Protokoll der Sitzung vom 18.02.2016

Vielen Dank! – Eine Nachfrage? – Bitte schön, Frau Radziwill!

Die Frage ist aus den Kreisen der ehrenamtlichen Helfer und Helferinnen an uns weitergereicht worden, und konkret möchte ich nachfragen: Erlischt die bisherige Gewährung von Leistungen damit, oder wird die Leistungsgewährung unkompliziert fortgesetzt? Es ist die Befürchtung, dass Menschen dann keine Leitungen mehr bekommen und es für sie noch komplizierter wird.

Bitte schön, Herr Senator Czaja!

Herr Präsident! Frau Abgeordnete! Wenn der Aufenthaltstitel bei der Ausländerbehörde oder beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge erlischt – wofür zwei andere Institutionen, nämlich entweder die Ausländerbehörde oder das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, verantwortlich sind –, dann erlischt natürlich auch ein Leistungsanspruch. Aber ich glaube, was Sie meinen, ist Folgendes: Wenn jemand möglicherweise keinen Termin bei der Ausländerbehörde bekommen hat, er aber, wenn er ihn dort hätte, eine Verlängerung des Aufenthaltstitels bekäme – also ohne sein Verschulden der Titel ausgelaufen ist, weil in dieser Institution kein Termin zustande gekommen ist –, dann verliert er seinen Leistungsanspruch nicht. Er muss nur einmal deutlich signalisieren, dass das der Grund dafür ist, dass sein Aufenthaltstitel abgelaufen ist.

Vielen Dank! – Die zweite Nachfrage geht an den Kollegen Taş von den Linken. – Bitte schön!

Danke, Herr Präsident! – Herr Czaja! Ist Ihnen bekannt, dass auch für die Verlängerung der Aufenthaltsgestattung die Geflüchteten in Berlin aktuell auf einen Termin bis Juni warten müssen?

Herr Senator!

(Senator Mario Czaja)

Herr Präsident! Herr Abgeordneter Taş! Noch einmal: Die Verlängerung des Aufenthaltstitels erfolgt nicht im Landesamt für Gesundheit und Soziales, sondern sie erfolgt in der Ausländerbehörde bzw. beim BAMF. Wenn es dazu kommt, dass es erst sehr spät einen Verlängerungstermin bei der Ausländerbehörde oder beim BAMF gibt, weil ein Termin so spät liegt, dann wird das im Verfahren der Leistungsgewährung dokumentiert, weil der Betreffende den Termin ja mitbringt, und dann gibt es auch für diesen Zeitraum, bis er den nächsten Termin bei der dafür notwendigen Behörde hat, die Leistungen. Aber die Aufenthaltsgestattung erfolgt nicht im LAGeSo, sondern sie erfolgt in der Ausländerbehörde bzw. beim BAMF.

Vielen Dank!

Als nächstes ist die CDU-Fraktion dran. Herr Ludewig – bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Wie bewertet der Senat die Auffassung der Kassenärztlichen Vereinigung, den Berliner Krankenhäusern Fälle der ambulanten Notfallversorgung nur zu vergüten, wenn ausführliche Begründungen für die Behandlung im Krankenhaus vorgelegt werden?

[Heidi Kosche (GRÜNE): Das war doch schon Thema der Aktuellen Stunde!]

Herr Senator Czaja!

Herr Präsident! Herr Abgeordneter Ludewig! Ich halte die Auffassung der Kassenärztlichen Vereinigung, dass bei jedem einzelnen Fall in einer Rettungsstelle das Krankenhaus dokumentieren muss, dass es sich um eine Gefahr für Leib und Leben gehandelt hat, für nicht sachgemäß. Oder um es einfacher zu sagen: Ich halte sie für weltfremd, denn das bedeutet, dass der Arzt, bevor er einen Patienten behandelt, wissen muss, ob dies der Fall ist oder nicht. Gleichzeitig ist das Krankenhaus aber natürlich dazu verpflichtet, in dem Moment, wo der Patient in das Krankenhaus kommt, den Facharztstandard einzuhalten – wir haben es ja Herr Albers gerade noch mal erläutert – und damit auch eine Versorgung zu gewährleisten.

