Protokoll der Sitzung vom 28.09.2017

[Karsten Woldeit (AfD): Gehen Sie aber mal nachts um halb eins dort hin!]

Gehen Sie doch einmal zur Warschauer Straße werktags um zehn Uhr! Da ist es doch voll. Da passiert doch nicht viel. Das ist keine No-go-Area. Schöneberg-Nord am Nachmittag ist wunderschön.

[Karsten Woldeit (AfD): Machen Sie das mal! Lassen Sie Ihre Frau und Ihre Kinder mal nachts um halb eins dort herumlaufen!]

Hören Sie auf, Berlin schlechtzureden, und erkundigen Sie sich einmal in dieser wunderschönen Stadt, was es dort an vermeintlichen No-go-Areas gibt.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Sie kennen die Stadt nicht. Sie reden sie schlecht. Deswegen sind Sie auch kein politisches Erfolgsmodell,

(Marcel Luthe)

sondern Dunkeldeutschland aus den letzten Jahrzehnten, das hier wieder aufgewacht ist.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Herr Kollege! Gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Luthe?

Jetzt würde ich gern die Zwischenfrage von Herrn Woldeit hören, bitte.

Dann fangen wir einmal mit Herrn Woldeit an.

[Zuruf ]

Ich hätte mich auch gefreut, Sie zu hören, Herr Kollege Taş. Aber Sie wollen sich an der sicherheitspolitischen Debatte nicht beteiligen.

[Hendrikje Klein (LINKE): Wo ist die Frage?]

Sie müssten eine Frage stellen, bitte.

Herr Kollege Lux! Sie haben gerade der CDU vorgeworfen, indirekt natürlich auch uns, wir hätten doch einen Antrag einbringen können. Wir sind das Parlament. Wir stellen Gesetzesanträge. – Wir haben das gemacht. Zu welcher Einschätzung kommen Sie, hier zu behaupten, wir hätten nicht unser Antragsrecht genutzt und genau eine Änderung im Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetz gemäß § 24 und § 24a eingebracht? Das ist etwas befremdlich. Wie kommen Sie zu dieser Einschätzung?

Sollen wir die zweite Frage auch gleich nehmen?

[Georg Pazderski (AfD): Antworten!]

Dann hat Herr Luthe noch eine Zwischenfrage.

Lieber Kollege Lux! Ich war gerade etwas verwundert, als Sie von blühenden Landschaften quasi im Schöneberger-Nord-Kiez und anderen Stellen sprachen.

[Heiterkeit bei der AfD]

Sie stimmen mir doch hoffentlich zu, dass wir mit der Entwicklung der Straftaten, auch insbesondere der Straßenkriminalität in Berlin in keiner Weise zufrieden sein können, sondern dass die ganz dramatisch ist.

[Beifall bei der CDU und der AfD]

Zuerst zu der leicht förmelnden Frage des Kollegen Woldeit: Mir liegt hier ein Antrag vor, der keine Gesetzesänderungen vorsieht, sondern der den Senat dazu auffordert, eine Rechtsgrundlage zu schaffen. Das verkennt unser demokratisches System. Das ist die Selbstverzwergung des Parlaments und ihrer Fraktionen, auch Ihrer Fraktion.

[Beifall bei den GRÜNEN – Karsten Woldeit (AfD): Wir haben die Anträge gestellt! Sie sind beide im Innenausschuss!]

Sie machen hier einen Antrag, der Senat soll einmal eine Rechtsgrundlage schaffen. Hallo, Sie sind in der Legislative! Sie sind die erste Gewalt! Wo ist denn der Gesetzesantrag? Hier zur Debatte steht kein Gesetzesantrag. An der Stelle stimmen Sie mir wohl zu, Herr Kollege Woldeit.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Zweitens zu der berechtigten Frage des Kollegen Luthe nach den Berliner Kiezen und bestimmten Kiezen, auch spannenden Kiezen, wie ich finde. Ich hoffe, Sie teilen meine Meinung. Da finde ich: Wer differenziert, gewinnt. Ich habe vom Schöneberger Norden gesprochen, jetzt um die Uhrzeit, oder von der Warschauer Brücke werktags 9 Uhr, 10 Uhr, vom Herrmannplatz, wenn die Sonne scheint und man an einem lauen Herbstsommerabend da so nett herumsitzen kann. Es werden einem dort keineswegs nur Drogen angeboten, liebe Kollegen von AfD. Schauen Sie sich das dort doch einmal an. Dort pulsiert das Leben, teilweise von der schönsten Sorte, wie es das in Berlin gibt. Deswegen finde ich, dass man differenzieren muss. Es sind bestimmte Uhrzeiten, bestimmte Anlässe, bestimmte Situationen, bestimmte Gegenden und Ecken innerhalb dieser meinetwegen kriminalitätsbelasteten Orte. Genau dafür hat Rot-Rot-Grün eine Antwort gefunden. Die Antwort hat Ihnen der Innensenator vorgetragen. Das sind die mobilen Videoüberwachungsanlagen, bei denen man, wenn eine Ansammlung kommt, wenn bestimmte Tatverdächtige oder Personen, von denen Gefahren ausgehen oder die Opfer einer Straftat werden, dort in die Gegend kommen. Wenn es dafür Anhaltspunkte gibt, ist es sinnvoll, maßvoll mit Video

vorzubeugen. Ich betone aber: maßvoll, denn der Personaleinsatz, der dafür möglich ist, ist wirklich enorm. Ich betone auch: Die Rechtsgrundlage, so etwas zu tun, gibt es bereits, anlassbezogene Videoüberwachung zu machen. Natürlich gibt es sie. Es ist der § 24 ASOG für mobile Videoüberwachung, anlassbezogen, zielgenau zu bestimmten Zeiten und eben mit dem entsprechenden Support der Berliner Polizistinnen und Polizisten.

