Protokoll der Sitzung vom 30.10.2003

Frau Kubala erhält das Wort zu einer Nachfrage. – Bitte!

Meine Frage kommt sofort. – Es gibt das Koalitionsziel, Kollektorflächen auf die Dächer Berlins zu bringen, auf Neubauten – wenn auch nur sehr wenige –, aber auch auf Altbauten. Wie wollen Sie dieses gemeinsame Ziel von SPD und PDS umsetzen?

Ich bin mir nicht sicher, ob wir alle wissen, was eine Kollektorfläche ist.

Wenn eine Solarverordnung so toll wäre, wie Sie meinen, Frau Kubala, dann hätte Ihr Kollege, Herr Trittin, kein Energiegesetz gemacht, sondern eine Solarverordnung. Er hat das aber nicht getan, weil er weiß, dass sie nichts bringt und man den Klimaschutz anders besser vorantreiben kann.

[Cramer (Grüne): Nur Herr Strieder ist toll!]

Danke schön, Herr Senator! – Frau, Kubala, ich habe nur nach dem Begriff gefragt, weil ich an den Gesichtern der Kolleginnen und Kollegen gesehen habe, dass das nicht verstanden wurde.

Präsident Momper

Das ist völlig klar und bedarf keiner gesonderten Regelung für den Leiter einer einzelnen Einrichtung. Selbstverständlich ist wissenschaftliches Arbeiten und Publizieren außerordentlich erwünscht, sofern es den Gegenstand der Tätigkeit betrifft, die im öffentlichen Interesse und Amt ausgeübt wird. Für Komplexe, die außerhalb der Tätigkeit liegen, gibt es im Rahmen der Nebentätigkeitsverordnung entsprechende Regularien. Es gibt keinerlei Beschränkungen. Insofern geht Ihre Frage ins Leere. Es gelten die Grundsätze, die auch für andere Leiterinnen und Leiter von Instituten gelten. Das betrifft

natürlich auch das Neutralitätsgebot und das Gebot zur Mäßigung im Amt eines Leiters einer öffentlichen Gedenkstätte.

Meine Frage richtet sich an Senator Böger: Wie wahrscheinlich ist die in der Koalitionsvereinbarung festgeschriebene Einführung der Kitacard angesichts der Tatsache, dass die Kriterien für die Bewilligung – insbesondere der Betreuungsumfang – von Kitaplätzen in den Bezirken erheblich variieren, dass die Übertragung von öffentlichen Kitas nicht vorankommt und dass die Träger von öffentlichen Kitas immer noch die bezirklichen Jugendämter sind?

Herr Präsident! Herr Abgeordneter! Die Koalitionsvereinbarung zwischen PDS und SPD bleibt die entscheidende Zielorientierung. Die Zielbestimmung, die wir dort vorgenommen haben und die Sie mit der Kitacard skizziert haben, bleibt bestehen. Ich gebe Ihnen aber in einem Punkt Recht: Da bleibt noch sehr viel zu tun.

Jetzt ist der Kollege Wolfgang Wieland mit einer Frage an der Reihe. – Bitte!

Ich habe eine Frage an Senator Flierl: Trifft die Meldung der aktuellen Ausgabe des „Spiegels“ zu, wonach Sie dem Leiter der StasiGedenkstätte in Hohenschönhausen, dem Historiker Hubertus Knabe, eine Abmahnung zugesandt haben, weil dieser es sich erlaubt hat, als Wissenschaftler zu möglichen oder tatsächlichen Stasi-Verstrickungen Ihres Parteivorsitzenden Lothar Bisky Stellung zu nehmen?

Bitte, Herr Senator Dr. Flierl!

Verehrter Herr Wieland! Das trifft nicht zu. Es gab vor einem Jahr ein Gespräch, in dem Kritik an der Amtführung von Herrn Knabe – keineswegs die von Ihnen angesprochenen Fälle betreffend – geäußert wurde. Das war noch in der Zeit, als Frau Tebbe Staatssekretärin war.

