Protokoll der Sitzung vom 28.09.2017

Zu dem Antrag der Fraktion der FDP und der Fraktion der CDU auf Drucksache 18/0558 wird die Überweisung federführend an den Hauptausschuss sowie mitberatend an den Ausschuss für Europa- und Bundesangelegenheiten, Medien und an den Ausschuss für Umwelt, Verkehr, Klimaschutz empfohlen. – Widerspruch höre ich nicht. Dann verfahren wir so.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 2:

Fragestunde

gemäß § 51 der Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses von Berlin

(Regierender Bürgermeister Michael Müller)

Nun können mündliche Anfragen an den Senat gerichtet werden. Die Fragen müssen ohne Begründung, kurz gefasst und von allgemeinem Interesse sein sowie eine kurze Beantwortung ermöglichen; sie dürfen nicht in Unterfragen gegliedert sein. Ansonsten werde ich Fragen zurückweisen.

Zuerst erfolgen die Wortmeldungen in einer Runde nach der Stärke der Fraktionen mit je einer Fragestellung. Nach der Beantwortung steht mindestens eine Zusatzfrage dem anfragenden Mitglied zu, eine weitere Zusatzfrage kann auch von einem anderen Mitglied des Hauses gestellt werden. Für die erste Frage rufe ich ein Mitglied der Fraktion der SPD auf und bitte, an das Redepult zu treten. Nachfragen werden von den Sitzplätzen aus gestellt. – Frau Dr. Lasić, bitte schön, Sie haben das Wort!

Ich frage den Senat angesichts der aktuellen Berichterstattung über die Veränderung der Lehrpläne in der Türkei, mit der mutmaßlich eine Aushöhlung des säkularen Bildungssystems angestrebt wird: Was unternimmt der Senat, um Berliner Kinder, die am türkischsprachigen Konsularunterricht teilnehmen, zu schützen?

Frau Senatorin Scheeres, bitte schön!

[Marcel Luthe (FDP): Hat die Frage nicht verstanden!]

Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Lasić! Wir haben uns im Frühjahr sehr intensiv mit dem Kurrikulum zum Konsularunterricht auseinandergesetzt, waren mit den Inhalten in Teilen nicht zufrieden und einverstanden und haben diese überarbeitet. Es wurde dann ein persönliches Gespräch mit dem Konsulat geführt, das dazu führte, dass wir dieses noch mal deutlich gemacht und punktuell beschrieben haben, welche Teile wir überarbeitet haben möchten. Wir haben jetzt eine Überarbeitung zurückgeliefert bekommen, die für uns aber auch nicht ausreichend ist. Es sind immer noch Teile enthalten, wo wir Bezüge zur Religion oder zu politischen Inhalten wiederfinden. Das finden wir inakzeptabel. Nach unserer Meinung muss dies überarbeitet werden.

Parallel dazu ist uns die Ausweitung des EigenenSprache-Unterrichts sehr wichtig. Es wurde eine Abfrage in den Schulen durchgeführt, wie die Bedarfe in den einzelnen Bezirken sind, welcher Wunsch der Eltern an zusätzlichem Sprachunterricht in der Schule da ist und welche Angebote auch schon vorhanden sind. Wir sind hier immer noch im Austausch mit den Bezirken, weil es einzelne Bezirke gibt, wo uns die Rückmeldungen nicht

ausgereicht haben, wo wir der Auffassung sind, dass da sicherlich Bedarfe sind. Wir haben jetzt eruiert, wie viele Lehrkräfte z. B. im türkischen Bereich vorhanden wären, um türkischen Unterricht anbieten zu können. Es sind 28 Lehrkräfte, die wir identifiziert haben. Wir erarbeiten jetzt gerade ein Konzept, wie wir dies in den Bezirken aufteilen können, wo Unterricht stattfinden kann, auch im Bereich des Arabischen. Wir wollen hier ein Alternativangebot sukzessiv ausweiten. Das ist ja auch das Ziel der Koalition. Wir werden aber weiter mit dem Konsulat im Gespräch sein, weil wir das jetzige Kurrikulum nicht akzeptabel finden.

Vielen Dank! – Wünschen Sie eine Nachfrage? – Bitte schön!

Sind dem Senat weitere Lehrpläne bekannt, die einer Überarbeitung bedürfen – jenseits des türkischsprachigen Konsulatsunterrichts?

Bitte schön, Frau Senatorin!

Uns sind keine weiteren Konzepte bekannt, die wir hier überarbeiten müssten. Es gab auch keine negativen Rückmeldungen aus den Schulen.

