Protokoll der Sitzung vom 31.10.2002

Jetzt haben Sie leider zu meiner zweiten Teilfrage, was die Investoren am Alexanderplatz dazu gesagt haben, gar nichts gesagt.

Des Weiteren interessiert mich, ob sich damit der Senat und insbesondere auch Sie vom Leitbild der polyzentrischen Stadt verabschiedet haben.

Herr Senator Strieder!

Die TLG hat sich bei uns gemeldet, als sie die Zeitungsberichte hörte. Dort war von 80 000 qm die Rede. Darauf bezog sich ja auch die Frage von Frau Hämmerling mit der Unterstellung eines Megastandortes. Ich sage noch einmal: 80 000 qm brutto führen zu 30 000 bis 32 000 qm

wirklicher Verkaufsfläche, um die es dabei geht. Insofern ist es ein ganz vernünftiges Projekt.

Der zweite Punkt ist, dass wir der TLG gesagt haben, sie sei nun gerade nicht der richtige Partner, der uns Vorwürfe machen könnte über Planungen am Alexanderplatz. Denn die TLG hat erklärt, dass sie in dieser Runde der Investoren nicht dabei ist, wenn die Hochhäuser realisiert werden. Dass es am Alexanderplatz endlich vorangeht, dafür ist auch die "Banane" eine Initialzündung, denn das gehört mit zum Areal des Alexanderplatzes. Am Alexanderplatz steigen täglich 150 000 Menschen zu oder um. Es gibt in Berlin ein großes innerstädtisches Einzelhandelzentrum, das ist Tauentzien und Kurfürstendamm. Und es gibt ein Gegengewicht, das ist der Alexanderplatz. Wir reden immer über die Urbanisierung und Vitalisierung der Innenstadt. Wenn denn nun innerstädtischer Einzelhandel überhaupt einen Sinn macht, dann natürlich am Alexanderplatz als einem wesentlichen Zentrum, insbesondere für den Ostteil der Stadt. Aber natürlich bedeutet das nicht, dass alle Leute statt in der Schlossstraße oder in der Karl-Marx-Straße oder am Hermannplatz oder in Tegel zum Alexanderplatz fahren und dort einkaufen gehen. Das ist doch eine absurde Annahme in einer 3,5-MillionenStadt.

Das heißt also, wir wollen das Gewicht im Ostteil der Stadt stärken an diesem innerstädtischen hervorragenden Standort, wollen natürlich Einzelhandel machen. Was denn sonst? - Sollen dort etwa irgendwelche toten Büros hin oder Spielhallen oder Tennisplätze? - Nein, in eine Stadt und an einen Bahnhof wie den Bahnhof Alexanderplatz gehört Einzelhandel hin. Das ist ein wesentliches Gerüst der Entwicklung des gesamten Alexanderplatzes.

Dann ist der Abgeordnete Pape von der Fraktion der SPD mit einer Frage dran. - Bitte schön, Herr Kollege!

Es geht gleich weiter mit einer Frage an Senator Strieder in seiner Eigenschaft als Verkehrssenator. Thema ist der Großversuch in der Moabiter Beusselstraße. Herr Senator, lässt die Aufstellung von Bedarfsampeln, also mobilen Ampeln, zusätzlich zu den dort fest installierten, mit aufwändiger Verkabelung, darauf schließen, dass der Versuch jetzt doch so weitergeführt wird wie ursprünglich geplant, nämlich durch einen abschließenden Versuch, durch Ampelschaltungen den Verkehr dort zu beruhigen? Oder wird, wie den Zeitungen zu entnehmen war, der Versuch mit den bisher gelaufenen Phasen auf Grund mangelnder finanzieller Mittel so beendet?

Herr Senator Strieder!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter! Das Projekt "Heaven" war ein Projekt, mit dem wir testen wollten, wie wir den Verkehrslärm in besonderen Wohngebieten reduzieren können - auch im Vergleich mit anderen europäischen Städten. Dazu gab es die Tempobeschränkung auf der Beusselstraße, es gab das Nachtfahrverbot für Lkws. Vorgesehen waren auch besondere Ampelschaltungen, die das Einfahren in die Beusselstraße erschweren und damit zu einer Verkehrsreduktion in dieser belasteten Straße beitragen.

Diese letzte Möglichkeit ist nicht realisiert worden in dem Versuch. Er ist vor kurzem abgeschlossen worden. Er wird jetzt ausgewertet. Und im Dezember werden die Ergebnisse vorliegen. Die Ampeln, die Sie dort jetzt vorfinden, Herr Abgeordneter, sind mobile Ampeln, die die Vorbereitung darstellen für den Umbau der Kreuzungen mit neuen Ampeln. Die Ampeln, die dort angebracht sind, sind 30 Jahre alt und müssen ersetzt werden. Das hat also nichts mit dem Versuch zu tun, der bereits abgeschlossen ist.

