Protokoll der Sitzung vom 15.01.2009

2. Wie bewertet der Senat die Weigerung der Deutschen Bahn und ihrer Tochtergesellschaft DB Regio, bei der neu eingerichteten Schlichtungsstelle Nahverkehr mitzuarbeiten und diese anteilig mit zu finanzieren?

Für den Senat antwortet die Stadtentwicklungssenatorin Frau Junge-Reyer. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Buchholz! Der Senat hat sich sehr für eine Verbesserung der Fahrgastrechte engagiert. Dies erfolgt z. B. in der Bund-Länder-Arbeitsgruppe Fahrgastrechte, aber auch bei der Erarbeitung des Bundesratsbeschlusses vom

November 2008 zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zu den Fahrgastrechten im Eisenbahnverkehr. Der Senat hält allerdings die bisher vorgesehenen Regelungen nicht für ausreichend. Es ist wichtig, dass wir uns weiterhin für erweiterte Fahrgastrechte einsetzen. Es geht dabei z. B. um die ausreichende und richtige Information zum Tarif und zum Fahrplan. Es geht um die Rechte bei falschen Informationen oder beim unzulänglichen Verkauf von Fahrkarten. Und es geht um den Anspruch auf Weiterfahrt bei Verspätung und Ausfall, auch z. B. bei zuggebundenen Fahrkarten.

Im Rahmen der Erarbeitung des Gesetzentwurfs durch die Bundesregierung wurden einige dieser Forderungen übernommen. So wird z. B. im Eisenbahnverkehr die gesamte Reisekette – Fern- und Regionalzüge – berücksichtigt. Die Berliner Forderung einer erweiterten Fahrradmitnahme in Fernzügen ist in einem Bundesratsbeschluss aufgegriffen worden.

Ab Dezember 2009 werden neue Rechte greifen. Das heißt, Fahrgäste haben ab einer Verspätung von einer Stunde Anspruch auf Erstattung von 25 Prozent des Fahrpreises, ab einer Verspätung von zwei Stunden werden 50 Prozent zurückgezahlt. Dies schreibt bereits die EUVerordnung zu Fahrgastrechten im Eisenbahnverkehr vor und muss umgesetzt werden.

Der Senat vertritt darüber hinaus die Position, dass man sich ebenfalls für Fragen der Qualität bei der Refinanzierung von – so muss ich das wohl sagen – vernachlässigten Fahrgastrechten einsetzen sollte. Die Qualitätsaspekte, die ich vorhin genannt habe, müssen auch eine besondere Bedeutung haben, wenn man sie in finanziellen Zurückzahlungen – Leistungen an die Fahrgäste – ausdrückt.

Der Senat begrüßt die Einrichtung der Schlichtungsstelle Nahverkehr. Allerdings ist das Problem, dass der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen bis jetzt nicht erreichen konnte, dass sich die DB Regio beteiligt. Es ist wichtig, dass sich die Verkehrsunternehmen nicht nur darauf berufen, eigene Regelungen erstellt zu haben. Wir setzen uns deshalb weiter für eine Beteiligung ein. Es geht schließlich nicht nur um die Frage, wie sich ein einzelnes Verkehrsunternehmen jeweils verhält, sondern es geht auch darum, wie sich die Verkehrsunternehmen untereinander abstimmen und dann ggf. abgestimmt verhalten. Dazu gehört die Anerkennung des Spruchs einer solchen Schlichtungsstelle.

Danke schön! – Jetzt geht es weiter mit einer Nachfrage des Kollegen Buchholz. – Bitte schön!

Danke schön! – Frau Senatorin! Wie erklären Sie sich die Haltung der Deutschen Bahn und ihrer Tochter DB Regio speziell im Berliner Fall? – In Nordrhein-Westfalen hat die DB Regio die dortige Schlichtungsstelle Nahverkehr

anstandslos und seit mehr als einem Jahr unterstützt. Sehen Sie nicht die Notwendigkeit, dass das Land Berlin seinen Unmut über diese Verweigerungshaltung der Bahn klarer äußert?

