Protokoll der Sitzung vom 22.11.2007

Deshalb werbe ich darum, dass Sie diesem Antrag, wenn er beraten wird, zustimmen. Die SPD hat auf Ihrem Landesparteitag immerhin beschlossen, dass der Antrag wenigstens zugeschickt wird, aber wenn sie diesen nach Hause bekommen: Einladend ist er nicht. Wir möchten statt eines Abschreckungsantrags diesen einladenden Gutschein für die Kinder zum dritten Geburtstag, damit sie tatsächlich früh gefördert werden.

Noch einen Satz zu den Finanzen, weil dies garantiert in den Redebeiträgen kommen wird: Wir haben in den Haushaltsberatungen 35 Millionen € als pauschale Minderausgabe bei den Bezirken beantragt, weil die Bezirke

auch das Geld haben müssen, um diese Kitaplätze zu finanzieren. Wir werden diesen Antrag, auch wenn er bereits einmal abgelehnt wurde, in der Schlussberatung erneut einbringen.

Also, machen Sie ernst! Machen Sie ein Einladungswesen aus dem Abschreckungswesen! Schaffen Sie besseren Zugang zu der Kita! Geben Sie mehr Bildungszeit für die Kinder, nämlich den Teilzeitplatz, und erhöhen Sie so die Bildungschancen für die Kinder in dieser Stadt!

[Beifall bei den Grünen]

Vielen Dank! – Das Wort für die SPD-Fraktion hat die Abgeordnete Scheeres.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Erziehung, Bildung, Betreuung von Anfang an ist die Basis für das gelingen einer erfolgreichen Bildungsgrafie. Dies zeigt deutlich die Bedeutung von Kindertageseinrichtungen – Krippen, Horte – und auch der Tagespflege. Sie sind unverzichtbar für eine individuelle Förderung und Entwicklung unserer Kinder. Sie sind unverzichtbar für den Abbau von Benachteiligungen, für die Chancengleichheit beim Zugang und Erwerb von Bildung sowie bezogen auf die Eltern für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Liebe Frau Jantzen! Aus diesem Grund ist es der rot-roten Regierung sehr wohl wichtig, dass möglichst viele Kinder eine Krippe oder eine Kindertageseinrichtung besuchen. Aus diesem Grund investiert das Land auch viel in den frühkindlichen Bildungsbereich.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Dies verdeutlichen auch die Zahlen:

[Joachim Esser (Grüne): Was ist denn nun mit dem Antrag?]

Ich komme gleich zu dem Antrag! – In Berlin besuchen bereits heute 24 Prozent aller Kinder unter drei Jahren die Krippe und die Tagespflege.

[Joachim Esser (Grüne): Na, toll!]

In den Berliner Kindertageseinrichtungen reicht die Quote je nach Alter sogar bis zu 96 Prozent. Von dieser Betreuungssituation träumen andere Bundesländer.

Ich begrüße es daher auch, dass es der SPD auf Bundesebene gelungen ist, den Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz ab dem ersten Lebensjahr zukünftig einzuführen.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Ab 2013 wird dieser Rechtsanspruch gelten, und ich begrüße es auch, dass der Bund sich an den Kosten beteiligt, der Betreuung der unter Dreijährigen auszubauen.

Ich möchte jetzt nicht im Detail auf den Vorschlag der CDU eingehen, ein Betreuungsgeld für die Kinder, die zu Hause bleiben, einzurichten. Ich möchte nur kurz sagen: Aus unserer Sicht ist dies eine bildungspolitische Katastrophe, weil man sich ausrechnen kann, welche Kinder zu Hause bleiben werden. Es werden die Kinder sein, die ganz bestimmt eine Förderung benötigen.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der Linksfraktion]

Berlin wird in den nächsten Jahren circa 87 Millionen € zusätzlich für den Ausbau der Betreuung der unter Dreijährigen zur Verfügung haben. Uns ist es klar, das dieses Geld zum einen in den Ausbau der Qualität und zum anderen in den Ausbau der Betreuung der unter Dreijährigen, wo ein Bedarf besteht, fließen muss.

Auch wenn wir in Berlin den richtigen Weg gehen, sehen wir als rot-rote Regierung Handlungsbedarf. Unser Ziel ist es, möglichst vielen Kindern die Chance auf ein Bildungsangebot zu eröffnen. Ich möchte es klar sagen: Es geht nicht, dass der Zugang in den Bezirken durch unterschiedliche Auslegungen der Verordnungen restriktiv ausgelegt wird.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der Linksfraktion]

Die Kinder, die eine zusätzliche Förderung benötigen, müssen diese auch auf jeden Fall erhalten. Bereits im Frühjahr hat Rot-Rot genau diese Problematik im Plenum aufgegriffen. Wir haben einen Antrag gestellt, mit dem der Zugang und die Zugangskriterien erleichtert werden sollen. Hier arbeiten zurzeit die Bezirke und die freien Träger gemeinsam an einer Lösung, und das ist der richtige Weg.