Herr Kollege Pape hat eine Nachfrage. - Bitte!

Wenn der Versuch jetzt abgeschlossen ist und wie Sie sagen, im Dezember die Ergebnisse vorliegen, beabsichtigen Sie dann auch, vor Umsetzung gewisser Schlussfolgerungen mit den dort ansässigen Bewohnerinnen und Bewohnern diese Ergebnisse in geeigneter Weise zu diskutieren? Und wie wird diese Diskussion unter Umständen von Ihnen vorbereitet? Wie wird das aussehen?

Herr Senator Strieder!

Selbstverständlich, Herr Abgeordneter, werden wir die Ergebnisse des Versuchs auch mit den Anwohnern und unmittelbar Betroffenen diskutieren, so wie wir das in der Vergangenheit auch mit anderen getan haben. Wir haben ja gerade für diesen Versuch eine Arbeitsgruppe gebildet, in der unter anderem auch die IHK vertreten war, um gemeinsam zu besprechen, wie wir mit Lkw- und Wirtschaftsverkehr in der Stadt umgehen können, um weniger Lärm durch die großen Fahrzeuge in Wohngebieten zu haben. Das ist ganz selbstverständlich, dass wir bei weiteren Maßnahmen dort mit der Bevölkerung unmittelbar beraten, welche Maßnahmen das sein

werden, mit denen die Bevölkerung auch dort gehalten werden kann, und wie die Zufriedenheit mit dem Wohnquartier verbessert wird.

Danke schön! - Dann ist der Kollege Hahn mit einer Frage dran. Bitte, Herr Hahn!

Auch ich frage Herrn Senator Strieder. Nachdem wir gestern im Ausschuss für Stadtentwicklung mit aller Deutlichkeit vom neuen Betreiber erfahren haben, dass das Sekundärrohstoffverwertungszentrum SVZ Schwarze Pumpe mit seiner derzeitigen Technik für die Abfallentsorgung Berlins vollkommen ausfällt und mit einer ganz neuen Technik nie zu für Berlin verträglichen Preisen wird arbeiten können, frage ich Sie, Herr Senator: Trifft es zu, dass für die alte, offensichtlich untaugliche Technik insgesamt bis zu 1 Milliarde DM an Investitionskosten in den märkischen Sand gesetzt wurden, und wer hat diese letztlich getragen?

Herr Senator Strieder!

Das Land Berlin selbst, Herr Abgeordneter, unterhält keine Müllbehandlungsanlagen. SVZ Schwarze Pumpe war ein Tochterbetrieb der Wasserbetriebe. Die Wasserbetriebe haben diese Investition vorgenommen. Ich kann Ihnen über die Höhe der Investition nichts sagen, da ich keinerlei Fachaufsicht über die Wasserbetriebe habe und nicht über Informationen aus deren Aufsichtsrat verfüge.

Herr Hahn, eine Nachfrage? - Bitte!

Herr Senator! Die Wasserbetriebe waren ein öffentliches Unternehmen oder sind es zur Hälfte ja immer noch. Wer hat denn dafür Sorge getragen und darüber Aufsicht geführt, dass es hier nicht zu derartigen Fehlinvestitionen hätte kommen können?

[Gaebler (SPD): Pieroth!]

Herr Senator Strieder!

Es ist eine Beteiligung des Landes Berlin. Beteiligungen des Landes Berlin werden jeweils von der Finanzverwaltung gehalten und verwaltet, und dort wird auch entsprechend Einfluss genommen. Aktive und ehemalige Finanzsenatoren, die auch hier im Raum sind, können Ihnen da sicher nähere Auskunft geben.

[Heiterkeit]

Danke schön, Herr Senator!

Dann hat der Kollege Buchholz von der Fraktion der SPD eine Frage. - Bitte, Herr Kollege Buchholz!

Vielen Dank, Herr Präsident! - Herr Senator Strieder, Sie sind heute sehr gefragt, auch meine Frage richtet sich an Sie. - In den letzten Tagen war in Tageszeitungen mehrfach von einer eventuellen Abschaffung der Biotonne in Berlin zu lesen. Wie steht der Senat zu diesem Vorschlag der BSR? Haben Sie bereits die ökologischen und die wirtschaftlichen Vor- und Nachteile der getrennten Sammlung des Biomülls im Berliner Stadtgebiet geprüft?