Sie spielen darauf an, dass ich eine Frage des „Spiegels“ beantwortet habe, nach welchen Grundsätzen Leiterinnen und Leitern von Gedenkstätten ihre Arbeit zu leisten hätten. Unter deutlichem Ausschluss von einzelnen Personalangelegenheiten habe ich daraufhin Grundsätze formuliert. Die Vermutung des „Spiegels“, es habe in diesem Zusammenhang eine Abmahnung gegeben, ist falsch.

Sie haben eine Nachfrage, Herr Wieland? – Bitte!

Dann muss der „Spiegel“ Sie gründlich missverstanden haben. Die Frage ist: Was sind das für Grundsätze? – Herr Knabe ist ein ausgewiesener Forscher, wenn es um die Unterwanderung der Bundesrepublik – alt – durch die Stasi geht. Auch wenn man ansonsten möglicherweise anderer Meinung sein kann als er, ist seine Kompetenz auf diesem Gebiet meiner Ansicht nach noch nie bestritten worden. Welche Möglichkeit hat er – aber auch andere Wissenschaftler, zu denen beispielsweise auch Universitätsprofessoren gehören – sich als Wissenschaftler zu diesem Komplex zu äußern?

Bitte, Herr Senator Dr. Flierl!

Danke schön, Herr Senator!

Dann erhält der Kollege Dr. Augstin das Wort zu einer weiteren Frage. – Bitte!

Bitte, Senator Böger!

Wir haben heute schon mehrfach über die Zuständigkeiten gesprochen. Wenn ich das unmittelbar zusammen mit diesem Parlament gestalten könnte, wären wir ein Stück weiter.

Danke schön, Herr Böger – Eine Nachfrage von Herrn Dr. Augstin liegt nicht vor.

Dann haben wir keine Nachfrage mehr, weil die Zeit abgelaufen ist, und die spontane Fragestunde hat damit für heute ihr Ende gefunden.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 2:

Aktuelle Stunde

Hochschulen sind keine rot-roten Sparschweine! Senatspolitik schadet dem Wissenschaftsstandort Berlin!

Antrag der FDP

lfd. Nr. 41:

Vorlage – zur Beschlussfassung –

Abschluss von Hochschulverträgen gemäß Artikel II § 1 Abs. 1 und 4 des Haushaltsstrukturgesetzes 1997

Vorlage – zur Beschlussfassung – Drs 15/2085

Wortmeldungen in der ersten Runde bis zu 10 Minuten pro Fraktion liegen vor von dem Kollegen Schmidt für die

Präsident Momper

Doch nun zum eigentlichen Thema. Verbunden mit der Aktuellen Stunde ist u. a. die Vorlage – zur Beschlussfassung – über die Hochschulverträge, und da stehen die 75 Millionen € Einsparung im Raum, die bis 2009 erbracht werden sollen. Auf Grund dieser Vorgaben haben alle drei Universitäten bereits Berechnungen durchgeführt. Humboldt-Universität und Freie Universität sind zu dem Ergebnis gekommen: Wenn die Einsparungen so kommen, wie sie sie erwarten, werden jeweils 3 000 Studienplätze abgebaut, und 500 Mitarbeiter müssen eingespart werden. Die TU kam zu dem Ergebnis: 4 500 Studienplätze und ungefähr 600 bis 700 Mitarbeiter müssten eingespart werden. Damit ist klar: Das Ziel von 85 000 ausfinanzierten Studienplätzen ist überhaupt nicht mehr zu halten. Und es ist verständlich, dass Koalition und Senator daraufhin äußerst nervös geworden sind. Jedoch sah der Kommentar nicht so aus, wie man ihn

erwarten würde. Man zog sich auf die Position zurück, dass es noch gar keine Grundlage für die Berechnung der Universitäten gebe, dass es reine Horrorzahlen aus PRGründen seien und andere Einsparmöglichkeiten existierten, die konkrete Eingriffe in die Lehre nicht notwendig machten. Da muss ich wirklich sagen, Herr Senator Flierl, ich finde es unseriös und geradezu unanständig, dass Sie durch die Stadt laufen und den Eindruck erwecken, dass die Einsparung von 75 Millionen € zum Großteil in der Verwaltung der Universitäten zu erbringen sei und dass die Auswirkungen auf Forschung und Lehre kaum Einfluss hätten.