Mir wäre lieber, die Kassenärztliche Vereinigung würde sich um die Aufgabe bemühen, die auch in dem Kran

kenhausstrukturgesetz des Bundes steht, nämlich dass die Kassenärztlichen Vereinigungen Portalpraxen vor den Kliniken eröffnen. Wir reden hierbei über 1,2 Millionen Patienten, die jährlich in Berlin in eine Rettungsstelle gehen, wofür die Krankenhäuser etwas mehr als 35 Euro Erstattung aus dem ambulanten Topf bekommen, wenn es nicht zu einem stationären Fall wird. Wenn in einer solchen Situation dann gesagt wird: Für jeden Einzelfall muss dies noch dokumentiert werden –, halte ich das nicht für richtig.

Aber das bedarf einer Bewertung des Bundes. Ich habe mich deswegen an das Bundesgesundheitsministerium gewandt, um eine Darlegung und Klarstellung dieser gesetzlichen Regelung zu bekommen. Bundesgesundheitsminister Gröhe hat zugesichert, dass diese noch in dieser Woche eingehen wird, und wir werden dann weitere Entscheidungen für Berlin treffen. Ich habe jedenfalls auch den Berliner Rettungsstellen bzw. den Krankenhäusern mitgeteilt, dass ich dies getan habe, um der Verunsicherung, die ansonsten seit 1. Februar in den Rettungsstellen in Bezug auf den Dokumentationsaufwand herrschen würde, ein Stück weit entgegenwirken zu können. Das ist meine Einschätzung, und es ist unsere fachliche Einschätzung dazu, und wir haben uns deshalb an das Bundesgesundheitsministerium gewandt.

[Beifall von Oliver Friederici (CDU)]

Vielen Dank! – Wünschen Sie, eine Nachfrage zu stellen, Herr Ludewig? – Das ist nicht der Fall.

Dann kommen wir jetzt zu den Grünen, und Frau Kapek hat das Wort. – Bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Ich frage den Senat: Wie lange verzögern sich durch Ihren neuesten Koalitionskrach die sogenannten modularen Unterkünfte für Flüchtlinge? Glauben Sie, vor der Wahl überhaupt noch zu einer Einigung zu kommen?

Herr Finanzsenator – bitte schön!

Herr Präsident! Frau Abgeordnete Kapek! Ich gehe davon aus, dass das zu keiner Verzögerung führt. Gestern ist im Hauptausschuss über eine Komponente gesprochen worden, nämlich das Thema Container. Mein Haus wird heute zusammen mit der BIM veranlassen, dass das Bestellungsverfahren heute ausgelöst wird – für 15 000 Containerplätze. Ich gehe davon aus, dass wir bei den

modularen Unterbringungen für Flüchtlinge – den sogenannten MUF – ohne Verzögerung in die Umsetzung kommen.

Wünschen Sie eine Nachfrage zu stellen, Frau Kapek? – Bitte schön, dann haben Sie auch das Wort!

Schönen Dank! – Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass es bereits zu einer Verzögerung gekommen ist. Insofern würde ich Sie gern fragen, inwieweit Sie die jetzt doch zumindest ansatzweise festgefahrene Situation in der Koalition zwingt, darüber nachzudenken, ob Sie die von uns vorgeschlagenen schnelleren, kostengünstigeren und vor allem auch nachhaltigeren Alternativen wie beispielsweise die Holzmodulbauten ergänzend in Ihr Programm aufnehmen.

Bitte schön, Herr Senator!