[Beifall von Felicitas Kubala (Grüne)]

Frau Senatorin Junge-Reyer – bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Buchholz! Nun ist die DB Regio in dieser Region nicht völlig führungslos. Wir müssen sehen, dass sie Bestandteil eines großen Konzerns ist. Ich erwarte in einer solchen Situation handlungsleitende Weisungen der Konzernspitze der Deutschen Bahn.

Nun hat die Kollegin Hämmerling das Wort zu einer Nachfrage. – Bitte schön!

Schönen Dank, Herr Präsident! – Frau Junge-Reyer! Das waren recht ausführliche Aussagen zum Eisenbahnverkehr. Meine Frage ist angesichts der Chaostage bei der S-Bahn vor Kurzem: Welche Maßnahmen wollen Sie ergreifen, damit Fahrgäste, die beispielsweise aufgrund einer verspäteten S-Bahn ihren Zug nicht bekommen und eine wichtige Reise verpassen, auch eine Entschädigung erhalten können?

Frau Senatorin Junge-Reyer – bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Hämmerling! Es geht hier nicht darum, dass wir große bürokratische Verfahren zur Rückzahlung eines Fahrpreises, ggf. eines halben Fahrpreises – das wäre in etwa eine Größenordnung von einem Euro – produzieren wollen. Mir liegt daran, dass sich die Leistungsfähigkeit und die Qualität des Angebots steigern. Ein von Ihnen angedeuteter Schadenersatzanspruch wegen nicht eingetretener wirtschaftlicher Vorteile ist nach meiner Einschätzung rechtlich kaum zu konstruieren. Diese Probleme haben wir nach wie vor. Sie wissen, dass die BVG freiwillig bestimmte Leistungen z. B. bei Verschmutzungen oder Verspätungen erbringt und sich im Wege der Kulanz gegenüber den Kundinnen und Kunden großzügig zeigt. Ein solches Verhalten kann ich mir bei der S-Bahn auch vorstellen. Eine vertragliche Regelung mit einer Tochter der Deutschen Bahn scheint nicht möglich zu sein.

Danke schön, Frau Senatorin! – Weitere Nachfragen gibt es nicht.

Dann kommen wir zur Mündlichen Anfrage Nr. 7 des Kollegen Friederici von der CDU-Fraktion zum Thema

Weshalb hat der Berliner Senat den Antrag der Berliner Taxi-Innung e. V. für eine Taxitariferhöhung vor wenigen Tagen abgelehnt?

Bitte schön, Herr Friederici!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Ich frage den Senat:

1. Weshalb hat der Senat die beantragte Taxitariferhöhung mit der Begründung abgelehnt, die Dieselpreise seien nicht nennenswert gestiegen, wenn er doch auch hätte berücksichtigen müssen, dass im Betrachtungszeitraum seit der letzten Erhöhung die Lebenshaltungskosten und die Fahrzeugversicherungskosten gestiegen sind ebenso wie die Preise für Taxifahrzeugneuanschaffungen?

2. Aus welchem Grund hat der Senat nicht aus eigenem Antrieb einen Kompromissvorschlag unterbreitet, der den oben genannten Fakten Rechnung trägt, und damit einen Tarif beschlossen, der zwischen dem beantragten und bisherigen Preis hätte liegen können?

Für den Senat antwortet die Stadtentwicklungssenatorin Frau Junge-Reyer. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Friederici! Der Senat hat die beantragte Tariferhöhung nicht abgelehnt. Vielmehr hat die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung die Verbände noch für diesen Monat zur Weiterführung der Gespräche eingeladen. Ich habe auch persönlich mit den Vertretern der jeweiligen Innungen gesprochen. Wir wollen den Tarifantrag unter Berücksichtigung der zwischenzeitlichen Entwicklungen, vor allem der Dieselkraftstoffpreise, noch einmal betrachten und die wirtschaftliche Situation der Taxiunternehmen unter diesen veränderten Bedingungen erörtern.