Vielen Dank! – Dann geht die zweite Nachfrage an Frau Bentele von der CDU-Fraktion. – Bitte schön, Frau Kollegin!

Sehr geehrte Frau Senatorin! Der beste Schutz für türkische Kinder, einen guten Türkischunterricht zu bekommen, und zwar nicht von Konsulatsbeamten, wäre staatlicher Türkischunterricht. Können Sie uns deshalb sagen, ob die Koalition beabsichtigt, einen Studiengang Türkisch auf Lehramt einzurichten, wenn ja, wie viele Studienplätze und wie viel Lehrpersonal sind vorgesehen?

Frau Senatorin!

Ich teile dieses, dass es der richtige Weg ist, den Sprachunterricht auszuweiten. Wir hatten viele Diskussionen im

(Präsident Ralf Wieland)

Ausschuss diesbezüglich und haben auch angesprochen, dass wir auf Grundlage unserer Umfrage in den Schulen hier ein Konzept erarbeiten möchten. Es gibt in Teilen schon zusätzlichen Unterricht in Form von Arbeitsgruppen, aber es wird auch im Sekundarbereich als Zweitsprache angeboten. Wir möchten diese Dinge ausbauen. Was den Hochschulbereich angeht, werden wir sicherlich ins Gespräch mit dem Wissenschaftsbereich eintreten.

Vielen Dank!

Dann kommen wir jetzt zur CDU-Fraktion. Herr Kollege Ludewig, bitte schön, Sie haben das Wort.

[Harald Laatsch (AfD): Doppelrolle!]

Sehr geehrter Herr Präsident! Ich frage den Senat: Können die Beschäftigten der Charité Facility Management GmbH sich auf das Wort des Regierenden Bürgermeisters aus der „Berliner Zeitung“ vom 6. Juni 2017 verlassen, dass die Lohnangleichung auf TVöD-Niveau erfolgt, oder gilt die Äußerung des Finanzsenators Kollatz vom 21. August 2017, dass eine Lohnangleichung nicht möglich sein wird?

Herr Regierender Bürgermeister, bitte schön!

Herr Präsident! Herr Abgeordneter! Sie wissen, wenn Sie die Diskussion verfolgen, dass wir diverse Zusagen gemacht haben, die auch schon in der Umsetzung sind, dass wir erstens die CFM als Tochter der Charité wieder in öffentlichen Besitz zurückholen, dass wir das Grundgehalt für die Beschäftigten anheben werden, auch das schon vorfristig machen ab 2017/2018, obwohl der Vertrag mit den Privaten erst Ende 2018 ausläuft.

[Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Ende!]

Diese Schritte werden wir gehen. Das wird zu einer deutlichen Gehaltsverbesserung für die Beschäftigten führen. Der TVöD spielt im Moment in dieser Phase, in der wir uns befinden, keine Rolle. Das ist weder vom Vorstand noch vom Aufsichtsrat der Charité zugesagt worden. Wir gehen jetzt die ersten Schritte, die möglich sind in der Konstruktion, die wir haben, und werden dann sehen, welche Möglichkeiten, welche finanziellen Möglichkeiten sich eröffnen, um gegebenenfalls auch die nächsten Schritte zu gehen.

Herr Ludewig! Wünschen Sie eine Nachfrage zu stellen? – Bitte schön!

Herzlichen Dank, Herr Regierender Bürgermeister! Das heißt, ich kann davon ausgehen, dass die Ankündigung einer Anhebung auf TVöD für die Beschäftigten der CFM im Koalitionsvertrag in dieser Legislaturperiode nicht mehr erreicht wird?

[Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Das steht so im Koalitionsvertrag nicht drin! Lesen lernen!]

Herr Regierender Bürgermeister!

Herr Präsident! Noch einmal: Herr Abgeordneter! Wir gehen die ersten Schritte. Und in dieser Legislaturperiode ist auch noch mehr möglich. Die nächsten Schritte, nach dem, was ich Ihnen gerade beschrieben habe, wofür wir uns sehr einsetzen und wo wir auch direkte Handlungsmöglichkeiten als Senat haben, müssen dann auch zwischen dem Charité-Vorstand und den Gewerkschaften in der Tarifauseinandersetzung verhandelt werden. Jetzt ist es wichtig, Wort zu halten, das zu halten, was wir im Wahlkampf angekündigt haben, die Partnerschaft mit den Privaten zu beenden, öffentliches Eigentum und schon vorfristig deutliche Gehaltsverbesserungen.

