Protokoll der Sitzung vom 10.07.2008

Wir sind nicht nur mit Siemens, sondern mit allen Industrieunternehmen im Rahmen des Industriedialogs über die Frage, wie wir auch in Zukunft ausreichend Fachkräfte sichern können, in der Diskussion. Hinsichtlich der Facharbeiter bezieht sich das zum einen ganz zentral auf die Ausbildungsleistungen der Unternehmen. Da ist in der Vergangenheit von zahlreichen Unternehmen viel vernachlässigt worden, weil man nicht antizyklisch, sondern prozyklisch ausgebildet hat. Dann steht man vor dem Problem, dass man nicht die entsprechenden Fachkräfte hat, wenn die Auftragsbücher wieder voll sind. Ich hoffe, dass hieraus gelernt wird, dass man antizyklisch ausbilden und Vorsorge treffen muss, auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten an die Zeit danach zu denken.

Was die Ingenieure angeht, sind wir zum einen mit den Universitäten in der Diskussion. Die Studienplätze in diesem Bereich werden ausgebaut, wie Sie wissen. Zum andern kommt es darauf an, dass die Unternehmen sehr frühzeitig mit den Universitäten, mit den Studentinnen und Studenten in den ingenieurwissenschaftlichen Studiengängen in Kontakt treten, weil es mittlerweile so ist, dass hier nicht nur bundesweit, sondern international ein Arbeitsmarkt existiert, bei dem von den Berliner Universitäten von außerhalb des Standortes – und dies häufig schon zwei oder drei Semester vor Abschluss – abgeworben wird. Deshalb ist es wichtig, dass Berliner Unternehmen sich frühzeitig an die Universitäten, an die Studentinnen und Studenten wenden, um ihren Fachkräftebedarf zu sichern. Wir diskutieren mit den Unternehmen gemeinsam ein ganzes Set an Maßnahmen.

Danke schön, Herr Senator!

Nun ist der Kollege von Lüdeke von der Fraktion der FDP an der Reihe mit einer Frage zu dem Thema

Äußerungen zum laufenden VOF-Verfahren Staatsoper?

Bitte schön, Herr von Lüdeke!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat: Besteht die Gefahr, dass die öffentlichen politischen Äußerungen des Herrn Staatssekretärs André Schmitz zur Staatsoper das laufende VOF-Verfahren zur Vergabe der Generalplanerleistungen gefährdet haben, und welche Konsequenzen kann dies für den weiteren Bauablauf haben?

Der Regierende Bürgermeister hat das Wort. – Bitteschön!

Herr Präsident! Herr Abgeordneter von Lüdeke! Da Herr Staatssekretär Schmitz nicht Teil des Vergabeverfahrens ist, sehe ich in seinen Äußerungen keinen Anlass, irgendeine Gefahr zu vermuten. Im Übrigen glaube ich auch, dass, nachdem sich bereits die ganze Stadt geäußert hat, auch der für Kultur zuständige Staatssekretär das Recht hat, der Öffentlichkeit seine persönliche Auffassung zu dem Vorgang mitzuteilen.

Danke schön! – Eine Nachfrage des Kollegen von Lüdeke – bitte!

Herr Regierender Bürgermeister! Da interessiert uns dann Ihre Meinung: Welche Auswirkungen hätten die grundsätzlichen Änderungen der Ausschreibungsbedingungen wie der Verzicht auf eine Verbesserung der Akustik und der Sichtverhältnisse und dafür die Forderung der denkmalgerechten Herrichtung, die nicht in der europaweiten Ausschreibung gefordert waren, für die Ausschreibung der Generalplanerleistung?

Herr Regierender Bürgermeister!

Herr Präsident! Herr Abgeordneter! Ich habe es nicht in Gänze verstanden, was Sie mich eben gefragt haben. Das Typische an einem Vergabeverfahren ist, dass es nach Regeln abläuft. Jeder, der die Vergabestelle zu verantworten hat, muss sich im Rahmen dieses Verfahrens bewegen. Alle Verfahrensschritte sind auch immer justiziabel.

Wir wissen, dass es dabei um große Auftragssummen und auch um Verdienstmöglichkeiten für die Beteiligten geht. Insofern muss alles, was dort entschieden oder nicht entschieden wird, immer auch unter dem Gesichtspunkt eventueller Schadensansprüche geprüft werden. Das ist in jedem Vergabeverfahren der Fall. Deswegen sollten sich diejenigen, die sich direkt in dem Vergabeverfahren befinden, mit öffentlichen Meinungen zurückhalten. Im Übrigen handelt es sich um einen Diskussionsprozess, und wir haben heute noch hierzu die Aktuelle Stunde. Da werden viele ihre Meinung hierzu sagen.

Danke schön! – Jetzt gibt es eine Nachfrage von dem Kollegen Otto von der Fraktion der Grünen. – Bitte schön, Herr Otto!

