Das ist auch gut so, weil die Fraktionen mit ihren Mitteln da natürlich sehr viel Schindluder treiben können. Sie rekurrieren damit wahrscheinlich auf meinem im Jahr 2014 stattgefundenen Austritt aus der Piratenpartei. Ich bereue keinen Tag. Es war gut so.
[Heiterkeit und Beifall bei der SPD und den GRÜNEN – Andreas Baum (PIRATEN): Was? Christopher! Ich bin erschüttert!]
Meine Fraktion war so cool zu sagen: Hej, bleib doch einfach. Mach doch weiter gute Innenpolitik, und deswegen stehe ich hier für diese Fraktion, um unseren außerordentlich tollen Antrag zu begründen.
Entschuldigung! Herr Kollege Zillich hat auch noch eine Frage. Vielleicht dient sie zur Bildungshebung und zur Beruhigung.
Ganz kurz: Ich habe noch einen kurzen Kommentar. Mir ist natürlich klar, dass sich nach meiner Vorrede diese Frage quasi aufgezwungen hat.
Vielen Dank! – Kollege Lauer! Sie haben natürlich vollkommen recht in Ihrer rechtlichen Bewertung der Situation von Fraktionen und von – –
Gleichwohl frage ich Sie, ob es nicht vielleicht angemessener wäre, wenn wir von der „Fraktion ehemaliger Piraten“ sprächen.
Wissen Sie, wir sind auf dem Weg, alle auszutreten, und es wird der Zeitpunkt kommen, wo wir eine satzungsändernde Mehrheit haben – mark my words. Ich würde trotzdem – wir können das hier auch gerne weiter zu einer Pressekonferenz machen –
gerne zu unserem außerordentlich guten Antrag reden, denn es hat einen ernsten Hintergrund. Wenn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter privater Securityfirmen Leute, die sie eigentlich unterstützen sollen, verprügeln, dann geht das nicht.
Es ist daher notwendig – zumindest aus Sicht meiner Fraktion –, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter privater Securityfirmen, die für das Land Berlin tätig werden, entsprechend gekennzeichnet werden.
Jetzt kann sich der eine oder die andere, der oder die sich schon mal mit der Gewerbe- und der Bewachungsverordnung auseinandergesetzt hat, die Frage stellen: Ja, Moment, da stehen doch Fälle drin, in denen Securitymitarbeiter Kennzeichnungen tragen müssen. – Das stimmt.
Aber genau für den Fall, der am LAGeSo stattfindet, müssen sie eben keine Kennzeichnung tragen. Ich zitiere jetzt aus § 11 der Bewachungsverordnung, aus der Begründung, um einfach den Geist des Gesetzes hier klarzukriegen, und auch was sich die Leute damals dabei gedacht haben, als sie Fälle formuliert haben, in denen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter privater Securityfirmen eine Kennzeichnung tragen müssen. Ich zitiere:
… im Konfliktfall nicht nur für betroffene Bürgerinnen und Bürger eine Identifizierung der Wachperson erleichtern. Entscheidender ist vielmehr die präventive Wirkung: Dadurch, dass die Wachperson sowie ihr Arbeitgeber nach außen hin für Dritte ohne Weiteres erkennbar sind, wird sie in stärkerem Maße zu einem gesetzestreuen Verhalten angehalten, als wenn sie ihre Tätigkeit zwar erkennbar als Wachperson, individuell aber nicht erkennbar, ausübt.
Und genau darum geht es. Wenn wir schon kein landeseigenes Personal haben, das diese Sicherheitsaufgaben wahrnimmt, dann müssen wir die Firmen, die diese Bewachungsaufgaben für das Land Berlin wahrnehmen, eben dazu verpflichten, eine nachvollziehbare Kennzeichnung zu tragen, um sie nämlich im Konfliktfall zum einen daran zu erinnern, dass sie identifizierbar sind, aber auch den Geschädigten zu ermöglichen, nach einem Konfliktfall zu sagen: Ja, es war der mit der Nummer soundso! – und nicht wie z. B. im LAGeSo diese unsägliche Firma Spysec – wo ich mich auch gefragt habe, wie man auf das schmale Brett kommen kann, eine Firma zu engagieren, die sich so nennt; aber gut! –, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tragen alle rote Jacken und sind eben nicht identifizierbar. – Und aus diesem Grund dieser Antrag!