Frau Jantzen! Wir haben auch die Problematik des Zugangs ganz intensiv in der Anhörung zum Thema Sprachfördergesetz diskutiert. Bei dem Expertengespräch haben auch gerade die freien Träger noch einmal darauf hingewiesen, wie wichtig es im Zusammenhang mit der Integration ist, dass viele Kinder eine Förderung in der Kindertageseinrichtung erhalten und dass dies ein wichtiger Beitrag zur Integration ist. Die freien Träger haben auch die Idee des Gutscheins eingebracht. Meine Fraktion diskutiert ebenfalls diesen Ansatz. Wir wollen allerdings – wie Sie bereits sagten –, dass ein Antrag auf eine Gutschein mit einem sehr netten Brief übersandt wird, in dem auch erklärt wird, dass die Kinder einen Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz haben. Wir finden zusätzlich wichtig, dass für die Kindertagesstätten im Umfeld bei den Familien geworben wird.

Für uns ist jedoch bereits jetzt klar: Wir möchten nicht nur auf den quantitativen Ausbau setzen, sondern auch auf die Qualität. Wir möchten, dass die Kinder eine qualitativ hochwertige Förderung bekommen. Hierzu benötigen wir auch Geld.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der Linksfraktion]

Bildung von Anfang an ist der richtige Weg, den die SPD auch weitergehen wird. Unsere Kinder benötigen eine gute Startchance ins Leben. Wir wollen Benachteiligung abbauen. Dies können wir nur tun, indem wir die Konzepte der frühkindlichen Bildung qualitativ und quantitativ ausweiten. – Danke!

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion – Joachim Esser (Grüne): Was ist nun mit dem Antrag? Ist der gut oder schlecht? – Unruhe]

Danke schön, Frau Kollegin! – Nunmehr hat für die Fraktion der CDU Frau Demirbüken-Wegner das Wort. – Bitte schön!

[Unruhe]

Jetzt spricht eine Dame, deshalb bitte Ruhe!

[Heiterkeit und allgemeiner Beifall]

Danke, Herr Präsident! – Das gehört auch zur guten Bildung.

[Zurufe]

Vorher war es auch eine Dame. Das ist doch keine Frage!

[Beifall]

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir von der Fraktion der CDU unterstützen den von den Grünen vorgelegten Antrag, liebe Frau Jantzen – Sie können ruhig applaudieren –,

[Beifall bei den Grünen]

entspricht er doch genau unserem Änderungsantrag in Punkt 3 zu § 4 des Kindertagesbetreuungsreformgesetzes aus dem Jahr 2005. Bereits damals war absehbar, dass bei der Umsetzung des Gesetzes durch SPD und PDS nicht der Bildungs- und Betreuungsbedarf von Kindern in der Kita geregelt werden sollte. Nein, die Kinder sollten für die Sparbeschlüsse des Senats herhalten. Interessant, wie schnell Sie das vergessen haben! Alle Kinder hatten von diesem Tag an nur noch den bundesgesetzlich geregelten Anspruch auf Betreuung, auf einen Halbtagsplatz, aber ohne Bildung. Der Bedarf für längere Betreuung richtete sich nach dem Bedarf der Eltern, nicht nach dem der Kinder. Gerade das betrifft die Kinder, die aufgrund ihrer sozial schwierigen Lage einen hohen Förderbedarf hätten. Diese Kinder benötigen in den Kitas mehr zusätzliches

Bildungsangebot, aber die Wirklichkeit sieht ganz anders aus: Nicht einmal in den sozial benachteiligten Gebieten erhalten die Kitas einen Ausgleich für den Grundbedarf, geschweige denn für den erhöhten Aufwand, den sie bei ihrer sozialen Mischung haben. Deshalb geht dieser von uns unterstützte Antrag der Fraktion der Grünen nicht weit genug.

Wir werden den Antragstellern vorschlagen, den von uns im Jahr 2005 eingebrachten Vorschlag in die beantragte Gesetzesänderung aufzunehmen. In unseren Augen gibt es immer noch Lücken in der Gesundheitsvor- und -fürsorge des § 9, in der Ausstattungsqualität in § 10 und in der Personalbemessung in § 11, liebe Frau Jantzen!

