Protokoll der Sitzung vom 10.04.2008

Nur, meine Damen und Herren, von der CDU: Dem wird Ihr Antrag nicht gerecht. Entscheidend ist nicht die Anzahl der Abschnitte, sondern entscheidend ist der Output an Sicherheit, also das, was am Ende beim Sicherheitskonstrukt herauskommt. Aber richtig, Frau Hertel, ist auch, dass der Senat in der Debatte im Innenausschuss überhaupt nichts zur Aufklärung dazu beigetragen hat, warum nun die einzelnen Abschnitte geschlossen werden sollen. Wir haben einige der Argumente gehört. Im Rahmen des Berliner Modells sollen bestimmte Ziele erreicht werden – auch bei der Präventionsarbeit, das ist wichtig. Weniger eingängig ist allerdings das Vorhaben, dass generell nur noch sechs Abschnitte pro Direktion entstehen sollen. Das ist ein sehr systematisches Argument, auf das

sich der Polizeipräsident und der Innensenator zurückziehen, aber das überzeugt gerade nicht beim Abschnitt 25 am Kurfürstendamm. Der Senat konnte uns aus meiner Sicht überhaupt nicht überzeugend darlegen, warum eine Schließung nun ausgerechnet an dieser Stelle erforderlich sein soll. Da können wir von der FDP-Fraktion den Senat nur auffordern: Legen Sie uns die Zahlen und Kriterien auf den Tisch, und schließen Sie nicht willkürlich Abschnitte! Zeigen Sie uns Ihren Struktur-, Personalentwicklungs- und Sicherheitsplan und die Sicherheitszahlen, dann kommen Sie auch mit der Opposition und der FDPFraktion ins Geschäft!

[Beifall bei der FDP]

Ohne eine transparente und nachvollziehbare Evaluation werden wir nicht weiterkommen. Das sagen wir der rotroten Regierung ganz klar. Uns geht es darum, in der Fläche Sicherheit zu gewährleisten, und zwar überall. Das muss durch eine schlanke und leistungsfähige Abschnittsstruktur passieren. Eine Perpetuierung des bestehenden Systems tragen wir nicht mit, aber das, was uns der Senat bisher geboten hat, reicht bei Weitem nicht aus. Herr Körting! Liefern Sie nach! Wenn Sie weiterhin Abschnitte schließen, ohne den Innenausschuss umfassend darüber zu informieren, werden wir nicht aufhören, das in der gebotenen Härte sowohl hier als auch andernorts zu kritisieren, denn so lässt sich keine Sicherheitspolitik betreiben.

[Beifall bei der FDP]

Ich will, Frau Hertel, noch einen Aspekt hinzufügen, da Sie die Innen- und Sicherheitspolitik der SPD-Fraktion und des Innensenats so gelobt haben: Wenn man sich beispielsweise die Eintreffzeiten im Bereich der Berliner Feuerwehr und gerade auch das Chaos, das das neue Einsatzkonzept verursacht hat, anschaut, dann kann man kaum – jedenfalls nicht zum jetzigen Zeitpunkt – von einer erfolgreichen rot-roten Innen- und Sicherheitspolitik reden. Sie täten gut daran, wenn Sie die Konzepte, die Ihnen die Opposition an der einen oder anderen Stelle angeboten hat, nicht vom Tisch wischten, sondern sich bemühten, diese nachzuvollziehen und zum Wohl der Bürgerinnen und Bürger gemeinsame Lösungen zu finden. Damit täten Sie sich – auch bei Ihrer Politik – einen größeren Gefallen.

[Beifall bei der FDP]

Vielen Dank! – Meine Damen und Herren! Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung an den Ausschuss für Inneres, Sicherheit und Ordnung, wozu ich keinen Widerspruch höre.

Ich rufe auf die

lfd. Nr. 4 e:

Antrag

Kein Platz für Rechtsextremismus, Antisemitismus, Rassismus und Diskriminierung in öffentlichen Sportanlagen

Antrag der SPD und der Linksfraktion Drs 16/1312

Für die Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die Linksfraktion. Das Wort hat die Abgeordnete Frau Dr. Hiller. – Bitte sehr!

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich freue mich, unter den heutigen Prioritäten auch ein sportpolitisches Thema aufrufen zu dürfen, ein Thema, das die Belange des Sports unserer Stadt betrifft, das wir als Parlament beeinflussen können, bei dem wir nicht nur gebannt auf olympische Ereignisse, die irgendwo in der Ferne stattfinden, schauen.

