Vielen Dank, Herr Zimmermann, dass Sie mir die Gelegenheit geben, das Investorenschiedsverfahren noch mal zu erörtern! Schauen Sie in den CETA-Text! Es wird eine erste Instanz aus 15 Menschen gebildet, wobei von jeder Vertragsseite mindestens fünf benannt werden und noch mal fünf aus Drittstaaten. Es ist ausdrücklich festgelegt, dass diese Menschen, die dort in diese Gremien berufen werden, eine Qualifikation haben müssen, die der der Menschen entspricht, die jetzt an den privatrechtlichen Streitbeilegungsverfahren beteiligt sind. Genau die Gleichen! Es ist nichts anderes, wir haben nur ein größeres Gremium von fünfzehn. Wenn es zum Streit kommt, wird wieder eine Kammer von drei gebildet, die zuerst über dieses Streitverfahren redet, aber in keinem anderen Verfahren als bisher. Es hat einen anderen Namen, und Sie
haben recht, es wird eine Berufungsinstanz gebildet, aber aus denselben Personen heraus. Natürlich werden es in einem Verfahren nicht dieselben Personen sein, das wäre zu offensichtlich, aber aus dem gleichen Pool heraus.
Insofern ist das, was uns hier als neuer Streitbeilegungsmechanismus verkauft wird, nichts anderes als ISDS, wie wir es vorher hatten, und der Deutsche Richterbund kritisiert das zu Recht. Man kann nicht wirklich sagen, dass der Deutsche Richterbund ein Hort des Linksradikalismus ist, der alles ablehnt, was auf den Tisch kommt.
Danke schön! – Herr Schatz! Nur einen Satz zur Antwort: Selbstverständlich werden wir alle kritischen Stellungnahmen, auch die des Richterbundes und anderer, in den Debatten berücksichtigen. Der Druck auf die Verhandler muss aufrechterhalten bleiben, dass wir Standards hier nicht preisgeben. Deswegen wird es auf den verschiedenen Ebenen diese Haltung geben.
Ja, aber mit diesem Beschluss, den Sie hier anstreben erreichen Sie das nicht, sondern Sie erreichen es nur mit konkreten Interventionen und Verhandlungen in den jeweiligen Institutionen. – Danke schön!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! In der Tat, viel hat sich seit unserer letzten Debatte nicht geändert, mit einem kleinen Unterschied: Die Anzahl von Organisationen, Strukturen, Verbänden, aber auch Parlamenten und anderen direkt gewählten Vertretungen, die sich deutlich dazu verhalten haben, was sie von TTIP, CETA und ähnlichen Abkommen halten, und an der Stelle ganz deutlich sagen, nein, nicht mit uns, die wächst jede Woche.
Ich sehe eigentlich nicht ein, warum wir uns nicht auch dazu verhalten sollten. Herr Kollege Zimmermann! Sie
haben in Ihrem Beitrag gesagt: Na ja, das ist so ein bisschen monothematisch. – Wir entscheiden hier nicht über TTIP, in der Tat. Aber warum eigentlich nicht? Ist das nicht ein Teil des Problems?
Wenn wir TTIP haben, werden wir in etlichen Punkten in unseren landesgesetzlichen Kompetenzen eingeschränkt. Das ist einfach so. Wie denken Sie sich, wie es sein wird, wenn wir z. B. regionale Gesetzesvorgaben stärker machen wollen – oder sogar auf dem Verordnungswege –, um die Mietenexplosion in dieser Stadt unter Kontrolle zu bekommen? Was ist, wenn der nächste Großinvestor sagt: Das ist jetzt aber ein unerwartetes Investitionshindernis; das könnt ihr nicht machen, damit zerschießt ihr mir meine Gewinnerwartung! – All das blüht uns mit TTIP. Unser landesgesetzlicher und politischer Handlungsspielraum wird auf dieser Ebene eingeschränkt. Genau deshalb finde ich es sehr richtig, dass wir uns als Landesparlament wie auch andere Landesparlamente in anderen föderalen Strukturen oder auch nationale Parlamente dazu verhalten.
