Wie rosarot Ihre Brille ist, Herr Stroedter, das ist eigentlich gar nicht mehr zu fassen. Aber, Frau Präsidentin, Kollegen Abgeordnete und liebe Berliner Steuerzahler, auch so ein Thema, wieder einmal der BER und – das ist in der Tat neu – der notwendig gewordene Terminal T2, der gebaut werden muss, weil der BER an sich viel zu klein geplant worden ist. Einiges haben die Kollegen Friederici und Evers ja auch schon richtig gesagt.
Dass der Terminal 1 des Willy-Brandt-Flughafens, der seit 2012 nicht fertig werden will, zu klein ist und gerade mal die Passagierzahlen bewältigt, die derzeit in Tegel abgefertigt werden können – das hat Herr Stroedter gerade gesagt, der kann nur das aufnehmen. Auf Deutsch: Das muss man sich noch mal vorstellen. Wir haben die 6 Milliarden Euro für einen Flughafen ausgegeben, der, wenn er fertig ist, es gerade einmal schafft, Tegel zu ersetzen: 22 Millionen Passagiere oder 25, egal. 1996 wurde die sogenannte Single-Airport-Lösung entschieden: Tempelhof dichtmachen, Tegel schließen und Schönefeld – darüber wird nie gesprochen – zumachen und alles durch einen BER ersetzen. Das war Ziel und Aufgabe.
Und was haben wir bekommen? 2020/21 werden wir bei dem aktuellen Flugverkehrswachstum – und das steigt, das wissen Sie auch, das kriegen Sie auch nicht weg, indem Sie auf die Bahn verweisen – um 39 bis 40 Millionen Passagiere in Berlin haben. Und die verteilen sich nach Planung so, Herr Senator, das wissen Sie auch: 22 Millionen T1 – das haben Sie richtig gesagt –, 6 Millionen T2, 13 Millionen Schönefeld-alt; summa summarum 41 Millionen. Das heißt, der BER beginnt schon ab Start an der Vollkapazität, ohne Reserven. Ein absolutes Unding, ein neuer Flughafen ohne jegliche Reserven. Da
darf nichts schiefgehen; da darf es keine technische Panne geben. Das ist voller Risiko, mit einem Wort: unverantwortlich. Und das alles im Idealfall, wenn das alles klappt und nach Planung fertig wird.
Nur unterhalten wir uns heute gerade deshalb im Parlament darüber, weil das gerade nicht der Fall sein wird. Es gibt nämlich am T2 Probleme, und es droht die Gefahr, dass er nicht zeitgleich mit dem T1 an den Start gehen kann. Dann können noch nicht mal die 40 Millionen sicher und geordnet abgefertigt werden. Das ist das Problem. Denn wenn der T2 nicht fertig wird, Herr Senator, fehlt die Abfertigungskapazität für 6 Millionen Passagiere. D. h., man kann dann nur 35 Millionen abfertigen und ist damit unter der notwendigen Startkapazität, die noch nicht mal optimal eingespielt ist, weil auch ein Flughafen – das haben wir gelernt am Freitag im Untersuchungsausschuss – sich einspielen muss, die Mannschaft. Das ist dann noch nicht der Fall.
Und jetzt komme ich zum entscheidenden Punkt, der Schwäche des Antrags der Kollegen der CDU und dem Versäumnis. Denn wenn der T2 nicht fertig wird, bedeutet das unweigerlich – und jetzt hören Sie gut zu –, dass Sie Tegel nicht schließen können. Und genau vor dieser Konsequenz kneift die CDU, das haben Sie, Herr Stroedter, schön herausgearbeitet, denn sie spricht ja mit doppelter Zunge. Schließlich hat sie das ganze Elend am BER irgendwie ja auch ein bisschen mit zu verantworten.
Wir kommen jetzt zum bitteren Punkt der Wahrheit: Der BER wird zu klein, und das ist der eigentliche Skandal. Nicht, dass er zu teuer ist und zu spät kommt, sondern dass er von Anfang an zu klein ist. Um das Ausmaß dieser Mogelpackung hier noch einmal darzustellen: Eigentlich sollte auch Schönfeld-alt dichtmachen, der BER sollte alles alleine schaffen. Aber dieser Terminal BER schafft nur die 22 Millionen, also das, was Tegel heute schafft, nicht mehr. Wir haben aber schon jetzt 35 Millionen, das heißt die Differenz, die 13 Millionen macht Schönefeld schon. Den dürfte es aber eigentlich gar nicht mehr geben nach dem Konsensbeschluss. Laut Planfeststellung kann er noch bis 2023 betrieben und dann noch einmal verlängert werden, das ist richtig. Nur: 2025, was passiert dann? – Dann kommt die Flugbereitschaft der Bundeswehr mit der Regierungsfliegerei und nimmt zwingend gebrauchte Kapazitäten für die zivile Luftfahrt gleich schon mal wieder weg. Es ist das Einmaleins, dass das alles ohne den Weiterbetrieb von Tegel definitiv nicht darstellbar ist.
Wir haben letztes Jahr über den Umgang des Senats mit dem Volksentscheid gesprochen. Da gab es das Rechtsgutachten von Verwaltungsrichter Dr. Paetow, das kennen sie alle, und in diesem Gutachten kam er zu dem Schluss, dass man Tegel nicht schließen kann bzw. rechtlich auch gar nicht darf, Herr Stroedter, wenn der neue Flughafen an den Start geht, ohne einen Reservepuffer zu
haben. Genau diesen Puffer gibt es nicht, weder mit noch viel weniger ohne diesen T2. Weil wir das schon vor zwei Jahren gesehen haben, wollten wir mindestens zwei Punkte, die Sie – wie immer ignorant – mit der Arroganz der Macht abgelehnt haben: Erstens, dass der Senat den Parallelbetrieb von Tegel und BER/Schönefeld prüft, und zwar in einem in den Abläufen optimierten Szenario, und zweitens, dass das Abgeordnetenhaus angesichts des absehbaren Scheiterns des BER-Vorhabens, als offensichtlicher Wachstumsbremse für die Hauptstadtregion, einen parlamentarischen Sonderausschuss einrichtet, in dem wir im Parlament die Erarbeitung vernünftiger Szenarien für ein tragfähiges und zukunftsfähiges Flughafensystem für unsere Hauptstadtregion begleiten, inklusive Neubauoption weiter im Süden, inklusive Tegel, inklusive dritter Startbahn.
Auch darüber wird irgendwann zu reden sein! Dem haben Sie sich verweigert und Sie werden es auch weiter tun, die Augen verschließen vor der Evidenz Ihres Scheiterns und dann eben auch selbst politisch scheitern.
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine Damen und Herren! Ich will mich eher am Antrag der CDU entlanghangeln, den wir hier heute debattieren, und nicht in eine Zahlenjongliererei eintreten wie mein Vorredner.
Aus meiner Sicht trifft ein abgewandeltes Otto-Zitat auf den Antrag der CDU zu: Da waren sie wieder, Ihre drei Probleme. Erstens: Ideenlosigkeit, zweitens: schlechte Organisation – man könnte auch Faulheit sagen – und drittens: Strategielosigkeit.
Ideenlosigkeit, wie komme ich darauf? – Na ja, Sie haben Zeitung gelesen und der Kollege Stroedter hat bereits darauf verwiesen: Da erschien am Freitag ein Artikel in der „FAZ“, der quer durch die Republik abgeschrieben wurde. Wenn man den Artikel sehr genau gelesen hat, dann stand da „soll“, „nach Angaben soll“. Nicht „ist“ und „ist bewiesen“, sondern „soll“. Wenn wir nach solchen Angaben hier Politik machen würden, dann wäre die Wirkprinzipprüfung nach einem „Tagesspiegel“-Artikel schon längst gescheitert, aber nein, sie läuft.
Zweite Ideenlosigkeit aus meiner Sicht: Sie nehmen eine weitere Zeugenaussage aus dem Untersuchungsausschuss und ziehen sie heran, zumindest in der Begründung. Ich sage mal: Gott sei Dank haben Sie nicht die Zeugenaussage von Mehdorn genommen, das wäre ja noch schlimmer geworden! Also eine eigene Idee, wie die Koalitionsfraktionen sie verfolgen – wir haben in den verschiedenen Ausschüssen, sowohl im Bmc als auch im Untersuchungsausschuss, in Richtung Projektgesellschaft diskutiert, nämlich die Frage, warum der Terminal 2 nicht auch unter einer Projektgesellschaft errichtet worden ist, wie das jetzt für Terminal 3 angedacht wird –, Fehlanzeige. Diese Idee kommt von Ihnen nicht, die verfolgen Sie nicht. Ich finde das ideenlos.
Wie komme ich zu faul oder schlechter Organisation? – Die enge Begleitung, die Sie im Antrag fordern – vierteljährliche Berichterstattung etc. –, die gibt es im Bmc. Der sitzt jedes Vierteljahr zusammen, nächsten Donnerstag wieder. Kommen Sie dahin, stellen Sie Ihre Fragen. Das ist genau die Kontrollfunktion, die von Ihnen zu verlangen ist, und auch da hat es der Kollege Stroedter richtig gesagt: Wann immer darüber gesprochen wird, ist Ihre Anwesenheit relativ dünn. Als wir beispielsweise am Flughafen Schönfeld waren, um uns zu informieren über die Bauarbeiten zur Sicherung und zum Ausbau der Kapazität im künftigen Terminal 5, war von der CDU niemand anwesend. Herr Melzer, wenn Sie heute früh im „Inforadio“ sagen, Abgeordnete sind nicht nur in einem Politiksatelliten, dann finde ich: Abgeordnete sind unter anderem dazu gewählt, ihre Kontrollfunktion wahrzunehmen und nicht noch als Mitternachtsnotare oder Teilzeitlobbyisten zu jobben.
Drittens, warum finde ich, sind Sie ohne Strategie? – Die Strategie, den BER als Schlechte-Laune-Thema oder als Ich-klebe-dir-mal-einen-Schuldzettel-an-die-Stirn zu nutzen, die geht den meisten Leuten mittlerweile am – – Nein, das sagt man nicht.
Das tangiert die Menschen äußerst peripher. – Nun werden Sie mal nicht gleich rot, das steht Ihnen nicht, Herr Hansel. – Das hat Ihnen niemand abgenommen, als Sie Anfang der Legislaturperiode gekommen sind und nach Herrn Henkel plötzlich Fachleute in den Aufsichtsrat
schicken wollten. Einmal nebenher: Wenn ich Herr Henkel gewesen wäre, ich hätte Ihnen das ziemlich übel genommen.
Dann die Kehrwende bei Tegel, jetzt die Debatte über die Kapazitäten. Wo wollen Sie denn hin? Wir als Linke und als Koalitionsfraktionen wollen, dass die unendliche Geschichte endlich ihr Ende findet, möglichst unter Akzeptanz der Nachbarn. Deshalb will ich es an dieser Stelle einmal sagen: Deshalb war die Entscheidung der FBB wichtig und richtig, das Lärmschutzurteil zu Wohnküchen, Deckenhöhen und Wintergärten zu akzeptieren und damit Rechtssicherheit beim Lärmschutz zu schaffen.
Deshalb freuen wir uns zweitens, dass die Gesellschafterversammlung im letzten Monat die FBB aufgefordert hat, eine zusätzliche Stunde Nachtruhe zu ermöglichen. Denn auch das sorgt für zusätzliche Akzeptanz für den Flughafen, die wir dringend brauchen.
Wir wollen unter anderem im Untersuchungsausschuss herausfinden, warum der Bau so lange gedauert hat, warum es so teuer geworden ist und vor allem, wer an den beiden vorherigen Punkten Interesse hatte und daran verdient hat. Denn das Geld ist nicht einfach verschwunden, das hat jetzt nur jemand anderer.
All dem dient Ihr Antrag nicht. Er ist Show, und für mich ist das eher eine Show, für die ich noch nicht einmal bezahlen würde. Weil wir vorhin bei Klartext waren: Im Übrigen bin ich der Meinung, dass die Fraktion hier rechtsaußen dazu beitragen sollte, die dunklen Finanzquellen ihrer Partei zu erhellen. – Vielen Dank!
[Beifall bei der LINKEN – Frank Scheermesser (AfD): Da sind ja wohl ganz andere aufgefordert! Milliarden! – Weitere Zurufe von der AfD]
Für die Fraktion der FDP hat jetzt das Wort der Abgeordnete Sebastian Czaja. – Ich wusste gar nicht, dass wir so viele Sebastian Czajas hier im Haus haben. – Sie haben das Wort!
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mit einem Zitat beginnen, ein Zitat eines Geschäftsführers der Flughafengesellschaft Berlin Brandenburg. Ich könnte sagen, eine permanente Wiederholung, um nicht zu sagen eine notorische Wiederholung:
Wir haben eine Struktur für das T2 gewählt, die sehr einfach, klar ist und sich an Industriebaustandards orientiert, damit wir verlässlich Kosten und Termine in den Griff bekommen.
So der Geschäftsführer im Beteiligungsausschuss am 13. Dezember 2017. Ich will die Aussage gar nicht weiter bewerten, weil der Umstand, dass wir heute darüber reden, dass T2 wahrscheinlich nicht zur Eröffnung zur Verfügung steht, für die Aussage spricht, die Lütke Daldrup hier getroffen hat.
Wie wichtig es ist, das dokumentiert auch der Antrag der CDU, jetzt über einen Plan B nachzudenken, über die Frage nachzudenken: Was passiert eigentlich bei einer Eröffnung? – Herr Stroedter, ein Ausschuss ist auch dazu da, sich als Fachpolitiker ein Stück weit Erkenntnisgewinn mitzunehmen. – Ja, ich spreche Sie direkt an, Herr Stroedter. – Ein renommierter Zeuge, der uns im Ausschuss Rede und Antwort gestanden hat, der Operationsleiter, der ehemalige, also derjenige, der wirklich über Erfahrungen an beiden Flughäfen verfügt, hat in diesem Ausschuss auch Ihnen sehr deutlich erklärt, dass München bei der Eröffnung 50 Prozent Reservekapazität hatte, Herr Paetow fordert nur 25 Prozent, und dass es zwei bis drei Jahre gedauert hat, um die Überlast in Tegel überhaupt zu fahren, weil sich das im operativen Betrieb herausbilden müsste.
Das heißt, Ihre Rechnung wird zum Tag der Eröffnung nicht aufgehen. Das ist auch klar, und deshalb braucht es dringend einen Plan B.
Wir haben auch feststellen müssen, dass – wenn dieser Flughafen eröffnet – er absurderweise heute schon 40 Check-In-Schalter weniger hat als Tegel, und er massive Vorfeldverkehre produzieren wird – Zitat des Zeugen im Untersuchungsausschuss in öffentlicher Sitzung: bis zu 20 Minuten vom Gate zum Flugzeug –, weil bis zu 600 Verkehre in der Stunde auf dem Rollfeld unterwegs sind. Das wird dazu führen, dass der Operationsbetrieb massiv eingeschränkt wird – und dabei haben wir noch gar nicht über Kapazität gesprochen, sondern nur über operative Fragen.
Das unterstreicht die Notwendigkeit des Terminals T2, der notwendig sein wird, um sechs Millionen Passagiere überhaupt bewegen zu können. Da braucht es ganz sicher einen Plan B.