund, die Wirksamkeit des vorliegenden Gesetzentwurfes, meine Damen und Herren, zu bezweifeln. Es liegt der Verdacht nahe, dass es sich hier lediglich um einen weiteren hilflosen Versuch der Landesregierung handelt, uns Bürokratieabbau vorzugaukeln. - Ich bedanke mich.

(Beifall bei der DVU)

Der Abgeordnete Petke spricht für die CDU-Fraktion.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das vorliegende Dritte Gesetz zur Änderung des Brandenburgischen Meldegesetzes ist notwendig, unter anderem deswegen,

weil sich die Sicherheitslage geändert hat. Meine Vorredner sind darauf noch nicht eingegangen. Deshalb möchte ich das an dieser Stelle nachholen.

Mit den Anschlägen vom 11. September 2001 hatten wir auch in Brandenburg und in Deutschland eine Situation, bei der wir festgestellt haben, dass unsere Register, auch das Melderegister, so aufgestellt waren, wie sie damals aufgestellt waren, nämlich auf der kommunalen Ebene. Es war weder der Polizei noch anderen Sicherheitsbehörden möglich, schnell und zu jeder Tages- und Nachtzeit Meldeauskünfte zu bekommen. Da gab es ganz tatsächliche Schwierigkeiten.

Wir werden mit der Einführung des zentralen Melderegisters in Zukunft diese Schwierigkeiten eben nicht mehr haben. Die geänderte Sicherheitslage macht es notwendig, dass die Sicherheitsbehörden auf ein zentrales Melderegister zugreifen können. Insofern führt die jetzige Gesetzesänderung dazu, dass die Polizei und andere Sicherheitsbehörden ihren Aufgaben in Zukunft in Brandenburg besser und einfacher nachkommen können. Das ist wichtig, und es ist auch richtig, dass wir diesen Schritt jetzt konsequent so gehen.

Die angesprochenen datenschutzrechtlichen Belange sind in der Debatte natürlich ausreichend gewürdigt worden. Ich sage es so deutlich: Wir waren in der Debatte zu diesem Gesetzentwurf natürlich auch beeinflusst von dem Fehlverhalten in der privaten Wirtschaft, wenn es um Daten von Arbeiternehmerinnen und Arbeitnehmern ging. Das hat in der Debatte innerhalb der Koalition zu Recht eine Rolle gespielt. Ich kann versichern, dass durch die Gesetzesänderung die Belange der Menschen in Brandenburg, der Bürgerinnen und Bürger, nicht negativ beeinflusst werden. Wir gehen einen sehr konsequenten Weg, indem wir diese Daten nur staatlichen Stellen zur Verfügung stellen.

Was sind dann zum Beispiel ganz konkret diese staatlichen Stellen? Da geht es um den Aufbau - das wird, glaube ich, von keiner Partei im Landtag bestritten, dass das notwendig ist - eines zentralen Waffenregisters in Deutschland, sodass wir nach den Ereignissen von Erfurt und Winnenden zentral wissen, wie viele legale Waffen und wie viele legale Waffenbesitzer in Brandenburg registriert sind, sodass die Polizei zum Beispiel bei einem Einsatz in den Nachtstunden weiß, wenn sie zu einer Adresse gerufen wird, ob dort ein legaler Waffenbesitzer gemeldet ist oder ob bei dieser Adresse legale Waffen gelagert werden. Das alles machen wir jetzt mit der Einführung des zentralen Melderegisters möglich.

Aber natürlich wird die Frage des Datenschutzes immer wieder diskutiert. Das ist auch richtig so. Die jetzige Novellierung ist aus meiner Sicht nicht die letzte. Wir können zum Beispiel ins Auge fassen, dass wir in Zukunft Regel und Ausnahme in einem Fall ändern, wenn es zum Beispiel darum geht, ob ein Bürger, der sich in Brandenburg anmeldet oder ummeldet und dessen Daten gespeichert sind, möchte, dass diese Daten an Dritte weitergegeben werden.

Da ist es in der gegenwärtigen gesetzlichen Lage so, dass er dieses ausschließen kann, aber dass das die Ausnahme ist. Der Grundsatz, die Regel ist, dass die Daten an Dritte, also auch an Private, weitergegeben werden.