Zwischendurch habe ich mich gefragt, welches „Wir“ Sie meinen – weil Sie gesagt haben: „Wir haben erreicht, dass …“ – Sie haben das dann zum Glück selbst aufgelöst: Sie meinen das Wir der großen deutschen Sozialdemokratie. Ob das wirklich Ihr Erfolg ist – das weiß ich nicht, das müssen Sie selbst wissen. Vor allem frage ich mich an der Stelle: Ist das, was Sie als Erfolg verkaufen, eigentlich genug? – Da sage ich Ihnen aus einer GrünenPerspektive: Das reicht nicht aus. Das ist eine kleine, bunt gefärbte Zuckerpille, die das Kernproblem des InvestorStaat-Klageverfahrens ein bisschen schmackhafter macht aus den Punkten, die der Kollege Schatz gerade ausgeführt hat. Und es löst an allen anderen Punkten, an denen wir TTIP und andere ähnliche Verfahren kritisieren, überhaupt nichts – einen Teil davon, gut! Aber, wie gesagt, die anderen Punkte löst es überhaupt nicht.
Sicherlich, wir werden hier nicht die konkreten TTIP- oder CETA-Regelungen beschließen, das ist ganz klar. Das Bedauerliche ist: TTIP dürfen wir nicht mal lesen.
Der Senator für Finanzen war da. Er hat Einsicht genommen unter Bedingungen, wo man sich eigentlich an den Kopf packen muss, warum ein Vertreter einer Landesregierung sich diesen Bedingungen unterwerfen muss.
Nein, Herr Kollege, das ist ein bisschen anders! – Und er darf nicht mal mit uns darüber reden. Er darf mit den 149 gewählten Abgeordneten dieses Landes nicht darüber reden, was drinsteht, nicht mal in einer nichtöffentlichen
Sitzung. Wer von uns möchte eigentlich auf dieser Basis, die letztlich mehr mit Glauben als mit Wissen und verantwortlicher Politik zu tun hat, sagen: Macht mal, gebt CETA, TTIP einen Persilschein, und los geht’s?
An der Stelle möchte ich Sie einladen, lieber Herr Kollege Zimmermann, mit uns gemeinsam darüber nachzudenken, welche unterschiedlichen Ebenen eigentlich die richtigen für Verhandlungen sind. Sicherlich auf jeden Fall die deutsche Bundesregierung, Vertretung in Brüssel und Ähnliches.
Übrigens hat auch das Berliner Büro in Brüssel da eine Aufgabe. Das ist das eine. Aber Sie sind doch lange genug in der Politik aktiv, um genau zu wissen, dass Politik immer auf vielen Ebenen stattfindet, in Parlamenten, außerparlamentarisch, in Kommissionen, in Gremien, in Verbänden, in der Öffentlichkeit. Das wissen Sie doch genauso. Und genau deswegen hat ein solcher Beschluss, wie wir ihn heute gerne fassen würden, auf jeden Fall hier seinen Platz, um im Interesse der Berlinerinnen und Berliner deutlich Stellung zu beziehen. – Danke!
Vielen Dank, Kollegin Schillhaneck! – Für die CDUFraktion erteile ich jetzt das Wort dem Kollegen Goiny. – Bitte sehr!
Danke sehr! – Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es wurde schon gesagt: Die Diskussion haben wir schon ein paarmal geführt, sie ist nicht neu.
Der Antrag, über den wir heute abstimmen, sagt: Alles sofort stoppen, alles sofort einstellen! – Das ist ein bisschen über das Ziel hinausgeschossen. Man kann sicherlich eine ganze Reihe kritischer Anmerkungen machen zu dem, was da verhandelt wurde, und fragen, ob das alles so richtig ist.
Auf der anderen Seite ist es aber so: Es gibt bereits ganz viele Freihandelsabkommen, die die Bundesrepublik unterzeichnet hat, die völlig geräuschlos auch von der Opposition im Bundestag und von den Landesparlamenten akzeptiert worden sind, die im Kern in ähnlichen Strukturen funktionieren. Niemand hat sich aufgeregt. Erst, als es jetzt ein Freihandelsabkommen mit den „bö
sen Amerikanern“ zu verhandeln gilt, rührt sich der Widerstand der politischen Linken in diesem Land.