Es ist von vornherein daran gedacht, unterschiedliche Modelle umzusetzen. Also es gibt den unter der Federführung von Herrn Senator Geisel entwickelten sogenannten Amtsentwurf. Für diesen Amtsentwurf hat es Ausschreibungen gegeben, und zu diesen Ausschreibungen hat es Verhandlungen mit Bietern und auch Zuschläge gegeben. Das hat Herr Geisel auch kürzlich der Presse mitgeteilt. Die Kosten, die bei diesen Verhandlungen erreicht sind, sind übrigens deutlich günstiger, als es teilweise hier auch im Haus diskutiert worden ist. Insofern ist davon auszugehen, dass man auch bei diesem Entwurf im Rahmen der ursprünglich geplanten Kosten bleiben kann.

Weiterhin ist vorgesehen, dass die Wohnungsbaugesellschaften und berlinovo auch mit anderen und eigenen Entwürfen, die u. a. auch das Thema Holzbau beinhalten, einen Teil der Umsetzungen der MUF machen. Also insofern gehe ich davon aus, dass wir die Vielfalt der möglichen Entwürfe, die am Markt angeboten werden, und auch verschiedene, hoffentlich dann auch, wie Sie andeuteten, kostengünstigere Realisierungsmöglichkeiten oder vielleicht noch schnellere Realisierungsmöglichkeiten nutzen. Einer der Vorteile der von Ihnen angesprochenen Holzbauten liegt darin, dass diese unter Umständen noch ein bisschen schneller erstellt werden können. Wir gehen aber generell davon aus, dass die Bauzeit von MUF etwa bei einem halben Jahr liegt. Wenn das noch durch Holzständerbauweisen oder Ähnliches unterboten werden kann, umso besser! Dann wird in der Umsetzung davon auch Gebrauch gemacht.

Um es noch mal darzustellen: Das Ziel ist, die Gesamtzahl der vorgesehenen MUF so schnell wie möglich umzusetzen und die Bauzeiten für die MUF jeweils unter einem halben Jahr zu halten.

Vielen Dank! – Die zweite Nachfrage geht an den Herrn Kollegen Reinhardt von der Piratenfraktion. – Bitte schön!

Vielen Dank! – Ich würde gern noch mal nachhaken, weil Sie gerade sagten: „ohne weitere Verzögerung“: Wie bewerten Sie es, dass uns vor einem Jahr – im April – angekündigt wurde, dass es keine weiteren Containerbauten, aber diese Modulbauten geben wird, wobei die ersten schon im Frühjahr dieses Jahres fertig sein sollten, und es jetzt noch nicht mal eine Einigung über die Standorte der Modulbauten gibt, sodass wir jetzt wieder mit den Containern vorliebnehmen müssen, die eigentlich schon längst ausgeschlossen worden waren?

Bitte schön, Herr Senator!

Darauf kann man zwei Sachen antworten: Der wesentliche Punkt, weshalb Container erneut in die Diskussion gekommen sind, hat etwas damit zu tun, dass es sich in der Zwischenzeit wegen der deutlich angestiegenen Zahl von Flüchtlingen als erforderlich erwiesen hat, auch Turnhallen zu belegen. Es hat mehrmals Diskussionen in diesem Haus gegeben, dass nach Wegen gesucht werden soll, wie man die Turnhallen freiziehen kann. Das heißt also, da wir deutlich gestiegene Flüchtlingszahlen haben, muss deswegen die Schaffung von Plätzen deutlich erhöht werden. Diese Diskussion um die Container erfolgt nicht als Diskussion um Ersatzbauten – Sie haben von Zurückgreifen gesprochen –; es wird jetzt nicht auf Container zurückgegriffen. Vielmehr kommen die Container hinzu. Es sollen die MUFs gebaut werden. Es sollen zusätzlich 15 000 containerbasierte Plätze geschaffen werden. Diese 15 000 containerbasierten Plätze ermöglichen dann, wenn die Flüchtlingszahlen ungefähr konstant bleiben, hoffentlich das Freiziehen der Turnhallen.