Ich setze mich dafür ein, dass wir in der neuen Legislaturperiode darüber diskutieren, ob wir dieses Regel-AusnahmeVerhältnis nicht umkehren, dass wir es also zur Regel machen,

dass Daten nicht weitergegeben werden. Wenn allerdings jemand ausdrücklich erklärt, dass er damit leben kann oder dieses wünscht, dann soll er es tun. - Das ist dann, glaube ich, der bessere, der konsequentere Weg.

Wir haben das jetzt so in das zentrale Melderegister nicht aufnehmen müssen, weil es die Datenweitergabe an Private überhaupt nicht vorsieht.

Insofern werbe ich um Zustimmung für die Gesetzesänderung. Sie ist aus sicherheitspolitischen Gründen notwendig und wird unter Beachtung aller datenschutzrechtlichen Aspekte vollzogen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU sowie vereinzelt bei der SPD)

Zum Abschluss der Debatte spricht Innenminister Schönbohm für die Landesregierung.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In der Tat ist von den Vorrednern deutlich gemacht worden, dass dieses Gesetz sehr intensiv erörtert wurde.

Ich glaube, bei einem solch wichtigen Gesetz, in dem es um Daten, um personenbezogene Daten geht, ist es auch angemessen, intensiv zu erörtern und Pro und Kontra abzuwägen. Ich sage einmal vorweg: Ich glaube, wir sind wirklich zu einem guten Ergebnis gekommen, mit dem all den Anforderungen, die an ein solches Gesetz gestellt werden müssen, auch entsprochen werden kann.

Worum geht es nun bei diesem Gesetz? - Der Gesetzentwurf ist die Rechtsgrundlage für die Errichtung und den Betrieb eines Landesmelderegisters als Auskunftsregister für Onlineabfragen von Behörden und dazu befugten öffentlichen Stellen. Dies ist ein wichtiger Baustein in der E-Government-Strategie des Landes, da das Landesmelderegister die bestehende Lücke zwischen den kommunalen Melderegistern und den verschiedenen Empfängern von Meldedaten schließt.

Um aktuelle Einwohnermeldedaten zu erlangen, müssen die Behörden und sonstigen öffentlichen Stellen gegenwärtig ihre Anfragen jeweils an die örtlich zuständige Meldebehörde richten. Die Abwicklung der Anfragen kann nur bei wenigen der insgesamt 198 Meldebehörden im Land im Onlineverfahren vorgenommen werden. Überwiegend werden Meldeauskünfte für Behörden noch immer im schriftlichen Verfahren, während der Bürodienstzeiten telefonisch oder durch Vorabsprache bearbeitet.

Die Errichtung eines Landesmelderegisters wird das Auskunftsverfahren daher für alle beteiligten Stellen erheblich erleichtern. Dies ist eine wesentliche Verbesserung für alle. Von der Einrichtung werden nicht nur die Behörden und Organisa

tionen mit Sicherheitsaufgaben erheblich profitieren. Die Möglichkeiten, aktuelle Meldeanschriften schnell und jederzeit auf elektronischem Wege zu erlangen, ist für alle Verwaltungsbereiche, insbesondere für die Leistungs-, Gesundheits- und Sozialverwaltung, eine wesentliche Erleichterung in allen Verfahrensabläufen.

Die aktuellen Einwohnerdaten aus allen 198 kommunalen Melderegistern werden den berechtigten Behörden zentral und rund um die Uhr beim brandenburgischen IT-Dienstleister für den Onlineabruf zur Verfügung gestellt. Nach dem Willen des Gesetzgebers wird das Landesregister privaten Personen und Stellen für Meldeauskünfte nicht zur Verfügung stehen. Diese Anfragen werden weiterhin von den kommunalen Meldebehörden beantwortet.

Es ist erfreulich, dass wir nach diesen intensiven Beratungen zu einem gemeinsamen Ergebnis gekommen sind. Ich möchte Sie bitten, dem Gesetzentwurf zuzustimmen.

(Beifall bei CDU und SPD)

Vielen Dank. - Wir kommen zur Abstimmung über den vorliegenden Gesetzentwurf bzw. die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres in der Drucksache 4/7725. Wer dem Folge leisten möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Gibt es Stimmenthaltungen? - Bei einigen Stimmenthaltungen und Gegenstimmen ist das Gesetz mehrheitlich so angenommen worden.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 4 und rufe Tagesordnungspunkt 5 auf:

Gebührengesetz für das Land Brandenburg (GebGBbg)