Protokoll der Sitzung vom 13.09.2018

Glauben Sie, dass das beispielhaft gezeigte Weiterentwickeln von Regierungspolitik zusammen mit Zivilgesellschaft in anderen Feldern in den kommenden Jahren noch mehr ausgeprägt werden kann und ein gutes Zeichen von rot-rot-grünem Regierungsstil wäre?

Herr Regierender Bürgermeister, bitte!

Frau Präsidentin! Ich muss zugeben, dass ich mich jetzt gefragt habe, was Sie für eine Antwort erwarten.

[Paul Fresdorf (FDP): Die Wahrheit!]

Es ist erklärter Bestandteil unserer Politik, das, was wir an Infrastruktur und sonstigen politischen Veränderungen umsetzten wollen, eng mit der Zivilgesellschaft abzustimmen. Partizipation spielt bei uns eine große Rolle. Aber ich kann Ihnen auch sagen, dass in den unterschiedlichsten Diskussionsforen – nicht nur bei dem Festival, sondern auch wenn ich zum Beispiel Veranstaltungen der Stiftung Zukunft verfolge – immer wieder betont wird, dass es einen weitgehenden und ernsthaften Prozess in der Politik und Verwaltung geben muss, um Menschen im Vorfeld einer Diskussion und einer Meinungsbildung einzubeziehen.

Aber irgendwann muss auch entschieden werden, und dann muss akzeptiert werden, dass Politik an einem bestimmten Punkt sagt: Wir haben jetzt miteinander diskutiert. Wir haben Positionen ausgetauscht. Wir haben einem Kompromiss. Jetzt entscheiden wir und setzen um. – Ich glaube, beide Seiten haben bei diesem Kräftespiel und Diskussionsprozess noch zu lernen.

Vielen Dank!

Die nächste Frage geht an den Abgeordneten Herrn Kerker. – Bitte schön!

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Ich frage den Senat: Die Friedrich-Bergius-Sekundarschule hat unter der Ägide ihres derzeitigen Leiters die Lernerfolge und Abschlussquoten ihrer Schüler und auch den Zuspruch durch die Eltern gegenüber dem Status quo ante erheblich steigern können. Dennoch wurde die Schule von der Schulinspektion wegen angeblich falscher Methodik schlecht bewertet. Welche Schlüsse zieht der Senat aus der den tatsächlichen Erfolgen widersprechenden Beurteilung der Friedrich-Bergius-Schule auf eine möglicherweise erforderliche Reform der Schulinspektion?

Für den Senat hat jetzt Herr Staatssekretär Rackles das Wort. – Bitte schön!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Wir überlegen nicht, die Schulinspektion zu revolutionieren oder zu ändern, weil ein Schulleiter der Meinung ist, er sei mit seinen Methoden der Zeit voraus oder hinterher. Diese Debatte führen wir mit der Schule und der Schulinspektion. Es wird auch ein Dienstgespräch mit dem Kollegen geben. Grundsätzlich ist die Schulinspektion in Berlin ein extrem akzeptiertes und auch ein inzwischen bewährtes Instrument der Qualitätsentwicklung. Wir haben inzwischen die dritte Runde. Da spielen Leistungsdaten eine große Rolle.

[Georg Pazderski (AfD): Das sehen wir jedes Jahr!]

Auch diese Fragen, die Herr Kerker thematisiert hat, fließen in die Schulinspektion ein. Allerdings würden wir Fragen – die sind teilweise eher ideologisch als pädagogisch –, ob eine reiner Frontalunterricht sinnvoll ist, ob es sinnvoll ist, eine Schule freitags um 11.45 Uhr zu schließen und die Kollegen nach Hause zu schicken, hier ungern diskutieren. Dies würden wir gerne noch einmal mit der Schule klären. Es kamen Hinweise, dass die Schule teilweise keinen regelhaften Betrieb gewährleistet. Grundsätzlich ist anzuerkennen, dass die Ergebnisse eines Teils der Schule im MSA plus positiv sind. Andere Ergebnisse wie der Übergang in die Oberstufe oder Abbruchzahlen sind nicht befriedigend. Und in der Gesamtschau ist die Schulinspektion für uns ein geeignetes Instrument der Schulentwicklung, im Gespräch mit dem Kollegium und mit der Schule an der Qualität zu arbeiten.