Herr Senator Strieder!

In der Tat, Herr Abgeordneter, gibt es die Debatte auch in der BSR und bei uns, ob die Beibehaltung der Biotonne in einem so verdichteten innerstädtischen Gebiet wie Berlin wirklich sinnvoll ist. Das muss im Einzelnen noch geprüft werden. Die Alternative wäre allerdings nicht, wie einige annehmen, dass der Biomüll dann nicht mehr behandelt und einfach nur verbrannt werden würde, sondern die Alternative wäre, dass die niederkalorische Fraktion - so heißt das technisch -, also auch der Biomüll, in einer Anlage vergoren wird und dann das Produkt dieses Vergärungsprozesses als Kompostierung in der Landwirtschaft eingesetzt werden kann. Das würde nur bedeuten, dass das getrennte Einsammeln von Grünabfällen aus der Küche unterlassen wird. Das hat den Vorteil, dass es natürlich sehr viel preiswerter ist, weil man keine Extratour immer nur für die Biotonne fahren muss.

Als privater Verbraucher sage ich, dass ich immer wieder das Erlebnis habe, wenn ich als Mieter zu der Biotonne im Hof gehe: Aha, die Wüste lebt! Man könnte auch sagen, es ist ziemlich eklig, sich diese Fliegen, Maden und dergleichen mehr anzutun.

[Frau Senftleben (FDP): Das wusste man auch vorher schon!]

Ich persönlich glaube nicht, dass die getrennte Einsammlung von Bioabfällen in einer Stadt wie Berlin der Weisheit letzter Schluss ist. Ich glaube, dass es sinnvoll ist, dies an den Stadtrandgebieten zu machen. Ich sagen auch den Bürgerinnen und Bürgern, die einen Garten

haben: Die Eigenkompostierung ist etwas Sinnvolles. Aber in hoch verdichteten innerstädtischen Gebieten sollten wir ernsthaft prüfen, ob wir nicht auf die getrennte Einsammlung des Bioabfalls verzichten können.

[Beifall bei der SPD]

Danke schön, Herr Senator! - Eine Nachfrage des Kollegen Buchholz. - Bitte!

Herr Senator! Sollte es zu dieser Einstellung kommen, wann wäre frühestens mit einem Wegfall der braunen Tonnen bei der Hausmüllsammlung zu rechnen?

Herr Senator Strieder! - Bitte!

Das kann ich Ihnen nicht im Einzelnen beantworten. Das müssen wir mit den organisatorischen Gegebenheiten bei der BSR abklären. Aber wenn man schon zu so einem Schluss kommt, sollte man es vor den Sommermonaten des nächsten Jahres hinbekommen. Wenn es also warm wird und viele Fliegen gibt, wollen wir nicht mehr zu dieser Mülltonne hingehen, sondern machen es wieder so wie früher. Das ist hygienischer.

Danke schön, Herr Senator. - Das war die Spontane Fragestunde. Darf ich mir aus gegebenen Anlass diese Bemerkung erlauben: Bei der Spontanen Fragestunde muss immer ein bestimmter Senator gefragt werden. Wir haben es heute zweimal erlebt, dass offenkundig der gefragte Senator nicht zuständig gewesen ist und auch zur Sache selbst keine Auskunft geben konnte. Wenn die Kolleginnen und Kollegen das merken, bitte ich, auf eine Nachfrage zu verzichten. Ansonsten werde ich mich künftig gezwungen sehen, das Wort zu einer Nachfrage an einen unzuständigen Senator nicht mehr zu erteilen. Aber Sie können das ja selbst immer beurteilen.

Dann rufe ich auf

lfd. Nr. 2:

Aktuelle Stunde zum Thema „Der Solidarpakt - notwendige Weichenstellung für die Zukunft der Stadt"

Dazu rufe ich auf

Drucksache 15/901:

Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion der PDS auf Annahme einer Entschließung über beschäftigungs- und tarifpolitische Ziele des Landes Berlin zur Wiederaufnahme der Solidarpaktgespräche

Für die erste Runde liegen die Wortmeldungen vor, und zwar für die SPD der Kollege Müller. - Herr Fraktionsvorsitzender, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Thema Staatsvertrag ist natürlich auch sehr wichtig und aktuell, Herr Präsident, aber so aktuell wie heute war eine Aktuelle Stunde mit ihrem Thema schon lange nicht mehr. Ich glaube, auch viele Berlinerinnen und Berliner erwarten klare Aussagen von allen Fraktionen, wie wir zu dem Thema Solidarpakt stehen.