Leider befürchte ich, dass weder der singuläre noch der umfassende Ansatz irgendwelche Veränderungen für die Betroffenen bewirkt, denn die sozialistische Bedarfsgemeinschaft hat sich ja schon politisch dazu aufgestellt, und zwar mit einem Antrag, in dem sie den Senat fragt, warum das von ihr beschlossene Gesetz so viel Ungerechtigkeit bringt. Der Senat hat sofort darauf reagiert und im Juni zugesagt, eine Arbeitsgruppe einzusetzen, um dies zu prüfen. Das ist die Mitteilung – zur Kenntnisnahme – Drucksache 16/0765. Das war die Arbeitsgruppe 12, oder war es 15 oder 25? Der Senator wird sicherlich gleich einiges dazu sagen, wie viele Arbeitsgruppen er in seiner ja noch so kurzen Berliner Amtszeit schon einsetzen musste und welche Ergebnisse diese dann vorlegen dürfen – ja, dürfen –, wenn sie die Mitzeichnung des Finanzsenators erhalten möchten. – Ich finde es nicht erheiternd, Frau Barth! Es ist sehr bemerkenswert, dass Sie bei diesem Thema noch lachen können. – Wir kennen dieses Spiel. Wie war es noch mit der vorschulischen Sprachförderung? – Wir fordern, die Förderzeit zu erhöhen, damit alle Kinder die Chance haben, zum Schulanfang dem Unterricht zu folgen. RotRot lehnt ab, stellt einen Antrag, darüber zu berichten, und verschleppt dann den Gesetzesentwurf von einer Tagesordnung zur nächsten. In diesem Jahr wird es keinen Beschluss mehr geben, und im nächsten Jahr werden die Beschlüsse zu spät kommen, sofern überhaupt die Absicht besteht, einen positiven Beschluss zu fassen – wieder zum Schaden der Kinder, denen weiterhin kein Ausweg aus ihrer benachteiligten Situation geboten wird. 40 Prozent der Kinder nichtdeutscher Herkunft kommen mit mangelhaften Deutschkenntnissen in die Schule. Wie wollen Sie in Anbetracht Ihrer Verantwortungslosigkeit auf diese Situation reagieren oder gar eingehen?

[Beifall bei der CDU]

Am Schluss muss festgestellt werden: Der Bericht der UNO-Sonderbeauftragten mit der beschriebenen sozialen Selektion im Bildungsbereich wird in Berlin in die Verantwortung der Erzieherinnen gelegt. Im Ergebnis bleibt also alles beim Alten. Aber das Berliner Bildungsprogramm ist da und muss umgesetzt werden. Deshalb bleibt das von den Regierungsfraktionen beschlossene Gesetz und Konzept erhalten, und dem Bürger wird mitgeteilt, dass das Parlament es eben so beschlossen habe und man gar nichts ändern könne, obwohl man gern möchte, nicht

wahr, Frau Barth? – So einfach erklärt man demokratische Prinzipien dem „Richtigen Bildungsbürger“.

[Beifall bei der CDU]

Danke schön, Frau Demirbüken-Wegner! – Jetzt hat Frau Dr. Barth das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Drucksache 16/0999 ist ein Antrag von Bündnis 90/Die Grünen zur Änderung des Berliner Kindertagesförderungsgesetzes. Dieser Antrag zielt im Wesentlichen auf drei Schwerpunkte ab. Erstens: Die Kinder sollen ab drei Jahren einen Rechtsanspruch auf einen Teilzeitplatz in einer Kindertagesstätte haben. Zweitens: Die Kinder, die einen Anspruch haben, sollen vom zuständigen Jugendamt von Amts wegen mindestens zwei Monate vorher einen Gutschein bekommen. Drittens geht es um wesentliche Vereinfachungen im gesamten Verfahren. Eine ausführliche Debatte über diesen Antrag werden wir im Ausschuss führen.

Zu einigen wenigen Positionen: Die Positionsbestimmung der Linksfraktion zur frühkindlichen Förderung brauche ich nicht mehr vorzutragen. Ich denke, sie ist hinreichend bekannt. Ich will auch nicht verhehlen, dass ich einerseits eine gewisse Sympathie für den Antrag habe, doch andererseits um die Machbarkeit weiß. Es ist schon überlegenswert, den Rechtsanspruch aller Kinder im Kindergartenalter von einem Halbtagsplatz auf einen Teilzeitplatz zu erweitern. Das könnte man noch bis zu einem Ganztagsplatz weiterdenken. Wir halten es für sinnvoll, dass insbesondere im letzten Kitajahr, also gewissermaßen im Vorschuljahr, die Zugangsbarrieren fallen und ein Ganztagsplatz der Regelfall wird. Das ist aus bildungspolitischer Sicht schon längst überfällig. Aber – da spreche ich auch Frau Demirbüken-Wegner an – ich denke, wir sind uns einig, dass alles finanziert werden muss.

[Beifall bei der Linksfraktion]