[Beifall bei der Linksfraktion]

Es geht um das Thema Rechtsextremismus in und auf öffentlichen Sportanlagen. Berlin ist wie keine andere Stadt in Deutschland Sportstadt und – wie wir gestern lesen konnten – nach Melbourne sogar Weltsportstadt Nr. 2. Ich habe mich über diese Zeitungsnotiz gefreut.

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

In Berlin finden Wochenende für Wochenende Wettkämpfe und Sportveranstaltungen statt, sowohl im Großen als auch im Kleinen. Bilder wie beim Halbmarathon am vergangenen Wochenende prägen das Gesicht unserer Stadt. Der Fußballclub Union hat letztes Wochenende gewonnen, und der SCC hat sich wacker gegen den deutschen Volleyballmeister Deutschlands geschlagen. In Berlin hat der Sport im Alltag der Menschen einen festen Platz, und zwar Tag für Tag. Darauf können wir stolz sein.

Sport ist in hervorragender Weise geeignet, Menschen friedlich zusammenzubringen und Toleranz, Fairness, Miteinander und Anerkennung von Regeln zu üben und anzuwenden. Entsprechend wird dem Sport auch im Berliner Integrationsprogramm eine wichtige Rolle eingeräumt. Wer am letzten Sonnabend beim Integrationsfest des Berliner Fußballverbands dabei war, konnte das in hervorragender Art und Weise sehen.

Auch als präventive Maßnahme im Umgang mit jugendlichen Gewalttätern spielen Sportvereine und Sportjugendklubs eine wichtige Rolle. Dennoch treten Probleme auf, denen wir uns nicht verschließen dürfen, denen wir uns stellen müssen. Insbesondere im Fußball gibt es immer wieder rechtsextremistische, rassistische und diskriminierende Erscheinungen. Das bekannteste Beispiele liefern sicherlich die Erfahrungen, die TuS Makkabi machen muss und über die wir regelmäßig lesen. Auch der BFC ist einer der bekannten Vereine, bei dem Randalen immer wieder auftreten. Es ist auffallend, dass dieses Phänomen mehr und mehr in niedrigklassigen Wettbewerben des Fußballs auftritt. Wir dürfen da nicht tatenlos zuschauen.

Es gibt viele Aktivitäten gegen diese Probleme, von denen ich nur einige beispielhaft nennen möchte. Auf der Bundesebene gibt es seit 2007 die vom Deutschen Fußballverband initiierte Task Force gegen Gewalt und Rassismus. Auf der Sportministerkonferenz im November 2007 wurde ein Beschluss zu Gewalt und Rassismus im Amateurfußball gefasst. Man darf nicht vergessen, dass von 80 000 Fußballspielen, die in Deutschland wöchentlich stattfinden, die meisten doch friedlich verlaufen. Das ist ein gutes Ergebnis, und dennoch, so heißt es in dem Beschluss, bekommen die Aktivitäten der Länder und Kommunen immer mehr Gewicht, da der demokratisch organisierte Sport „sich durchaus auch der Gefahr der Instrumentalisierung des Sporttreibens durch rechtsextremistische Gruppierungen ausgesetzt sieht, indem versucht wird, über Ehrenämter in Sportvereinen oder als Übungsleiter Einfluss auf junge Menschen zu nehmen.“ Wer selbst im Sport aktiv ist, hat vielleicht schon Erfahrungen damit gemacht. So hat es beispielsweise der Lichtenberger Sportverein abgelehnt, Rechte als Sponsoren aufzunehmen – eine couragierte Entscheidung, die Schule machen muss, die wir unterstützen müssen.

Auch auf der Landesebene gibt es Aktivitäten. Herr Staatssekretär Härtel hat den öffentlichen Ausschuss für Sport und Sicherheit unter Einbeziehung des Sports konstituiert, der sich zur Aufgabe gestellt hat, Rechtsextremismus und Gewalt aus dem Sport zu verdrängen. In den Bezirken gibt es lokale Bündnisse gegen Gewalt und Rechtsextremismus, in die organisierte und nicht organisierte Sportler einbezogen sind.