(Regierender Bürgermeister Michael Müller)

Wir sehen es nicht so gerne, dass sehr verkürzt Thesen in die Öffentlichkeit getragen werden, die dann sehr einseitig aufgegriffen werden. Davon hat weder die Schule noch die Schulleitung noch die Schulverwaltung etwas, auch nicht die Jugendlichen, Kinder und Eltern, und wir sind im Moment dabei, diesen Vorgang aufzuarbeiten. Aber es gibt für uns im Moment keinen Anlass, die Schulinspektion in Gänze in irgendeiner Form infrage zu stellen. Sie hat sich als Instrument sehr bewährt.

Herr Kerker! Sie haben die Möglichkeit der Nachfrage. – Bitte!

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Ihre Antwort erinnert mich ein bisschen an den sozialistischen Satz: Der Weg ist das Ziel, weniger das Ergebnis. Welche Folgen, glauben Sie denn, wird eine solch ideologisch begründete schlechte Bewertung von erfolgreichen Schulen nach Ansicht des Senats bei den Schulleitern haben? Mehr Mut zu Innovation mit Erfolg, oder Demotivierung und Anpassung und weiterhin das Bildungsschlusslicht in Berlin zu sein?

Herr Staatssekretär! Sie haben das Wort – bitte!

Ich kenne Ihre Erfahrung mit dem Sozialismus nicht, möchte auch nicht tiefer darauf eingehen. Das müssen Sie für sich entscheiden. Das hat hier mit Sozialismus im Moment gar nichts zu tun. Die Frage ist, wie man Qualitätsstandards an Schulen gewährleistet. Und ein Schulleiter, der regelmäßig auf Regeleinhaltung absetzt – was ich persönlich sehr sympathisch finde –, kann nicht selber Regeln en masse brechen. Das hat teilweise disziplinarischen Charakter; dem werden wir – wie gesagt – auch nachgehen. Das will ich hier auch gar nicht groß ausführen.

Grundsätzlich gilt, dass die Qualität einer Schule mehrdimensional geprägt ist. Da geht es sowohl um die Frage von Kompetenz. Es geht um Abschlüsse. Es geht um Zahlen. Es geht um Übergänge. Die sind an der Schule divers. Es gibt gute Elemente; es gibt schlechte Elemente. Genau das ist der Sinn und Zweck der Schulinspektion, das festzustellen und schulintern eine Debatte auszulösen, damit die Qualität gesteigert wird. Und das tun wir normalerweise im Konsens mit dem Schulleiter.

Der Schulleiter selber hat schon bei der Übergabe der Schulinspektion eine Debatte über den Inhalt verweigert und ist dann an die Öffentlichkeit gegangen. Das ist kein

Weg, der für die Schule wirklich zielführend ist. Es interessiert mich jetzt gar nicht, ob es Kritik an der Verwaltung ist – das nehmen wir auf unsere breiten Schultern –, aber die Entwicklung der Schule als solche hat davon keinerlei Gewinn, und in dem Sinne werden wir die interne Debatte zur Qualität an der Bergius-Schule mit dem Schulleiter und dem Kollegium fortführen.

Die zweite Nachfrage geht an Frau Abgeordnete Bentele. – Bitte sehr, Sie haben das Wort!

Meine Frage geht dahin, inwieweit Sie es für sinnvoll halten, dass Schulleiter ihre eigenen pädagogischen Konzepte entwickeln, und inwieweit halten Sie es für sinnvoll, Qualität durch mehr Gremienarbeit und durch mehr schriftliche Ausarbeitungen zu steigern, und welche Schulen werden Sie nun der Bergius-Schule als vorbildliche Schulen empfehlen?

Das waren zwar gleich drei Fragen, aber Herr Rackles hat trotzdem die Möglichkeit der Antwort.

[Steffen Zillich (LINKE): Sie können ja auf die letzte Frage antworten!]

Den Kollegen an der Bergius-Schule sind von der Schulinspektion mehrere Schulen genannt worden, die ein ähnliches Schülerklientel haben und andere Ergebnisse haben, auch teilweise bessere Ergebnisse haben, teilweise auch schlechtere. Das ist ja genau die Debatte, dass man sich einzelne Dimensionen anschauen muss. Das ist sehr unterschiedlich ausgeprägt.

Und zu der Frage, wie man Qualität entwickelt, kann ich nur empfehlen – das kennen Sie, Frau Bentele –: Der Handlungsrahmen Schulqualität ist ein sehr differenziertes System, auch sehr anerkannt, ich glaube, auch im parlamentarischen Bereich, um in Dimensionen Qualität zu entwickeln. Auf der Basis führen wir mit den Schul– öffentlichkeiten – wie gesagt, das geht ja in die Schulkonferenzen –, auch die Debatte darüber, was an den jeweiligen Schulen geeignet ist und was nicht geeignet ist.

