Protokoll der Sitzung vom 23.02.2012

Vielen Dank! – Dann Frau Schmidberger!

Noch mal eine Frage zum Wohnberechtigungsschein: Gedenkt denn der Senat angesichts der Tatsache, dass ca. 60 Prozent aller Berliner Haushalte wohnberechtigungsscheinberechtigt sind, auch wenn sie das sozusagen nicht alle in Anspruch nehmen, die Einkommensgrenzen zu senken, um wirklich auch bedarfsgerecht Wohnraum für einkommensschwache Haushalte zu schützen?

Herr Senator Müller!

Nein, Frau Abgeordnete! Da gibt es im Moment keine Initiative, diese Einkommensgrenzen zu senken.

Vielen Dank!

Dann kommen wir zur Mündlichen Anfrage Nr. 5 des Kollegen Oliver Höfinghoff von den Piraten zum Thema

Vergabepraxis des Liegenschaftsfonds

Bitte schön, Herr Kollege!

Schönen guten Tag! Ich frage den Senat:

1. Welche konkreten Maßnahmen unternimmt der Senat, um die von Stadtentwicklungssenator Müller angekündigte Änderung der Vergabepraxis des Liegenschaftsfonds umzusetzen, wonach nicht mehr allein der Höchstbietende den Zuschlag erhalten soll, sondern auch Investoren, die preiswerten Wohnraum anbieten, und wird der Senat auf eine Satzungsänderung des Liegenschaftsfonds hinarbeiten?

2. Wann wird solch eine Satzungsänderung erfolgen, und, wenn seitens des Senats Prüfungen und Gespräche zu diesem Themenkomplex angekündigt werden, wann ist mit einem verbindlichen Abschluss dieser Gespräche zu rechnen?

Vielen Dank! – Herr Senator Dr. Nußbaum! Sie haben das Wort. Bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Das Thema, wie wir mit dem Grundstücksvermögen des Landes sorgfältig und angemessen umgehen, ist kein neues Thema. Der Liegenschaftsfonds berücksichtigt bereits heute bei den Grundstücksverkäufen wirtschafts-, wohnungs- und stadtentwicklungspolitische Ziele. Dazu erfolgt – entgegen dem Regelverfahren, also dem Bieterverfahren – zum Beispiel eine Direktvergabe oder eine konzeptbezogene Ausschreibung mit Mindestkaufpreis. Zu erwähnen ist hier unter anderem die Vergabe von Sportgrundstücken im Wege der Direktvergabe zu gesondert vom Abgeordnetenhaus mit Beschluss vom 30. November 2000 festgelegten Konditionen an gemeinnützige Sportvereine.

Durch den Verzicht auf ein bedingungsfreies Bieterverfahren wird der Marktpreis beziehungsweise der volle Verkehrswert nicht erzielt. Mithin werden schon jetzt allein aufgrund der Vergabeart oft Zugeständnisse beim Kaufpreis gemacht und eine Minderung des Verkaufserlöses hingenommen. Beispiele für Vergabe unter Wert nach § 64 LHO sind Grundstücke in Berlin-Mitte, Kurfürstenstraße 54, Lützowstraße 41 an eine französische Agence, eine rechtsfähige, öffentliche Anstalt nach dem Recht der Französischen Republik; ferner in Berlin-Mitte in der Pohlstraße 43-53 Wohngebäude an die 1. BVI Berlin Portfolio GmbH als Erwerberin des insolventen Erbbereichs in der Zwangsverwaltung nach Wegfall der Anschlussförderung – das war eine wirtschaftlich induzierte Förderung – oder der Verkauf des Grundstücks in der Oranienstraße 140-142 in Friedrichshain-Kreuzberg an Herrn Stock, geschäftsführenden Gesellschafter diverser zur Just-Music-Gruppe gehörender Gesellschaften. Dies war eine politische, aber auch eine Wirtschaftsförderungsmaßnahme.

Der Steuerungsausschuss Liegenschaftsfonds entscheidet über die Vergabeart. Dabei sind neben den fiskalischen, wirtschafts-, wohnungs- und stadtentwicklungspolitischen Zielen auch die Förderungszwecke maßgebend. Der Liegenschaftsfonds schlägt dem Steuerungsausschuss dazu für die jeweiligen Grundstücke die im Rahmen der Vermarktung optimale Vergabeart unter Beachtung der oben genannten Förderungsziele vor.

2011 – um Ihnen einmal eine Vorstellung zu geben – wurden 442 Kaufverträge abgeschlossen. Davon entfielen 22 Prozent auf das bedingungsfreie Bieterverfahren, 54 Prozent auf Direktvergaben, rund 9 Prozent auf sonstige, und gesondert ausgewiesen sind 15 Prozent Direktvergabe aufgrund gesetzlicher Vorgaben nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz.

An dieser Stelle wird also einiges getan. Trotzdem ist der Senat mit dem Thema befasst. Wir erarbeiten derzeit eine Politik, die den Aufforderungen der Koalitionsverein

(Senator Dr. Ulrich Nußbaum)

barung, aber auch den Aufforderungen des Abgeordnetenhauses nachkommt, und überlegen, wie wir weitere Kriterien für die Förderung einer begünstigten Grundstücksvergabe aus fachpolitischer Sicht darstellen können.

Ich sage allerdings auch deutlich: Bei einem Förderprogramm sind natürlich auch die Grundsätze der Landeshaushaltsordnung zu beachten. Das Land Berlin hat, weil es sich um Vermögen des Steuerzahlers handelt, nichts zu verschenken. Das heißt auch, dass wir, wenn wir für bestimmte Bereiche wie den von Ihnen angesprochenen Bereich der Wohnungspolitik Förderung zulassen wollen, klare, transparente und umsetzbare Kriterien brauchen, die dies ermöglichen. Diese müssen auch nach haushalterischen Gesichtspunkten verfasst und installiert sein. Das heißt: Verzicht auf bestimmte Einnahmen durch Kaufpreisabschläge können nur aufgrund von fachpolitischen Gesichtspunkten unter Abbildung im Haushalt erfolgen.

Der Senat wird nach Festlegung der Förderkriterien für die einzelnen Bereiche – dies geschieht durch die Fachverwaltungen – den notwendigen Beschluss fassen. Inwieweit dann überhaupt eine Änderung der Satzung des Liegenschaftsfonds – das heißt die Änderung der Gesellschaftsverträge der drei Gesellschaften des Liegenschaftsfonds – erforderlich ist, ist dann am Ende der Kette zu prüfen. In den Gesellschaftsverträgen ist bereits jetzt als Zweck – ich zitiere – „die am Grundstücksbestand und Grundstücksmarkt sowie an wirtschaftlichen, stadtentwicklungs- und wohnungspolitischen Zielen orientierte Übernahme von Grundstücken des Landes Berlin in treuhänderische Verwaltung und deren Vermarktung“ festgeschrieben.

Zur Frage 2: Die Frage nach dem Zeitpunkt der Satzungsänderung hängt, wie gesagt, viel mehr von der Notwendigkeit ab. Sie stünde auch am Ende der Kette der notwendigen Beschlüsse. Wie lange der Prüfungsprozess noch dauern wird, ist derzeit noch nicht seriös vorherzusagen.

Vielen Dank! – Herr Kollege, haben Sie eine Nachfrage? – Bitte schön!

In meiner Nachfrage beziehe ich mich auf die nichtmonetären Zuschlagskriterien: Ist damit zu rechnen, dass diese in absehbarer Zeit dokumentiert und veröffentlicht werden und auch für den Einzelfall nachvollziehbar sind?

Herr Senator Dr. Nußbaum!

Ich sagte Ihnen schon, dass das passieren wird. Aber das muss auch transparent unter Beachtung des Budgetrechts dieses Hauses passieren. Wenn wir Grundstücke unter Wert weggeben, subventionieren, fördern wir bestimmte Bereiche. Das ist gewollt, und wir tun das auch heute schon. Ich nenne sie noch einmal: kulturpolitische Bereiche, sportliche Bereiche; wir machen auch Wirtschaftsförderung damit; es geht um Wohnungspolitik, und man kann sich auch andere förderungswürdige Bereiche vorstellen. Hierfür müssen klare und transparente Kriterien ausgearbeitet werden.

Ich stelle mir vor, dass wir dann das Fördervolumen im Haushalt abbilden, damit auch der Senat darüber beschließen kann, dass sich auch das Parlament im Haushaltsaufstellungsverfahren einen Überblick darüber verschaffen kann, was gefördert wird und was es am Ende kostet. Das kann aus meiner Sicht nicht im Liegenschaftsfonds, in einem Steuerungskreis oder in einem wie auch immer gearteten Gremium weitab von der Transparenz der Öffentlichkeit und des Parlaments erfolgen. Deshalb spielt das Ganze zusammen: einerseits die Abbildung im Haushalt, aber andererseits das klare Fokussieren von Förderkriterien.

Hinzu kommen natürlich technische Fragen. Aber die sind beantwortet. Wenn wir beispielsweise fördern, dann muss auch sichergestellt sein, dass die Förderung, die wir ja letztlich mit Verzicht auf Einnahmen erkaufen, auch nachhaltig am Förderungsobjekt festhält. Das heißt, es kann nicht sein, dass sich der Käufer einer Immobilie nach zehn Jahren, wenn wir ein Grundstück unter Verkehrs- und Marktwert übertragen haben, von der Nutzungsbestimmung, die wir einmal gefördert haben, befreit – das ist die heutige Praxis – und dann frei über das Grundstück verfügen kann. Grundstücke haben Ewigkeitscharakter, und wir müssen sicherstellen, dass der Förderzweck, den wir legitimerweise gemeinsam wollen, nachhaltig festgebunden wird.

Aus diesem Grund werden wir uns verstärkt auf Erbbaugrundrechte konzentrieren.

[Beifall von Daniel Buchholz (SPD)]

Deswegen wird der Liegenschaftsfonds das Thema insgesamt auch von der technischen Seite angehen müssen. Das ist nicht ganz zu vernachlässigen. Sie stellen sich die Fragen der Beihilfe, dien Frage eines transparenten Verfahrens und die inhaltlichen Fragen, unter welchen Aspekten wir Grundstücke vergünstigt abgeben wollen.

Vielen Dank! – Für eine weitere Nachfrage der Kollege Buchholz!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Ich habe das mit der Erbbaupacht mit sehr großem Wohlwollen gehört, Herr Senator. Meine Frage ist: Sehen Sie nicht auch die Notwendigkeit, dass der neue Kriterienkatalog für die Vergabe von landeseigenen Grundstücken wirklich sehr zügig vorliegen muss? Wir haben ja im Augenblick die Situation extrem niedriger Zinsen. Wir haben auch engagierte Genossenschaften in der Stadt, die bauen wollen und danach fragen, wo sie Grundstücke herbekommen können. Wir brauchen also den Kriterienkatalog entsprechend den bisherigen Maßgaben des Parlaments – es sollen transparente, nachvollziehbare und nachprüfbare Kriterien sein – wirklich zügig.

Bitte schön, Herr Senator!

Ich wollte noch einmal darauf hinweisen – ich dachte, das würde durch die Antwort klar werden –, dass wir bereits jetzt im Liegenschaftsfonds, nach den jetzigen Verfahren die unterschiedlichsten Förderzwecken berücksichtigen. Man muss ja nicht so weit gehen wie beim Golfklub am Wannsee, den wir unter sporttechnischen Gesichtspunkten gefördert haben. Aber wir haben mittlerweile klare Kriterien, die sich zwar im Liegenschaftsfonds abbilden, aber nicht hierher durch ein transparentes parlamentarisches Verfahren ins Haus gebracht werden, indem zunächst der Senat beschließt und dann das Parlament nachvollzieht.

Die inhaltlichen Kriterien, beispielsweise unter welchen Voraussetzungen Sportvereine, sportliche Zwecke oder auch kulturelle Zwecke gefördert werden sollen oder wo wir Wirtschaftsförderung machen wollen, sollen und müssen vorrangig von den Fachverwaltungen kommen, die hier ein originäres Interesse daran haben, diese Förderung zu machen. Diese Förderung wird im Sinne von Förderprogrammen dann monetär bewertet werden müssen. Sie wird aus meiner Sicht auch in den Haushalt hineinkommen müssen, damit sie für das Parlament klar und transparent wird und man am Ende eines Haushaltsjahres nachvollziehen kann, wie viel in welchen Bereichen gefördert worden ist, und das Parlament beschließen kann, in welchem Umfang man bestimmte Zwecke fördern will.

