Protokoll der Sitzung vom 22.03.2007

Ich fordere in einem letzten Satz, dass ein wirksames Konzept für die Jüngsten in unserer Stadt entwickelt wird. Und – the best at the rest –: Lassen Sie uns als Politikerinnen und Politiker bei allem vorangehen und konkret am 1. Mai damit beginnen, das Abgeordnetenhaus von Berlin qualmfrei zu machen. – Ich danke Ihnen!

[Beifall bei den Grünen – Vereinzelter Beifall bei der SPD, der CDU und der Linksfraktion]

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Kosche! – Für die SPDFraktion hat jetzt die Frau Abgeordnete Stefanie Winde das Wort. – Bitte!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Eins der ersten Dinge, die mir als neue Abgeordnete hier im Hause auffielen, als ich im letzten Jahr hier einzog, war der Zigarettenrauch, der einem in den Fluren und

in bestimmten Bereichen der Fraktionen entgegenwehte. Fast schon als Aufforderung zum Rauchen stehen überall diese großen, eben schon von Frau Kosche erwähnten Standaschenbecher herum, und vor dem Plenarsaal kann man sicher sein, dass man durch eine dicke Wolke von Tabaksqualm gehen muss, um ins Plenum zu gelangen.

Inzwischen gibt es in unserer Fraktionen einen Beschluss, dass in allen Fraktionsgemeinschaftsräumen nicht mehr geraucht werden darf. Plötzlich trifft man dort nicht mehr nur Raucher an.

Aber das war nur der Anfang, denn die Koalitionsfraktionen legen heute einen Antrag vor, der das gesamte Abgeordnetenhaus zum Nichtraucherbereich machen soll. Wir hoffen nicht nur aus unseren eigenen Reihen auf Unterstützung, sondern auf eine fraktionsübergreifende Zustimmung.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der Linksfraktion]

Wenn es in den letzten Wochen und Monaten in der Diskussion um die Einführung eines umfassenden Nichtraucherschutzes ging, war immer wieder die Rede davon, dass die Nichtraucher doch Toleranz gegenüber den Rauchern üben sollten. Aber das ist keine Frage von Toleranz, sondern eine Frage von Gesundheitsschutz. Wenn man sich die Zahlen anschaut, wie viele Menschen jährlich in Deutschland durch Passivrauchen sterben – das sind immerhin rund 3 300 Menschen im Jahr, ganz zu schweigen von den diversen Erkrankungen –, dann ist es ein Gebot der Vernunft, einen umfassenden Nichtraucherschutz durchzusetzen.

Geraucht wird derzeit in Deutschland – und damit auch in Berlin – fast überall. Das bedeutet, dass sich etwas ändern muss. Wir wollen, dass das Abgeordnetenhaus mit gutem Beispiel vorangeht und rauchfrei wird. Das ist eine Frage der Glaubwürdigkeit. Damit wenden wir uns – mehrheitlich zumindest – auch gegen den soeben eingebrachten Antrag, Ausnahmen im eigenen Haus vorzusehen.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Was wir hier im Abgeordnetenhaus beginnen, soll an anderen Stellen fortgesetzt werden. In öffentlichen Gebäuden, Krankenhäusern, Bildungs- und Sporteinrichtungen wie in allen Gaststätten und Diskotheken, das heißt, überall dort, wo sich Menschen in der Öffentlichkeit aufhalten, soll das Rauchen in geschlossenen Räumen künftig nicht mehr weiter erlaubt sein.

Während das Rauchverbot in öffentlichen Gebäuden relativ unumstritten zu sein scheint, können wir in den vergangenen Monaten eine ausgeprägte Diskussion zum Rauchverbot in Gaststätten, insbesondere in Kneipen, beobachten. Es wäre wünschenswert, wenn der Schutz vor Passivrauchen in ganz Deutschland einheitlich geregelt würde. Die Ministerpräsidenten haben heute deswegen zusammengesessen und waren sich im Grundsatz immerhin einig, allerdings wünschen einige Länder Ausnahmen.