Wir haben es dem Senat freigestellt, darüber zu entscheiden, auf welchem Wege er diese Kennzeichnung herbeiführen möchte. Es besteht einmal die Möglichkeit – das lässt § 34 der Gewerbeordnung zu –, dass das Land Berlin der Firma Gegenbauer bzw. der Firma Spysec eine Auflage erteilt, entsprechende Kennzeichnungen zu tragen, oder dass man einfach privat, was die Verträge angeht, mit der Firma noch mal nachverhandelt, und die Firma also über die freie Vertragsgestaltung dazu bringt, eben eine solche individuelle Kennzeichnung zu tragen.
Dabei überlassen wir es an der Stelle auch dem Senat, dafür zu sorgen, die Vergabe dieser Nummern zu ordnen. Wir wollen nämlich nicht, dass eine private Firma diese Nummern sortiert und dann im Zweifelsfall nicht mehr in der Lage ist, die Nummern zuzuordnen, sondern wir möchten, dass es genau für diese Aufgabe eine zentrale Stelle in der Verwaltung gibt, die sich Gedanken darüber macht, wie diese Nummern vergeben werden, und die dann auch vorhält, welcher Mitarbeiter welche Nummer trägt.
Wie Sie feststellen können, schlagen wir hier eine Nummer vor. Das hat auch den einfachen Hintergrund, dass es die Leute insbesondere in solchen Situationen wie am LAGeSo, wo vor allen Dingen Menschen sind, die eben nicht deutschsprachig sind, wahrscheinlich mit einer Nummer einfacher haben als mit irgendeinem längeren oder kürzeren deutschen Nachnamen – deswegen hier die Nummer.
Ansonsten: Ich freue mich jetzt natürlich auf die Beratung hier im Abgeordnetenhaus – im Plenum und dann auch in den Ausschüssen –, weil in meinen Augen eigentlich nichts gegen diesen Antrag spricht. Wir könnten ihn im Grunde genommen auch sofort beschließen. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Kollege Lauer! – Für die SPD-Fraktion erteile ich jetzt dem Kollegen Zimmermann das Wort. – Bitte sehr, Herr Kollege Zimmermann!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Am liebsten wäre es uns ja, wenn dieser Firma wegen dieser Vorfälle gekündigt würde oder jedenfalls geprüft wird, ob es nicht nötig ist, diese Firma durch eine andere zu ersetzen. Ich habe vernommen, dass das ernsthaft geprüft wird, und da wollen wir in der Tat auch ein Ergebnis hören – als Bericht –, ob dies der Fall ist oder nicht.
Aber jenseits dieses konkreten Falls muss festgehalten werden, dass wir grundsätzlich für die Wahrnehmung von Sicherheitsaufgaben die Polizei zuständig sehen,
Wir wissen aber auch, dass wir oftmals auf die Mitarbeit von privaten Sicherheitsunternehmen nicht verzichten können. Und in diesen Zeiten allemal wird jeder einsehen, dass auch der Einsatz Privater erforderlich ist und vermutlich auch, dass in diesem Fall das LAGeSo ohne die Mitwirkung von privaten Sicherheitsunternehmen dort nicht zurechtkommt – und deswegen muss man das im Prinzip unterstützen. Es kommt darauf an, ob diese Unternehmen mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern geeignet und hinreichend zuverlässig sind und ob sie die Gesetze einhalten – und dass sie die Gesetze einhalten und nicht etwa Wartende vor dem LAGeSo verprügeln. Denn das gehört zum Gesetzeeinhalten, dass man das gerade nicht tut.
Das erreicht man durch die entscheidenden Kriterien, die da eine Rolle spielen: das ist Qualifikation der Mitarbeiter, das ist eine vernünftige Bezahlung der Mitarbeiter, das ist eine vernünftige Prävention, und das ist Kontrolle. Und diese Aspekte müssen alle beim Einsatz von privaten Sicherheitsunternehmen erfüllt sein.
Jetzt legen Sie hier einen, wie ich finde, interessanten Vorschlag vor, wenn es um Prävention und Kontrolle geht – die beiden ebenfalls wichtigen Aspekte eines funktionierenden privaten Sicherheitsunternehmens. Sie schlagen vor, dass man dort die einzelnen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter individuell kennzeichnet, wie es ja die Polizei sinnvollerweise seit einiger Zeit auch tut.
Bislang gibt es keine Verpflichtung für ein privates Unternehmen, dies zu tun. Die Frage ist tatsächlich: Soll man es tun? Kann man es tun? – Hier haben wir in der Tat den Hinweis von Ihnen im Antrag, aber auch in der – aus meiner Sicht – ziemlich überzeugenden Begründung des Antrags: dass dem Bundesrecht dieser Gedanke überhaupt nicht fremd ist. Wir haben, Sie haben es angesprochen, in § 11 in der Bewachungsverordnung genau diesen Aspekt, dass bei Einsatz in sensiblen Bereichen eine solche Kennzeichnung erforderlich ist, nur ist sie eben ausdrücklich für diesen Zweck – Arbeit vor den Flüchtlingseinrichtungen oder vor dem LAGeSo – nicht vorgesehen, man könnte sagen, sie ist ausdrücklich ausgeschlossen. – Ich würde aber nicht so weit gehen zu sagen, es ist ausgeschlossen durch Bundesrecht, sondern würde gerne festhalten, dass auch aus meiner Sicht dieser Gedanke dem Recht nicht fremd ist.