Das ist in der Sache nicht sonderlich glaubwürdig. Insofern können wir diese Form der Kritik nicht akzeptieren. Wir glauben in der Tat, dass es in einer wachsenden Weltwirtschaft und in der Veränderung auch der politisch-wirtschaftlichen Gleichgewichte in der Welt sinnvoll ist, dass die Europäer sich zusammentun und Freihandelsabkommen und ähnliche Regelungen verabreden mit unseren nach wie vor wichtigsten wirtschaftlichen und politischen Bündnispartnern, den USA und Kanada. Deswegen glauben wir, dass es am Ende gut ist, wenn wir solch ein Freihandelsabkommen abschließen. Gleichwohl gibt es Dinge, die im Detail zu beachten sind.
Und der Bundeswirtschaftsminister und SPDVizekanzler, das habe ich gerade in der „Bild“-Zeitung gefunden, nachzulesen in der Ausgabe vom 14. April, hat fünf Gründe aufgeführt, warum es sinnvoll ist, dass Deutschland dieses Freihandelsabkommen mit den USA unterzeichnet: „Europa eine Stimme geben!“; „Handelsschranken überwinden!“; Freihandelsabkommen mit den USA auch als Blaupause für die künftige Zusammenarbeit im Handel auch mit Russland nach Überwindung der Spannung – die wir alle anstreben –; die geheimen Verhandlungsregelungen verhindern, indem man transparente Schiedsgerichtsfahren und Ähnliches formuliert. Am Ende ist das auch eine Stärkung des demokratischen Miteinanders, insbesondere zwischen Europa und den USA, wo der Bundeswirtschaftsminister und SPDVizekanzler …
Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Altug? – Nicht! Gut! – Jetzt hatte Kollege Schatz sich zu einer weiteren Zwischenbemerkung gemeldet. – Bitte schön!
Herr Goiny! Das ist ein bisschen über das Ziel hinausgeschossen. Die Freihandelsabkommen, über die Sie gesprochen haben, beispielsweise das Freihandelsabkommen mit Südkorea, haben zweifelsfrei – da werden Sie mir sicher zustimmen – nicht dieselbe Bedeutung wie die Freihandelsabkommen, über die wir hier reden, nämlich mit Kanada und den Vereinigten Staaten.
Da werden Wirtschaftsräume geschaffen, die in der Lage sind, allein durch ihre wirtschaftliche Macht Regeln aufzustellen, denen sich alle anderen zu unterwerfen haben. Genau deshalb lautet eines der wesentlichen Argumente dagegen, dass wir eine gerechte Weltwirtschaftsordnung im Rahmen der WTO brauchen, wo die Entwicklungsländer und vielleicht auch die Schwellenländer mit an den
Tisch gehören und es gemeinsam Bedingungen zu verhandeln gilt. Denn die brauchen vielleicht Schutzzölle, um sich vor einer Überflutung ihrer Märkte durch billige Produkte aus den Industrieländern zu schützen. Deshalb muss das im Rahmen der WTO passieren. Und deshalb sind diese zweiseitigen Freihandelsabkommen, wie wir sie hier zwischen den USA und der EU und zwischen Kanada und der EU haben, der falsche Weg. Sie verfestigen nämlich die Armut im globalen Süden und tragen insofern dazu bei, dass weiter Fluchtursachen entstehen und nicht bekämpft werden, was eigentlich auch immer ein Ziel Ihrer Fraktion ist. – Das als erstes.
Und als Zweites: Da Sie diese fünf Gründe, die der Bundeswirtschaftsminister vorgetragen hat, aufgezählt haben, will ich fünf Gründe dagegen benennen: Die Freihandelsabkommen werden Arbeitnehmerrechte in der Europäischen Union beschneiden. Sie werden Verbraucherschutzmöglichkeiten in der Europäischen Union kaputtmachen. Sie werden dazu beitragen, dass Fluchtursachen verstärkt und nicht bekämpft werden. Sie werden dazu beitragen, dass Kulturgüter in der Europäischen Union und die Kulturpolitik, wie wir sie bisher kennen, in Gefahr kommen. Und sie werden auch durch die Hintertür der audiovisuellen Produkte – das finden Sie übrigens auch im CETA – dazu beitragen, dass eine Filmförderung, wie wir sie unter anderem auch hier in Berlin praktizieren, so nicht mehr möglich sein wird.
Danke schön! – Kollege Goiny, Erwiderung? – Nicht der Fall! – Kollege Spies hat jetzt das Wort für die Piratenfraktion. – Bitte sehr!