Protokoll der Sitzung vom 25.11.2004

Herr Abgeordneter Steuer! Es steht Ihnen immer frei, als Abgeordneter eine Initiative zu starten oder – wenn das so sicher ist – einen Gruppenantrag für alle Fraktionen einzubringen. Wenn Sie das hinbekommen: À la bonheur! – Aber bei dem Gedanken „große Koalition“ zuckt die PDS sowieso zusammen – von früher her. Das haben die gar nicht gern.

[Bm Wolf: Die ganze Stadt!]

Nein, das glaube ich nicht! – Nein! Also das Problem ist etwas tiefschichtiger, und ich glaube, das wissen Sie auch exakt. Im Übrigen ist ein Parlament immer frei, so etwas zu tun. Ich habe neulich schon einmal einen gruppenübergreifenden Antrag in einer banalen, nicht so schwergewichtigen Frage sofort exekutieren müssen. Wenn Sie einen solchen Antrag hinbekommen, wird der Senat sich immer danach richten, was das Parlament in seiner Mehrheit beschließt.

[Niedergesäß (CDU): Sie sollten die Frage beantworten!]

Das Wort zur nächsten Spontanen Frage hat Frau Freundl für die Fraktion der PDS. – Bitte!

Ich frage Senator Wolf zur Situation der so genannten Nichtleistungsempfangenden. Das sind Personen, die auf Grund der Hartz-IV-Gesetz

Das ist für die Betroffenen ausgesprochen schwierig. Da kann man hoffen, dass das nicht das letzte Wort in den Verhandlungen ist. – Ich

möchte eine weitere Frage anschließen: Wer bezahlt für die künftigen Nichtleistungsempfangenden die Krankenversicherungsbeiträge ab Januar, insbesondere dann, wenn sie in Bedarfsgemeinschaften leben, also die Möglichkeit einer Familienversicherung nicht besteht?

Das wird nach der Gesetzeslage und dem Gesetzestext nach meiner Einschätzung so sein, dass die Krankenversicherungspflicht – solange da keine Familienversicherung besteht oder bestehen kann, weil es z. B. keine Ehe gibt, sondern ein reines Partnerschaftsverhältnis innerhalb der Bedarfsgemeinschaft – aus dem Partnereinkommen finanziert werden muss, es sei denn, dass durch die Krankenversicherungspflicht wieder eine Anrechnung entsteht und dadurch jemand wieder in den Leistungsbezug kommt. Erst einmal gibt es keine Erstattung für die Krankenversicherungspflicht, sondern sie müssen von der Bedarfsgemeinschaft, sprich aus dem Partnereinkommen, getragen werden.

Danke schön, Herr Senator Wolf!

gebung ab dem 1. Januar des nächsten Jahres keine Leistungen mehr erhalten, obwohl sie arbeitslos sind. In den letzten Wochen gab es Anzeichen dafür, dass das zuständige Bundesministerium sich dafür stark machen wollte, dieser Personengruppe reale Chancen auf aktive Arbeitsmarktpolitik einzuräumen. Hat sich die Arbeitsministerkonferenz mit diesem Sachverhalt beschäftigt? Wenn ja, mit welchem Ergebnis?

Bitte schön, Herr Senator Wolf!

Verehrte Frau Freundl! Auf der Arbeitsministerinnen- und -ministerkonferenz gab es eine Diskussion zum Stand der Umsetzung von Hartz IV und zur Arbeitsmarktpolitik generell. In diesem Zusammenhang habe ich auch dieses Thema der Nichtleistungsempfangenden aufgerufen, das zu einem wesentlichen Teil Menschen betrifft, die wegen der Anrechnung von Partnereinkommen aus dem Leistungsbezug herausfallen. Das werden überwiegend Frauen sein.

Dazu habe ich die Frage gestellt, inwieweit hier eine Regelung getroffen werden könne, dass dieser Personenkreis in den Genuss von Leistungen der aktiven Arbeitsmarktpolitik kommen könnte. Ich habe die Bereitschaft der Länder erklärt, dabei auch über Kofinanzierung nachzudenken. Es gab sowohl von Seiten des Bundesarbeitsministeriums als auch von Seiten des Vorstands der Bundesagentur für Arbeit die Antwort, dieses sei im Gesetz so nicht vorgesehen, bzw. es gebe die Möglichkeit von Eingliederungsleistungen nach dem SGB III.