Und jetzt ist die entscheidende Frage: Können wir diesen Rechtsgedanken auf unsere Fragen hier übertragen, etwa mit dem Gedanken, dass bei Personenkontakt in einem quasi hoheitlichen Bereich ebenfalls eine Identifizierung von einzelnen Handelnden dort möglich sein muss – sowohl aus präventiven als auch aus repressiven Gründen? – Aus meiner Sicht liegt eine solche ernsthafte und wohlwollende Prüfung durchaus nahe. Wir sollten uns damit auseinandersetzen.
Sofortabstimmung, Herr Kollege Lauer, wäre ein bisschen zu forsch, denn man muss wirklich ein bisschen nachdenken, ob man es tatsächlich ohne eine gesetzliche Änderung hinkriegt – vielleicht – und in welchem Verfahren der Senat das in einem vertraglichen Verhandlungsprozess noch regeln kann, entweder im Vertraglichen oder Sonstigem, in einer nachträglichen Auflage oder Ähnliches. Da werden wir auf die richtige Form gucken müssen, was man da machen kann. Also es ist schon noch eine Beratung nötig, aber ich kann für meine Fraktion eine wohlwollende Prüfung zusagen. – Herzlichen Dank!
Vielen Dank, Kollege Zimmermann! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht jetzt Kollege Lux. – Bitte schön!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Senat glänzt durch Abwesenheit, auch wenn er entschuldigt ist. Dass der Innensenator heute in dieser denkwürdigen Stunde des Parlaments bei der Sportministerkonferenz ist – da kann man durchaus geteilter Meinung sein, dass er weg ist.
Das Thema heute, private Sicherheitsdienste, ist ein durchaus altes; es handelt sich auch um eines der ältesten Gewerbe, die es in unserer Gesellschaft so gibt. Es war früher ja auch schon so, dass man sich durch Personen hat beschützen lassen. In Berlin stehen momentan 1 500 Beschäftigte, die das Leben oder das Eigentum anderer Personen schützen, in Lohn und Brot. Die private Sicherheitsbranche ist ein wachsender Markt – dieser Realität müssen wir ins Auge sehen: 2008 waren es 150 Unternehmen in Berlin; mittlerweile sind es 230 Unternehmen. Ich denke, diese Zahlen zeigen, dass sich Politik hier sorgen muss, und es ist auch richtig, dass die Piraten das ansprechen.
Erstens, Kollege Zimmermann: Die Polizeiabschnitte in Berlin sind allesamt bewacht von privaten Sicherheitsunternehmen. Selbst Einrichtungen wie das Krankenhaus des Maßregelvollzugs sind bewacht durch ein privates Sicherheitsunternehmen. Die Privatisierungswelle im Bereich der Sicherheit und des Wachschutzes ist unter Rot-Rot gelaufen im Zusammenhang mit den Einsparzeiten; das sollten wir hier nicht verschweigen, sondern wir müssen uns heute darum kümmern, dass das Gewaltmonopol des Staats auch durch den Staat durchgesetzt wird und dass Politik das gestalten muss. Das tun wir nicht, indem die Polizei – so, wie es die Politik von Herrn Henkel, des Innensenators, ist; deswegen hätte ich ihn heute auch gern direkt adressiert – sich weiter aus der Fläche zurückzieht: in Wannsee, Konradshöhe, Wittenau, Gatow, Kaulsdorf, Rahnsdorf, Blankenfelde, Lichtenrade – in allen Außenbezirken und Stadtteilen weniger Polizei. Fragen Sie mal die Bürgerinnen und Bürger dort, wann sie das letzte Mal dort eine Streife gesehen haben, wann sie das letzte Mal dort einen Kiezbeamten gesehen haben! Sie werden sich kaum erinnern können.
In gleicher Zeit steigt die Zahl der privaten Haushalte, die auf Sicherheitsdienste angewiesen sind. In Nikolassee wird sogar Werbung dafür gemacht – wir als Sicherheitsunternehmen bewachen Ihr Objekt –, und es sind mittlerweile schätzungsweise 5 000 Berliner Haushalte, die auf private Sicherheitsdienste zurückgreifen. Aber wir, die