Sehr geehrter Herr Wowereit! Über Ihre Ausführungen war ich überrascht und frage deshalb: Trifft es zu, dass

neben Herrn Schmitz auch der Regierende Bürgermeister nicht Teil des Vergabeverfahrens ist und dass er demzufolge auch keinen Einfluss auf die Gestaltung des Zuschauersaals der Staatsoper nehmen wird?

Herr Regierender Bürgermeister – bitte schön!

Herr Präsident! Herr Abgeordneter! Das Vergabeverfahren wird von der zuständigen Senatsverwaltung für Stadtentwicklung geführt. Da wird es auch juristisch betreut. Inwieweit politische Entscheidungen hier Einfluss nehmen können oder nicht, werden wir sicher nachher miteinander diskutieren.

Danke schön, Herr Regierender Bürgermeister!

Jetzt geht es weiter mit der Anfrage Nummer 6 des Kollegen Lars Oberg von der Fraktion der SPD zu dem Thema

Berlin International Forum for Excellence

Bitte schön, Herr Oberg!

Danke, Herr Präsident! – Ich frage den Senat:

1. Wie bewertet der Senat die Beschlüsse der Akademischen Senate der FU, TU und HU zu dem am 9. Juni 2008 von den Präsidenten der Berliner Universitäten sowie den vier großen deutschen Forschungseinrichtungen unterzeichneten Memorandum of Understanding zur Förderung der Forschung?

2. Welche Schritte wird der Senat in den kommenden Wochen unternehmen, um das Forum schnellstmöglich handlungsfähig zu machen?

Danke schön, Herr Kollege Oberg! – Der Bildungssenator Prof. Zöllner hat das Wort. – Bitte schön, Herr Senator Zöllner!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Oberg! Ich freue mich zunächst darüber, dass die Universitäten das Ziel des Senats, die Berliner Wissenschaft insgesamt sichtbarer und handlungsfähiger zu machen, unterstützen und in ihren Universitäten schnellstmöglich das Thema diskutiert haben. Dennoch haben mich die Beschlüsse insbesondere der Akademischen Senate der Freien Universität und der Technischen Universität erstaunt, denn

sie stellen für die Errichtung der Stiftung Bedingungen, von denen jeder weiß, dass sie unerfüllbar sind, wenn man eine wissenschaftsgeleitete Stiftung nicht auf den Sankt-Nimmerleinstag verschieben will. Den Präsidenten und den Akademischen Senaten muss klar sein, dass es de facto nicht möglich ist, eine Zusage zur Zuschusssteigerung an die Universitäten ab dem Jahr 2010 zum jetzigen Zeitpunkt verbindlich abzusichern.

Die Förderung der exzellenten Forschung verträgt keinen Aufschub. Wir müssen schnell handlungsfähig sein. So war es auch am 9. Juni 2008 mit den Präsidenten vereinbart. Wir wollen, dass die Stiftung schon im Jahr 2008 grundsätzlich handlungsfähig ist und die exzellenten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nicht bis zu den Haushaltsberatungen im Herbst 2009 warten müssen. Auch der Erfolg in der Exzellenzinitiative ist aus meiner Sicht in einer nächsten Runde gefährdet, wenn wir nicht rechtzeitig handeln.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Ich habe ausdrücklich bei den Anhörungen in der letzten Exzellenzinitiative auf gezieltes Nachfragen der Gutachter nicht nur selbstverständlich zugesichert, dass das Land Berlin die nötigen Kofinanzierungen vornehmen wird, sondern auch auf gezielte Fragen in dieser Richtung versichert, dass das Land unabhängig von Erfolgen in der Exzellenzinitiative und einem Weiterbestehen der Exzellenzinitiative ein System von hochschulübergreifender Exzellenzförderung in Berlin etablieren und finanzieren wird. Ich halte das für eine zentrale Voraussetzung dafür, dass das Land Berlin und seine Universitäten auch in Zukunft innerhalb von Deutschland wettbewerbsfähig sein können.

Die Präsidenten müssen nun ihre Handlungs- und ihre Durchsetzungsfähigkeit in ihren Gremien unter Beweis stellen. Ich erwarte, dass sie sich in ihren Universitäten nachdrücklich dafür einsetzen, dass die Stiftung zum richtigen Zeitpunkt ein Erfolg für Berlin wird. Ich bin mit der gemeinsamen Erklärung, dass zusätzliche Haushaltsmittel in den Universitätshaushalten zur Aufrechterhaltung der Wettbewerbsfähigkeit in Zukunft erforderlich sind, an die Grenzen dessen gegangen, was Politik zum heutigen Zeitpunkt zusagen kann. Dieser Senat hat dafür gesorgt, dass für den Bereich von Spitzenförderung in den Universitäten 40 Millionen € pro Jahr zusätzlich zur Verfügung gestellt werden. Es wäre nicht nur fatal, es wäre völlig unmöglich, jemandem zu erklären, dass diese Chancen für die Berliner Universitäten nicht genutzt werden.