Für uns als Koalition ist die Überarbeitung der Sportanlagennutzungsverordnung, die auf der Tagesordnung steht, Anlass, uns dem Problem des Rechtsextremismus stärker zuzuwenden. In diesem Kontext fordern wir den Senat auf zu handeln und im Sinne des Antrags die folgenden Ziele umzusetzen. Erstens: Es soll ein Signal gesetzt werden, dass wir als Zivilgesellschaft im öffentlichen Raum und speziell auf und in den öffentlichen Sportstätten Rechtsextremismus, Antisemitismus, Rassismus und Diskriminierung nicht dulden. Zweitens: Wir fordern, mit Entschiedenheit und Konsequenz gegen alle Erscheinungen dieser Art vorzugehen. Drittens: Wir wollen die Ehren- und Hauptamtlichen des Sports unterstützen; letztlich wollen wir Zivilcourage unterstützen.

Frau Dr. Hiller! Ihre Zeit ist abgelaufen.

In diesem Sinne appelliere ich an Sie, unseren Antrag mitzutragen und ein breites Bündnis gegen Rechts auch im Sport zu unterstützen. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

Das Wort für die Fraktion der CDU hat der Abgeordnete Statzkowski.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst zur Kollegin Hiller: Ich nehme Sie gerne mit zum Endspiel um die deutschen Volleyballmeisterschaft, wenn der SCC gegen den amtierenden Meister, die Kollegen vom Bodensee, erst noch spielen wird. Der Moerser SC, gegen den sie im Halbfinale gespielt haben, hätte sich gefreut, wenn er im letzten Jahr die deutsche Meisterschaft gewonnen hätte.

Der Antrag 16/1312 fußt auf Vorkommnissen insbesondere bei Spielen von TuS Makkabi, z. B. im September 2006. Es gab auch Vorkommnisse im März 2008 bei der VSG Alt-Glienicke oder beim Adlershofer BC. Es gibt dazu Zitate des Clubchefs von TuS Makkabi, „dass fast kein Spieltag vergeht, an dem unsere Spieler nicht antisemitisch beleidigt werden.“ Sodann gibt es Äußerungen des Trainers von TuS Makkabi, der dieses wieder deutlich einschränkt. So wird er beispielsweise mit den Worten zitiert, dass er antisemitische Vorkommnisse für Ausnahmen hält.

Jeder Vorfall ist ein Vorfall zu viel, insofern ist es richtig, sich kritisch und intensiv mit diesem Thema auseinander zu setzen. Man muss auch positiv zur Kenntnis nehmen, dass der Berliner Fußballverband Aktionen wie „Gemeinsam gegen Rassismus“ in der Berliner Verbandsliga initiiert hat und dass er Antirassismuslehrgänge durchführt. Der Antrag geht nach Auffassung der CDU-Fraktion insoweit grundsätzlich in die richtige Richtung, und auch der Ansatz, sich nicht nur auf Antisemitismus zu beschränken, sondern auch Rassismus, Diskriminierung und Rechtsextremismus mit aufzunehmen, ist unserer Auffassung nach korrekt. Dies ist eine Zielsetzung, mit der alle demokratischen Parteien einverstanden sein sollten.

Hingegen ist aber die Art und Weise, auf die der Antrag zustande gekommen ist, aus meiner Sicht scharf zu kritisieren.

[Wolfgang Brauer (Linksfraktion): Aha!]

Wenn Frau Michels, eingedenk der Tatsache, dass es eine intensive Vorgeschichte in der Frage des Tibet-Antrags gegeben hat, hier kritisiert, dass man aus ihrer Sicht die Regierungsparteien bei der Erstellung des Antrags nicht einbezogen habe, dann frage ich mich, warum man bei diesem Antrag, bei dem es keine Vorgeschichte im Parlament gegeben hat, nicht die Größe vonseiten der Koalition gehabt hat, auf die Oppositionsfraktionen zuzugehen und sie in dieser Angelegenheit einzubinden.

[Beifall bei der CDU und der FDP – Zuruf von Martina Michels (Linksfraktion)]

Dieses Thema eignet sich nicht zur Profilierung der eigenen Fraktion. Hier sollte es selbstverständlich sein, dass

die demokratischen Fraktionen dieses Hauses gegen die Kräfte, die unseren Staat unterwandern wollen, zusammenstehen. Dass dies an dieser Stelle nicht passiert ist, bedauere ich ausdrücklich.