Wir werden den Effekt, den es dadurch gibt, genau auswerten. Ich hoffe, daran arbeiten Sie mit als Kritiker der Videoüberwachung. Dafür möchte ich Sie auch gewinnen, dass Sie mit uns schauen, wie wir das evaluieren. Ich bin froh, dass Sie hier nicht eine allgemein populistische Haltung haben, sondern ganz klar den Überwachungsfreunden von CDU und AfD sagen, dass es überhaupt nichts für die Sicherheit bringt, wenn wir Tausende von Polizisten an Bildschirme versetzen, statt sie auf die Straße zu schicken, wo sie wirklich für mehr Sicherheit sorgen können.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Nein, diese Koalition setzt auf mehr öffentliche Sicherheit durch mehr Personal und gezielte Überwachung, nicht auf eine flächendeckende und uferlose Überwachung, wie Sie sie wollen.

Und, Herr Dregger, so, wie Sie geredet haben – Sie wissen, staatstragend schätze ich Sie, aber wenn Sie hier – ich zitiere Frank Zimmermann – den Maulhelden machen, dann kommt es mir wirklich eiskalt den Rücken herunter. Werden Sie erst aufhören, uns zu unterstellen, wir wollten nichts für die Sicherheit tun, werden Sie erst zufrieden sein und sagen: Rot-Rot-Grün tut etwas für die Sicherheit –, wenn wir jeden Winkel in dieser Stadt von Reinickendorf bis zum Wannsee, jede Ecke, wo sich vielleicht jemand unwohl fühlt, mit Videoüberwachung ausgestattet haben? Werden Sie erst dann sagen, dass Rot-Rot-Grün etwas für die Sicherheit tut? Ist das Ihre Art, Politik zu betreiben, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU? Hören Sie auf mit diesem Populismus!

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Die Fakten beweisen es auch: In den Haushalt stellen wir kurzfristig 163 Stellen gezielt für mehr Schutz im öffentlichen Raum ein. Da sind Sie nicht hingekommen in der CDU, als Sie noch den Innensenator gestellt haben. Wir setzen 163 Stellen gezielt für den Schutz im öffentlichen Raum ein. Wir richten die Wache am Alexanderplatz ein. Wir werden weitere mobile Wachen einrichten. Wir werden für Fahrradstreifen auch in der Nachtzeit in der Innenstadt sorgen. Wir schaffen 2018 insgesamt 345 und 2019 weitere 450 Stellen für die Polizei, bei der Feuerwehr 199 im Jahr 2018 und 150 im Jahr 2019. Wenn das so weitergeht, wird Rot-Rot-Grün mehr in Sicherheit investiert haben als die große Koalition, und das ist auch gut so.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Von Ihnen erwarte ich da keine Dankbarkeit. Aber wie Sie unterstellen, dass es nicht um Sicherheit geht, das nervt wirklich. Ich finde, damit tun Sie der Demokratie keinen Gefallen, damit verlassen Sie den Boden der Redlichkeit. Und dass Sie das mit einem so grottenschlechten Antrag tun, zeigt eigentlich, wie verzweifelt Sie sind. Wir dagegen werden weiterhin mit Augenmaß und Substanz für Sicherheit in dieser freien Stadt arbeiten. – Vielen Dank, liebe Kolleginnen und Kollegen!

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Vielen Dank! – Auch zu diesem Tagesordnungspunkt hat der fraktionslose Abgeordnete Wild gemäß § 64 Abs. 2 der Geschäftsordnung einen Redebeitrag angemeldet. Die Redezeit beträgt erneut drei Minuten. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Verehrte Damen und Herren! Der Verbrecher möchte ungern beobachtet werden. Um das zu erkennen, brauche ich keine Experten. Die Linksgrünen behaupten immer, dass Videoüberwachung unsere Freiheiten einschränken würde. Bei der letzten Debatte hieß es dann: Nein, wir brauchen nicht so viele Videokameras, sondern Polizisten. – Das Problem bei Polizisten: Woher nehmen?

[Zuruf von Anja Kofbinger (GRÜNE)]

Es gibt doch jetzt schon nicht genug Polizisten. Und auch Polizisten aus Fleisch und Blut schränken die Freiheiten der Bürger selbstverständlich ein. Wer bohrt sich schon gern in der Nase, wenn ihm ein Polizist entgegenkommt?

Da bestelle ich doch lieber bei Siemens oder in Fernost 1 000 Kameras, die morgen geliefert werden, als mich über mehr Polizisten in zehn Jahren auszulassen. Vor die Monitore der Kameras kann ich Sicherheitspersonal setzen. Davon gibt es genügend. Was sich für Läden, Tankstellen, Bahnhöfe, Flughäfen bewährt hat, wird auch auf anderem öffentlichen Straßenraum funktionieren.

Der Unwillen der Linksgrünen und auch unseres Justizsenators, Polizei und Videoüberwachung zu stärken, hängt doch damit zusammen, dass man bei den Kommunisten der Anarchie nachtrauert.

[Lachen bei den GRÜNEN – Zurufe von Tom Schreiber (SPD) und Benedikt Lux (GRÜNE)]

Die Bürger wollen aber keine Anarchie, sie wollen Sicherheit für sich, für ihre Frauen und ihre Kinder.

Die Linken und die Grünen sollen nicht die Freiheitsrechte der Illegalen, der Gewalttäter, der Vergewaltiger, der

(Benedikt Lux)

Schläger und Diebe schützen, sondern die Sicherheit der redlichen Bürger. Solange wir so viele schräge Leute im Land haben und weiter ins Land holen, kann die Devise nur heißen: