Protokoll der Sitzung vom 30.05.2013

Pfandsystem und Mülleimer für gebrauchte Spritzen

Bitte schön, Herr Kollege!

Vielen Dank! – Ich frage den Senat:

1. Wie beurteilt die Senatsverwaltung die Anschaffung eines Pfandsystems/-automaten für an Drogenkonsumenten ausgehändigte Spritzen, um so die Sicherheit von Passanten, insbesondere von Kindern, durch weggeworfene, gebrauchte und evtl. infizierte Spritzen nicht zu gefährden?

2. Welche Gründe liegen dafür vor, dass an den Spritzenautomaten und in den Gebieten, an welchen sich vermehrt Drogenkonsumenten aufhalten, keine Mülleimer speziell für gebrauchte Spritzen aufgestellt werden, um so zumindest einen Teil der achtlos weggeworfenen Spritzen zu vermeiden, und wie sieht dies die Senatsverwaltung?

Senator Czaja, bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Simon! Im Namen des Senats beantworte ich Ihre Mündliche Anfrage wie folgt: Grundsätzlich besteht vonseiten des Senats ein hohes Interesse daran, dass weder Kinder noch Passanten durch von Drogenabhängigen weggeworfene Spritzen gefährdet werden. Ein Pfandsystem dürfte sich nicht nur auf einen, sondern müsste sich natürlich auf alle Automaten beziehen. Aber es müsste darüber hinaus auch noch für Apotheken und das Internet gelten, da noch nicht einmal fünf Prozent der Kanülen, die Berliner Drogenabhängige benutzen, aus den 17 Berliner Automaten stammen.

Ein Pfandsystem stellt auch deshalb keine Lösung dar, weil es, wie Erfahrungen mit anderen Pfandsystemen zeigen, keine Gewähr dafür bietet, dass nicht auch weiterhin Spritzen einfach weggeworfen werden. Hinzu kämen derzeit unüberschaubare logistische Probleme bei der Umsetzung, von den Kosten ganz zu schweigen. Die Drogenhilfeträger tun ihr Möglichstes, um Drogenabhängige zu informieren und davon zu überzeugen, Unbeteiligte Dritte nicht zu gefährden. Die Mitarbeiter von „Fixpunkt“ stellen Entsorgungsbehälter auf und suchen gegebenenfalls Gelände nach Spritzen ab. Bisher handelt es sich bei Spritzen, die in der Öffentlichkeit liegengelassen wurden, um Einzelfälle, die sich an bestimmten Örtlichkeiten, z. B. am Stuttgarter Platz und geringer auch an der Osloer Straße, konzentriert haben. In der Kooperation zwischen „Fixpunkt“ als Drogenhilfeträger, dem zuständigen Polizeiabschnitt und dem Ordnungs- und Grünflächenamt des Bezirks wurden in der Vergangenheit immer Lösungen gefunden, die auch dem legitimen Interesse der Bevölkerung Rechnung getragen haben.

Nun zu Ihrer zweiten Frage: Der Dogenhilfeträger „Fixpunkt“, der die Funktionsfähigkeit der Automaten überwacht, stellt auf Wunsch des jeweiligen Bezirks direkt neben den Spritzenautomaten Entsorgungsbehälter auf. In der aktuellen Diskussion ging es um die Osloer Straße. Dort befindet sich direkt neben dem Spritzenautomaten ein Entsorgungsbehälter für gebrauchte Spritzen.

Grundsätzlich ist die Aufstellung von Entsorgungsbehältern an Orten im öffentlichen Raum, an denen Drogen gespritzt werden, eine dem Problem angemessene und möglicherweise pragmatische Maßnahme. Es ist aber auf das drogen- und suchtpolitische Dilemma hinzuweisen, das mit der Aufstellung eines Entsorgungsbehälters bei Konsumenten und Konsumentinnen und in der Nachbarschaft der Eindruck erweckt werden könnte, dass der Drogenkonsum genau an dieser Stelle toleriert werde. Dies könnte zu einer Verfestigung der Nutzung dieses Konsumorts führen, was aber häufig gerade nicht gewünscht ist. Aus dem Grund wurde – bis auf seltene Ausnahmen – in der Vergangenheit von der Aufstellung solcher Behältnisse abgesehen. Dies wird aber immer

(Senator Mario Czaja)

zwischen den Bezirken und dem Drogenhilfeträger „Fixpunkt“, der das Angebot für alle 17 Automaten gemacht hat, vereinbart.

Vielen Dank! – Herr Kollege Simon! Wünschen Sie, eine Nachfrage zu stellen? – Bitte schön!

Danke schön, Herr Senator! Ich habe eine Broschüre von „Fixpunkt“ – zweite geänderte Auflage 2012, Stand Dezember 2012. Darin schreibt „Fixpunkt“:

Öffentliche Entsorgungsbehälter direkt an Automaten werden kaum genutzt und sind deshalb in der Regel nicht sinnvoll.

Habe ich Sie richtig verstanden, dass es bei einigen Automaten Entsorgungsmöglichkeiten gibt und bei anderen nicht?

Herr Senator, bitte schön!

Herr Abgeordneter! Sie haben mich richtig verstanden. Die Eigentümer, auf deren Flächen die Automaten von „Fixpunkt“ stehen, sind die Bezirke. Diese vereinbaren mit dem Drogenhilfeträger, an welchem Standort die Automaten stehen, führen teilweise Versetzungen durch, und sie entscheiden darüber, ob es die Behälter an den Standorten gibt oder nicht. Da es häufig so ist, dass genau an den Orten der Konsum weder gewünscht ist noch stattfindet, werden die Restebehälter dort auch nicht genutzt. Deswegen halten es Bezirke häufig nicht für sinnvoll, dass an den Standorten ein solcher Behälter aufgestellt wird. Das wird gemeinsam mit dem Träger entwickelt.

Es ist keine zentrale Aufgabe, die seitens des Senats durchgeführt wird, sondern der Drogenhilfeträger „Fixpunkt“ ist mit den Bezirken bei vorhandener Drogenszene im Gespräch, ob ein solcher Automat aufgestellt werden soll oder nicht. Das erfolgt ausschließlich, wenn der Bezirk damit einverstanden ist und alle Rahmenbedingungen mit dem Bezirk besprochen werden.

Vielen Dank! – Die nächste Nachfrage geht an den Kollegen Lauer. – Bitte schön!

Sehr geehrter Herr Senator Czaja! Nur um das Problem besser verstehen zu können: Wie viele Orte gibt es in Berlin für Drogenabhängige, die sich Drogen unter ärztlicher Aufsicht spritzen möchten oder zumindest unter Aufsicht von Menschen, die sich damit auskennen? Wo können sie sich Drogen verabreichen beziehungsweise die benutzten Gerätschaften direkt an Ort und Stelle entsorgen? Wenn es einen solchen Ort gäbe, gäbe es auch keinen Bedarf, etwas auf die Straße zu schmeißen. Besteht ein Bedarf an solchen Orten? Können Sie das einordnen?

Herr Senator Czaja!

Herr Abgeordneter Lauer! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt an unterschiedlichen Orten in Berlin sogenannte Drogenkonsumräume, in denen unter ärztlicher Aufsicht und in Begleitung von Hilfeanbietern, die aus der Drogensucht herausführen, Drogen konsumiert werden können. Damit ist sowohl ärztliche Begleitung als auch ordnungsgemäße Entsorgung möglich. Nicht alle der rund 4 000 Heroinabhängigen in Berlin nutzen ein solches Angebot. Es ist häufig so, dass eine verfestigte Szene nicht an einem Standort ist, sondern Drogenkonsum auch zuhause stattfindet oder an anderen unterschiedlichen Orten. Aber das Angebot der Hilfe und Substitution gibt es an unterschiedlichen Orten in Berlin unter ärztlicher Begleitung. Das Netzwerk der Drogenhilfe hat sich in Berlin bewährt.

Vielen Dank!

Dann kommen wir jetzt zur Frage Nr. 3 des Kollegen Mutlu von der Fraktion der Grünen:

Fehlende Planungsgrundlage für Schulen in freien Trägerschaft?

Bitte schön, Herr Kollege!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:

1. Warum kommt die Senatsverwaltung für Finanzen ihrer Mitzeichnungspflicht nicht nach und bestätigt die von der Senatsbildungsverwaltung im Februar 2013 berechneten Personalkostendurchschnittssätze als Grundlage für die Zuschussberechnung, damit die Schulen in freier Trägerschaft das kommende Schul

jahr 2013/14 tatsächlich mit belastbaren Zahlen planen können?

2. Wann können die Schulen in freier Trägerschaft tatsächlich mit den Bescheiden für das Kalenderjahr 2013 rechnen, und wie kann der Vorgang beschleunigt werden, damit die Schulen in freier Trägerschaft künftig mit aktuellen, verlässlichen Zahlen planen können?

Vielen Dank! – Es antwortet Frau Senatorin Scheeres. – Bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Abgeordneter Mutlu! Ich möchte hier der Sorge entgegentreten, dass die Schulen in freier Trägerschaft nicht planen können. Der Senat ist sich seiner Verantwortung bewusst – auch bezüglich der Schulen in freier Trägerschaft. Aber Sie wissen auch – das ist selbstverständlich –, dass wir eine Sorgfaltspflicht haben, gerade was die Prüfungen der rechtlich festgelegten Finanzierungsgrundlagen angeht. Wir befinden uns gerade im Abstimmungsprozess mit der Finanzverwaltung, was die Personalkostendurchschnittssätze angeht. Ich kann Ihnen jedoch versichern, dass die freien Schulen Abschlagszahlungen erhalten werden, sodass sie auf jeden Fall eine Planungssicherheit haben.

Wie Sie wissen, diskutieren wir insgesamt im Land Berlin über das komplexe Berechnungsverfahren, also über ein neues Finanzierungsmodell. Wir hatten dies als Thema im Haupt- und auch im Bildungsausschuss. Wir sind beauftragt, bis zum Ende des Jahres ein Modell vorzulegen. Wir sind hier auch in ganz enger Abstimmung mit den freien Schulen.

Zur zweiten Frage, die Sie angesprochen haben: Nach der Abstimmung mit der Finanzverwaltung ist der Weg so wie sonst auch. Es benötigt noch sechs bis acht Wochen, bis die freien Schulen ihre Bescheiderteilung erhalten.

Vielen Dank! – Herr Kollege Mutlu, Sie haben bestimmt eine Nachfrage. – Bitte schön!

Herr Präsident! Unabhängig von der politischen Entscheidung, wie die künftige Finanzierung oder Bezuschussung freier Schulen geschehen soll – worauf die freien Schulen seit Jahren warten –, wiederhole ich meine Frage. Sie sagten gerade, dass innerhalb von acht Wochen die freien Schulen Bescheide kriegen sollen, und die

acht Wochen sind bekanntlich um. Deshalb meine Frage: Können Sie erklären, warum Ihr Kollege, Finanzsenator Nußbaum, sich bisher nicht veranlasst sah, Ihre „soliden und verlässlichen“ Berechnungen gegenzuzeichnen, damit die Schulen das nächste Schuljahr unabhängig von Abschlagszahlungen planen können?

Bitte schön, Frau Senatorin!

Sehr geehrter Herr Abgeordneter Mutlu! Ich habe es eben beschrieben: Wir befinden uns gerade im Abstimmungsprozess, der ein wenig länger gedauert hat. Die Verfahren sind klar. Wenn wir in der Endabstimmung sind, werden die freien Schulen nach sechs bis acht Wochen definitiv Bescheid wissen. Ich habe aber auch angesprochen, dass die freien Schulen Planungssicherheit haben. Sie bekommen von uns eine Abschlagszahlung.

[Özcan Mutlu (GRÜNE): Das beantwortet meine Frage nicht!]

Vielen Dank! – Als Nächstes hat der Kollege Delius das Wort.

Frau Senatorin! Ich versuche es mal anders: Ich habe die Frage des Kollegen Mutlu so interpretiert, dass sie an die Senatsverwaltung für Finanzen gerichtet ist. Die wurde ja auch explizit genannt. Sie haben sich sicherlich im Senat abgestimmt, wer die Mündlichen Fragen beantwortet. Was waren denn die Gründe dafür, dass Sie und nicht die Senatsverwaltung für Finanzen, die offensichtlich den Prozess aufhält, antworten?

[Beifall von Özcan Mutlu (GRÜNE)]

Frau Senatorin!

Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Wir haben in diesem Zusammenhang die Federführung und stimmen uns mit Finanzen ab. Wir haben die Vorlage eingebracht. Dementsprechend bin ich hier für die Beantwortung zuständig.

[Beifall bei der SPD]

Vielen Dank!

Damit kommen wir zur Frage Nr. 4 des Kollegen Hakan Taş von der Fraktion Die Linke:

SPD fordert Aufhebung des Gesetzes zur Videoüberwachung von Versammlungen – wie reagiert der Senat?

Bitte schön, Herr Kollege!