Wir in Berlin wollen aber den Nichtraucherschutz nicht von den Herren Koch, Rüttgers oder Wulff abhängig machen, wir wollen das Rauchen in allen Gaststätten untersagen. Derzeit sind noch abgeschlossene Raucherräume in der Diskussion, aber das ist noch nicht sicher. Neuste Forschungen haben ergeben, dass Entlüftungsanlagen, die in der Diskussion immer wieder erwähnt werden, nur eine geringe Besserung der Luftqualität bringen. Da müssen sehr komplizierte und teure Filteranlagen her. Das benachteiligt aber kleine Gaststätten,

[Vereinzelter Beifall bei der SPD]

die sich das aus räumlichen, vor allem aber aus finanziellen Gründen nicht erlauben können.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Ich erwähne noch einmal, dass nicht nur die Gäste in den Gaststätten geschützt werden sollen, sondern auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, für die als einzige Arbeitnehmergruppe in der Bundesrepublik das Recht auf einen rauchfreien Arbeitsplatz außer Kraft gesetzt wurde.

[Beifall bei der SPD, der Linksfraktion und den Grünen]

Es steht Berlin gut an, wenn wir in ganz Deutschland eine Vorreiterrolle zum Schutz vor Passivrauchen einnehmen. Die Umfrageergebnisse geben uns recht. Von 2005 bis heute ist die Quote der Befürworter auf 67 Prozent gestiegen. Die Furcht vor anhaltenden Umsatzeinbrüchen oder Arbeitsplatzeinbußen ist unberechtigt, wie die Ergebnisse in anderen europäischen Ländern und auch in den USA ergeben haben.

Nach anfänglichem Umsatzrückgang sind die Zahlen inzwischen überall wieder auf demselben Niveau, zum Teil sogar höher. Es wird plötzlich auch für Nichtraucher attraktiver, sich in ein Restaurant, ein Café oder eine Kneipe zu begeben.

Meine Damen und Herren! Sie sehen, es geht nicht um Schikane, sondern um einen aktiven Gesundheitsschutz. Sorgen wir dafür, dass sich die Menschen wieder gemeinsam zum Essen, Trinken und Feiern treffen können und das in einer angenehmen und vor allem gesunden Atmosphäre! – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion – Beifall von Marion Czaja (CDU)]

Danke schön, Frau Kollegin Winde! – Für die Fraktion der CDU hat nun der Kollege Czaja das Wort. – Bitte schön, Herr Czaja!

Danke schön! – Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Schutz von Nichtrauchern vor den gesundheitlichen Risiken des Passivrauchens ist ein An

liegen, das die CDU-Fraktion in breiter Mehrheit im Abgeordnetenhaus unterstützt.

[Beifall bei der CDU]

Wir begrüßen auch ausdrücklich die Einigung der Ministerpräsidenten vom Februar dieses Jahres und hoffen, dass jetzt kein allzu großer Flickenteppich entsteht. Die Zahlen sind ebenso bedrückend, wie sie seit langem bekannt sind. Über 140 000 Menschen sterben jedes Jahr in Deutschland an den Folgen des Rauchens, über 3 000 von ihnen an den Folgen des Passivrauchens. Um gegen diese erschreckenden Zahlen etwas zu tun, unterstützen wir alle Anträge, die heute zum Nichtraucherschutz ins Parlament eingebracht worden sind. Wir unterstützen jedoch den gegenläufigen Antrag vom Kollegen Hillenberg und anderen Mitunterzeichnern nicht.

[Beifall bei der CDU und der Linksfraktion – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Wer zwanzig Zigaretten am Tag raucht und das über zwanzig Jahre, Herr Kollege Hillenberg, der hat ungefähr sechs Kilogramm Rauchstaub in seiner Lunge. Diese Art von Rauchvergiftung verkürzt sein Leben – statistisch gesehen – um sechs Jahre. Das wollen wir bei Ihnen nicht, deswegen sollten Sie vielleicht auch in dieser Frage zur Einsicht gelangen.

Zumindest heute sollte jedem klar sein, dass es zwar möglich ist, dass sich Raucher vor Nichtrauchern schützen, aber das es nicht möglich ist, dass sich Nichtraucher vor Rauchern schützen. Diese schädlichen Folgen müssen alle in der Gesellschaft tragen. Allein der volkswirtschaftliche Schaden ist enorm. Eine Studie in jüngster Zeit errechnete die Summe von 6 Milliarden € Schäden durch Frühableben, über 12 Milliarden € Schäden durch Arbeitsunfähigkeit und eine Summe in Höhe von über 23 Milliarden € durch Invalidität.

[Ralf Hillenberg (SPD) meldet sich zu einer Zwischenfrage.]

Insbesondere der Schutz der Jugendlichen steht im Mittelpunkt unserer Arbeit. In Deutschland liegt der Anteil jugendlicher Raucher bei 30 Prozent, in Kalifornien, wo der Nichtraucherschutz sehr viel stärker ausgeprägt ist, sind es nur 8 Prozent.