Damit wurde allerdings klar meine Befürchtung bestätigt, dass in der realen Umsetzung bei der Agentur für Arbeit vor allen Dingen diejenigen berücksichtigt werden, denen passive Leistungen, also Arbeitslosengeld II, gezahlt werden muss, und nicht der Personenkreis – so Bundesarbeitsministerium und Bundesagentur für Arbeit –, für den man dann keine Kosten habe. Für diese Personen nimmt man keine Kosten für Eingliederungsleistungen auf sich.

Das heißt, es ist von der Bundesagentur für Arbeit noch einmal strikt und restriktiv gehandhabt und gesagt worden, dass dies zwar im Einzelfall möglich sei, dass man aber keine generelle und über die gegenwärtige Regularien hinausgehende Regelung zu treffen beabsichtige. Das steht im Widerspruch zu den Signalen, die wir bislang aus der Arbeitsebene vom Bundesarbeitsministerium hatten. Doch auf der Bundesarbeitsministerkonferenz war dies eine sehr klare und deutliche Aussage.

Danke schön, Herr Senator Wolf! – Jetzt hat Frau Freundl das Wort für eine Nachfrage. – Bitte!

Herr Senator Wolf – bitte!

Jetzt ist Herr Ratzmann von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen dran und hat das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident! – Ich habe eine Frage an Frau Schubert, die Ihren heutigen Auftritt auf der Justizministerkonferenz betrifft. Und ich schicke es gleich voraus: Die Frage betrifft weder Ihr Outfit noch die Qualität Ihrer Redebeiträge.

[Heiterkeit – Dr. Lindner (FDP): Sieht doch hübsch aus!]

Ich möchte von Ihnen wissen, wie Sie sich auf der Justizministerkonferenz zu der so genannten großen Justizreform, die mehr einer geheimen Kommandosache ähnelt, als einer Reformdiskussion, insbesondere zur Abschaffung der Berufungsinstanz als zweiter Tatsacheninstanz, der Zusammenlegung der Finanz-, Sozial- und Verwaltungsgerichtsbarkeit und der Angliederung der Arbeitsgerichtsbarkeit an die ordentliche Gerichtsbarkeit positioniert haben.

Ich befürchte, das sprengt den Rahmen einer Spontanen Fragestunde, aber das muss der Senat wissen. – Bitte schön, Frau Senatorin Schubert!

Herr Präsident! Herr Abgeordneter Ratzmann! Meine Damen und Herren! In der Tat war gestern Abend und heute Vormittag hier in Berlin die Justizministerkonferenz. Wie in den letzten Tagen in den Zeitungen bereits zu lesen war, waren dieses Mal in einem Umfang Reformen in der Diskussion, wie sie, glaube ich, seit 1971 nicht mehr so diskutiert worden sind. Man hat sich kein Denkverbot auferlegt und hat sich auch politik- und parteiübergreifend über viele Dinge unterhalten und dann auch ver

)

Frau Bm Schubert

Vielen Dank, Herr Präsident! – Ich habe eine Frage an Herrn Senator Flierl zum Start der Bachelorstudiengänge. Da wüsste ich gerne von Ihnen, wie und mit welcher Zeitperspektive der chaotische Start der Bachelorstudiengänge, der sich vor allen Dingen in der Lehrerausbildung ergeben hat, abgestellt werden soll, damit die Studierenden die vorgesehene Regelstudienzeit einhalten können und nicht gezwungen sind, diese zu überschreiten.

Wir haben das Lehrerstudium neu gefasst. Die Hochschulen sind engagiert dabei, diese neuen Studiengänge jetzt einzurichten. Wir können gerne den Stand der Einrichtung der Bachelorstudiengänge im Wissenschaftsausschuss ausführlich erörtern.

Herr Schmidt, eine Nachfrage dazu? – Dann haben Sie das Wort!

ständigt, was man in Zukunft machen kann, um die Justiz funktionsfähig zu erhalten, ohne den Einsparbedürfnissen der Landeshaushalte entgegentreten zu müssen.