Dass jeder Schulleiter für sich selber entscheidet – völlig frei –, ob er einer Steinzeitpädagogik folgt oder einer modernen Pädagogik, diese Bandbreite ist zu breit.

[Heiko Melzer (CDU): Wie ist das denn in der Bergius-Schule? Ist das Steinzeit, oder ist das modern?]

(Staatssekretär Mark Rackles)

Wir sind der Meinung, mit dem Handlungsrahmen Schulqualität gibt es einen Rahmen, innerhalb dessen sich die Schulleitungen und die Kollegen bewegen. Das tun 99,9 Prozent der Schulen auch. Ich glaube, in diesem Fall werden wir es auch hinbekommen, mit der Schule gemeinsam ein Verständnis – –

[Georg Pazderski (AfD): Die Ergebnisse sind ja nicht toll!]

Sie müssten mir die Gelegenheit geben auszusprechen. Dann können Sie gerne weitere Fragen stellen.

[Georg Pazderski (AfD): Nicht so dünnhäutig!]

Wir werden mit der Schule gemeinsam ein Verständnis entwickeln, das wieder auf den Handlungsrahmen Schulqualität zurückzuführen ist.

Weitere Fragen können ihm nicht mehr gestellt werden, nicht heute und nicht hier.

Aber es gibt die nächste Frage von dem Abgeordneten Herrn Fresdorf. – Bitte schön!

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Ich frage den Senat: Welche protokollarischen Ehrungen plant das Land Berlin für den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan anlässlich seines Staatsbesuchs am 28./29. September hier in Berlin?

Herr Regierender Bürgermeister – bitte!

Frau Präsidentin! Herr Abgeordneter! Nach heutigem Stand wird es wahrscheinlich kein Berlin-Programm geben. Es ist ein Staatsbesuch, und auf der Bundesebene begegnen sich dort die Regierungschefs. Es gibt unterschiedliche Verfahren. Mitunter gibt es auch die Anforderung, dass der Besucher gerne ein Länderprogramm hätte. Manchmal ergibt es sich zeitlich gar nicht. Also, es gibt unterschiedliche Möglichkeiten. Zum jetzigen Zeitpunkt ist kein eigenes größeres Berliner Länderprogramm geplant, weil offensichtlich auf der Bundesebene die Zeit genutzt wird für die entsprechenden Termine und Gespräche.

Sie haben die Möglichkeit der Nachfrage, Herr Fresdorf. – Bitte!

Vielen Dank! – Herr Regierender Bürgermeister! Was kann ich unter „kein größeres Programm“ subsumieren?

Herr Regierender Bürgermeister!

Frau Präsidentin! Da gibt es unterschiedliche Möglichkeiten. Der Höhepunkt ist natürlich immer der Besuch im Roten Rathaus, in meinem Amtszimmer. Das ist ganz klar. Sie können – so, wie heute – ein Mittagessen mit dem Gast haben. Sie können einen Gang durch das Brandenburger Tor haben oder, was sehr häufig im Rahmen eines Berlin-Programmes angefragt wird, dass wir besondere Orte, auch der Berliner Entwicklung, besuchen. Das kann sowohl die Bernauer Straße sein, die für viele von großem Interesse ist, wie auch der Technologiepark Adlershof oder das Einstein-Centrum. Das ist ganz unterschiedlich und wird den Wünschen des Gastes angepasst.

Die zweite Nachfrage geht an Herrn Krestel. – Bitte schön!

Welche kritischen oder auch Begrüßungsdemonstrationen sind dem Senat bereits bekannt, zum Beispiel durch die kurdische Community, und wie gedenkt der Senat damit umzugehen?

Herr Senator Geisel – bitte, Sie haben das Wort!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Abgeordneter Krestel! Im Moment sind uns neun Anmeldungen von Demonstrationen im Zusammenhang mit dem Besuch von Herrn Erdoğan in Berlin bekannt, darunter eine größere Demonstration am 29. September am Alexanderplatz. Wir gedenken mit diesen Demonstrationen rechtsstaatlich umzugehen. Wir sind ein freies Land mit Demonstrations- und Meinungsfreiheit. Und die Berliner Polizei hat selbstverständlich dafür zu sorgen, dass die öffentliche Sicherheit gewahrt wird. Und darauf bereitet sich die Berliner Polizei vor.

Vielen Dank! – Damit ist die Fragestunde für heute beendet.

(Staatssekretär Mark Rackles)