Dann kommen wir zur Fraktion Die Linke. Frau Kittler! – Bitte schön, Sie haben das Wort!

Vielen Dank! – Ich frage den Senat: Was ist der Hintergrund der Volksbühnenbesetzung seit Freitag? Und was hat der Senat in diesem Konflikt unternommen?

[Marc Vallendar (AfD): Polizei!]

Herr Senator Lederer!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Abgeordnete Kittler! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Volksbühne wurde am Freitag, dem 22. September gegen 15 Uhr durch eine Gruppe von ca. 50 Personen besetzt. Die Besetzung erfolgte extrem gut organisiert

(Senatorin Sandra Scheeres)

und innerhalb kurzer Zeit unter Beibringung von Equipment für Party und Organisationsbetrieb, Veranstaltungsbetrieb, die aus Mietfahrzeugen binnen kürzester Zeit ins Haus gebracht worden waren. Die Menschen hielten sich im Foyer und im Roten Salon auf, während der große Saal und alle Technikbereiche verschlossen blieben.

Die zunächst unter dem Namen „Staub zu Glitzer“ auftretende Gruppe veröffentlichte unter der Firmierung „VB61-12“ über soziale Netzwerke eine Reihe von Forderungen, so die Akzeptanz einer zweijährigen kollektiven und selbstorganisierten Interimsintendanz der Volksbühne als auch die Nutzung der Volksbühne für stadtpolitische Diskurse. Außerdem wurde eine 60stündige Party im Haus angekündigt und zur Teilnahme daran aufgefordert. Durch die öffentliche Resonanz auf die Besetzungsmitteilung und die Partyankündigung hatte die Gruppe schnell Zulauf. Innerhalb kurzer Zeit war das ganze Vorderhaus der Volksbühne von Menschen gefüllt.

Die Kulturverwaltung war seit 16 Uhr in permanentem Austausch mit der Gruppe der Besetzerinnen und Besetzer und in Kommunikation mit der Intendanz. In den Gesprächen hat der Senat von Anfang an deutlich gemacht, dass er die Forderung nach einer Sicherung von kulturellen und diskursiven Freiräumen in der Stadt in der Stadt ernst nimmt, teilt und politisch zu verwirklichen versucht. Wir haben aber auch klar gemacht, dass wir die Besetzung der Volksbühne und die Störung des Theaterbetriebs zur Verfolgung dieses Ziels nicht akzeptieren können. Um 19.47 Uhr habe ich mich mit einem Facebook-Post in gleichem Sinn öffentlich geäußert.

Wir haben dann in den folgenden Stunden immer wieder Vorschläge mit dem Ziel unterbreitet, die Debatte an einem anderen Ort als der besetzten Volksbühne fortzuführen. Auch hat Herr Reese, der Intendant des BE, angeboten, wir könnten ins BE gehen, um darüber zu diskutieren. Wir haben gleichzeitig die Benennung von sprechfähigen Ansprechpartnern gefordert und haben dann bis Montagfrüh als oberstes Ziel unseres Handelns verfolgt, die Gewährleistung der Sicherheit aller Menschen, die sich in der Volksbühne aufhalten. Man muss sich vor Augen führen, dass nach unseren Schätzungen bis zu 3 000 Leute in dem Gebäude waren. Wir hatten dafür zu sorgen, die Gefahren zu begrenzen, die in einem solch komplexen Organismus des Theaters existieren: Brandschutz, Fluchtwege, Sicherheitsanforderungen. Da das Gebäude unkontrolliert zugänglich war, mussten wir alles tun, um darauf hinzuweisen, dass hier keine Situation entstehen darf, in der Panik oder Fluchtsituationen entstehen. Wir wissen alle, was in Duisburg passiert ist, wenn Fluchtwege nicht gewährleistet sind und Paniksituationen entstehen.

[Zuruf von der AfD: Räumen!]

Also haben wir von Anfang an mit der Polizei kommuniziert. Ich werde Ihnen dazu noch etwas sagen. Die

Schlaumeier, die Räumen fordern, unter der Bedingung, dass in einem Haus 3 000 Leute sind, wo die Fluchtwege nicht gewährleistet sind und wo jederzeit eine Massenpanik ausbrechen kann, handeln verantwortungslos und wissen nicht, wovon sie reden.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD – Zuruf von der AfD: Das ist eine Besetzung! – Holger Krestel (FDP): Die werden schon flüchten, wenn die Polizei kommt!]