In diesem Zusammenhang hoffe ich, dass man nicht darauf spekuliert, wenn es nicht zur Gründung der Stiftung kommt, dass die Mittel zur Exzellenzförderung einfach für die normalen Universitätshaushalte verwendet werden können.

Zur Frage 2: Ich habe mit den Präsidenten die nächsten Schritte besprochen. Dazu gehört, dass wir eine Arbeitsgruppe bilden, die die konkreten Einzelheiten einer entsprechenden Stiftung bzw. Stiftungssatzung erarbeitet.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD – Beifall von Dr. Gabriele Hiller (Linksfraktion)]

Danke schön, Herr Senator! – Der Kollege Oberg hat eine Nachfrage. Dazu hat er jetzt das Wort. – Bitte schön!

Herzlichen Dank! – Herr Senator! Gibt es aus Ihrer Perspektive andere Möglichkeiten als die von Ihnen skizzierte Stiftung, um die exzellente Forschung an den Universitäten in Berlin zu fördern? Welche Pläne haben Sie, wenn Sie keine Einigung mit den Universitäten erzielen können?

Herr Senator Prof. Zöllner, bitte!

Ich werde alle Möglichkeiten auf der Basis unserer gemeinsamen Erklärung nutzen, um eine Lösung mit den Universitäten zu finden. Es muss aber auch jedem klar sein, dass der Verzicht auf Spitzenforschungs- und Nachwuchsförderung für Berlin nicht infrage kommt.

Danke schön! – Keine Nachfrage? – Nein, sehe ich nicht.

Dann geht es weiter mit der Frage Nr. 7

Senat unfähig bei der Organisation des ÖPNV nach dem EM-Finale?

gestellt vom Kollegen Ueckert von der Fraktion der CDU. – Bitte schön, Herr Ueckert!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Ich frage den Senat:

1. Gab es im Vorfeld des Fußball-Europameisterschaftsendspiels am 29. Juni 2008 eine Abstimmung mit der BVG und der S-Bahn Berlin GmbH über das zu erwartende Fahrgastaufkommen nach Spielschluss bzw. bis weit in die Nacht hinein? Wenn ja, wie sahen diese aus, wenn nein, warum nicht?

2. Wie bewertet der Senat im Nachhinein die Tatsache, dass beide Verkehrsunternehmen erhebliche Probleme hatten, das punktuell erhöhte Fahrgastaufkommen nach dem Endspiel zu bewältigen, und ggf. mit welchen organisatorischen Defiziten hing dies zusammen?

Danke schön! – Das Wort zur Beantwortung hat die Senatorin für Stadtentwicklung, Frau Junge-Reyer. – Bitte schön, Frau Junge-Reyer!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Ueckert! Das Land Berlin hat im öffentlichen Personennahverkehr Partner, die außerordentlich leistungsfähig sind. Wir haben mit ihnen in Verkehrsverträgen verabredet, dass sie die Verantwortung für die Gewährleistung des Verkehrs und die Teilnahme daran selbst und in eigener Verantwortung organisieren. Dann, wenn über mehrere Tage Großereignisse stattfinden, werden Sonderverkehre verabredet. Im Rahmen der betrieblichen Möglichkeiten ist hier der bedarfsgerechte Einsatz organisiert worden. Zu den Verstärkerfahrten von U- und S-Bahn aus Anlass des Endspiels in der Europameisterschaft und des Halbfinales hat es nach meiner Einschätzung keine organisatorischen Defizite gegeben.

Nach Aussage der BVG hat die U-Bahn 57 Mehrfahrten angeboten. Das Verkehrsaufkommen war teilweise erhöht, konnte jedoch ohne auftretende Unregelmäßigkeiten bewältigt werden. Nach Aussage der S-Bahn Berlin GmbH wurden sowohl zum Halbfinale am 25. Juni als auch zum Finale zusätzliche Züge sowohl auf der Stadtbahn als auch auf der Nord-Süd-Strecke eingesetzt. An beiden Tagen wurden die Linien S 1 und S 7 verstärkt. Insgesamt – Sie haben nach den Stunden nach den Spielen gefragt – wurden zwischen 20.30 Uhr und 1.00 Uhr an beiden Tagen jeweils 40 zusätzliche Abfahrten durchgeführt.

Zum Finale am 29. Juni waren nach Schätzungen etwa 500 000 Fans auf der Fanmeile. Hier muss allerdings gesagt werden, dass es selbst bei einem verstärkten Takt der S-Bahn nicht möglich wäre – aufgrund der Mindestzugfolgezeiten, der einzuhaltenden Abstände zwischen den Zügen und der maximalen Fahrgastkapazität der Züge –, alle Fahrgäste ohne Wartezeiten zu befördern. In einer solchen Situation ist schlicht der Transport von einer halben Million Fahrgästen ohne eine Wartezeit nicht möglich. Unregelmäßigkeiten und Störungen hat es nicht gegeben.