[Steffen Zillich (LINKE): Wer ist jetzt eigentlich im Senat dafür zuständig?]

Manchmal ist es so, dass bestimmte Dinge schneller hätten gehen können, vielleicht auch sollen. Es hilft hierbei aber nicht der Blick nach hinten, sondern nur der Blick nach vorn. Nachdem das Thema – nach dem Sichtbarwerden bestimmter Verzögerungen und auch der Diskussion im Rat der Bürgermeister am 2. oder 3. De

(Senator Dr. Matthias Kollatz-Ahnen)

zember– von meinem Haus ein Stück weit vorangetrieben wurde, ist es nun das Ziel, möglichst schnell zur Umsetzung zu kommen.

Vielen Dank!

Jetzt kommen wir zu der Fraktion Die Linke. – Udo Wolf, bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ganz offensichtlich gibt es bei der Einrichtung neuer Flüchtlingsunterkünfte zu den Standorten Streit, offensichtlich auch zu unabgestimmtem Vorgehen zwischen den Verwaltungen und Chaos in der Kommunikation zwischen SPD und CDU.

[Zuruf: Frage!]

Ich frage den Senat, wie der Regierende Bürgermeister dieses Hickhack mit Blick auf die Akzeptanz der Berlinerinnen und Berliner bewertet. Verstärkt dies nicht den Eindruck, Teile des Senats wollen es gar nicht schaffen?

Herr Regierender Bürgermeister, bitte schön!

Herr Präsident! Herr Abgeordneter Wolf! Wie Sie wissen, können Sie nur den Senat und nicht einzelne Senatsmitglieder fragen.

[Steffen Zillich (LINKE): Aber Sie antworten ja!]

Gleichwohl antworte ich natürlich sehr gern, wenn Sie mich direkt ansprechen. Ich weise die in Ihrer Frage mitschwingende Unterstellung zurück, weil es falsch ist zu glauben, dass man erstens mit dem Thema der Flüchtlingsaufnahme und -unterbringung parteipolitisch punkten kann und zweitens, dass dies jemand im Senat tun möchte. Wir haben uns gemeinsam dieser großen Herausforderung gestellt. Es ist eine Herausforderung, eine Mammutaufgabe, die man auch nicht kleinreden darf.

Wir haben das hier im Parlament auch als Senat oft selbstkritisch deutlich gemacht, dass auch nicht immer alles sofort gelungen ist, aber dennoch Schritt für Schritt die Situation deutlich verbessert werden konnte, sowohl, was die Situation am LAGeSo anbelangt, als auch Unterbringungsfragen, medizinische Versorgung und Weiteres betreffend.

Sie sehen schon allein an diesem kleinen Themenausschnitt, dass es ein ressortübergreifendes Arbeiten im Senat gibt und wir gemeinsam an dieser Aufgabe arbeiten, sie jeden Tag auch ein bisschen besser bewältigen.

Ich will aber nicht verhehlen, dass wir uns auch jetzt in diesen Zeiten als Senat schon darauf vorbereiten wollen, dass es auch wieder andere Zugangszahlen geben kann. Wir reden im Moment über viele Themen in einer Situation, in der um die 170 Menschen pro Tag zusätzlich in unsere Stadt kommen. Das sind über den Monat gesehen im Übrigen auch schon 5 000. Es können aber auch wieder andere Zeiten mit 600 oder 700 Flüchtlingen pro Tag kommen. Ich möchte gern – das wird von den Senatskollegen unterstützt –, dass wir uns genau auf diese Situation vorbereiten. Deswegen ist es uns so wichtig – was der Finanzsenator gerade vorgestellt hat –, dass wir gemeinsam mit dem Rat der Bürgermeister, mit dem Parlament, schnelle Entscheidungen zur weiteren Einrichtung von Containerbauten oder modularen Unterkunftsmöglichkeiten treffen können.