Das, was in den letzten Tagen in der Zeitung vorgeschlagen wurde, war nur ein Teil der Debatte und ist nicht Gegenstand der entsprechenden Beschlussfassung geworden. Wir haben uns aber dahin gehend verständigt – und das auch mit meiner Stimme –, dass man überlegen sollte, ob der Rechtsmittelzug insgesamt in manchen Verfahren nicht reduziert werden könnte. Das heißt nicht, dass man generell auf die Berufungsinstanz, und schon gar nicht in Strafverfahren, verzichten soll. Es ist aber in der Tat über ein so genanntes Wahlrechtsmittel geredet worden, sprich, dass der Beschuldigte bzw. der Angeklagte oder aber auch sein Rechtsanwalt entscheiden kann, ob er noch einmal in die Beweiswürdigung gehen will, also die Tatsachen noch einmal überprüft haben will, oder sich aber nur auf Rechtsfehler des erstinstanzlichen Gerichts beschränken sollen. Das war konsensfähig.

Ein anderes Thema war die weitere Ausbreitung von außergerichtlicher Streitbeilegung, einschließlich der gerichtlichen Möglichkeiten, wobei nicht nur Mediation, sondern auch die Einführung von Schiedsstellen für Unternehmen erörtert worden ist. Auch da gab es Einverständnis.

Einverständnis gab es auch bei der weitgehenden Übertragung von nichttypischen Justizangelegenheiten auf Private oder Dritte, die nicht unbedingt privat sein müssen, sprich Gerichtsvollzieherwesen, und die Abgabe an Notare, Ehescheidung etc. Es war eine ganze Palette.

Der Präsident hat Recht, wenn ich hier alles erläutern würde, was beschlossen worden ist, würde es den Rahmen der Spontanen Fragestunde sprengen. Ich denke aber, das soll Gegenstand der nächsten Rechtsausschusssitzung sein, wo ich dann über die Dinge, die heute beschlossen worden sind, berichte. Nichts ist so verbindlich gewesen, dass es heute bereits zu einer Bundesratsinitiative führen wird, sondern die Staatssekretäre aller 16 Länder plus des Bundesministeriums der Justiz wurden aufgefordert, bis zur Frühjahrskonferenz im April oder Mai 2005 entsprechende Vorgaben zu machen. Bei der Vereinheitlichung von Verfahrensordnungen der Spezialgerichtsbarkeiten plus der ordentlichen Gerichtsbarkeit wird das sicherlich nicht bis zum Mai fertig werden können, dazu sind die Probleme zu diffizil. Gleichwohl soll das ausgeführt werden.

Danke schön!

Herr Ratzmann hat eine Nachfrage. – Bitte, wenn Sie möchten!

Ja, danke, aber ich will den Umfang der Fragestunde nicht sprengen, deshalb verzichte ich auf die Nachfrage.

Danke, Herr Ratzmann!

Dann ist für die FDP Herr Schmidt als Fragesteller an der Reihe. – Bitte schön, Herr Schmidt!

Herr Senator Dr. Flierl – bitte!

Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Schmidt! Ich kann keinen chaotischen Start der Bachelorstudiengänge erkennen.

[Dr. Lindner (FDP): Niemand?]

Das fällt zwar etwas schwer, aber habe ich Sie richtig verstanden, dass Sie es nicht als problematische Studienbedingungen ansehen, wenn Kurse zu gleichen Zeiten stattfinden, so dass Studierende den vorgesehenen Zeitplan des Studiums nicht einhalten können?

Herr Senator Dr. Flierl – bitte!

Wir haben um 138 000 Studierende in der Stadt, und Sie werden von mir unmöglich erwarten können, schon wenn Sie Ihre Frage nicht spezifizieren, auf irgendeine Art und Weise sinnvoll darauf zu reagieren. Wenn Sie Mängel anzumelden haben, wenden Sie sich an meine Verwaltung oder teilen Sie sie mir mit.

[Gelächter bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der PDS und der SPD – Zuruf des Abg. Hoffmann (CDU)]

Ich bin gerne bereit, mich dazu zu äußern. Ich kann hier keineswegs bestätigen, dass die Bachelorstudiengänge als solche nicht erfolgreich starten.

Danke schön, Herr Senator Dr. Flierl!

Die erste Runde nach der Stärke der Fraktionen ist damit beendet. Nun können die Meldungen im freien Zugriff berücksichtigt werden. Ich eröffne diese Runde

Präsident Momper