Der Tarifantrag war mit dem Anstieg sowohl der fixen als auch der variablen Kosten begründet worden. Es wurde ausgeführt, dass der Taxibetrieb mit den alten Tarifen angesichts der erwarteten wirtschaftlichen Bedingungen nicht mehr möglich sein könnte. Die Zahlenangaben des Gewerbes bezogen sich wesentlich auf die Steigerung der variablen Kosten um etwa 15 Prozent. Die variablen Kosten sind aber weit überwiegend oder gänzlich die Kosten

für den Kraftstoff. In einer solchen Situation kann mit der bisherigen Begründung ein Tarifantrag nicht genehmigt werden. Wir wollen deshalb die weiteren Begründungen, die die Innungen angekündigt haben, im Gespräch erörtern. Wir tun dies gemeinsam mit der IHK. Es ist richtig, dass wir auf der einen Seite sehen, dass die Kraftstoffpreise von etwa 1,49 Euro im Juli 2008 auf inzwischen etwas über 1 Euro gesunken sind, dass wir aber gleichzeitig die sonstigen Kosten, die die Innungen nunmehr geltend machen wollen, fair miteinander betrachten.

Wir werden die entsprechenden Unterlagen – so ist es zugesichert – in Kürze erhalten. Zum Beispiel ist uns dargestellt worden, dass Versicherungsprämien gestiegen sind. Wir erwarten die schriftliche Darstellung bzw. die Begründungen, und dann werden wir uns mit den Unternehmen die gesamte Begründung für mögliche Tariferhöhungen anschauen. Deshalb kann ich Ihnen in Aussicht stellen – wie ich das den Vertretern gegenüber auch getan habe –, dass eine Tariferhöhung möglich ist, aber die Begründung muss stimmen.

Danke schön, Frau Senatorin! – Jetzt gibt es eine Nachfrage des Kollegen Friederici. – Bitte schön, Herr Kollege!

Vielen Dank, Herr Präsident! Vielen Dank, Frau Senatorin! Gibt es in Ihrem Hause darüber hinaus auch Ideen und Konzepte zur Attraktivitäts- oder Umsatzsteigerung im Taxigewerbe, beispielsweise ein Konzept dergestalt, dass Taxihalteplätze künftig verstärkt auch mit der Innung sowie den anderen Taxiverbänden abgesprochen werden und vielleicht bei der Planung des Flughafens BBI die Taxihaltsituation gemeinsam mit diesen Verbänden besprochen wird?

Frau Senatorin Junge-Reyer!

Herr Präsident! Herr Abgeordneter Friederici! Es gibt eine sogenannte regelmäßige Taxi-Runde, die Sie wahrscheinlich kennen, bei der nicht nur die Tarife Gegenstand der Erörterungen sind. Die Innung, aber auch die anderen Vertreter der Verbände sind dazu eingeladen, sich mit einer gewissen Moderation – die offensichtlich erforderlich ist – untereinander abzustimmen. Sie wissen, dass es insbesondere bezogen auf den BBI von großer Bedeutung ist, sich auch mit den Brandenburger Unternehmen abzustimmen. Das ist nicht einfach gewesen, und ich bin froh darüber, dass hier Verständigungen über Dinge erzielt worden sind, die in Konkurrenz zueinander diskutiert werden.

Zur Qualität des Angebots gibt es zum Beispiel in Tegel in Zusammenarbeit mit der Berliner Flughafengesellschaft einen Vorschlag, wie die Qualität des Angebots des Taxenverkehrs in Berlin erhöht werden kann, nach meiner Einschätzung erhöht werden wird. Ich bin froh darüber, dass die Innung, dass die Verbände ebenfalls ein großes Interesse an einer solchen Qualitätserhöhung haben und dies öffentlich deutlich machen.

Eine Nachfrage des Kollegen Buchholz! – Bitte schön, Herr Buchholz!

Frau Senatorin! Hinsichtlich der von Ihnen angesprochenen Taxi-Runde: Werden dort auch Gespräche über die Qualität einzelner Taxen geführt, die ihren Fahrgästen mitunter leider zumuten, dass man nicht nur auf durchgesessenen Sitzen Platz nehmen muss, bei denen man fast den Eindruck hat, auf dem Boden zu sitzen, und auch gelegentlich eine ganze Türarmatur in der Hand haben kann? Gibt es auch Gespräche hinsichtlich der Qualitätssicherung?

