derzeit verbreiten – dass wir 800 000 Zugkilometer streichen –, ist schlicht und ergreifend nicht wahr.
Auch hier: Ja – wobei sich mir im Moment nicht der Zusammenhang zu Stuttgart 21 erschließt. Aber auch das ist zutreffend.
M ü n d l i c h e A n f r a g e d e s A b g. G u s t a v - A d o l f H a a s S P D – L a u f e n d e s K o n s u l t a t i o n s v e r f a h r e n i n B a d e n W ü r t t e m b e r g e n t s p r e c h e n d d e r R i c h t l i n i e 9 2 / 4 3 E W G z u r E r h a l t u n g d e r n a t ü r l i c h e n L e b e n s r ä u m e s o w i e d e r w i l d l e b e n d e n T i e r e u n d P f l a n z e n , d e r z e i t l a u f e n d e s N a c h m e l d e v e r f a h r e n
a) Wird und gegebenenfalls wie wird die Landesregierung auf Äußerungen von Landräten und Bürgermeistern reagieren, die immer wieder die Forderung nach Erhalt der Kulturlandschaft formulieren, andererseits aber das jetzt laufende, die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie ergänzende Konsultationsverfahren heftig kritisieren und dabei die FFH-Richtlinie als enteignungsgleichen Eingriff für private und öffentliche Grundstücksbesitzer darstellen, weil angeblich die Flächenausweisung in Baden-Württemberg von 6,5 auf über 12 % von der Landesregierung zwingend gefordert werde und dadurch jegliche private und öffentliche Entwicklung ausgeschlossen sei?
b) Wird die Landesregierung über das zuständige Ministerium für die beiden vorstehenden Berufsgruppen besondere Informationsveranstaltungen durchführen, um diese mit der Richtlinie 92/43 EWG sachlich vertraut zu machen, vor allem deshalb, weil diese ab dem 1. Januar 2005 die Vorprüfung eingegangener Stellungnahmen bei den Landratsämtern und den Stadtkreisen durchzuführen haben?
Herr Minister, ich erteile Ihnen das Wort zur Beantwortung der Mündlichen Anfrage des Abg. Gustav-Adolf Haas. Der Herr Abgeordnete hat seine Anfrage bereits verlesen; Sie dürfen direkt mit der Antwort beginnen.
(Abg. Fischer SPD: Aber er hat sie nicht gehört! – Abg. Gustav-Adolf Haas SPD: Er hat die Frage aber gar nicht gehört!)
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe die Frage mehrfach studiert, denn die Frage des Kollegen Haas ist mir zu wichtig, als dass ich sie nur hier im Plenum aufgreifen würde.
Zu a und zu b: Das Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum hat über die Notwendigkeit der Nachmeldung von FFH-Gebieten und deren rechtliche und faktische Auswirkungen inhaltlich umfassend informiert. Wir haben – das ist vielfach nicht bekannt – kurz nach Bekanntwerden der neuen Anforderungen der Europäischen Kommission Ende 2002 bereits im Jahr 2003 darüber alle Verbände und die unteren Naturschutzbehörden unterrichtet und ihnen mitgeteilt, was seitens der Kommission neu abverlangt wird.
Nun ein entscheidender Punkt: Wir haben im frühen Frühjahr 2003 ein Schreiben an die unteren Naturschutzbehörden und an die Städte und Gemeinden mit der Maßgabe gerichtet, sie mögen doch nachmelden, was aus Sicht der Kommunen nachzumelden wäre. Tatsächlich sind daraufhin 850 Vorschläge eingereicht worden, von denen wir etwa 420 haben verwenden können. Das heißt also, eine frühe Befassung zum einen mit dem Thema der Nachmeldung und zum anderen mit deren Inhalten war schon unmittelbar nach dem Bescheid der Kommission im Frühjahr 2003 gegeben.
Wir werden für die Materialien, die wir zur Verfügung gestellt haben, gelobt. Herr Kollege Haas hat dies selbst bestätigt. Aber diese Materialien haben einen großen Nachteil: Man muss hineinschauen und sie auch einmal lesen.
Er fragt, warum Defizite da gewesen sind. Man muss in die Materialien hineinschauen. Wir haben diese Materialien mit einer CD-ROM und einem Internetauftritt begleitet; wir haben zusätzlich einen Flyer in Kurzform für diejenigen angeboten, die wenig Zeit haben. Wir haben mit den Naturschutzbehörden Dienstbesprechungen durchgeführt, und auch die Regierungspräsidien haben ihrerseits speziell für die Kommunen mehrere Informationsveranstaltungen pro Bezirk durchgeführt.
In dem nun weiter stattfindenden Dialog stellt sich immer mehr heraus, dass in der Tat das Verständnis in dem Maße wächst, in dem man Unwissen beseitigt. Die anfängliche Vorstellung, Natura 2000 sei nichts anderes als die Strangulierung des ländlichen Raums, weicht nun nach und nach.