Herr Kollege! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Hillenberg?

Natürlich, Herr Hillenberg!

Bitte, Herr Kollege Hillenberg, Sie haben das Wort!

Herr Czaja! Der guten Ordnung halber wollte ich nur sagen, dass ich erst seit viereinhalb Jahren rauche. Das ist die Nummer eins.

Das Zweite ist: Der Antrag lautete, dass hier im Haus den Rauchern ein Raum zur Verfügung gestellt werden sollte, damit sie das Gebäude nicht verlassen müssen. Hätten Sie dafür Verständnis? Das wäre so eine Art Minderheitenschutz.

Bitte, Herr Kollege Czaja!

Ich finde, dass wir den Minderheitenschutz dadurch haben, dass wir über einen entsprechenden Restaurantbereich verfügen. In diesem Bereich wird es weiterhin einen kleinen Raum geben, in dem sich die Raucher aufhalten können. Das wird höchstwahrscheinlich durch die Regelung in diesem Haus nicht ausgenommen werden. Aber dass Sie auf allen Fluren und in den SPD-Räumen rauchen müssen, sehen wir nicht ein. Das muss nicht sein.

[Beifall bei der CDU – Och! von der SPD]

Den bisherigen Versuchen, den Tabakkonsum auf freiwilliger Basis einzuschränken, war kein Erfolg beschieden. Die erhöhte Einsicht in die gesundheitlichen Risiken ist bei Rauchern leider nicht gegeben. Auch der Selbstverpflichtung des Hotel- und Gaststättengewerbes sind leider nur 30 Prozent der Gastwirte und Restaurantbesitzer gefolgt. Das ist in unseren Augen zu wenig, um von einem Erfolg sprechen zu können.

Da Selbstverpflichtung nicht zum erwünschten Erfolg führt, muss im Sinn eines wirksamen Nichtraucherschutzes in öffentlichen Räumen und in Restaurants das Rauchen verboten werden. Im Übrigen hat sich mittlerweile gezeigt, dass selbst 53 Prozent der Raucher qualmfreie gastronomische Einrichtungen befürworten. Vor allem italienische Gastwirte werden in der Stadt die Debatte sehr entspannt betrachten, wissen sie doch, dass das Rauchverbot in Italien vor zwei Jahren zu keinerlei Umsatzeinbußen, sondern im Gegenteil zu Umsatzzuwachs geführt hat.

Die CDU-Fraktion unterstützt die grundsätzliche Novellierung des Gaststättengesetzes ausdrücklich. Der vorliegende Antrag kann nur als ein Anfang gesehen werden. In der jetzigen Fassung sind noch einige Formulierungen, die sicher nicht so gemeint sind. Es gibt zwar in Brandenburg „Straußenwirtschaften“, Frau Kollegin, aber die Straußwirtschaften können wir in Berlin nicht ausschließen, aber sie sind in Ihrem Gesetz noch enthalten. Sie kommen von dem Namen, dass an der Front der Gaststätten, die Äppelwoi ausschenken, ein Strauß Wiesenblumen hängt. Aber das ist in Berlin wirklich nicht der Fall. Den Passus in § 26 Ihres jetzigen Gesetzesentwurfs, dass bayerische und pfälzische Gäste in Berlin besonders geschützt

werden müssen, halten wir ebenso nicht für zwingend erforderlich.

Die CDU-Fraktion unterstützt jedoch die vorliegenden Anträge, damit der Senat tätig sein kann und nicht nur einen Antrag der Regierungsfraktionen für das Abgeordnetenhaus einreicht, sondern auch eine Veränderung des Berliner Gaststättengesetzes in Angriff nimmt. Wir werden uns der Debatte in den Ausschüssen konstruktiv stellen und der Grundtendenz Ihrer Anträge folgen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der Linksfraktion]

Danke schön, Herr Kollege Czaja! – Für die Linksfraktion hat nunmehr Kollege Dr. Albers das Wort. – Bitte sehr!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Man sollte dieses gemütliche Beisammensein nicht unnütz strapazieren, man muss ja auch nicht jedes Mal nach dem Motto verfahren: Es ist zwar schon alles gesagt worden, aber noch nicht von jedem. – Deswegen habe ich mir den Kollegen Lindner zum Vorbild genommen

[Gelächter bei den Grünen]