Schwachstellen dieses Antrages hätten so auch vermieden werden können. So ist es mit Sicherheit von Schaden, wenn wir einen Antrag beschließen, der nahezu ausschließlich deklamatorischen Charakter hat. Es ist z. B. wichtig, dass man zu den Sanktionsmöglichkeiten auch Beispiele nennt, wohlwissend, dass das ausgesprochen schwierig ist; dies gehört aber letztlich zu der Seriosität eines Antrages. So ist auch darüber zu diskutieren, warum Rechtsextremismus genannt wird und man nicht auf den Begriff Extremismus zurückgegriffen hat. Uns ist die Bekämpfung des Rechtsextremismus genauso wichtig wie die des Linksextremismus.

[Beifall bei der CDU und der FDP – Zuruf von Uwe Doering (Linksfraktion)]

Wir müssen über die Frage reden, warum nicht auch der Begriff Gewalt mit aufgeführt wird, denn Gewaltvorkommnisse auf Sportplätzen sind genauso zu verurteilen, auch gegen sie müssen wir vorgehen.

Hier besteht der Wunsch nach einer Zwischenfrage, Herr Kollege.

Nein, ich komme sonst mit meiner Zeit nicht aus. – Der Berliner Senat steht hier in einer Mitverantwortung. Nicht umsonst muss darauf hingewiesen werden, dass durch Personaleinsparungen, die der Berliner Senat zu verantworten hat, beim Berliner Fußballverband die Prävention in den letzten Jahren deutlich abgebaut wurde. Es gehört zur Diskussion über einen solchen Antrag, festzustellen, dass das ein falscher Schritt war. Wir erwarten an dieser Stelle ein Eingeständnis der Regierungsparteien, dass dieser Fehler so schnell wie möglich geheilt wird.

[Beifall bei der CDU – Elke Breitenbach (Linksfraktion): Das war aber kein Fehler!]

Wenn beispielsweise drei Jahre nach dem Abbrennen der Fanbaracke das Fanprojekt der Sportjugend Berlin immer noch nicht in der Lage ist, anständige Arbeit zu leisten, weil der Senat offensichtlich nicht in der Lage ist, die Arbeitsfähigkeit des Projekts sicherzustellen, dann gehört auch das zur Ehrlichkeit dieser Diskussion.

Der Senat ist aufgefordert, seinen Teil der Arbeit zu leisten, wir werden unseren Teil leisten, indem wir eine engagierte Diskussion im Ausschuss führen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Das Wort für die SPD-Fraktion erhält der Kollege Schaddach.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! In Vorbereitung auf die heutige Sitzung habe ich mir über die Stellung des Sports in der Gesellschaft Gedanken gemacht. Dabei bin ich auf eine Definition von Prof. Tiedemann von der Universität Hamburg gestoßen, der dazu schreibt:

Sport ist ein kulturelles Tätigkeitsfeld, in dem Menschen sich freiwillig in eine wirkliche oder auch nur vorgestellte Beziehung zu anderen Menschen begeben mit der bewussten Absicht, Ihre Fähigkeiten und Fertigkeiten insbesondere im Gebiet der Bewegungskunst zu entwickeln und sich mit diesen und anderen Menschen nach selbst gesetzten oder übernommenen Regeln zu vergleichen ohne sie oder sich selbst schädigen zu wollen.

Das ist nur eine Definition. Einig ist man sich, dass Sport für alle Altersgruppen, insbesondere Kinder und Jugendliche in der Entwicklung eine entscheidende, positive Rolle einnimmt, aber auch wichtig ist, was den Zusammenhalt der Gesellschaft an sich betrifft. Akademische Diskussion ist das eine, die Praxis das andere.

Stellen Sie sich einmal folgende Situation vor: Es ist Sonntag, 7.00 Uhr, der Wecker klingelt. Sie spielen seit vielen Jahren Fußball und haben heute ein Auswärtsspiel. Sie sind mit Migrationshintergrund in Deutschland aufgewachsen. Sie wissen, dass es bei dem gastgebenden Verein immer wieder diskriminierende Äußerungen gegenüber Spielern und Zuschauern gegeben hat. Nun frage ich Sie: Mit welchen Gefühlen fahren Sie zu diesem Spiel? – Im Übrigen handelt es sich um ein Phänomen, das nicht bei allen Sportarten in gleicher Weise auftritt. Schwerpunktmäßig sind leider Fußball, Boxen, aber auch Eishockey betroffen. Noch nie ist mir beim Basketball oder Rudern Derartiges aufgefallen oder bekannt geworden. Woran mag das liegen?