Ich habe dann in einem Schreiben an die Bürgermeister und Oberbürgermeister Baden-Württembergs im Mai dieses Jahres das Ganze noch einmal mit einem Hinweis darauf ergänzt, was dieses Regelwerk heißt: Man muss streng nach naturschutzfachlichen Gesichtspunkten konkret die Lebensräume und Lebensarten, die von der Europäischen Union vorgegeben wurden, erfassen. Dies gilt für das Land BadenWürttemberg ebenso wie für die anderen Bundesländer. Es geht darum, dies einfach nur zu erfassen. Ich kann bei der Erfassung keinen Ermessensspielraum einräumen, sondern muss konkret das erfassen, was vorhanden ist. Dazu kam noch folgender Hinweis: Es wird dann möglich sein, Konflikte, die bei der vorgesehenen oder beabsichtigten Nutzung auftreten, mit der Verträglichkeitsprüfung zu überspringen. Die Verträglichkeitsprüfung wiederum ist einfacher zu handhaben, wenn die Meldung erfolgt ist, als wenn das Ganze nur im Bereich der potenziellen Gebiete schwebt.
Ich hätte mir gewünscht, dass wir für diese ganze Informationsphase mehr Zeit gehabt hätten. Ich sagte, Ende 2002 hat die Kommission allen Bundesländern klar gemacht, in welcher Form, in welcher Quantität und mit welcher Qualität nachzumelden ist. Und dann kam gleichzeitig, bestätigt durch den Europäischen Gerichtshof, noch das Zwangsverfahren bis hin zur Strafgeldandrohung. Wenn Sie das über anderthalb Jahre hinweg kommunizieren können, haben Sie mehr Chancen, den Letzten zu erreichen, als wenn Sie es innerhalb weniger Monate „abdrücken“ müssen.
Nun kommt noch ein Zweites hinzu, Herr Kollege Haas – und wir sind ja alte, erfahrene frühere Kommunalpolitiker –: Sicherlich wurde in dem einen oder anderen Ortschaftsratsgremium oder Gemeinderat im Vorfeld der Kommunalwahl manches etwas dämpfiger abgefahren als zu einer Zeit, in der keine Wahl vor der Tür gestanden hätte. Deswegen hat sich doppelt bemerkbar gemacht, wenn sich jemand nicht ausreichend und abschließend informiert hatte.
(Abg. Gustav-Adolf Haas SPD: Zu Teil b der Fra- ge, Informationsveranstaltungen? – Abg. Kauf- mann SPD: Zu b steht nichts mehr da!)
Zu a und b: Diese Informationsveranstaltungen sind durchgeführt worden, und man wird jetzt in den Einzelfällen, sofern Einwendungen auf kommunaler Ebene oder auf Landkreisebene – die nächste Ebene wäre die Ebene der Regie
rungspräsidien – da sind, die nicht bereinigt werden können, ganz konkrete Besprechungen durchführen.
Ich hoffe, dass dann das Ganze, sicherlich um einiges verdünnt, im Ministerium ankommen wird und wir uns dann in der Kabinettsentscheidung auf wenige Dutzend Fälle beschränken können. Dort kommt es dann natürlich zum Schwur. Dort muss ich ganz konkret sagen, ob ich den Kommissionsanforderungen gerecht werde oder ob ich vielleicht leichtes Ermessen ausübe. Da wird es aber brenzlig. Da muss ich ganz konkret nach dem vorgehen, was Rechtsvorgabe ist, nämlich melden und dann im Wege der Verträglichkeitsprüfung Nutzung zulassen. Das ist eine Phase, die sicherlich noch spannend wird.
Herr Minister, dann würden Sie meine Forderung unterstützen, den genannten Personenkreis endgültig aufzuklären, damit wir gemeinsam im Grunde genommen vor der Öffentlichkeit in der Diskussion, worum es eigentlich geht, bestehen können und die unselige Behauptung endlich aufhört, dass es sich um enteignungsgleiche Eingriffe handle? Es ist mir ganz bedeutsam, dass wir das heute hier feststellen.
Die weitere Aufklärung ist der Landesregierung ein besonderes Anliegen. Man spürt, dass mit Ansammeln des Fachwissens auch viele Vorbehalte ausgeräumt werden können, wenn insbesondere einmal die Regelungssystematik erkannt ist, dass die politischen Ermessensspielräume nicht bereits bei der Meldung die Grundlage bilden dürfen, sondern dass im Grunde zunächst eine objektive Meldung erfolgen muss und danach die Abwägung im Zusammenhang mit einer Verträglichkeitsprüfung Gültigkeit hat.
Herr Minister, warum ist das Konsultationsverfahren nach der ersten Tranche auch bei der zweiten Tranche in ein zeitlich eng begrenztes Korsett eingeschnürt worden, sodass die Gemeinden überhaupt nicht in der Lage waren, ihre Argumentation entsprechend den Möglichkeiten zu entfalten, und wirklich den Eindruck hatten, auch gefühlsmäßig, jetzt bestehe die Gelegenheit, das ausführlich zu untersuchen und umfangreich darzustellen, dann aber auch entsprechend Gehör zu finden?
Wenn Sie bei dem Ihnen sicher näher stehenden Bundesminister Trittin dafür gesorgt hätten, dass er die Strafgeldandrohung zurückgenommen hätte, hätte ich mir ohne weiteres erlaubt, weitere Wochen der Konsultation anzufügen.