Frau Senatorin Junge-Reyer!

Herr Präsident! Herr Abgeordneter Buchholz! Auch darüber gibt es Gespräche. Gerade in den letzten Tagen und Wochen habe ich in Gesprächen mit Vertretern des Taxigewerbes erlebt, dass es großes Interesse daran gibt, ein qualitativ hochwertiges Angebot auch hinsichtlich des Aussehens der jeweiligen Taxe zu bieten und sich über das Auftreten der Taxifahrer gegenüber den Kunden Gedanken zu machen, die Berliner Schnauze mit einer Höflichkeit und Freundlichkeit zu verbinden, die für Berlin weiter typisch sein kann, aber auch für die Hauptstadt ein gutes Aushängeschild ist.

Danke schön, Frau Senatorin!

Jetzt geht es weiter mit einer Anfrage der Kollegin Baba von der Linksfraktion zu dem Thema

Sperrbezirke für Prostituierte?

Bitte schön, Frau Baba!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:

1. Wie beurteilt der Senat das Ansinnen aus einem Berliner Bezirk, Sperrbezirke für Prostituierte einzurichten?

2. Wie schätzt der Senat die Bedingungen im Prostitutionsgewerbe nach dem Inkrafttreten des Prostitutionsgesetzes ein, wie haben sie sich verbessert, und welcher Handlungsbedarf besteht nach Auffassung des Senates weiterhin?

Danke schön! – Für den Senat antwortet der Innensenator, Herr Dr. Körting. – Bitte schön, Herr Dr. Körting!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Baba! Die Landesregierung hält nichts von der Einrichtung von Sperrbezirken im Land Berlin. Ich muss Ihre Frage allerdings in einem Punkt korrigieren: Der Bezirksbürgermeister, den Sie angesprochen haben, schlägt nicht oder nicht mehr vor, Sperrbezirke einzurichten, sondern er bezieht sich darauf, für oder vor bestimmten sozialen Einrichtungen nach Artikel 297 des Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch für öffentliche Straßen, Wege, Plätze, Anlagen und sonstige Orte, die von dort aus eingesehen werden können, durch Rechtsverordnung zu verbieten, der Prostitution nachzugehen.

Auch dieses halte ich nicht für zielführend, weil das, was man erreichen will, den Schutz von Jugendlichen, heute schon über § 184e des Strafgesetzbuches möglich ist. Danach ist es nämlich verboten und strafrechtlich bewehrt, der Prostitution in der Nähe einer Schule oder anderen Örtlichkeit nachzugehen, die zum Besuch von Personen unter achtzehn Jahren bestimmt ist, und dies in einer Weise zu tun, die diese Personen sittlich gefährdet. Insofern haben wir die Möglichkeit, wenn im Schul- oder Kindertagesstättenbereich der Prostitution in einer Weise nachgegangen wird, die sittlich gefährdet, durch entsprechende Maßnahmen vorzugehen – nach § 184e des Strafgesetzbuches, Platzverweis oder Ähnlichem. Deshalb sieht das Land Berlin im Moment keinen Handlungsbedarf im Sinne der Anregung des Bezirksbürgermeisters.

Wir sehen jedoch Handlungsbedarf und kommen diesem auch nach, mithilfe von Straßenarbeitern und Initiativen wie Hydra das Gespräch mit den Prostituierten zu suchen und diesen die Problematik darzustellen. Dies hat im Übrigen dazu geführt, nachdem es eine Zeitlang Prostitution in der Nähe einer Kindertagesstätte gegeben hatte, dass diese nach den Beobachtungen der Polizei dort inzwischen nicht mehr stattfindet. Das heißt, das belehrende Gespräch hat dazu beigetragen, das Problem zu verändern. Trotzdem sehe ich aus dem, was der Bezirksbürgermeister vorträgt, dass es eine Belästigung gibt, wenn Prostitution in Fahrzeugen vor der Wohnungstür oder in ähnlicher Art und Weise stattfindet. Wir meinen aber, dass das nicht durch Verbote gesteuert werden kann,

sondern nur durch entsprechende Belehrungen und das Einwirken auf die Betroffenen.