Vielen Dank!

Wir kommen dann zur Mündlichen Anfrage Nr. 6 von İlkin Özışık von der SPD-Fraktion über

Auswahlverfahren für die weiterführenden Schulen

Bitte schön, Herr Kollege!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:

1. Wie viele Schülerinnen und Schüler konnten im vergangenen Schuljahr auf die von Ihnen gewünschte weiterführende Schule wechseln, und in welcher Höhe ist es zu Abweichungen gekommen?

2. Wie bewertet der Senat die Mitteilung des Verwaltungsgerichts, nach der die Anzahl der schulrechtlichen Verfahren auf Aufnahme in die von den Eltern gewünschte weiterführende Schule im Vergleich zum Vorjahr zurückgegangen ist?

Vielen Dank!

Frau Senatorin Scheeres, bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Özışık! Insgesamt 84 Prozent aller Schülerinnen und Schüler konnte im vergangenen Schuljahr der Erstwunsch und insgesamt 93 Prozent der Erst-, Zweit- und Drittwünsche erfüllt werden. Ich finde, dass das ein sehr positives Ergebnis ist. Nur bei 7 Prozent der Schülerinnen und Schüler musste im Bezirk nach alternativen Lösungen gesucht werden.

Zu Ihrer zweiten Frage: Ich bewerte die Mitteilung des Verwaltungsgerichts, die im Februar formuliert wurde, als sehr positiv. Sie bezieht sich auf das neue Aufnahmeverfahren im Jahr 2011 gegenüber den Zahlen von 2010. Das Jahr 2012 kann noch nicht einbezogen werden, da es noch nicht abgeschlossen ist. Wir konnten feststellen, dass die Klagen zu schulrechtlichen Verfahren im Vergleich zum Vorjahr zurückgegangen sind. Das bedeutet, dass die Eltern das neue Aufnahmeverfahren akzeptiert haben. In Zahlen ausgedrückt bedeutet das, dass es im Jahr 2010 noch 390 Klagen gab und im Jahr 2011 lediglich 342. Für das Jahr 2011 muss man in dem Zusammenhang deutlich sagen, dass es 20 Prozent mehr Schüler gibt. Ich bin der Auffassung, dass es eine sehr positive Nachricht ist. Es zeigt, dass unser neues Aufnahmeverfahren funktioniert. Außerdem erfreut mich, dass das Gericht auch deutlich gemacht hat, dass unser Aufnahmeverfahren rechtssicher ist.

Vielen Dank! – Haben Sie eine Nachfrage, Herr Kollege? – Nein! Dann kommt der Kollege Mutlu an die Reihe.

Frau Senatorin! Wir wissen inzwischen, dass es viele Schulen gibt, die mit Erstwunsch quasi wie ein Magnet wirken und deutlich mehr Anmeldungen haben, als sie Plätze anbieten. Andersherum gibt es wieder etliche Schulen, die mit Erstwunsch gemieden werden und im Nachgang erst als Zweit- und Drittwunsch Schülerinnen und Schüler aufnehmen, die gar nicht dorthin wollten. Wir wollen Sie als Senatsverwaltung dafür Sorge tragen, dass diese Schulen, die als Erstwunschschulen gemieden werden, zukünftig gestärkt werden und attraktiv gemacht werden, damit sie nicht den Ruf in der Stadt als ungewollte Schulen genießen und immer mehr abdriften?

Frau Senatorin – bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Mutlu! Zum einen kann man festhalten, dass die Aufteilung hinsichtlich der Erst-, Zweit- und Drittwünsche ganz gut funktioniert hat. Ich habe die Prozentzahlen genannt. Sicher gibt es einzelne Schulen, die übernachgefragt sind, und andere, bei denen es weniger schwierig aussieht.