Das ist eine Frage des politischen Stils, der so überhaupt nicht angemessen ist. Im letzten Wissenschaftsausschuss haben Sie immerhin zugeben, dass ab 2006 tatsächlich 85 000 Studienplätze nicht gesichert sind. Das ist vielleicht schon ein Fortschritt, aber nur ein äußerst kleiner.

(D

Nun zur Einsparvorgabe und der Höhe selbst. Es ist – das haben wir im Rahmen einer Anhörung im Wissenschaftsausschuss erfahren – der Kennzahlenvergleich der norddeutschen Bundesländer im Rahmen der HISStudien, und man muss zu dem Zahlenwerk sagen, die Daten sind äußerst fragwürdig. Wenn man sich einzelne Werte und die Abweichungen ansieht, die zwischen den einzelnen Hochschulen angegeben sind, dann weiß ich nicht, wie man daraus eine Planung für die Berliner Universitäten machen soll, die wirklich belastbar ist. Die Berliner Hochschulen rangieren im bundesweiten Vergleich an der Spitze, und deshalb können wir uns nicht mit einem Vergleich, bei dem kleine mit den großen Berliner Universitäten verglichen werden, zufrieden geben, sondern müssen andere Vergleichsmaßstäbe setzen, denn sonst vergleichen wir Äpfel mit Birnen. Was wir damit gewinnen, ist eigentlich gar nichts, sondern wir schaden eher den Hochschulen.

Fraktion der FDP. – Bitte, Herr Schmidt. Sie haben das Wort!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! In den letzten Jahren haben Berlins Hochschulen beachtliche Einsparleistungen hinter sich gebracht. Auch seit 2001 sind sie vor diesen nicht verschont geblieben. Ich will ein paar Punkte aus den letzten zwei Jahren aufgreifen, mit denen sich Wissenschaftspolitik hier in der Stadt beschäftigen musste. Das ist zum einen ein äußerst fragwürdiges Gutachten, erstellt durch Roland Berger, bei dem die Universitäten in keiner Weise an der Datenerhebung beteiligt wurden, und in der Gestalt sind natürlich auch die Daten in diesem Gutachten ausgefallen. Ergebnis war: Es gäbe 200 Millionen € an Einsparpotential.

Ein weiterer Punkt war der Nachtragshaushalt 2003 und dort die Diskussion um die Abschöpfbarkeit der Tarifvorsorge aus den Hochschulverträgen von HumboldtUniversität, Freier Universität und Technischer Universität. Da hieß es zuerst, die Universitäten hätten der Abschöpfung zugestimmt, dann stellte sich nach mehrmaligem Hin und Her heraus, dem ist gar nicht so, und der Senat konnte sich nur auf die Position zurückziehen, er hoffe, mit den Universitäten in der Frage eine Einigung zu erreichen.

Ein weiterer Punkt ist die kleine Novelle des Berliner Hochschulgesetzes. Sonst ist es eigentlich üblich, dass die Betroffenen an Gesetzesprojekten im Vorfeld beteiligt werden. Da wurde es nicht so gemacht.

Ich muss sagen, ich habe in der Zeit, in der ich hier Abgeordneter in diesem Hause bin, in keinem anderen Politikfeld, welches ich betreue, bereits so viele Beschwerdebriefe von den Betroffenen wie aus dem Bereich der Hochschulpolitik bekommen, und das zeigt: Da läuft einiges falsch, und hier sollte der Senat auch dringend umsteuern und einen fairen Umgang mit den Hochschulen üben.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei den Grünen]

[Beifall bei der FDP]

[Beifall bei der FDP]